Jan van Huysum
Wer war Jan van Huysum?
Jan van Huysum (Amsterdam 15.4.1682–8.2.1749 Amsterdam) war ein niederländischer Maler des Barock (Rokoko), dessen Blumenstillleben im 18. Jahrhundert sehr gefragt waren. Van Huysum betätigte sich ab 1706 als Maler von Prunkstillleben und gelegentlich als Landschaftsmaler. Obwohl er in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als der profilierteste seines Metiers galt, nahm er nur wenige Schüler:innen auf: Die einzige Stilllebenmalerin aus seiner Werkstatt war Margaretha Haverman.
Kindheit
Jan van Huysum (auch: Huijsum) wurde am 15. April 1682 in Amsterdam als Sohn des Malers von Blumenstillleben Justus van Huysum d. Ä. (1659–1716) geboren. Justus der Ältere war ein produktiver Maler großer Blumenstücke – oft als Teil kompletter Dekorationspläne, die er für Patronatshäuser entwarf – und scheint auch als Kunsthändler tätig gewesen zu sein. Jan van Huysums Großvater Jan van Huysum I dürfte Türen, Schirme und Vasen dekoriert haben. Auch die drei Brüder Jans arbeiteten als Maler: Sein älterer Bruder Jacob van Huysum (1688–1740 London) war ein gewandter Kopist der Werke Huysums sowie Claude Lorrains, G. Poussins und anderer. Ein jüngerer Bruder namens Justus van Huysum (1685–1707) lieferte gute Schlachtenbilder, starb aber schon mit 21 Jahren; Michiel van Huysum (1703–1777).
Ausbildung
Jan van Huysum wurde von seinem Vater, Justus van Huysum d. Ä., ausgebildet; sie fand im Kontext eines florierenden Kunstbetriebs statt. Jan van Huysum widmete sich unter der Leitung seines Vaters anfangs der Landschaftsmalerei und fing erst im reiferen Alter an, Blumen- und Fruchtstücke zu malen, und zwar abweichend von der bisherigen Manier auf hellem Grund.
Jan heiratete 1704 Elisabeth Takens (gest. 1651), zu dieser Zeit wohnte er in der Utrechtsestraat in Amsterdam. Zwei Jahre später zog das Paar in ein Haus an der Leidsegracht, das Elisabeth von Verwandten geerbt hatte. Das Paar hatte zwölf Kinder, von denen nur drei ihre Eltern überlebten.
Werk
Jan van Huysums anhaltender Ruhm beruht auf seinen überschwänglichen Arrangements und seiner technischen Virtuosität. Mehr als jeder andere Künstler zuvor oder danach war er in der Lage, die dynamische Energie einer üppigen Auswahl an Blumen und Früchten einzufangen. Der Blumenstrauß füllt die gesamte Tafel; Blumen quellen aus Terrakottavasen, und Obst ergießt sich über den Vordergrund. Blüten und Nahrungsmittel schaffen ein Gefühl von opulenter Fülle. Jan van Huysum liebte es, in dicht gepackte Bouquets aus Pfingstrosen, Rosen, Nelken und Aurikeln rhythmisch fließende Stängel und Blüten von Tulpen, Hyazinthen, Nelken, Mohn, Primeln, Ehrenpreis, Tuberosen und Hopfen einzuflechten. Der Maler ergänzte auf meisterhafte Art Insekten und Schmetterlinge, Trauben, Pfirsiche, Vogelnester mit Eiern u.v.m. Zudem suggerierte er die Lichtdurchlässigkeit von Tautropfen auf Blütenblättern und Blättern. Er beleuchtete oft Blüten auf der Rückseite seiner Blumensträuße und setzte dunklere Blätter und Ranken im Vordergrund dagegen.
Der Amsterdamer Stilllebenmaler leitete seine kompositorischen Ideen und sein technisches Können von den Blumenstillleben von Jan Davidsz de Heem (1606–1684) und Willem van Aelst (1626–1683) ab. Jan van Huysum folgte dem Beispiel De Heems und organisierte seine Blumenbouquets mit schwungvollen Rhythmen, die das Auge in kreisförmigen Bewegungen über die gesamte Komposition lenken. Er schloss sich dem Konzept eines fiktiven Straußes an, da seine Arrangements Blumen zusammenbrachten, die nicht gleichzeitig blühen. Van Aelsts Arbeit wies Van Huysum die Vorteile, hell erleuchtete Blumen zu bündeln, um die dynamisch wirbelnden Rhythmen, die seinen Kompositionen zugrunde liegen, zu betonen. Der Maler verbrachte einen Teil jedes Sommers in Haarlem, das zu seiner Zeit bereits ein bedeutendes Gartenbauzentrum war, um blühende Blumen zu studieren. Die bemerkenswerten Ähnlichkeiten in Form und Charakter einzelner Blüten in verschiedenen Stillleben weisen jedoch darauf hin, dass er auch gezeichnete oder gemalte Vorlagen zur Befriedigung malerischer Ansprüche verwendete. Van Huysums Blumenstücke zeichnen sich durch außerordentliche Feinheit und Schmelz der Pinselführung aus und übertrafen in dieser Beziehung alles bisher Geleistete, weshalb er der „Phönix der Blumen- und Fruchtmaler“ genannt wurde. Seine späteren Arbeiten sind flüchtiger gemalt und deshalb, wie auch seine Fruchtstücke, weniger wertvoll. Allerdings beeinflusste Van Huysum mit seinen hellgrundigen Blumenarrangements noch die hochbetagte Rachel Ruysch (1664–1750).
Jan van Huysum etablierte sich schnell als führender Stilllebenmaler seiner Zeit. Auktionsaufzeichnungen zeigen, dass seine Gemälde zu seinen Lebzeiten für bis zu 1.450 Gulden verkauft wurden, und zu seinen edlen Gönnern gehörten Prinz Wilhelm von Hessen, der Herzog von Orleans, die Könige von Polen und Preußen, der Kurfürst von Sachsen und Sir Robert Walpole, später Earl of Orford. Jan van Huysum wurde von zeitgenössischen Autoren hoch gelobt. So beschrieb Houbraken ihn als „den Phönix der Blumenmaler“.
Van Huysum soll seine Techniken streng geheim gehalten und jedem, einschließlich seiner eigenen Brüder, verboten haben, sein Atelier zu betreten, aus Angst, sie könnten erfahren, wie er seine Farben anrührt und auftrug. Er hatte wenige Schülerinnen, eine davon, Margareta Haverman (1690/1700–nach 1723), nahm er offenbar nur auf großen Druck seines Onkels an. Es wird weithin berichtet, dass Havermans Arbeit ihren Lehrer bald so eifersüchtig machte, dass sie sein Atelier verlassen musste.
Zeichnungen
Im Gegensatz zu den meisten niederländischen Stilllebenmaler:innen fertigte Van Huysum eine große Anzahl von Zeichnungen an, hauptsächlich Kompositionsstudien für ganze Blumenbilder, aber auch einige detaillierte Darstellungen einzelner Blüten. Sein Eifer, Blumen aus dem Leben zu studieren, veranlasste ihn, einen Teil jedes Sommers in Haarlem zu verbringen, damals wie heute ein Gartenbauzentrum. Wahrscheinlich hat er auch zumindest einige Elemente seiner Staffeleibilder nach dem Leben und nicht nach Zeichnungen ausgeführt. Diese Arbeitsweise mag erklären, warum einige seiner Gemälde zwei unterschiedliche Datierungen tragen.
Tod und Nachruhm
Jan van Huysum starb am 8. Februar 1749 in Amsterdam und hinterließ seine Frau und 20.000 Gulden.
Van Huysums Zurückhaltung, jemand anderem seine Techniken beizubringen, verhinderte nicht, dass sein populärer Malstil von zahlreichen Anhängern und Nachahmern sowohl zu als auch nach seinen Lebzeiten fortgeführt wurde. Einige der bemerkenswertesten waren Jan van Os (1744–1808), sein Sohn Georgius Jacobus Johannes van Os (1782–1861), sowie der wenig bekannte taubstumme Maler Eelke Jelles Eelkema (1788–1839), die Brüder Gerard (1746–1822) und John Flaxman (1755–1826) und Wybrand Hendriks (1744–1831). Neben Stillleben malte Van Huysum eine Reihe italienischer Landschaften.
Restitution an den Palazzo Pitti
Während der NS-Besatzung Italiens entwendete ein Wehrmachtssoldat das Gemälde „Vaso con fiori [Blumenvase]“ Jan van Huysums aus der Galleria Palatina im florentinischen Palazzo Pitti. 1944 befand sich das Kunstwerk in einer Villa in Montagnana. 2019 verlangten die Uffizien in Florenz die Rückgabe des Gemäldes, welches sich laut dem Direktor der Uffizien, Eike Schmidt, bei einer Familie in Deutschland befand. Das Werk wäre 1991 nach der Wiedervereinigung Deutschlands aufgetaucht und seither hätten verschiedene „Vermittler“ von den italienischen Behörden eine Ablösesumme verlangt. Das Gemälde wurde am 19. Juli 2019 in Beisein des deutschen Außenministers Heiko Maas zurückgegeben (restituiert).