John Singer Sargent (1856–1925) gehört zu den berühmtesten amerikanischen Künstlern seiner Zeit.1 In den USA verehrt,2 wurde er auch im Vereinigten Königreich, wo er den größten Teil seiner Karriere verbrachte, gefeiert. In Frankreich sind John Singer Sargents Name und Werk weitgehend unbekannt, obwohl er 2007 in der Ausstellung „Peintres de la lumière. Sargent & Sorolla“ (Paris, Musée du Petit Petit) dem französischen Publikum vorgestellt worden war. Dies liegt vermutlich daran, dass ihm keine monografische Ausstellung gewidmet worden war - 2025 widmet ihm das Musée d'Orsay daher eine großangelegte Einzelschau!
Frankreich | Paris:
Musée d‘Orsay
Niveau 0
23.9.2025 – 11.1.2026
Die in Zusammenarbeit mit dem Metropolitan Museum of Art in New York konzipierte Ausstellung „Sargent. Die Pariser Jahre“ will den Maler einem breiten Publikum bekannt machen. Mit über 90 Werken Sargents, darunter selten ausgeliehene und zum Teil noch nie in Frankreich gezeigte Gemälde, zeichnet die Ausstellung erstmals den kometenhaften Aufstieg des jungen Sargent nach: 1874 kam der 18-Jährige nach Paris, um bei Carolus-Duran zu studieren. Zehn Jahre später, im Salon von 1884, sorgte sein berühmtes „Porträt der Madame Gautreau (Madame X)“ für Schlagzeilen.
Der Maler hat Frankreich viel zu verdanken! In Paris hat der junge John Singer Sargent seine Ausbildung erhalten, seinen Stil und sein Künstlernetzwerk entwickelt und seine ersten Erfolge gefeiert. Hier schuf Sargent einige seiner größten Meisterwerke wie „Dr. Pozzi bei sich zu Hause“ (1881, Hammer Museum, Los Angeles) oder „Die Töchter des Edward Darley Boit“ (1882, Museum of Fine Arts, Boston).
In diesem außergewöhnlichen Jahrzehnt zwischen 1874 und 1884 arbeitete Sargent sowohl an seinem Stil als auch an seiner Persönlichkeit. Im Schmelztiegel der atemberaubenden Pariser Kunstwelt war er umgeben von zahlreichen Ausstellungen, der Entwicklung des Naturalismus (→ Naturalismus 1875-1918) und Impressionismus und dem Aufstieg von Paris zur Welthauptstadt der Kunst. Der junge amerikanische Maler fand hier nicht nur Unterstützung durch andere Emigranten, sondern integrierte sich auch erfolgreich in die französische Gesellschaft, indem er Kontakte zu einem Kreis von Künstlern, Schriftstellern und aufgeklärten Mäzenen knüpfte. Die zahlreichen Porträts, die Sargent von diesen Persönlichkeiten hinterlassen hat, zeichnen ein faszinierendes Bild einer kosmopolitischen Gesellschaft im Umbruch, in der die alte europäische Aristokratie auf die jungen Wohlhabenden der Neuen Welt trifft.
John Singer Sargent, der ständig auf der Suche nach Inspiration war, stellte kaum das „Pariser Leben“ dar, sondern nutzte seine Verankerung in der französischen Hauptstadt zu zahlreichen Reisen durch Europa und Nordafrika, von denen er zahlreiche Landschafts- und Genreszenen mitbrachte, die Exotik, Geheimnis und Sinnlichkeit in sich vereinten. Doch vor allem in der Porträtmalerei etablierte sich Sargent bald als der begabteste Künstler seiner Zeit, der seine Lehrmeister übertraf und den großen Künstlern der Vergangenheit ebenbürtig war. Sein enormes technisches Können, die Brillanz seiner Pinselstriche, die schillernden Farben und die provokative Sicherheit seiner Kompositionen verblüfften das Publikum und begeisterten die Kritiker, die in ihm den würdigen Erben von Diego Velázquez sahen.
Der amerikanische Schriftsteller Henry James, ein Freund Sargents, kommentierte 1883 eines der originellsten Bilder seiner gesamten Laufbahn, das Porträt „The Girls of Edward Darley Boit“, mit den Worten, der Künstler biete „das seltsam beunruhigende Schauspiel eines Talents, das an der Schwelle seiner Karriere bereits nichts mehr zu lernen hat“. Das „Portrait of Virginie Gautreau“ (1884) bezeichnete er als das beste Bild, das er je gesehen habe. Dennoch rief das Porträt im Salon sehr feindselige Reaktionen hervor, die vor allem auf die Moral des Modells abzielten und damit die sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen der öffentlichen Porträtkunst im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts offenlegt. Später bezeichnete Sargent es als sein bestes Bild. Ein besonderes Kapitel der Ausstellung ist diesem Moment in Sargents Karriere und diesem Gemälde gewidmet, das ausnahmsweise als Leihgabe des Metropolitan Museum of Art zum ersten Mal seit 1884 (!) wieder in Paris zu sehen ist.
Auf der Grundlage umfangreicher Recherchen zeigt „Sargent. Die Pariser Jahre“, wie eng der Künstler auch nach seinem Umzug nach London mit seiner Heimatstadt verbunden war. Davon zeugt beispielsweise sein Einsatz für die Aufnahme der „Olympia“ des von ihm bewunderten Edouard Manet in die nationalen Sammlungen im Jahr 1890.
Auch in Frankreich erfuhr Sargent eine erste institutionelle Anerkennung, als der Staat 1892 sein „Porträt der Tänzerin Carmencita“ für das Musée du Luxembourg erwarb.
Mit Beiträgen von Caroline Corbeau-Parsons Emily Eels, Isabelle Gadoin, Stephanie Herdrich, Erica Hirschler, Elaine Kilmurray, Richard Ormond, Paul Perrin, Charlotte Ribeyrol und Hadrien Viraben.