Seit den 1920er Jahren fügt Ludwig Mies van der Rohe (1886–1969) figürliche Plastiken von Wilhelm Lehmbruck (1881–1919) und Georg Kolbe (1877–1947) in seine Gebäude ein. Kolbe und Lehmbruck gehörten zu den bekanntesten Bildhauern der Weimarer Republik. Mies van der Rohe etablierte sich als visionärer Architekt des Neuen Bauens. Ein architektonisches Denken durchdringt die bildende Kunst dieser Zeit, ebenso beeinflussen sich Kunst und ein wissenschaftliches Naturverständnis. Erstmals treffen die drei herausragenden Künstler im Haus Lange in Krefeld aufeinander.
Deutschland | Krefeld: Kunstmuseen Krefeld, Haus Lange
18.4. – 29.8.2021
In der Ausstellung „Künstliche Biotope“ treten Skulpturen von Georg Kolbe und acht von Wilhelm Lehmbruck, darunter auch „Mädchen sich umwendend“ und „Der Morgen“, in einen räumlichen Dialog mit Haus Lange.
Mies van der Rohe hat die Villa 1927 bis 1930 für den Textilfabrikanten Hermann Lange gebaut. Im Rahmen dieses besonderen Projektes wird das Haus selbst mit seiner Gartenanlage zum Exponat der Ausstellung. Haus Lange zeigt sich erstmals als ein organisches System, das Materialien aus dem Kreislauf der Natur – Holz, Ton, Travertin, Marmor, Glas oder auch Eisen – ebenso umfasst wie die Skulpturen von Kolbe und Lehmbruck.
Figurative Skulptur, wie sie von dem Architekten Mies van der Rohe immer wieder in Entwürfe und Gebäude integrierte wurde, steht somit im direkten Dialog mit dem Gebäude, dem Design und der Gartenanlage der Villa Lange. Hintergrund für das Zusammenspiel von Architektur und Skulptur bildet das naturphilosophische Klima, u.a. Texte des Biologen Raoul Francé, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts ganz unterschiedliche Disziplinen beeinflusst hat. Zu sehen sind rund 25 Skulpturen von Lehmbruck und Kolbe als Teil des organischen Körpers von Haus Lange.
1927 bezog Mies van der Rohe erstmalig eine Skulptur von Lehmbruck, „Mädchen sich umwendend“, in eine Musterwohnung ein, den sog. Glasraum. Der Architekt und Lehmbruck hatten sich wohl bereits 1910 in Paris kennengelernt. Weitaus bekannter ist die Aufstellung der Plastik „Der Morgen“ von Kolbe im Barcelona Pavillon von Mies van der Rohe, mit dem sich die Weimarer Republik 1928 bis 1929 auf der Weltausstellung präsentierte und dessen Rekonstruktion heute eine tausendfach fotografierte Ikone ist.
Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Kolbe Museum in Berlin, das eine zweite Station für 2022 plant.
Quelle: Kunstmuseen Krefeld
Sylvia Martin, Julia Wallner (Hg.)
Mit Beiträgen von K. Baudin, S. Dinkla, S. Guericke, E. Leuschner, S. Martin, S. Schweizer, M. Vollgraf, J. Wallner
288 Seiten, 180 Abbildungen in Farbe
23 × 28 cm, gebunden
ISBN 978-3-7774-3768-2 (Deutsch / Englisch)
HIRMER Verlag