Valentin de Boulogne

Wer war Valentin de Boulogne?

Valentin de Boulogne (Coulommiers 3.1.1591–19.8.1632 Rom) war ein französischer Maler des Barock. In den zwanzig Jahren nach Caravaggios Tod entwickelte er sich zu einem der originellsten Vertreter der neuen, naturalistischen Malerei – und dem wichtigsten Caravaggisten aus Frankreich. In seinen religiösen Bildern wie in den Genreszenen gelang ihm die psychologische Durchdringung seiner Helden und Heldinnen. Diese positionierte er in dunkle, wenig gestaltete Räume, in die der scharfe Lichteinfall einzelne Personen deutlich hervorzeichnet.

Etwa 60 Werke von Valentin de Boulogne sind erhalten.

Kindheit

Valentin de Boulogne wurde am 3. Januar 1591 in der Pfarrei Saint-Denys in Coulommiers getauft, weshalb man von einem Geburtsdatum Ende 1590 ausgehen kann. Der Familienname, der auch Boullogne und Boulongne geschrieben wird, stammt vermutlich aus Boulogne-sur-Mer, einer Stadt in Nordfrankreich in der Kolonie Pas-de-Calais, obwohl die Familie mindestens seit 1489 in Coulommiers ansässig war. Valentin de Boulogne ist auch unter den Namen Jean Valentin de Boulogen, Jean de Boullongne oder Moise Valentin bekannt.

Sein Vater, ebenfalls Valentin, und sein Onkel Jean waren beide Maler und Glaser. Außerdem hatte Valentin einen zehn Jahre jüngeren Bruder, der ebenfalls Maler war.

Über die frühe Ausbildung von Valentine de Boulogne ist nichts bekannt. Man kann aber gesichert annehmen, dass er im Atelier seines Vaters zu malen begann, bevor er nach Paris oder Fontainebleau zog und dann nach Italien ging.

Werke

Um 1614 kam Valentin de Boulogne in Rom an, wo er bis zu seinem Tod lebte. Zumindest 1620 ist er in den „stati d‘anime“ verzeichnet, da er in der Pfarrei Santa Maria del Popolo lebte.

Während seines Studiums in Italien bei Simon Vouet (1590–1649) geriet Valentin unter den Einfluss von Caravaggio (1571–1610) und Bartolomeo Manfredi (1582–1622). Er gilt in Stil und Themenwahl gemeinsam mit Nicolas Régnier (1591–1667) als Hauptvertreter des Caravaggismus in der Nachfolge von Manfredi. Damit gehört Valentin des Boulogne neben dem gleichalten Spanier Jusepe de Ribera (1591–1652), der 1616 nach Rom zog, zu den frühesten Nachfolgern Caravaggios.

Bartolomeo Manfredi war über die Grenzen von Italien als Caravaggios engster Nachfolger bekannt. In den dramatisch beleuchteten Gemälden seiner späteren Schaffensperiode übernahm Manfredi ein beliebtes Thema Caravaggios: die Wirtshausszene mit „einfachen“ Leuten, darunter auch religiöse Figuren (Apostel), deren Gestalten nahe an der Bildoberfläche dargestellt sind, um die Betrachtenden in das Geschehen einzubeziehen.
Auch Valentin de Boulogne wählte dieses Thema und versammelte Wahrsager:innen, Trinker, Soldaten, Musikant:innen, Spieler oder Taschendiebe in düsteren Wirtshausszenen um einen Tisch. Daneben entstanden aber auch Bilder mit religiösen Motiven, darunter „David mit dem Haupt Goliaths und zwei Soldaten“1 (um 1620/1622, Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid).

Valentins Talent zeigt sich in der subtilen psychologischen Anlage, im Zusammenspiel seiner Figuren sowie in der Raffinesse seiner Maltechnik. Laut Manicelli gründete Valentins Erfolg auf vier Hauptelementen: „wahre Natürlichkeit, Kraft, Hervortreten des Kolorits, Harmonie der Farben.2 Aufgrund dieser Eigenschaften wurde er dem anderen berühmten Franzosen seiner Generation, Nicolas Poussin (1594–1665), vorgezogen. Valentin erwarb sich die Gunst von Kardinal Francesco Barberini, dem Neffen von Papst Urban VIII. (reg. 1623–1644).

1629 erhielt Valentin de Boulogne den prestigeträchtigen Auftrag, „Das Martyrium der heiligen Processus und Martinianus“ (Vatikanische Museen, Rom) für den Petersdom zu malen, nachdem zuerst Pietro da Cortona und dann Francesco Albani mit dem Werk beauftragt worden waren. Das 302 x 192 cm große Gemälde war für einen Altar im rechten Querschiff des Petersdoms bestimmt. Von Anfang an sollte Valentin de Boulognes Komposition im Wettbewerb mit Poussins „Martyrium des hl. Erasmus“ (1628–1629, Vatikanische Museen, Rom) stehen,3 denn beide Bilder zeigen eine in der Horizontalen gestreckte Hauptfigur. Valentins in dramatisches Dunkel gehüllte Komposition vermittelt überzeugender Dramatik und Kraftanstrengung der Schächer. Im Gegenzug ist Poussins Bild heller, leichter lesbar und mit dem antiken Setting historisch verortet. Das Urteil der Zeitgenossen fiel differenziert aus: Auch wenn die meisten Kommentatoren das Werk Valentins bevorzugten, so lobten sie doch die Originalität und den leidenschaftlichen Ausdruck von Poussins Altarbild.4

Kurz darauf verlieh Valentin de Boulogne konventionellen Darstellungen, wie etwa dem „Samson“ (1630/31, Cleveland Museum of Art), eine existenzielle Dimension, indem er den alttestamentarischen Helden in einer nachdenklichen Pose malte. Samsons Brustpanzer ist an der Schulter durch eine Spange in Form zweier Bienen verbunden – dem Emblem der Familie Barberini, die das Gemälde um 1630 in Auftrag gab. 1627 hatten die Barberini Valentin beauftragt, einen anderen biblischen Helden zu malen, „David, der Goliath besiegt“; das Gemälde, das Samson darstellt, sollte dessen Gegenstück sein. Das Gemälde zeigt außerdem ein Selbstporträt des Künstlers.

Valentin de Boulogne schloss sich den Bentvueghels an, einer ausgelassenen, inoffiziellen Gruppe von Exilkünstlern, zumeist flämischer Herkunft, und erhielt den Spitznamen „innamorato“, zweifellos in Anlehnung an seinen eigenen Namen. Valentin liebte ausschweifende Feste und edle Weine.

Tod

Valentin de Boulogne starb am 19. August 1632 in Rom.

Man sagt, Valentin de Boulogne sei im Alter von 41 Jahren verstorben, nachdem er zu viel getrunken, im eiskalten Wasser von Gian Lorenzo Berninis Fontana del Tritone [Tritonenbrunnen] (1642–1643) auf der Piazza Barberini gebadet und sich dabei erkältet hatte.