Paolo Uccello
Wer war Paolo Uccello?
Paolo Uccello (Pratovecchio 15.6.1397–10.12.1475 Florenz) war ein Maler der Florentiner Renaissance. Er ist berühmt für seine Perspektivstudien, drei Schlachtenbilder und Florentiner Fresken. Wie für viele seiner Zeitgenossen ist den schriftlichen Quellen wenig über Uccellos Leben und sein Werk zu finden. Für die beiden herausragenden Werkgruppen, die Fresken im sogenannten Chiostro Verde der Kirche Santa Maria Novella (1432–1436) und die drei Gemälde zur „Schlacht von San Romano“ (1440er?), existieren keine Urkunden, daher können sie nur ungefähr datiert werden.
Kindheit & Ausbildung
Paolo Uccello wurde am 15. Juni 1397 in Pratovecchio als Paolo di Dono geboren.
Uccello trat um 1413 in die Werkstatt von Lorenzo Ghiberti ein, wohl mit der Absicht, das Goldschmiedehandwerk zu erlernen, doch schon 1415 führt ihn das Verzeichnis der Malerzunft als Mitglied.
Werke
Die ersten zehn Arbeitsjahre des seit 1415 als Maler tätige Uccello liegen im Dunkeln. Hinweise auf seine künstlerischen Anfänge und den Malstil seiner frühen Werke gibt es, wie schon für Fra Angelico (1386/1400–1455), nicht.
Paolo Uccello ging 1425 nach Venedig, wo er in San Marco als Mosaizist arbeitete and einen nicht identifizierten Hl. Petrus schuf. Bisher konnte dem Künstler kein Werk aus Venedig mit Sicherheit zugeschrieben werden.
Fresken in Santa Maria Novella (1432–1436)
Im Jahr 1431 kehrte Paolo Uccello wieder nach Florenz zurück. Aus indirekten Quellen lässt sich schließen, dass er spätestens 1434 im Chiostro Verde [Kreuzgang] in Santa Maria Novella gearbeitet haben musste. Dieses Datum stimmt mit der allgemeinen Einschätzung überein, dass Uccellos Fresken der „Erschaffung der Tiere“, der „Erschaffung von Adam“ der „Erschaffung von Eva“ und des „Sündenfalls“ auf eine Entstehungszeit zwischen 1432 und 1436 zu datieren sind. Sie wurden aus konservatorischen Gründen von der Wand genommen und auf Leinwand übertragen, so dass die Sinopien (das sind Vorzeichnungen auf dem Verputz) sichtbar wurden.
Die durch die Witterung stark in Mitleidenschaft gezogenen Fresken sind in zwei Registern übereinander angeordnet. Die „Erschaffung der Tiere“ und die „Erschaffung von Adam“ befinden sich in der Lünette, darunter die „Erschaffung von Eva“ und der „Sündenfall“. Alle drei Kompositionen sind hinsichtlich Figurenkomposition und Technik sehr innovativ und entstanden vor der Arbeit am Hawkwood.
Mit diesen und anderen Werken für dieselbe Kirche, darunter Szenen aus dem Leben Noahs, die wahrscheinlich einige Jahre später entstanden, gelang es Uccello noch am ehesten, seinen Figuren Gewicht und körperliche Präsenz zu geben und sich der Monumentalität eines Masaccio anzunähern. Andererseits stehen die gelängten Proportionen, die schmalen Köpfe und die durchgehend elegante Haltung der Figuren in den Schöpfungsdarstellungen in engem Zusammenhang mit Ghibertis „Genesis“-Reliefs der Paradiespforte (um 1429) sowie mit Masolinos Kunst, wie sie sich im „Sündenfall“ aus der Brancacci-Kapelle zeigt. Da Uccello Erfahrungen in Oberitalien gemacht hatte, konnte man auch Anleihen bei Gentile da Fabriano und Antonio Pisanello nachweisen.
Die Sintflut
Das Sintflutfresko, das später entstand als die Schöpfungsszenen, verrät die Vielschichtigkeit von Uccellos Interessen und künstlerischen Vorstellungen. Die Möglichkeiten der perspektivischen Darstellung und der scharfen Verkürzung faszinierten ihn in dieser Zeit besonders. Links schildert er die Stürme, welche die Flut auslösten, und die von den steigenden Wassermassen verursachten Verwüstungen. Dabei handelt es sich um eine der ersten realistischen Darstellungen eines Sturms in der abendländischen Kunst. Rechts stehen Noah und seine Angehörige. Nach dem Zurückweichen des Wassers verlassen sie die Arche. Doch der Künstler malte auch die Leichen der Ertrunkenen, darunter einen mit aufgeblähtem Bauch.
Die nur fragmentarisch erhaltenen Fresken, die sich jahrhundertelang im Kreuzgang des Klostergebäudes neben Santa Maria Novella befanden, sind beinahe monochrom gemalt: nur „Sintflut und Rückgang der Fluten“ sowie „Dankopfer und Trunkenheit Noahs“ zeigen etwas mehr Kolorit, aber die Farbtöne sind unnaturalistisch und wirken exzentrisch. Dies passt aber mit einem anderen Freskenzyklus Uccellos in San Miniato al Monte oberhalb von Florenz zusammen, der heute kaum noch erkennbar ist. Vasari meinte dazu:
„In der Verwendung der Farben war er sich nicht schlüssig, denn bald malte er die Felder blau, die Stadt rot und die Häuser in den verschiedensten Farbtönen, ganz nach seiner Laune.“
Dass in eine Lünette komponierte Fresko „Sintflut und Rückgang der Fluten“ verbindet in einem einzigen Bildfeld auf der einen Seite den Sturm und das Drama, das die ansteigende Flut auslöst, und auf der anderen die Verwüstungen, aber auch die Erlösung, die mit dem Zurückweichen des Wassers einhergehen. Noahs Arche ist zweimal im Bild zu sehen und zeigt verschiedene Ansichten eines riesigen, pyramidenhaften Kastens.
Sir John Hawkwood (datiert 1436)
Das Fresko des reitenden „Sir John Hawkwood“ (1436) im Dom von Florenz ist 732 x 404 cm groß. Man sollte nicht vergessen, dass dies die Arbeit eines Vierzigjährigen ist, der bereits viele Erfahrungen sammeln konnte (auch wenn darüber nur wenig bekannt ist).
Das gemalte Reiterdenkmal „Sir Hawkwood“ ist genau datiert, was die Ausnahme in Uccellos Œuvre ist. Der englische Söldnerführer, den die Italiener unter dem Namen Giovanni Acuto kennen, starb 1394. Das Fresko ersetzte ein älteres Wandbildnis Hawkwoods. Uccello erfand einen Typus des Reiterstandbilds, der später von Andrea da Castagno für seinen „Nicolo da Tolentino“ aufgegriffen und von Donatello für seinen „Gattamelata“ in plastischer Form verwirklicht wurde. Das umfassend restaurierte Werk ist von der Wand auf Leinwand übertragen worden; der breite Rahmen ist eine spätere Zutat.
Trotz dieser Veränderungen bleibt der Hawkwood ein beeindruckendes Bildnis, in dem sich Uccellos Interesse an der Perspektive mit genauen Vorstellungen über die Wirklichkeit verbindet. Teile sind unter Berücksichtigung des Betrachterblickwinkels perspektivisch verkürzt dargestellt, während das massige Pferd und der Reiter in strenger Profilansicht gezeigt werden. Das Bild ist weniger das Porträt des Heerführers als vielmehr ein Bild seines imaginären Bronzestandbilds (das wäre den Floreintinern allerdings viel teurer gekommen als die Malerei).
Dekorative Arbeiten
Paolo Uccello erhielt im Jahr 1443 von der Kirchenleitung des Doms von Florenz ein Honorar für die Verzierung des Zifferblattes an der Innenfassade des Doms, und im selben Jahr hat er Kartons für Glasfenster der Kathedrale geschaffen.
Padua
In den 1440er Jahren ging Uccello für eine nicht näher bestimmbare Zeit nach Padua, wo er eine Serie vielbewunderter und leider nicht erhaltener Gigantendarstellungen schuf. Für die folgenden Jahre gibt es keine überlieferten Werke.
Die Schlacht von San Romano (1438–1440/1440er?/um 1456)
Der dreiteilige Gemäldezyklus „Die Schlacht von San Romano“ war Teil der Dekoration eines Zimmers im Medici-Palast, das in einer Inventarliste von 1492 als das Schlafzimmer von Lorenzo de Medici, genannt „il Magnifico“, bezeichnet wird. Der Louvre geht hingegen davon aus, dass der Zyklus wahrscheinlich von Lionardo Bartolini Salimbeni (1404–1479) in Auftrag gegeben wurden, um einen Raum in seinem Florentiner Palast zu schmücken. Die geschilderte Schlacht fand unter der Herrschaft der Medici im Jahr 1432 statt, kurz vor dem vorübergehenden Exil der Familie.
- Niccolò Mauruzi da Tolentino in der Schlacht von San Romano, vermutlich 1438–1440 (The National Gallery of Art, London)
- Der Sieneser General Bernardino Ubaldini della Carda vom Pferd gestoßen, 1450–1475 (Uffizien, Florenz): signiert
- Die Schlacht von San Romano: der Gegenangriff von Micheletto Attendolo da Cotignola, 1450/1475 (Louvre, Paris)
Die drei Tafeln beziehen sich auf verschiedene Ereignisse. während der Schlacht und sind so komponiert, dass der Ausgangspunkt der Bewegung in der linken Tafel (London) liegt, wo Niccolồ da Tolentino die Florentiner Truppen in den Kampf führt. Die mittlere Tafel (Florenz) zeigt, wie der Sieneser General Bernardino Ubaldini della Carda aus dem Sattel gehoben wird, trägt auf einem Trompe-l‘œuil-Wimpel unten links Uccellos Signatur. Bei der dritten Tafel (Paris) steht Micheletto da Cotignola im Mittelpunkt, der die feindlichen Truppen von hinten angreift. Der Gemāldezyklus der „Die Schlacht von San Romano“ endete mit dem Sieg von Florenz über Siena, das damals mit Mailand verbündet waren.
Die Gemälde sind nicht datiert, weshalb ihre Entstehung zwischen 1438 und dem Tod des Künstlers angenommen wird. Andererseits gibt es auch Gründe, wie die zeitliche Nähe zum historischen Geschehnis, die Kleidung der Dargestellten und gewisse an Masolino erinnernde Züge der Ausführung, die eine Datierung zwischen den späten 1430er und den späten 1440er Jahren nahelegen. Die traditionelle Datierung stützt sich auf die Tatsache, dass der Condottiere Niccolò da Tolentino - ihm unterstanden die Florentiner Truppen auf dem Kampfplatz bei San Romano - auch mit einem Fresko im Dom zu Florenz gefeiert wurde, das Andrea del Castagno 1456 fertigstellte und das als Pendant zum „Sir John Hawkwood“ gedacht war. Da Castagno und Uccello an denselben Condottiere erinnerten und damit in gewisser Hinsicht zu einem vergleichbaren Bildprogramm beitrugen, lägen sie, so die Annahme, auch in der Entstehungszeit zusammen. In Anbetracht der Komplexität, des Detailreichtums und des großen Formats der Bilder Uccellos dürfte ihre Ausführung mehrere Jahre in Anspruch genommen haben.
Die Bilder haben einen eher festlichen als kriegerischen Charakter (anders als zum Beispiel → Leonardo: Schlacht von Anghiari). Mindestens eine Quelle bezeichnet sie sogar als Darstellung von Turnierspielen. Verglichen mit den Genesis-Szenen aus dem Kreuzgang von Santa Maria Novella sind die Schlachtengemälde sehr viel dekorativer. Die Pferde im Gemälde der Uffizien machen den Eindruck, als ob sie nach dreidimensionalen Holzmodellen gemalt worden wären. Der Künstler soll solche Modelle im Atelier angefertigt haben, um sie dann nach seinen Bedürfnissen zu postieren: Manchmal sind sie in steiler Verkürzung wiedergegeben, manchmal umgestürzt auf dem Boden liegend.
Auf der äußersten Linken geben die Trompetenbläser mit ihren langen Instrumenten das Signal für den Scheinangriff, der von Rittern auf weißen und rötlichen Pferden geführt wird. Auf dem zweiten Gemälde sind sie in Rückenansicht gezeigt, während sie den Bildraum nach rechts verlassen, wo eines der Pferde nach hinten gefährlich ausschlägt. Die Rüstungen der Kämpfer, besonders ihre Helme und Hüte sind hochpräzise wiedergegeben, dienen aber nicht nur der historisierenden Beschreibung, sondern haben auch eine dekorative Funktion.
Die drei Darstellungen der „Schlacht von San Romano“ sind ein Beispiel für die Anwendung der Linearperspektive auf ein Thema, in dem es keinerlei Architektur gibt. Die am Boden liegenden zerbrochenen Lanzen bilden ein Gitter, das einem Liniensystem im Raum folgt. Wie in den Darstellungen der Noah-Geschichte nutzt Uccello auch hier jede sich bietende Möglichkeit, Figuren in perspektivischer Verkürzung zu zeigen. Die räumlichen Verhältnisse im Vordergrund. wo die eigentliche Konfrontation stattfindet, sind rekonstruierbar, aber der Übergang von der vorderen zur mittleren Bildebene und der Landschaft in der Ferne ist nicht lückenlos nachvollziehbar. Dies wirkt nicht unbedingt störend, verwundert aber doch bei einem Meister wie Uccello, der so besessen von den Ausdrucksmöglichkeiten geometrischer Wiedergabe war.
Zwar vermag Paolo Uccello das Volumen der Figuren, insbesondere der Pferde, deutlich zu erfassen, aber ihre Materialität, ihr Fell, ihre Oberflächenbeschaffenheit ist für ihn kein malerisches Problem. Die massigen Tieren machen sogar den Eindruck, als schwebten sie über dem Boden. Sie wirken manchmal aufgebläht. Die Farben erinnern an märchenhafte Kulissen. Uccellos Malerei wirkt in einzelnen, minutiös ausgeführten Details nicht realistisch oder naturalistisch. Dies machte den Künstler für die Entwicklung des Surrealismus interessant.
Die Schändung der Hostie (1467/68)
Nach einer ersten vorbereitenden Reise nach Urbino, begann Paolo Uccello mit den Predellenbildern für einen bedeutenden Altar und schuf 1467/68 die Szenen für „Die Schändung der Hostie“ (Galleria Nazionale delle Marche, Urbino), einer mittelalterlichen Legende vom Wunder der entweihten Hostie.
Uccellos Spätwerke erinnert an die Justus van Gents Predella mit der „Weihe der Hostie“ (Urbino, Palazzo Ducale), die ebenso geschmeidige, zarte Figuren mit schmalen Gesichter und feinen Händen und Füßen aufweist. Paolo Uccello modellierte die Körper in „Die Schändung der Hostie“ nicht nach ihren Volumen, sondern behandelt sie eher als Silhouetten. Diese zwischen 1467 und 1468 gemalten Bilder setzen einen Figurenstil fort, der bereits zwanzig Jahre zuvor im Hintergrund des Schlachtengemäldes aus den Uffizien zu beobachten war. Im fortgeschrittenen Alter beschäftigte sich Uccello jedoch nicht mehr so obsessiv mit der Perspektive, sondern verwendete die Raumkonstruktion eher in einer empirischen, auf Erfahrung aufbauenden Weise. In ihrer panoramaartigen Ausbreitung erinnert Predellenbilder an die umbrische Schule.
Im folgenden Jahr war der Maler wieder in Florenz. Der dortigen Steuerbehörde gab er an, er sei alt und mittellos, obwohl aus anderen Quellen bekannt ist, dass Uccello einige Bilder zum Schmuck von Möbelstücken gemalt hatte.
Der heilige Georg und der Drache (um 1470)
Paolo Uccello fasste zwei Teile der Legende vom heiligen Georg und der Drache in einem kleinen und ausgesprochen seltsamen Gemälde zusammen. Der Heilige auf seinem tänzelnden Schlachtross stößt seinen Speer in den Kopf eines seltsam dreieckigen Drachen, dessen Form den Eingang zu seiner Höhle widerspiegelt; die elegante, aber etwas gelangweilt wirkende Prinzessin hat bereits eine Leine um den Hals. Eine Mondsichel deutet vielleicht darauf hin, dass dies im Übergang vom Tag zur Nacht geschieht.
Alles an dem Bild, von der seltsam spiralförmigen Wolke bis zur merkwürdigen Landschaft, lässt es eher zu einer Szene aus der Fantasie als ein Bild der realen Welt werden. Selbst das Pferd wirkt eher traumhaft als lebensecht: Sein Hals ist unnatürlich gebogen, seine Hufe seltsam eckig und seine Augen und Nüstern sitzen zu weit vorne am Kopf. Obwohl Uccello sich sehr für Rüstungen und Kampfmanöver interessierte, hat er die Realität zugunsten der visuellen Wirkung angepasst. Georg hält seine Lanze falsch, sodass sie auf dem Drachenflügel und den Wolken aufliegt, und sein Arm ist falsch nach oben gebogen.
Es ist nicht bekannt, für wen Uccello den „Heiligen Georg und der Drache“ malte oder wann er es gemalt hat. Der kleine Maßstab des Bildes und seine nicht-religiöse Ausstrahlung – es handelt eher von einem magischen Abenteuer als von christlicher Tugend – lassen darauf schließen, dass es vielleicht in einem Schlafzimmer gehängt wurde.
Es sind zwei weitere Versionen dieser Komposition von Uccello und seiner Werkstatt erhalten, eine in der National Gallery of Victoria in Melbourne, die andere im Musée Jacquemart-André in Paris. Der Stil ist Uccellos „Jagd im Wald“ (Ashmolean Museum in Oxford) recht ähnlich, und die Kleidung der Prinzessin scheint aus der Zeit um 1460 zu stammen. Die Rüstung des Heiligen wirkt jedoch deutlich älter und erinnert an die Bekleidung des Ritters in „Niccolò Mauruzi da Tolentino in der Schlacht von San Romano“. Vielleicht zeichnete Uccello die Rüstung aus dem Gedächtnis oder vereinfachte sie nur, damit sie zu einem viel kleineren Bild passt.
Tod
Paolo Uccello starb am 10. Dezember 1475 in Florenz.
