Mit fragiler Eleganz schwebt Maria gen Himmel. Das am 8. Dezember in der Katholischen Kirche gefeierte Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria (lat. immaculata conceptio) wurde erst am 8. Dezember 1854 zum Dogma erhoben.
In der päpstlichen Bulle wird festgehalten, „dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch einzigartiges Gnadengeschenk und Vorrecht des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechts, von jedem Fehl der Erbsünde rein bewahrt blieb“.1 Doch schon Jahrhunderte davor hatte sich ein Kult um die ohne Erbsünde geborene Maria entwickelt, der seit dem Barock in Österreich ein wichtiger Feiertag gewidmet ist: 1646 verkündete Kaiser Ferdinand III. im Dreißigjährigen Krieg die Weihe Österreichs an die unbefleckt Empfangene, da Wien nie besetzt wurde.
In diesem Sinne ist Paul Trogers Darstellung der Unbefleckten Empfängnis im Belvedere, Wien, ein wichtiges Werk, das die Marienfrömmigkeit im österreichischen Barock dokumentiert. Der in Italien geschulte Maler und bedeutende Freskant schildert sie in Verbindung mit der Vision des Apokalyptischen Weibes nach Johannes.
Die Allegorie besteht aus mehreren Teilen: Maria wird als Madonna Immaculata auf der Mondsichel stehend gezeigt. Sie greift mit ihren Armen weit aus, wobei ihre Rechte als abwehrende Haltung gedeutet werden darf, werden in diesem Bereich doch Dämonen vom Erzengel Michael in die Hölle getrieben. Ein Engel bekrönt Maria mit einer Sternenkrone, womit sie auch die Qualität des Apokalyptischen Weibes in sich vereint. Die folgende Stelle aus der Apokalypse wurde während des 18. Jahrhunderts zumeist mit Maria gleichgesetzt:
„Da erscheint ein großes Zeichen am Himmel. Eine Frau, umgeben von der Sonne, dem Mond unter ihren Füßen, und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie in ihren Wehen und in der Qual des Gebärens.“ (Apk. 12, 1f)
Das von den dunklen Dämonen gerettete, hellstrahlende Christuskind wird über ihr von einem weiteren Engel Gottvater präsentiert. Dieser lehnt an der Weltkugel, darunter der Ader, der als Evangelistensymbol zu deuten ist (Apk. 4,6–9). Der obere Teil des Bildes ist hell, während der untere so dunkel gestaltet ist, dass die Figuren kaum auszumachen sind. Diese Lichtregie steht auch für Gut und Böse, für den „Sieg des göttlichen Lichts über die Mächte der Finsternis“.
Im Jahr 1733 freskierte Paul Troger die Mittelkuppel der Kirche in der Benediktinerabtei in Altenburg (Niederösterreich). Dort befindet sich die Darstellung des Apokalyptischen Weibes mit dem Drachen, das in dieser Komposition reduziert wiederholt wird. Der weißbärtige Gottvater ist eine direkte Übernahme aus dem Deckenfresko. Das Apokalyptische Weib taucht im Œuvre des Malers erstmals 1728/29 im Fresko der Chorkuppel der Kirche der Englischen Fräulein in St. Pölten auf. Troger hat, so stellte der Barockexperte Werner Telesko fest, „die Kompositionsidee […] auf der Basis eines relativ kleinen Motivvorrats flexibel in unterschiedliche Kontexte integrieren können“.2 Die Datierung – nach 1733 – richtet sich nach der Motivübernahme aus Altenburg.
Paul Troger ist einer der bedeutendsten Maler des österreichischen Hochbarock. Der aus dem Pustertal (Tirol) stammende Maler wurde zehn Jahre lang in Italien ausgebildet und übersiedelte 1729 von Salzburg nach Wien. In der Residenzstadt war die Deckenmalerei jedoch von Johann Michael Rottmayr (1652–1730) und vor allem Daniel Gran (1694–1757) bestimmt, wobei letzterer zwischen 1726 und 1730 das Deckenfresko der Hofbibliothek (heute Prunksaal der Nationalbibliothek) ausführte. Troger bot daher seine Kunst den niederösterreichischen Klöstern an und wurde sehr erfolgreich beschäftigt. Hierfür arbeitete er häufig mit Tiroler Landsleuten wie dem Architekt Joseph Munggenast und dem Maler Johann Jakob Zeiler zusammen. 1744 malte Paul Troger das Hochaltarbild für die Schlosskapelle von Schönbrunn, während Daniel Gran mit den Deckenmalereien beauftragt wurde (→ Maria Theresia und die Kunst).