Kunst im Dritten Reich

Adolf Hitler strebte einst selbst eine Karriere als Maler an, was ihm jedoch durch die Abweisung an der Wiener Akademie und ein fehlender Schulabschluss verwehrt blieb. Als Kanzler des Deutschen Reiches gab er, der „Führer“, persönlich vor, wie Kunst auszusehen hätte. Hitler-Deutschland hatte großes Interesse an den Künsten, die auf vielfältige Weise als Propaganda instrumentalisiert wurde. Damit wurde zeitgenössische Kunst ebenso wie Film und Radio zu einem wichtigen Instrument der Verbreitung der nationalsozialistischen Ideologie.

Im Gegensatz dazu wurde auf Führerbefehl die sog. „entartete“ Kunst als übergreifender Begriff für die von den Nazis abgelehnte Moderne etabliert. Expressionismus, Kubismus, Futurismus und Abstrakte Kunst, aber auch der veristische Flügel der Neuen Sachlichkeit (→ Neue Sachlichkeit), der sich der Gesellschaftskritik von kommunistischer Perspektive aus widmete, fielen unter das Verdikt und wurden verboten.

Vorgeschichte und Vorgänger

Ende 1928 wurde in München der „Kampfbund für deutsche Kultur“ unter dem Vorsitz von Alfred Rosenberg, einem führenden Ideologen der NSDAP, gegründet. Dieser Organisation gehörten prominente Mitglieder des konservativen und reaktionären Bürgertums an, darunter die Verleger Hugo Bruckmann und Friedrich Julius Lehmann, Winifred Wagner, die Intendantin der Bayreuther Festspiele und einzige Schwiegertochter von Richard Wagner, sowie Paul Ludwig Troost, der spätere Architekt des Hauses der Deutschen Kunst, und German Bestelmeyer, der Direktor der Münchner Kunstakademie.

Zwischen 1929 und 1932 führte der Kampfbund allein in München über 20 Veranstaltungen durch. Starredner war der Architekt und Kunsttheoretiker Paul Schultze-Naumburg. Sein Vortrag „Kampf um die Kunst“, mit dem er durch das Land reiste, propagierte die zukünftige Kunst- und Kulturpolitik: die Ablehnung der internationalen Kulturmoderne und eine Rückkehr zu künstlerischen Idealen des ausgehenden 19. Jahrhunderts, verbunden mit einem Verbot unerwünschter Kunstwerke.

Einige der angegriffenen Künstler, etwa Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff, waren in der Ausstellung „30 Deutsche Künstler“ vertreten, die der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund von Juli bis September 1933 in der Berliner Galerie von Ferdinand Möller veranstaltete. Die Ausstellung, mit der „die Jugend aktiv [...] in kulturelle Debatten eingreift“, war einer von mehreren Versuchen innerhalb der Partei, den Expressionismus als die wahre Kunst des nationalsozialistischen Deutschlands zu verteidigen. Propagandaminister Joseph Goebbels unterstützte zunächst diese Ambitionen. Dies war geradezu ein paradigmatisches Beispiel dafür, wie innerparteiliche Kämpfe und widersprüchliche Entscheidungen die Kunstpolitik im NS-Reich bestimmten. Da Alfred Rosenberg die Ausstellung scharf verurteilte, wurde die Ausstellung auf Anordnung des Innenministeriums nach nur drei Tagen geschlossen. Nachdem alle Hinweise auf den Studentenbund als Veranstalter entfernt worden waren, durfte die Veranstaltung wieder öffnen.

Entartete Kunst

„Bis zum Machtantritt des Nationalsozialismus hat es in Deutschland eine sogenannte 'moderne' Kunst gegeben, d.h. also, wie es schon im Wesen dieses Wortes liegt, fast jedes Jahr eine andere. Das nationalsozialistische Deutschland aber will wieder eine 'deutsche Kunst', und diese soll und wird wie alle schöpferischen Werte eines Volkes eine ewige sein. Entbehrt sie aber eines solchen Ewigkeitswertes für unser Volk, dann ist sie auch heute ohne höheren Wert.“ (Adolf Hitler, Eröffnungsrede zur „Großen Deutschen Kunstausstellung“, 18. Juli 1937)

Einer der zentralen Gegensätze war „deutsche“ vs. „entartete“ Kunst. Diese Schlagworte prägten schon lange vor 1933 die kulturellen Debatten in rechtskonservativen Kreisen, doch als sie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zu rassistisch konnotierten Slogans wurden, wurden sie auch zu einem materiellen Faktor für den Lebensunterhalt und das Überleben von Künstler:innen. Der Begriff „Entartete Kunst“ oder „entartete Kunst“ tauchte in Max Nordaus Buch „Entartung“ von 1892 auf, in dem die gesamte europäische Kunst der Jahrhundertwende als dekadent und ungesund angeprangert wurde. Später übernahmen NS-Kunstautoren diesen Begriff für ihre vernichtenden Abhandlungen über die Kunst der Moderne. Schultze-Naumburgs Buch „Kunst und Rasse“ (1928) wurde zur Vorlage für den Ausstellungsführer der diffamierenden „Entartete Kunst“-Schau, die einen Tag nach der Einweihung des Hauses der Deutschen Kunst eröffnet wurde. Dies war allerdings nicht die erste Ausstellung „entarteter“ Kunst.

Im Jahr 1933 begannen einzelne Gruppen des Kampfbundes für deutsche Kultur mit der Durchführung sogenannter „Horrorschauen“ der Kunst, um die Kunst und Kultur der Weimarer Zeit an den Pranger zu stellen und öffentlich das sogenannte „gesunde Volksgefühl“ gegen unerwünschte Künstler und deren Händler und Sammler zu mobilisieren . Ein früher Höhepunkt war die Ausstellung „Entartete Kunst“, die im September 1933 im Innenhof des Dresdner Neuen Rathauses mit insgesamt 207 Werken von Otto Dix, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Erich Heckel, Eugen Hoffmann, Emil Nolde und Christoph Voll eröffnet wurde. Anschließend tourte sie auf Wunsch Hitlers durch deutsche Städte. Die Schau wurde im März 1936 in München präsentiert und zählte bereits am ersten Tag über 500 Besucher:innen. Bereits im Juni 1933 unterzeichneten Mitglieder des Kuratoriums der Münchner Kunstakademie einen im scharfen nationalistischen Jargon formulierten Aufruf gegen die „künstlerischen Schrittmacher der subversiven kommunistischen Revolution“ und „formell subversive Persönlichkeiten wie Nolde, Schmidt-Rottluff, Klee, Mies van der Rohe“.

Auf dem Reichsparteitag in Nürnberg im September 1935 verkündete Hitler seine Entscheidung, „die dadaistisch-kubistischen und futuristischen Gassäcke der Erfahrung und Objektivität unter keinen Umständen an unserer kulturellen Wiedergeburt teilhaben zu lassen“ und verurteilte alle Formen der modernistischen Kunst als „Jüdisch-bolschewistischer Kulturspott“. Dies machte unmissverständlich deutlich, dass auch die NS-Kunst- und Kulturpolitik dezidiert im Rassismus und Antisemitismus wurzelte und nicht nur ein Machtinstrument zur Abwendung unerwünschter Moderne war.

Der Umgang mit zeitgenössischer Kunst ist in der Nationalsozialistischen Führung intensiv diskutiert worden. Zu den ersten Opfern gehörten jene Künstler:innen, die den Nationalsozialismus und seine Protagonisten offen kritisierten. Expressionismus, Kubismus, Abstraktion und Verismus wurden von Hitler persönlich abgelehnt. Die Nazis schlugen zu Propagandazwecken eine Spaltung zwischen „falscher“ und „richtiger“ Kunst, zwischen sog. „entarteter“, das heißt modernistischer, und klassischer, traditioneller Kunst vor. Eines der wichtigsten Mittel der Auseinandersetzung und Vermittlung dieser Ideen wurde die Diffamierung der Moderne als sogenannte „entartete“ Kunst. Damit wurden alle Kunstwerke bezeichnet, die das NS-Regime ablehnte. Die Gründe reichten von formalen Kriterien bis zu Antisemitismus und Hass auf Künstler:innen, die offen eine linke politische Einstellung zeigten.

München im NS-Reich: „Hauptstadt der deutschen Kunst“

Eines der Propagandainstrumente des NS-Regimes war die Verleihung von „Ehrentitel“ an einzelne Städte. Beispielsweise wurde Frankfurt als „Stadt des deutschen Handwerks“, Leipzig als „Kaiserliche Messestadt“ und Nürnberg als „Stadt der Parteitage“ bezeichnet.

Das NS-Regime nutzte bewusst den historischen Ruf Münchens als Kunststadt. München, wo die politischen Karrieren Hitlers und anderer wichtiger Akteure des NS-Regimes begannen, wurde 1933 zur „Hauptstadt der deutschen Kunst“ und zwei Jahre später zur „Hauptstadt der Bewegung“. Die Stadt sollte als Bühne für Hitlers Kunstpolitik dienen. 1935, während rückblickend der Aufstieg der Nazi-Bewegung gefeiert wurde, bezog sich der Beiname „Hauptstadt der deutschen Kunst“ auf die historische Bedeutung der Stadt im 19. Jahrhundert und ihre zukünftige Rolle als NS-Kunstzentrum. Hitler versprach, das einstige „Athen an der Isar“ unter König Ludwig I. wieder zum Zentrum einer „deutschen Kunst“ zu machen.

Der Ehrentitel wurde der Stadt am 15. Oktober 1933 bei der Grundsteinlegung des Hauses der Deutschen Kunst (heute: Haus der Kunst) verliehen. Vom Baubeginn 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 diente das Haus der Deutschen Kunst als zentraler Schauplatz für Kunst und Propaganda sowie als Symbol für die Darstellung und Umsetzung der NS-Kunstpolitik.

Grund für den Neubau war, dass 1931 der Glaspalast im Alten Botanischen Garten abgebrannt war. Der neoklassizistische NS-Bau, nun am Rande des Münchner Englischen Gartens gelegen, war eines der ersten architektonischen Modellprojekte des NS-Regimes. Die Kosten für den mehrstöckigen, 175 Meter langen und 75 Meter breiten Stahlskelettbau betrugen rund 12 Millionen Reichsmark.1 Das künftige Gebäude für Wechselausstellungen symbolisierte nichts Geringeres als die als wesentlich erachtete allgemeine und herausragende Erneuerung der deutschen Kunst. Erst die Kunst, dann die Politik. Schon zu Beginn des Jahres 1933 war die Vorfreude auf die vier Jahre später gezeigten Ausstellungen so überzogen, dass die Erwartungen nicht realistisch erfüllt werden konnten.

Im Juni 1936 wurde bekannt gegeben, dass das Gebäude „nach dem Willen des Führers“ mit einer Ausstellung von Werken zeitgenössischer deutscher Künstler eröffnet werden würde. Dort sollte jedes Jahr die „Große Deutsche Kunstausstellung“ stattfinden, die Maßstäbe für die Kunstlandschaft in Deutschland setzen sollte.

Große Deutsche Kunstausstellung

Zwischen 1937 und 1944 organisierte das Reich jedes Jahr im Sommer die „Große Deutsche Kunstausstellung“ im Haus der Deutschen Kunst in München (heute: Haus der Kunst). Das Plakat entwarf der Münchner Grafiker Richard Klein für die Grundsteinlegung. Klein, der sich voll und ganz dem NS-Kunstverständnis verschrieben hatte und bald zu den geschätzten Künstlern Adolf Hitlers zählte, wählte für den Entwurf den Kopf der Göttin Pallas Athene. Seit dem berühmten Sezessionsplakat seines Lehrers, Franz von Stuck, galt das Sujet als Markenzeichen der „Kunststadt München“.2

Über der Eingangstür prangte ein Motto Hitlers:

„Kunst ist eine erhabene und zum Fanatismus begründende Mission.”

Für die Teilnahme an den Ausstellungen im Haus der Deutschen Kunst war die Mitgliedschaft in der Reichskammer der bildenden Künste erforderlich; Im November 1933 wurde die Mitgliedschaft zur Voraussetzung für die Berufsausübung aller Künstler gemacht. Etwa 2.500 von ca. 14.000 aktive bildende Künstler:innen in Deutschland beteiligten sich mindestens einmal an der Großen Deutschen Kunstausstellung. Ihre Werke wurden in auflagenstarke Kataloge aufgenommen und oft als beliebte Fotopostkarten3 und in audiovisuellen Medien wie den Wochenschauen besprochen. Diese nationale Veranstaltung zog ein großes Publikum an und steigerte die Aufmerksamkeit für zeitgenössische Kunst enorm.

  • 1937:
  • 1938:
  • 1939:
  • 1940:
  • 1941:
  • 1942: bis zu 850.000 Besucher:innen
  • 1943:
  • 1944:

Die „Große Deutsche Kunstausstellung“ fungierte als Dreh- und Angelpunkt der deutsch-nationalen Kunstindustrie. Karrieren vieler Künstler:innen nahm in München ihren Ausgangspunkt, da sowohl die Parteiführung als auch private Sammler:innen dort Kunstwerke kauften. Häuser und Gebäude der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) waren mit den Werken geschmückt. Für die Kunstschaffenden bedeutete die staatliche Anerkennung zumeist auch beachtliche kommerzielle Erfolge. Einige deutsche Künstler:innen wurden in kurzer Zeit auch international zu bekannten Namen.

Die Großen Deutschen Kunstausstellungen im Haus der Deutschen Kunst zeigten zwar nur bedingt ausgesprochen politische Propaganda, boten aber auf 6.000 Quadratmetern eine Art zugängliches Fenster in die Weltanschauung des NS-Regimes: Heimatverständnis, Geschlechterverhältnisse usw. die Rollen von Familien, Arbeitern, Bauern und Soldaten in der Gesellschaft. Die „Große Deutsche Kunstausstellungen“ propagierte eine Ideologie, die auf eine idealisierte Darstellung des Berufs- und Familienalltags und die Heroisierung eines athletischen, kräftigen Körperideals setzte. Eine vermeintlich „heile Welt“ sollte die Vorstellungskraft der sogenannten Volksgenossen visuell ansprechen und sie gleichzeitig auf den NS-Staat und seine Ideale von Stärke, Schönheit und der Reinheit des „Ariers“ verpflichten”.

Da die Werke stilistisch, formal und teilweise auch ikonografisch zu disparat und heterogen waren, musste durch die kommerzielle Gestaltung der Kataloge, Plakate und Anzeigen eine verbindliche Einheitlichkeit erst erzeugt werden. Auffällig ist, dass die Exponate stilistisch überwiegend einem konservativen akademischen Ansatz verpflichtet waren. Bezeichnenderweise stammten die meisten ausstellenden Künstler:innen aus der Generation, die zwischen 1870 und 1880 geboren wurde. Ein großer Teil der ausgestellten Kunstwerke waren Landschaften, Bauernidyllen, mythologische Szenen und Tierdarstellungen, aber auch Stillleben und Porträts, die diesen Einfluss der Neuen Sachlichkeit – vor allem des Magischen Realismus – zeigten. Im Bereich der Skulptur dominierte ein Neoklassizismus, der sich in Richtung eines militarisierten Heldentums bewegte. Die berühmtesten Bildhauer des Reiches waren Arno Breker und Josef Thorak. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erlangten Darstellungen von Soldaten und Krieg eine besondere Bedeutung. Begleitet wurden diese von zahlreichen, weitgehend hyperrealistischen Aktdarstellungen, die einem idealisierten weiblichen „arischen“ Typus entsprachen.

Erst seit der Veröffentlichung der Ausstellungsfotos der Münchner Firma Jaeger & Goergen im Jahr 2011 und der Dokumentation der einzelnen Exponate durch die Bild- und Rechercheplattform GDK-research kann ein besseres Bild von den Ausstellungsexponaten gezeichnet werden. In Verbindung mit den Quellen im Haus der Kunst und neuen Fotografien aus dieser Sammlung (Deutsches Historisches Museum in Berlin) wurde die Breite und Vielfalt der von der NS-Diktatur akzeptierten Kunst sichtbar – aber auch die thematischen Unterschiede und Divergenzen. So waren auf den „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ folgende Themenschwerpunkte festzustellen:

  • Menschen (3643)
  • Landschaften (2981)
  • Tiere (1284)
  • Architektur (1070)
  • Genre, Interieur, Kostüm (976)
  • Stillleben im Allgemeinen (780)
  • Militär, Krieg (660)
  • Landwirtschaft, Fischerei (636)
  • Jahreszeiten (494)
  • Industrie, Baugewerbe, Handwerk (456)
  • Allegorie und Mythologie (425)
  • Pflanzen (425)
  • Nationalsozialismus (342)
  • Verkehr (333)
  • Freizeit, Sport (157)
  • Kunst, Musik, Tanz (117)
  • Literatur im Allgemeinen (99)
  • Geschichte (60)
  • Religion (8)

In der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ sollten nur künstlerische „Spitzenleistungen“ gezeigt werden, so der Katalog von 1937, die „die Größe der aus Blut und Boden geborenen neuen Zeit, der nationalsozialistischen Weltanschauung und Gesinnung zum Ausdruck brachten“. Angesichts der Themenliste ist dies (trotz all ihrer Probleme) kaum nachvollziehbar – und zweifellos nicht voraussetzungslos.

Nazi-Kunst

Viele Künstler:innen im Deutschen Reich passten sich der neuen Situation an, und für eine große Gruppe von Künstler:innen änderte sich kaum etwas, solange sie nicht als „entartet“ galten. Diese Künstler:innen konnten vom Kunstinteresse des Dritten Reiches profitieren. Kunst und Künstler:innen, die nicht als „entartet“ galten, erhielten reichlich staatliche Unterstützung. Dies betraf die überwiegende Mehrheit der bildenden Künstler:innen in Deutschland. Um sie zu kontrollieren, wurde die Abteilung Bildende Kunst, die sogenannte Reichskulturkammer, gegründet, wo alle registriert sein mussten.

Die so laut verkündete „Revolution“ auf dem Gebiet der bildenden Kunst war lediglich eine Rückbesinnung auf akademische Traditionen. Es war jedoch erforderlich, das „Alte“ als Zeugnis einer neuen deutschen Kunst ins Rampenlicht zu rücken. Statt Widerstand und kritischer Analyse war das Ziel der NS-Kunst die Gleichschaltung, politisch ausgedrückt in der sog. „Volksgemeinschaft“.

Nazi-Kunst reicht von nostalgisch-pastoralen und zivilen Szenen, Darstellungen muskulöser Arbeiter, üppigen nackten Frauen, friedvollen Familienszenen und süßlichen Landschaften bis zur handfesten politischen Propaganda. Die kitschigen Kunstwerke überwiegen dabei. Die Kunst im Dritten Reich war keineswegs eindeutig, sondern eher ambivalent und heterogen.

Entartete Kunst Ausstellung 1937

Am 18. Juni 1937 eröffnete Hitler das Haus der Deutschen Kunst mit der „Ersten Großen Deutschen Kunstausstellung“. Zeitungen aus Deutschland und der ganzen Welt berichteten ausführlich über die Ereignisse in München und zitierten ausführlich Hitlers fast zweistündige Rede, in der er nicht nur sehr vage über die von ihm geforderte neue deutsche Kunst nachdachte, sondern auch einen „unerbittlichen Reinigungskrieg“ ankündigte „ gegen den von ihm verachteten Modernismus und behauptete, dass der Maßstab aller künstlerischen Leistungen in der „arischen Rasse“ liege. Die Vorstellung, Kunst sei international, lehnte er strikt ab.

Ein Tag später fand die Eröffnung der diffamierenden Ausstellung „Entartete Kunst“ in einem Galeriegebäude nahe dem Hofgarten statt. Von Juli bis November 1937 waren mehr als 650 Werke der Moderne zu sehen. Die von den Nationalsozialisten verurteilte Kunst der Avantgarde und die NS-Kunst waren in unmittelbarer Nähe zueinander positioniert. Dicht gehängt und mit spöttischen Kommentaren versehen, wurden in der Schau Werke der Moderne an den Pranger gestellt. Lyonel Feiningers kubistisches Gemälde „Teltow“ wurde z.B. mit dem Ankaufspreis ausgestellt und dem Kommentar versehen: „Bezahlt von den Steuergeldern des arbeitenden deutschen Volkes“.Weitere ausgestellte Künstler waren Max Beckmann, Otto Dix, Karl Hofer, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Ernst Ludwig Kirchner und Wilhelm Lehmbruck.

In beiden Ausstellungen waren Arbeiten des Bildhauers Rudolf Belling zu sehen. Während in der einen Ausstellung seine aus der Berliner Nationalgalerie beschlagnahmten abstrakt-expressionistischen Werke „Dreiklang“ (1919) und „Kopf in Messing (Portrait Toni Freedan)“ (1925) öffentlich diffamiert wurden, wurde in der „Großen deutschen Kunstausstellung“ seine Skulptur des Boxers Max Schmeling als Ausdruck der offiziellen NS-Kultur präsentiert. Der Widerspruch fiel bereits den Zeitgenossen auf: Die beiden früheren Werke wurden wieder entfernt, die Bronze des „Boxers Max Schmeling“ durfte bleiben.

Goebbels hatte diese Propagandaausstellung als bewussten Kontrast zur „Ersten Großen Deutschen Kunstausstellung“ in München angeordnet. Nur zwei Wochen vor der Eröffnung beauftragte er den Maler und Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste, Adolf Ziegler, die dafür notwendigen Werke zu beschaffen. Die Beschlagnahme wurde später im Jahr 1938 durch das „Gesetz über die Beschlagnahme von Erzeugnissen entarteter Kunst“ legalisiert. Während die Schau durch Deutschland und Österreich reiste, wurden 20.000 Werke der Moderne aus deutschen Museen und Sammlungen beschlagnahmt und größtenteils auf dem internationalen Kunstmarkt getauscht oder gegen Devisen verkauft. So erwarb das MoMA oder auch Solomon Guggenheim viele dieser Werke.

Die diffamierende Ausstellung „Entartete Kunst“ sollte die Moderne als „Kulturbolschewismus“ und „jüdischer Aufruhr“ brandmarken. Das „gesunde Volksgefühl“, das der künstlerischen Avantgarde von Anfang an mit Skepsis und Misstrauen begegnete, erwies sich hier als verlässlicher Komplize. Gleichzeitig befanden sich unter dem Besucherandrang sicherlich auch Besucher:innen, welche die Gelegenheit nutzten, ein letztes Mal moderne Kunst in Deutschland zu sehen.

Kunst in den annektierten Ländern

Durch die Expansion wurde die deutsche Kunstpolitik in annektierten oder besetzten Ländern wie Österreich, den Niederlanden und Norwegen kopiert.

 

Niederlande

In den Niederlanden wurde 1942 die Kultuurkamer (Kulturkammer) gegründet. Um an Ausstellungen teilnehmen zu können und Anspruch auf finanzielle staatliche Unterstützung zu haben, mussten sich Künstler:innen dort registrieren lassen. Dafür war ein „Arier“-Nachweis erforderlich. Ungefähr 90 Prozent der niederländischen Künstler:innen haben sich registriert. Die Kultuurkamer veröffentlichte die Kulturzeitschrift „De Schouw“, das niederländische Äquivalent der deutschen Zeitschrift „Die Kunst im Dritten Reich“. 1943 wurde ein bestehendes Gebäude im Amsterdamer Einkaufsviertel zum Nederlandsch Kunsthuis [Niederländisches Haus der Künste] umfunktioniert. Einer der ersten Künstler, der dort ausstellte, war Henri van de Velde, Mitglied der Niederländischen Nationalsozialistischen Partei (NSB). Darüber hinaus kauften die niederländischen Behörden während der deutschen Besatzung regelmäßig zeitgenössische Kunst, wie es auch in Deutschland der Fall war.

NS-Kunst nach 1945

Nach dem Krieg beschlagnahmten die Vereinigten Staaten jene Werke, die als Nazi-Propaganda bezeichnet wurden, etwa Porträts von Hitler, und transportierten sie 1946 über den Atlantik. In den 1950er Jahren, insbesondere aber in den 1980er Jahren, wurde diese Sammlung mit Ausnahme von etwa 450 Kunstwerken an die Bundesrepublik Deutschland zurückgegeben. Diese Werke werden immer noch in den Tresoren des United States Army Center of Military History in Washington DC aufbewahrt. Die 8.000 zurückgegebenen Objekte werden heute vom Deutschen Historischen Museum in Berlin verwaltet, darunter viele Arbeiten auf Papier und Kleinskulpturen. Ein sehr kleiner Teil dieser Sammlung wird gelegentlich in Deutschland ausgestellt.

Ausstellungen in den letzten Jahren zur Nazi-Kunst.

Trotz der geringen öffentlichen Wahrnehmung wächst das Interesse an der Auseinandersetzung mit der Kunst des Dritten Reiches.

  • 2017: „Artige Kunst“ in Museen in Bochum, Rostock und Regensburg
  • 2019: „Design des Dritten Reiches“ im Designmuseum in Den Bosch
  • 2021: Deutsches Historisches Museum die Aufmerksamkeit den oft erfolgreichen Karrieren der betroffenen Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg.
  • 2020–2023: Die Pinakothek der Moderne in München zeigte das Triptychon „Die vier Elemente“ von Adolf Ziegler in der Dauerausstellung. Das Werk wurde für den Führerbau, Hitlers Empfangshalle in München, gemalt, wo es über dem Kamin hing.
  1. Im Vergleich dazu kostete im Jahr 1933 ein durchschnittliches Einfamilienhaus nach zeitgenössischen Statistiken zwischen 3.000 und 8.000 Reichsmark.
  2. Ab 1937 zierte die Göttin Pallas Athene auch das Cover der Zeitschrift „Die Kunst im Dritten Reich“, die bei dem parteieigenen „Eher“-Verlag erschien. Sie hatte eine Auflage von bis zu 50.000 Exemplaren.
  3. Diese Fotopostkarten wurden von Heinrich Hoffmann herausgegeben, der damit hohe Einnahmen erzielte.