Hamburger Kunsthalle: Impressionismus aus der Sammlung Ordrupgaard
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Hamburger Kunsthalle: Impressionismus aus der Sammlung Ordrupgaard Französische Malerei zu Gast in Hamburg

Berthe Morisot, Junges Mädchen im Gras. Mlle Isabelle Lambert, 1885, Öl/Lw, 74 x 60 cm (Ordrupgaard Museum, Kopenhagen)

Berthe Morisot, Junges Mädchen im Gras. Mlle Isabelle Lambert, 1885, Öl/Lw, 74 x 60 cm (Ordrupgaard Museum, Kopenhagen)

Der französische Impressionismus aus der Sammlung des Kopenhagener Ordrupgaard Museums ist über den Winter 2019/20 in Hamburg zu Gast. Der Versicherungsdirektor Wilhelm Hansen trug mit seiner Frau Henny ab Ende des 19. Jahrhunderts zusammen. Seit 1953 ist die Sammlung Hansen ein staatliches dänisches Museum mit Sitz in Ordrupgaard. 2018 feierte das Museum sein 100-jähriges Bestehen. Da die Sammlung Ordrupgaard einen Erweiterungsbau von Snøhetta erhält, wird das Museum 2018 geschlossen und die Sammlung auf Reise geschickt.

Im Zentrum der Ausstellung stehen Gemälde sämtlicher führender Malerinnen und Maler des Impressionismus: Camille Pissarro, Edouard Manet, Edgar Degas, Alfred Sisley, Claude Monet, Berthe MorisotPierre-Auguste Renoir und Eva Gonzalès. Anhand der ausgestellten Werke lassen sich die motivischen, maltechnischen und wahrnehmungsspezifischen Revolutionen, die sich von den 1870er Jahren an binnen weniger Jahrzehnte auf der Leinwand ereigneten, plastisch nachvollziehen.

Gauguin im Ordrupgaard Museum

Einen besonderen Höhepunkt bildet eine Werkgruppe von acht Gemälden Paul Gauguins, dessen Schaffen bereits im Zeichen des Post-Impressionismus steht (→ Postimpressionismus | Pointillismus | Divisionismus). So besitzt das Ordrupgaard Museum zwei Gemälde Gauguins, die während dessen Aufenthalt in Arles entstanden sind.

So besitzt das Ordrupgaard Museum zwei Gemälde Gauguins, die während dessen Aufenthalt in Arles entstanden sind. Die Werke Gauguins, der mit einer Dänin verheiratet war und daher auch kurzfristig in Dänemark lebte, gehören zu dessen visionären Schöpfungen. Rote Weinberge, blaue Baumstämme und das Ausgeliefertsein des Menschen an das Schicksal markieren die radikalsten Wendungen in Gauguins Kunst im November 1888. Vincent van Gogh, der Gauguin verehrte und ihn dazu überredet hatte in den Süden zu kommen, verzweifelte ob der ihm fremden Zugangsweise seines Idols. So nutzte Gauguin die Fotografie einer peruanischen Mumie für die Formgebung des hockenden Mädchens. Wenn auch die nach der Vorstellungswelt des Malers entstandenen Kompositionen keinen Einfluss auf den Plein-air-Maler Van Gogh hatten, so öffnete er sich doch in diesen Monaten der Möglichkeit des Komplementärkontrastes. Der von Eugène Delacroix bereits theoretisch fundierte Einsatz einander kontrastierender Farben – Rot/Grün, Blau/Orange, Gelb/Violett – hatte Van Gogh schon zuvor interessiert. Doch erst die dramatischen Monate mit Gauguin in Arles brachten für beide Maler eine Klärung ihrer Beziehung zur Welt und der avantgardistischen Malerei gegenüber (→ Vincent van Gogh : Paul Gauguin in Arles).

Französische Malerei vom Klassizismus zum Impressionismus

Nachdem das Ehepaar Hansen ab den 1890er Jahren zunächst auf dänische Kunst fokussiert war, widmete es sich von 1916 an gezielt dem Aufbau einer repräsentativen Sammlung französischer Malerei. In Paris unterhielten die Hansens Kontakte zu Kritikern wie Théodore Duret sowie zu prominenten Kunsthändlern, insbesondere Ambroise Vollard, mit deren Hilfe sie ihre spektakuläre Sammlung aufbauten.

Jedoch beschränkte sich das Ehepaar nicht nur auf die Vertreterinnen und Vetreter des Impressionismus. Sie bezogen auch die Zeiten davor und danach in ihre Aktivitäten mit ein – und damit die Entwicklungen eines ganzen Jahrhunderts französischer Malerei. So finden sich in der Ausstellung nicht nur Werke des Klassizismus und der Romantik (Jean-Auguste-Dominique Ingres und Eugène Delacroix), sondern mit Gustave Courbet, Camille Corot, Charles-François Daubigny und Jules Dupré auch Arbeiten von führenden Künstlern des französischen Realismus versammelt. Indem diese bereits Pleinair-Malerei praktizierten, werden sie zu Recht als Vorboten des Impressionismus bezeichnet (→ Charles-François Daubigny: Wegbereiter des Impressionismus).

Meisterwerke des Impressionismus aus der Sammlung Ordrupgaard in der Hamburger Kunsthalle

Nach Ausstellungen zu Degas (2009) und zu Manet (2016 → Edouard Manet, der Salon und der doppelte Blick) bietet Impressionismus. Meisterwerke aus der Sammlung Ordrupgaard erstmals die Gelegenheit, Spitzenwerke sämtlicher führender Vertreterinnen und Vertreter des Impressionismus in Hamburg zu sehen. Dies ist den guten Beziehungen der Kunsthalle zum Ordrupgaard Museum zu verdanken, das im Zuge von Erweiterungsarbeiten diese außergewöhnlich großzügige Kollektion für Hamburg bereitstellt.

Kuratiert von Markus Bertsch.

Meisterwerke des Impressionismus aus der Sammlung Ordrupgaard: Bilder

  • Claude Monet, Die Straße von Chailly durch den Wald von Fontainebleau, 1865, Öl auf Leinwand, 97 x 130,5 cm (Ordrupgaard, Kopenhagen, Foto: Pernille Klemp © Ordrupgaard, Kopenhagen)
  • Pierre-Auguste Renoir, Le bal du Moulin de la Galette (Esquisse) [Der Tanz im Moulin de la Gallette (Entwurf)], 1875/76, Öl auf Leinwand, 65 × 85 cm (Kopenhagen, Ordrupgaard D210, Foto: Anders Sune Berg)
  • Berthe Morisot, Junges Mädchen im Gras. Mlle Isabelle Lambert, 1885, Öl/Lw, 74 x 60 cm (Ordrupgaard Museum, Kopenhagen)
  • Paul Gauguin, Blaue Bäume [Vous y passerez, la belle!], Ende November 1888, Öl auf Jute, 92 x 73 cm (Ordrupgaard Museum, Kopenhagen)
  • Paul Gauguin, Das menschliche Leiden (Die Weinlese oder Die Armut), 4.–11. November 1888, Öl auf Jute, 73 x 93 cm (Ordrupgaard, Kopenhagen)

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