Laura Wheeler Waring
Wer war Laura Wheeler Waring?
Laura Wheeler Waring (Hartford 16.5.1887–3.2.1948 Philadelphia) war eine afro-amerikanische Künstlerin und Pädagogin der Moderne (→ Klassische Moderne). Wheeler Waring wurde für ihre Porträts von prominenten Afroamerikanern aus der Zeit der Harlem Renaissance (ca. 1920er) bekannt. Über 30 Jahre unterrichtete sie Kunst an der Cheyney University of Pennsylvania.
Kindheit
Laura Wheeler wurde am 16. Mai 1887 in Hartford, Connecticut, als viertes von sechs Kindern des Ehepaares Mary (geb. Freeman) und Reverend Robert Foster Wheeler geboren. Ihr Vater war Pastor der Talcott Street Congregational Church, der ersten rein schwarzen Kirche in Connecticut, und ihre Mutter war Lehrerin und Amateurkünstlerin. Die Eltern ihrer Mutter waren führende Mitglieder der amerikanischen Bewegung für die Befreiung der Sklaven, unter anderem als Fluchthelfer bei der Underground Railroad in Portland (Maine) und Brooklyn, New York.
Ausbildung
Im Jahr 1906 machte Laura Wheeler ihren Abschluss an der Hartford Public High School in Hartford. Danach wurde sie von der Kunstschule Pennsylvania Academy of the Fine Arts in Philadelphia, Pennsylvania aufgenommen. Neben ihrem Studium unterrichtete sie bereits Kunst und Musik an der pädagogischen Hochschule Cheyney Training School for Teachers in Philadelphia (heute: Cheyney University of Pennsylvania), der ältesten Hochschule für Afro-Amerikaner in den USA. Dort arbeitete sie außerdem abends und an Wochenenden im Internatsbereich mit und konnte deshalb wenig Zeit für ihre eigene Entwicklung als Künstlerin aufbringen.
Mit ihrem Abschluss im Jahr 1914 gehörte Laura Wheeler der sechsten Generation ihrer Familie an, die ein Hochschulstudium abgeschlossen hat. Anschließend erhielt sie ein Reisestipendium, das William E. Cresson Memorial Scholarship der Pennsylvania Academy of the Fine Arts, mit dem sie nach Europa reisen konnte. Laura Wheeler war die erste afro-amerikanische Künstlerin, die damit ausgezeichnet wurde.
Europa
Als Afroamerikanerin schätze Waring die gesellschaftlichen Freiheiten, die sie in Europa erlebte, sehr. Ihr eher konventioneller Stil wurde jedoch von modernen europäischen Kunstrichtungen dabei wenig beeinflusst. Die Reisen sorgten für eine breitere Bekanntheit in Kreisen der US-amerikanischen Künstler:innen und brachten sie mit aktiven Vertreten der Harlem Renaissance in Kontakt.
Laura Wheeler reiste drei Mal nach Europa und hielt sich jedes Mal für länge Zeit in Paris auf. Mit dem Reisestipendium war sie zum ersten Mal 1914 für zweieinhalb Monate allein nach Europa gekommen. In den Jahren 1924 bis 1925 verbrachte sie 15 Monate in der Gesellschaft von Freunden in Frankreich, und nach ihrer Hochzeit mit Walter Waring weilte das Ehepaar im Jahr 1929 zweieinhalb Monate in Paris.
London – Paris (1914)
1914 reiste Waring per Schiff nach Großbritannien und fuhr nach London, wo sie Museen und Sehenswürdigkeiten besuchte. Dann fuhr sie weiter nach Paris und bezog ein Zimmer im Künstlerviertel Rive Gauche. Im Louvre interessiert sie sich besonders für die Werke der Impressionisten wie Edgar Degas, Claude Monet, Édouard Manet, Jean-Baptiste Camille Corot and Paul Cézanne. In ihrem Reisebericht für die Pennsylvania Academy schrieb sie im Oktober:
„I thought again and again how little of the beauty of really great pictures is revealed in the reproductions which we see and how freely and with what ease the great masters paint.”
Obwohl sie in jener Zeit selbst wenig malte, machte sie Notizen und Zeichnungen. Inspiriert von ihren häufigen Aufenthalten im Jardin du Luxembourg, malte sie später das Ölgemälde „Le Parc Du Luxembourg“ (1918).
In Paris traf sie sich mit anderen Afroamerikanern, unter anderem mit Henry Ossawa Tanner, einem aus Pennsylvania stammenden Künstler, der sich 1895 auf Grund des Rassismus in den Vereinigten Staaten in Paris niedergelassen hatte.
Obwohl Waring geplant hatte, in die Schweiz, nach Italien, Deutschland und in die Niederlande weiterzureisen, wurden diese Pläne durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhindert. Mitte August verließ sie Frankreich und machte eine kurze Reise durch Städte in England und Schottland.
Paris (1924/25)
In Juni 1924 reiste Waring zusammen mit der afroamerikanischen Opernsängerin Lillian Evanti und der Künstlerin Helen Wheatland direkt nach Frankreich. Durch die Freundschaft mit Tanner und seiner Frau lernte sie Kulturschaffende kennen, die der Harlem Renaissance nah standen, wie Alain LeRoy Locke und Langston Hughes. Zu den Begegnungen gehörte auch der Aktivist und Historiker Rayford Logan, der Komponist Henry Thacker Burleigh, der Opernsänger Roland Hayes, der jamaikanische Dichter Claude McKay und der Franzose René Maran, der erste schwarze Schriftsteller, der den Prix Goncourt gewann.
Der zweite Aufenthalt markierte einen Wendepunkt nicht nur in ihrem künstlerischen Werk, sondern auch in ihrem beruflichen Werdegang. Waring bezeichnete diese Zeit selbst als ausschließlich auf die Kunst fokussiert, als „die einzige Periode von ungestörtem Leben als Künstlerin in einer Umgebung neben Gleichgesinnten, die ständig für Anregung und Inspiration sorgte“. In dieser Zeit tauchte sie in die französische Kultur und Lebensart ein. Ermutigt von Tanner, malte sie viele Porträts und nahm ab Oktober 1924 an Malkursen der Académie de la Grande Chaumière teil. Statt weiche Pastelltöne wählte sie nun eine eher lebhafte und realistische Darstellungsweise. Charakteristisch für diese neue künstlerische Ausrichtung ist das Ölgemälde „Houses at Semur, France“ (1925).
Neben dem Malen schrieb und illustrierte Laura Waring in dieser Zeit eine Kurzgeschichte mit dem Titel „Dark Algiers and White“ zusammen mit ihrer Freundin Jessie Redmon Fauset, die als Publizistin eine wichtige Rolle in der Harlem Renaissance spielte.
Paris (1929)
Am 23. Juni 1927 heiratete Laura Wheeler Walter Waring, einen Lehrer für Französisch und Latein, der im staatlichen Schulsystem von Philadelphia arbeitete. Aus finanziellen Gründen mussten sie ihre Hochzeitsreise zwei Jahre hinausschieben.
Das Paar verbrachte über zwei Monate in Frankreich. In dieser Zeit fand Laura Waring Wheeler wieder Inspiration im Louvre. So arbeitete sie an Illustrationen für die Weihnachtsausgabe von „The Crisis“ nach dem Motiv der Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige, in der der schwarze Balthasar hervorgehoben wird, und nahm außerdem an einer Ausstellung in einer Pariser Galerie teil.
Werke
Illustrationen
Nach ihrer Rückkehr aus Europa im Jahr 1914 bekam Laura Waring Aufträge für Illustrationen in Publikationen aus dem Umfeld der Harlem Renaissance. Für die 1910 gegründete offizielle Monatszeitschrift der Bürgerrechtsorganisation „National Association for the Advancement of Colored People“ (NAACP), „The Crisis“, steuerte sie viele Illustrationen bei. Auch nach dem zweiten Aufenthalt in Paris lieferte sie Illustrationen für „The Crisis“ und korrespondierte regelmäßig darüber mit W. E. B. Du Bois.
Für die Jugendbücher von Mary White Ovington, einer Mitbegründerin der NAACP, gestaltete sie einige Buchumschläge, sowie auch für Werke von afroamerikanischen Autor:innen wie Cordelia Ray und Paul Laurence Dunbar.
In den Jahren 1920 bis 1921 illustrierte Laura Waring für die Kinderzeitschrift „The Brownies' Book“, deren Ziel es war, das Selbstbewusstsein von afroamerikanischen Kindern zu stärken. Im Einklang mit der Philosophie des New Negro Movements war es für sie stets wichtig, eine realistische, nuancierte und erhebende Darstellung ihrer Sujets zu geben.
Ab 1926 wurde Laura Waring zunehmend als Künstlerin anerkannt und durch Preise ausgezeichnet. Ihre Werke wurden für die erste nationale Ausstellung afroamerikanischer Kunst ausgewählt, die 1927 von der philanthropischen Stiftung Harmon Foundation organisiert wurde.
Porträts von Schlüsselfiguren der Harlem Renaissance
Heute ist Waring vor allem für ihre Porträts von führenden Afroamerikaner:innen, unter anderem auch Schlüsselfiguren der Harlem Renaissance, bekannt, die sie zusammen mit Betsy Graves Reyneau 1943 im Auftrag der Harmon Foundation malte. Diese Bildnisse, die den vorherrschenden stereotypischen Darstellungen von Afroamerikanern entgegenwirken sollten, wurden bis 1954 in 32 US-amerikanischen Städten gezeigt. Heute hängt eine Auswahl dieser Porträts in der National Portrait Gallery (Washington).
Lehre
Nach ihrer Rückkehr aus Europa arbeitete Laura Wheeler weiter an der Cheyney und tat dies mehr als dreißig Jahre lang. Dort gründete sie die Kunst- und Musikabteilungen der Schule. In ihren späteren Jahren an der Cheyney war sie Direktorin der Kunstprogramme.
Tod
Laura Wheeler-Waring starb am 3. Februar 1948 zu Hause in Philadelphia nach längerer Krankheit. Schon ein Jahr später wurde ihr in der Kunstgalerie der Howard University in Washington, D.C., der bekanntesten amerikanischen Universität für Afroamerikaner, eine Ausstellung gewidmet.
Das Paar blieb kinderlos. Eine Großnichte von Laura Waring, Madeline Murphy Raab, ist Kunstsammlerin und hält einige Werke von Waring im Privatbesitz.
Laura Wheeler-Warings Werke sind in folgenden Kunstsammlungen vertreten, darunter die Corcoran Gallery of Art in Washington, D.C., das Brooklyn Museum und das Philadelphia Museum of Art.