Jean Malouel (holländisch Jean Maelwael, um 1370–1415) war zwanzig Jahre lang der führende Hofmaler am Pariser Hof (dokumentiert 1397) und in Dijon, wo er für Herzog Philipp dem Kühnen und dessen Nachfolger Johann ohne Furcht arbeitet. In Dijon bemalte Malouel Fahnen, Banner und Rüstungen, fasste und vergoldete Skulpturen wie die berühmten Propheten des Moses-Brunnens von Claus Sluter (1395–1406, Musée Archéologique). Der Hauptvertreter des Internationalen Stils (→ Gotik) konzipierte große Wandgemälde für die Karthause Champmol in der Nähe von Dijon, wo viele Mitglieder der herzoglichen Familie Valois de Bourgogne beerdigt wurden. Weiters schuf Malouel religiöse Gemälde und kleinere Arbeiten für die Andacht.
Niederlande / Amsterdam: Rijksmuseum
6.10.2017 – 7.1.2018
Jean Malouel begann seine Karriere um 1380 am Hof von Geldern in Nijmwegen (heute: Holland), wo er als heraldischer Maler angestellt war. Er gilt als er der erste nordniederländische Maler von internationalem Ruf. 1397 wird er in einem Dokument als der Hofmaler von Königin Isabella von Bayern (1385–1422) erwähnt. Um 1400 stellte Jean Malouel seine drei talentierten Neffen, Herman, Paul und Johan Limburg, als Miniaturmaler in Frankreich vor. Die legendären Limburg Brüder begründeten mit ihren Stundenbüchern für die Herzöge von Burgund wichtige Bereiche wie die Landschaftsmalerei, Jahreszeitendarstellungen, usw. mit.
Mit Ausnahme von zwei Werken kann das Œuvre Malouels kaum rekonstruiert werden. Seit Jahrzehnten gehen Forscher davon aus, dass zwei flämische Tafeln Malouel zugeschrieben werden können: Die „Große runde Pietà“ (um 1400, Louvre) und eine „Madonna mit Kind, Engeln und Schmetterlingen“ (um 1410, Staatliche Museen, Gemäldegalerie, Berlin). Jüngst wurde vom Louvre eine weitere Tafel erworben, die Jean Malouel zugeschrieben wird und eine „Pietà mit dem hl. Johannes und zwei Engeln“1 zeigt. Jean Malouel dürfte einer der bestbezahlten Künstler Westeuropas im Mittelalter gewesen sein.
Zentrales Ausstellungsstück ist „La Grande Pietà [Die große runde Pietà]“ (um 1400) aus dem Louvre. Die Beweinung Christi entstand für Philipp den Kahlen, Herzog von Burgund (Philippe le Hardi, 1363–1404) und zeigt dessen Wappen auf der Rückseite. Das erste Rundbild (Tondo) der europäischen Kunstgeschichte verbindet ikonografisch einen Schmerzensmann (toter Christus) mit einer Trinitätsdarstellung (Gottvater und Christus, dazwischen eine sehr kleine Heiliggeisttaube). Der hingestreckte Leib Christi und das aus der Seitenwunde reichlich fließende Blut sind eucharistisch zu verstehen und verweisen auf die Wandlung von Brot und Wein während der heiligen Messe.
Jean Malouel musste aufgrund der Formgebung die Hauptfiguren Gott Vater, Christus, Maria und Johannes der Täufer eng zusammengerückt der Form des Bildträger folgen. Jede Figur ist in einem anderen emotionalen zustand gezeigt. Die Engel beleben die heilige Szene durch gestenreichen Ausdruck von Trauer und Entsetzen; ihre Affekte spielen eine große Rolle in der Rezeption des Werkes, geben sie doch die erwartete Reaktion des Publikums vor. Zudem ist das Werk ein farbiges Schmuckstück, das dem Strahlen des Goldgrundes kräftige Rot- und Blautöne entgegensetzt. Der Tondo ist in einem authentischen Zustand erhalten und eines der seltenen Werke, das Jean Malouel zugeschrieben wird.
Der Louvre erwarb das Gemälde 1864.2 Für weitere Aufnahmen siehe: Jean Malouel (zg.), Pitié de Notre Seigneur, dit "la grande Piétà ronde"
Der Louvre borgt für dieses außergewöhnliche Ausstellungsereignis „La Grande Pietà ronde [Große runde Pietà]“ erstmals seit 1962 außer Landes. Fünfzig weitere Werke – Gemälde, illuminierte Manuskripte, Metallarbeiten und Skulpturen – geben einen Eindruck von der Blüte der Kunst am Burgunderhofes um 1400. Jean Malouel und seiner Werkstatt zugeschriebene Gemälde treffen auf Werke seiner Zeitgenossen Jean de Beaumetz (seit 1357 Vorgänger von Jean Malouel als Hofmaler in Dijon), Colart de Laon und Henri Bellechose (Schüler Malouels und ab 1415 dessen Nachfolger), aber auch auf Skulpturen von André Beauneveu, Claus Sluter und Claes van Werve oder reich dekorierte Stundenbücher der Limburg Brüder.
Um 1365/70 Jean Malouel (Johan Maelwael) wurde als Sohn von Willem Maelwael im Herzogtum Geldern in Nijmegen geboren.
Um 1380 Malouel ließ sich in Nijmwegen nieder.
Um 1385 Die Schwester Jean Malouels, Mechtild (Metta), heiratete Arnold von Limburg. Dieser Ehe entsprangen drei Söhne, die ab 1400 als die Limburg Brüder am Hof von Burgund zu den berühmtesten Miniaturmalern Mitteleuropas aufstiegen.
1397 Jean Malouel wurde in Paris erwähnt, wo er als anerkannter Meister für Isabella von Beyern, Königin von Frankreich, arbeitete. Vermutlich hatte ihre Tante, Katharina von Bayern und Ehefrau von Herzog Wilhelm von Geldern, den Maler empfohlen.
1397 oder 1398 Umzug nach Dijon, wo er bis zu seinem Tod als Hofmaler für Herzog Philipp dem Kühnen und dessen Nachfolger Johann ohne Furcht tätig war. So leitete er über 20 Jahre hinweg als Nachfolger des Jean de Beaumetz alle wichtigen Arbeiten für die malerische Ausstattung der Karthause von Champmol.
1401–1403 Fassung für die berühmten Propheten von Claus Sluter
1412 Jean Maluel, der im Auftrag des Burgunderherzogs in Europa auch reiste, schuf ein Porträt von Johann dem Furchtlosen für den König von Portugal.
1415 Jean Malouel starb 1415 in Dijon.