Adrian Zingg: schweiz.-sächsischer Grafiker | ARTinWORDS

Adrian Zingg

Wer war Adrian Zingg?

Adrian Zingg (St. Gallen 15.4.1734–26.5.1816 Leipzig) war ein schweizerischer Maler, Zeichner, Radierer und Kupferstecher des Klassizismus. Zingg war ein Wegbereiter der neueren Dresdner Landschaftsmalerei.

„sobald es meine Umstände erlaubt haben, nahm ich etliche Schüler mit auf Kunstreisen, und hielt sie ganz frei, […] auf Bergen und Wiesen setzt ich mich unter meine Schüler, ich freute mich meiner Thätigkeit und [meines] Wirkungskreis[es].“1 (Adrian Zingg, Studienblätter für Landschaftszeichner, 1811)

Kindheit und Ausbildung

Adrian Zingg wurde am 15. April 1734 in St. Gallen, Schweiz, geboren.

Adrian Zingg erhielt seine zeitige Ausbildung bei seinem Vater, dem Stahlschneider Bartolomäus Zingg. Danach ging er bei dem Kupferstecher Johann Rudolf Holzhalb in Zürich in die Lehre.

Werke

Im Jahr 1757 arbeitete Adrian Zingg beim Berner Vedutenmaler Johann Ludwig Aberli, der ihn u. a. Ansichten aus der Schweiz stechen ließ. Zusammen mit dem Medailleur Johann Caspar Mörikofer aus Bern reisten beide 1759 nach Paris, wo Zingg sieben Jahre lang u. a. beim Stecher Johann Georg Wille tätig war.

Adrian Zingg wurde besonders durch seine Landschaftsmalereien in Sepiatechnik bekannt. Er konzentrierte sich dabei auf die Darstellung des Thüringer Waldes, von Teilen Böhmens und vor allem der Sächsischen Schweiz, die er in den 1780er und 1790er Jahren durchwandert hatte. Zingg könnte gemeinsam mit seinem Freund Anton Graff als Schöpfer der Bezeichnung Sächsische Schweiz für das Elbsandsteingebirge geprägt haben. Beide fühlten sich von der Landschaft an ihre Heimat, den Schweizer Jura, erinnert, in dem ähnliche Landschaftsformen zu finden sind.

So greift Zingg in seinem Blatt „Vue de la Montagne“ (um 1770, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt) zu einem bereits von Salvator Rosa (1615–1673) und später dem Münchner Hofmaler Franz Joachim Beich (1665–1748) in ihren Landschaften eingesetzten Schreckensmoment: Im abendlichen Dunkel verfolgt ein Hirte seine davonlaufenden Packesel hinein in eine Schlucht mit bedrohlich aufragendem Felsen. Die schwierige Lage am Ufer eines Stromes wird stimmungsvoll verstärkt durch das fahle Mondlicht über einer fernen Stadt.

Ziel von Zinggs Darstellungen war die größte Genauigkeit bei der Wiedergabe der Landschaften. Das Freilichtstudium hatte er bereits in Bern bei Johann Ludwig Aberli kennengelernt, der häufig allein, im Verbund mit Künstlerfreunden oder mit Schülern die Gegenden um Bern – vom Oberland bis an den Bielersee – bereiste, um dort nach der Natur zu zeichnen. Im Juni 1766 ist Zingg in Dresden nachweisbar; bereits ein Monat später war der Grafiker in der Sächsischen Schweiz unterwegs (26. August 1766 in Hohenstein).

Ludwig Richter, ein Schüler Zinggs, kritisierte in seinen Lebenserinnerungen dessen manieristische Gestaltung. Obwohl Zingg bei seinen Zeitgenossen ein hohes Ansehen genoss, wurden seine Werke nach seinem Tod oft für künstlerisch minderwertig befunden. Dennoch sind sie für den heutigen Betrachter nicht nur als Dokumente sächsischer Ortsgeschichte von Interesse. Zingg wird heute als ein wichtiger Wegbereiter und Impulsgeber für die Dresdner Romantik gesehen und beeinflusste durch seine Motivwahl und seinen romantisch verklärenden Blick auf reale Landschaften Künstler weit über seinen Schülerkreis hinaus, wie etwa Caspar David Friedrich.2

Lehre

Im Jahr 1764 wurde Adrian Zingg von Christian Ludwig von Hagedorn als Kupferstecher an die neugegründete Dresdner Akademie berufen, wo er zusammen mit Anton Graff ab 1766 als Lehrer tätig war. Dabei hatte er intensiven Austausch mit dem Professor der Dresdner Akademie Christian Wilhelm Ernst Dietrich, der für Zingg als Mentor fungierte. Im Jahr 1774 begann Zingg, nach dem Tod Dietrichs dessen druckgrafisches Spätwerk zu vollenden und publizierte eine Gesamtausgabe von 87 Blättern.

Zu Zinggs Leistungen gehörte insbesondere seine Praxis des Zeichnens direkt in der Natur, um malerische Gegenden möglichst naturgetreu einfangen zu können – was in direktem Kontrast zur damaligen Unterrichtspraxis des Arbeitens nach Modellen und Vorlagebüchern stand.3

„Gestern kamen wir von einer kleinen Lustreise nach Hohenstein zurück. Wir wallfahrteten unserer fünf Künstler dahin, nach der Natur zu zeichnen. Diese gebirgig-waldigte Gegend ist ein Paradies für den Landschaftsmahler; jeder Tritt ist romantisch, malerisch oder interessant.“4 (Conrad Gessner an seinen Vater Salomon Gessner, 26.7.1784)

Das großformatige Porträt Zinggs, gemalt von seinem Freund Anton Graff, belegt diese Haltung, sitzt der Landschaftsspezialist doch inmitten der Natur. Dieser Hauptaussage folgen einzelne Details wie die als Unterlage dienende Zeichenmappe, die den Blick vor der Sonne schützende Hand und insbesondere die Staffagefiguren im rechten Bildmittelgrund, ihrerseits Freilichtzeichner; sie alle weisen Zingg als Künstler im Freien und letztlich als Lehrer ebendieser Praxis aus.

Im Jahr 1769 wurde Adrian Zingg zudem Mitglied der Wiener Akademie und 1787 Mitglied der Berliner Akademie. Im Jahr 1803 erhielt er die Professur der Kupferstechkunst an der Dresdner Akademie, zudem trug er den Titel eines kurfürstlichen Hofkupferstechers.

1770 legte Zingg zwei Gemälde als Aufnahmestücke für die Akademie in Dresden vor, eine „Abendlandschaft mit Reisenden“ nach Jan Both (1618–1652) sowie eine „Jagd“ nach Jacob van Ruisdael (1628/1629–1682). Aufgefallen war Zingg in Dresden auch durch seine Zeichnungen beziehungsweise Nachstiche nach dem Maler Christian Wilhelm Ernst Dietrich, gen. Dietricy (1712–1774).5

Zu Zinggs berühmtesten Schülern gehörten Carl August Richter und dessen Sohn Ludwig Richter, ferner Heinrich Theodor Wehle und Christoph Nathe, Johann Christian Klengel (1751–1824), Christian August Günther (1760–1824) und Christian Gottlob Hammer (1779–1864).

Tod

Adrian Zingg starb am 26. Mai 1816 in Leipzig.

  1. Zitiert nach: Sabine Weisheit-Possél, Adrian Zingg (1734–1816). Landschaftsgraphik zwischen Aufklärung und Romantik (Villigst Perspektiven. Dissertationsreihe des Evangelischen Studienwerks e.V. Villigst, Bd. 12), Berlin 2010, S. 94.
  2. Werner Busch, Caspar David Friedrichs frühe Sepien als Vorstufe der romantischen Landschaft, in: Schweizer Institut für Kunstwissenschaft (Hg.), Wissenschaft, Sentiment und Geschäftssinn. Landschaft um 1800 (Outlines, Bd. 10), Zürich 2017, S. 140–180.
  3. Adrian Zingg. Wegbereiter der Romantik (Ausst.-Kat. Kunsthaus Zürich; Staatliche Kunstsammlungen Dresden) Dresden 2012.
  4. Zitiert nach Heinrich Gessner (Hg.), Salomon Gessners Briefwechsel mit seinem Sohne. Während dem Aufenthalte des Letztern in Dresden und Rom, in den Jahren 1784–85 und 1787–88, Bern/Zürich 1801, S. 40.
  5. Ulrich Thieme, Felix Becker, Hans Vollmer, Allgemeines Künstlerlexikon, s.v. Adrian Zingg, S. 522.