Martin Johann Schmidt, genannt Kremser Schmidt (1718–1801), repräsentiert wie kaum ein anderer Maler die Spätphase der Barockkunst in Österreich. Von 1747 bis in die 1790er Jahre hinein stattete er Kirchen und Klöster in Niederösterreich und Umgebung mit sakralen Bildern aus. Seine stilistische Entwicklung basiert auf der Kenntnis von italienischen und vor allem niederländischen Meistern der 17. Jahrhunderts, während zeitgenössische Entwicklungen wie der Klassizismus scheinbar keine Auswirkungen auf seine Darstellungsform hatte.
Martin Johann Schmidt, genannt Kremser Schmidt, war der Sohn des Bildhauers Johannes Schmidt in Grafenwörth und konnte in der Werkstatt seines Vaters bereits die Konzeption und Ausführung von sakralen Skulpturen verfolgen. Seine Ausbildung zum Maler erfolgte in den Werkstätten von Johann Gottlieb Starmayr und B. Rosaforte in Dürnstein. Beide waren Schüler der Gebrüder Strudel in Wien. Einige Forscher vermuten eine Studienreise des angehenden Künstlers nach Oberitalien mit Aufenthalt in Venedig (1745–1747), allerdings hat sich diese Annahme noch nicht durch Dokumente erhärten lassen.
Erste Aufträge erhielt Martin Johann Schmidt, bald als „Kremser Schmidt“ bekannt, im Jahr 1745 von seiner Heimatgemeinde: „Hl. Andreas, der das Kreuz umfängt“ (1745 datiert), „Heilige Familie“ und „Christus in der Vorhölle“ (monogrammiert, datiert 1745, ursprünglich Pfarrkirche Stein, seit 1901 in der Kapelle von Schloss Goldegg in Niederösterreich; die „Hl. Familie“ kam in den Pfarrhof von Krems) Mit den einfach zu lesenden, auf Figuren und ihre Emotionalität konzentrierten Kompositionen konnte Kremser Schmidt seine Auftraggeber rasch überzeugen. Martin Johann Schmidt war neben Franz Anton Maulbertsch der wichtigste österreichische Barockmaler des Spätbarock resp. Rokoko (→ Barock).
Während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war er einer der führenden Barockmaler Österreichs, der in Stein, Krems und Umgebung Pfarrkirchen und Klöster mit Bildern ausstattete. Zudem exportierte er erfolgreich Bilder in die Steiermark, nach Kärnten, Oberösterreich und Salzburg, Bayern, Mähren, Ungarn und das heutige Slowenien. Die geografisch am weitesten entfernten Sammler und Auftraggeber brachten seine Kunst bis nach Polen und Russland. Das Hauptwerk des Kremser Schmidt entstand für das ehemalige Augustiner Chorherrenstift in Pyhrn und befindet sich seit 1809 im Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal in Kärnten.
Kremser Schmidt schuf rund 1.100 Gemälde. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Altarbilder, die er an die großen Klöster und viele Pfarrkirchen lieferte. Freskomalerei führte er ebenso aus, war jedoch kein Spezialist für großflächige Innenausstattungen mit großem Mitarbeiterstab (vgl. Franz Anton Maulbertsch, Paul Troger und Daniel Gran). Neben seinen sakralen Bildern malte Kremser Schmidt auch Porträts und mythologische Darstellungen, Allegorien und intellektuell komplexe Themenstellungen fehlen nahezu gänzlich. In Anlehnung an Peter Paul Rubens und Rembrandt van Rijn entstanden in der Werkstatt Schmidts Radierungen, mit denen er die Kompositionen seiner Hauptwerke vervielfältigte und sich ein zusätzliches Einkommen verschaffte. Bis 1779 radierte der Maler selbst und druckte in auf der eigenen Druckerpresse. Danach bereitete er die Kompositionen als Druckvorlagen für seine Nachstecher vor.
Charakteristisch für die Malweise des Kremser Schmidt sind die warmtönigen, braunen Hintergründe, die Raum und Erzählung schlucken. Zwar reichert der Maler die Szenen mit realistischen Details an, doch war ihm der Lichteffekt der wichtigste Ausdrucksträger. Der subtile Kolorismus, ergänzt durch sich aus dem Dunkel herausschälende Figuren, gehört zu den überzeugenden Merkmalen des Kremser Schmidt. Vor allem die kleinformatigen Andachtsbilder erwiesen sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als intime, das heilige Geschehen in menschlichen Dimensionen übersetzende, auf individuelle Frömmigkeit abzielende Schöpfungen, in denen Kremser Schmidt brillierte.
Das Nachlassinventar des Kremser Schmidt dokumentiert nicht nur über 300 in seinem Besitz befindliche Bilder, sondern auch seine private Leidenschaft: der Sammlung von Druckgrafiken vor allem der niederländischen Schule des 17. Jahrhunderts. Er schuf selbst Genreszenen und Charakterköpfe im niederländischen Stil auf Papier nach Rembrandt van Rijn, Ostade, Jacques Callot und anderen Künstlern dieser Epoche. Diese Blätter sind auch als Vorlagen für den Schülerkreis nachweisbar.