Amedeo Modigliani (Livorno 12.7.1884 –24.1.1920 Paris) war ein italienisch-stämmiger Bildhauer und Maler der Klassischen Moderne in Paris (→ Klassische Moderne). Der in Venedig und Florenz ausgebildete Künstler ließ sich 1906 in Paris nieder, wo er rasch zur Bohéme des Bateau Lavoir zählte. Gemeinsam mit Pablo Picasso und Constantin Brâncuşi entdeckte er die afrikanische und kykladische Kunst, die ihn zu revolutionär neuen, „primitivistischen“ Werken zuerst in der Bildhauerei und ab 1914 in der Malerei anregten. Modigliani zählt zu den bedeutenden Porträtisten seiner Generation am Montmartre. Daneben schuf er charakteristische Frauenakte.
Amedeo Modigliani wurde am 12. Juli 1884 in Livorno als viertes und jüngstes Kind von Flaminio und Eugenia Modigliani geboren. Einer seiner Brüder war Giuseppe Emanuele Modigliani, der später Politiker des Partito Socialista Italiano und Abgeordneter des italienischen Parlaments wurde.
Die Familie Modigliani gehörte dem aufgeklärten jüdischen Bürgertum an. Als sephardische Juden lebten sie nach einer liberalen Auslegung ihres Glaubens. Als Amedeo Modigliani geboren wurde, war der mit Holz und Kohle handelnde Familienbetrieb infolge der schlechten Konjunktur bereits bankrottgegangen. Deshalb trug Modiglianis Mutter als Privatlehrerin und Übersetzerin – unter anderem von Gedichten Gabriele D’Annunzios – zum Familienunterhalt bei. Daneben verfasste sie unter einem Pseudonym Literaturkritiken. Amedeo Modigliani nahm außerdem wahrscheinlich an den traditionellen Fünf-Uhr-Tees im Haus seines Großvaters Isaac Garsin teil, bei denen beispielsweise über Werke von Oscar Wilde diskutiert wurde. Da seine Mutter aus Marseille stammte, lernte Amedeo Modigliani bereits früh die französische Sprache, was ihm später seine Integration in Paris erleichterte.
Im Jahr 1895 erkrankte Modigliani an einer schweren Rippenfellentzündung und 1898 an Typhus, der zu dieser Zeit noch als tödliche Krankheit galt. Während der Krankheit hatte er laut der Darstellung seiner Mutter einen Fiebertraum, in dem er über die künstlerischen Meisterwerke in Italien phantasiert und der ihm damit seine künstlerische Bestimmung aufgezeigt habe. Nach seiner Genesung erhielt Modigliani von seinen Eltern die Erlaubnis, die Schule abzubrechen und ein Kunststudium zu beginnen.
Modigliani begann 1898 seine Ausbildung an der privaten Zeichen- und Malschule des Malers Guglielmo Micheli in Livorno. Dort war er mit seinen 14 Jahren der jüngste Student in seiner Klasse. Neben der künstlerischen Ausbildung an der Schule, die sich noch stark am Impressionismus orientierte, lernte Amedeo Modigliani im Atelier von Gino Romiti das Aktmalen.
Im Juli 1900 erkrankte Modigliani an Tuberkulose. Weil die Luftveränderung seine Genesung begünstigen sollte, verbrachte er den Winter 1900/1901 zusammen mit seiner Mutter auf einer Reise nach Neapel, Capri und Rom. Von dort aus schrieb Amedeo Modigliani fünf Briefe an den neun Jahre älteren Künstler Oscar Ghiglia, mit dem er trotz des Altersunterschieds befreundet war. Diese Briefe gehören zu den wenigen erhaltenen schriftlichen Dokumenten Modiglianis. In ihnen schilderte er unter anderem seinen Eindruck von Rom:
„Rom ist nicht um mich, während ich Dir erzähle, sondern in mir, gleich einem von seinen sieben Hügeln wie von sieben gebieterischen Ideen eingefassten schrecklichen Juwel.“
Im Frühjahr 1901 folgte Amedeo Modigliani seinem Freund Ghiglia nach Florenz. Den Winter 1901/02 verbrachte er in Rom. Danach kehrte er nach Florenz zurück und schrieb sich am 7. Mai 1902 an der Scuola libera di Nudo (deutsch: Freie Aktzeichenschule) ein. Dort studierte er bei Giovanni Fattori und beschäftigte sich daneben hauptsächlich mit der Kunst der Renaissance.
1903 folgte Amedeo Modigliani Ghiglia nach Venedig, wo er bis zu seiner Übersiedlung nach Paris lebte (1905). Er schrieb sich am 19. März am Istituto di Belle Arti di Venezia ein. Dort belegte er unter anderem Kurse der Freien Aktzeichenklasse. Sein Schwerpunkt lag auf dem Studium der italienischen Kunstgeschichte, die Malerei betrieb er weniger intensiv. 1903 und 1905 kam er auf den Biennalen in Kontakt mit den Werken des französischen Impressionismus, mit Skulpturen Auguste Rodins und Werken des Symbolismus. Während seiner Studienzeit in Venedig begann Modigliani Haschisch zu konsumieren, und nahm an spiritistischen Sitzungen teil.
Anfang des Jahres 1906 zog der 22-jährige Amedeo Modigliani nach Paris. Nach seiner Ankunft lebte er in einem komfortablen Hotel am rechten Ufer der Seine, was ihm wegen seiner Herkunft aus einer bürgerlichen Familie angemessen erschien. Nach kurzer Zeit zog er jedoch in das Viertel Montmartre, wo er unter anderem im Bateau-Lavoir lebte und ein einfaches Atelier nutzte. Er schloss sich dem Kreis um Max Jacob, Pablo Picasso, André Derain, Kees van Dongen, Maurice de Vlaminck, Juan Gris und Guillaume Apollinaire im Bateau-Lavoir an. Modigliani hatte auch Kontakt zu Gino Severini und besuchte die Cafés und Variétés des Montmartre.
Amedeo Modigliani nahm Aktzeichenunterricht an der Académie Colarossi. Seine Mutter schickte ihm zwar so viel Geld, wie es ihr möglich war, aber es reichte für Modigliani kaum zum Überleben. Deshalb wechselte er oft seine Unterkunft und ließ manchmal sogar seine Kunstwerke zurück, wenn er aus einer Wohnung floh, weil er die Miete nicht mehr bezahlen konnte. Eine der ersten Freundschaften, die Modigliani in Paris schloss, verband ihn mit dem deutschen Maler Ludwig Meidner. Dieser beschrieb später Modiglianis Stellung und Auftreten in der Pariser Gesellschaft:
„Unser Modigliani […] war ein charakteristischer und gleichzeitig hoch begabter Vertreter der Bohème vom Montmartre; wahrscheinlich sogar der letzte echte Bohémien.“
Modigliani nahm trotz seiner gesundheitlichen Probleme am ausschweifenden Leben der Künstler am Montmartre teil. Anfangs orientierte er sich an Henri de Toulouse-Lautrec und Paul Gauguin, wahrscheinlich folgte er auch dem Vorbild Pablo Picassos, vor allem dessen „Blauer Periode“ (→ Pablo Picasso: Blaue Periode).
Im Frühjahr 1907 wurde Modigliani vom Maler Henri Doucet (1883–1915) in ein Haus mitgenommen, das Paul Alexandre für junge Künstler angemietet hatte. Der junge Arzt Alexandre war von Modiglianis Bildern fasziniert und begann deshalb, ihn zu unterstützen. Er kaufte ihm Bilder und Zeichnungen ab und vermittelte ihm Porträtaufträge. Modigliani arbeitete bis 1909 in dessen Atelierhaus in der Rue du Delta am Montmartre.
In diesem Jahre besuchte Modigliani auch erstmals die Galerie von Joseph Brummer am Montparnasse, das Musée d’Ethnographie und das Musée Indochinois am Trocadéro, die 1882 als Folge der dritten Weltausstellung und des Kolonialismus eröffnet wurden, doch seitens der Künstler bisher keine Beachtung fanden.
Picasso vollendete im Sommer die „Demoiselles d’Avignon“; sehr wahrscheinlich durfte Modigliani das Werk sehen, da er Picasso damals laut Fernande Olivier häufig traf. Mit sieben Werken Teilnahme am Herbstsalon, der von den Fauvisten geprägt war.
Mit sechs Gemälden nahm Amedeo Modigliani 1908 am „Salon des Indépendants“ teil, darunter „Die Jüdin“. Seine Bilder fanden jedoch kaum Beachtung. So erwähnte der einflussreiche Publizist Guillaume Apollinaire Amedeo Modigliani nur am Rande seiner Kritik des Salons. Wie Picasso, Georges Braque und André Derain orientierte sich Amedeo Modigliani unter dem Eindruck der Retrospektiven von 1907 an Paul Cézanne.
Im Jahr 1909 gelang es Paul Alexandre, Modigliani Zugang zu vermögenden Kreisen zu verschaffen, so dass er im Frühjahr mit dem Porträt „Die Amazone der Baronin Marguerite de Hasse de Villers“ den ersten bezahlten Auftrag erhielt.
Im April 1909 lernte Amedeo Modigliani über Paul Alexandre den rumänischen Bildhauer Constantin Brâncuși kennen. Der Maler übersiedelte mit Brâncuşi an den Montparnasse in die Künstlerkolonie der Cité Falguière, wo er in dessen Nachbarschaft lebte und arbeitete. Bis zum Abriss von Paul Alexandres Atelierhaus in der Rue du Delta im Jahr 1913 verkehrt er dort weiterhin.
Modigliani begann im Sommer 1909 infolge der Bekanntschaft mit Brâncuși mit der Steinbildhauerei, die für einige Zeit in den Vordergrund seines Schaffens trat. In Livorno und in Carrara hatte sich Modigliani, beeindruckt von dem knappen Stil Brâncuşis, zur Bildhauerei hingezogen berufen. Unter dem Eindruck des kurz zuvor verstorbenen Paul Gauguin arbeiteten die beiden in der Technik der „taille directe“ unmittelbar aus dem Stein heraus und folgten dem Stil des sich an Formen archaischer, ägyptischer, ostasiatischer und afrikanischer Artefakte orientierenden Primitivismus.
Ebenfalls könnte Modigliani schon vorher den Wunsch gehabt haben, als Bildhauer tätig zu werden, hatte jedoch nicht die technischen Möglichkeiten, die erst mit dem neuen Atelier gegeben waren. Auch könnte das antike Erbe Italiens, das er aus eigener Erfahrung kannte, eine Inspiration zur Anfertigung von Skulpturen gewesen sein. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Modigliani sich wegen des stagnierenden Erfolgs seiner Malerei in einer anderen künstlerischen Gattung versuchen wollte.
Im Jahr 1910 lernte Modigliani die aus Russland stammende Dichterin Anna Achmatowa kennen, mit der er in der folgenden Zeit ein Verhältnis hatte und mit der er die ägyptische Abteilung des Louvre besichtigte. Er war mit sechs Werken am „Salon des Indépendants“ vertreten.
Seine archaisch wirkenden Steinskulpturen stellte Amedeo Modigliani erstmals 1911 im Atelier des portugiesischen Künstlers Amadeo de Souza-Cardoso aus. Eine Phase der intensiven Beschäftigung mit dem Motiv der Karyatide in seinen Werken, sowohl in der Skulptur als auch in Gemälden begann. Modigliani arbeitete an einem nie realisierten „Temple de la Volupté [Tempel der Wollust]“. Die strenge, überlängte Form seiner Steinskulpturen wurde ab 1914 auch für seine Malerei stilprägend.
1912 stellte Modigliani sieben Skulpturen am „Salon d’Automne [Herbstsalon]“ unter dem Titel „Ensemble décoratif“ im Raum der Kubisten aus. Er lernte die Bildhauer Jacob Epstein und Jacques Lipchitz kennen, von denen letzterer die Kunst Modiglianis als „Ausdruck seines persönlichen Empfindens“ beschrieb. Im folgenden Jahr (1913) verkehrte Modigliani am Montparnasse mit Jacques Lipchitz, Carlo Carrà und Giorgio de Chirico.
Im Frühsommer 1913 hielt sich Amedeo Modigliani in Livorno und Carrara auf, wo er in der Nähe eines Steinbruchs Quartier bezog. In diesem betätigte er sich als Marmorbildhauer, nachdem er zuvor nur mit Kalksandstein gearbeitet hatte. Die fertiggestellten Skulpturen schickte Modigliani nach Paris; sie sind jedoch nicht erhalten. Für die Beendigung seiner Bildhauertätigkeit nach 1913 sind die genauen Gründe nicht bekannt. Ein Anlass könnte seine angeschlagene Gesundheit gewesen sein, die durch die staubige Umgebung weiter geschädigt wurde. Auch könnte er keine Zukunft für seine Arbeit als Bildhauer gesehen haben. Er entwickelte sich künstlerisch nicht weiter und die wenigen Ausstellungen brachten kaum Aufmerksamkeit oder finanzielle Verbesserungen. So könnte er sich aus diesen Überlegungen heraus wieder der lukrativeren Malerei zugewandt haben.
Frühjahr 1914 Amedeo Modigliani lernte den Kunsthändler Paul Guillaume kennen, der einige junge und noch unbekannte Künstler vertrat. Guillaume übernahm auch die Vertretung Modiglianis, nachdem dieser mit Beginn des Ersten Weltkrieges Paul Alexandre aus den Augen verloren hatte, und nahm seine Werke in mehreren Gruppenausstellungen in seiner Galerie auf.
Im Juni 1914 lernte der Künstler die englische Literatin Beatrice Hastings kennen, mit der ihn über zwei Jahre eine Liebesbeziehung verband. Das Paar mietete ein kleine Haus am Montmartre. Hastings hielt sich in Paris als Kolumnistin der englischen Zeitung „The New Age“ auf und schrieb über das Gesellschaftsleben der Stadt. Sie beschrieb unter anderem Modiglianis Konsum von Haschisch und Alkohol, unter dem er „niemals etwas Gutes“ vollbrachte. Während der turbulenten Beziehung mit Beatrice Hastings verstärkte sich Modiglianis exzessives Leben. Sein Konsum von Alkohol und Opium, den er mit seinen Freunden Maurice Utrillo und Chaim Soutine teilte, wurde in der Presse aufgegriffen.
Mit Kriegsbeginn meldete sich Amedeo Modigliani freiwillig zum Kriegsdienst, wurde jedoch aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes nicht eingezogen. Deshalb gehörte er zu dem kleiner gewordenen Kreis von Künstlern, die sich in Paris aufhielten.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs verkehrte Amedeo Modigliani im Kreis der École de Paris um Chaim Soutine und Moïse Kisling am Montparnasse. Modigliani arbeitet in verschiedenen Ateliers seiner Freunde am Montparnasse, wie zum Beispiel bei Diego Rivera, der 1911 nach Paris gekommen war und im Kreis Picassos verkehrte. Modigliani porträtierte beide Maler mehrfach. Im Jahr 1915 wurde Paul Guillaume Amedeo Modiglianis neuer Förderer. Er mietete für ihn ein Atelier in der Nähe des Bateau-Lavoir am Montmartre und überzeugte ihn davon, zur Malerei zurückzukehren.
Modigliani zog mit Beatrice Hastings in die Rue Norvaine an der Butte Montmartre und porträtierte Pablo Picasso. Modigliani widmete sich vorerst ausschließlich den Porträts seiner Künstlerfreunde sowie dem anonymisierten, idealisierten Damenbildnis. Er führte den Stil seines skulpturalen Werks fort, orientierte sich außerdem am Fauvismus und Kubismus. Modigliani begann, Werke an französische, skandinavische und New Yorker Sammler zu verkaufen. Darüber hinaus war er mit zwei Werken, darunter einem skulpierten Kopf (Tate, London), in der „Jewish Section“ der Ausstellung „Twentieth Century Art“ der Whitechapel Gallery in London vertreten.
Es folgten weitere Porträts berühmter Persönlichkeiten, darunter sein Freund Jacques Lipchitz sowie Chaim Soutine. Mit diesen Porträts der Avantgarde von Paris war Modigliani selbst mit ihr verbunden. Sie sicherte ihm einen singulären Platz unter den Pariser Künstlern, da er mit seinen Porträts ein Bild dieser Szene festhielt, und ermöglichte die spätere Legende von Modigliani als Hauptfigur der Pariser Künstlerschaft.
Daneben lernte Amedeo Modigliani auf Vermittlung des befreundeten Künstlers Moïse Kisling den polnischen Kunsthändler und Dichter Leopold Zborowski kennen. Dieser verfügte als Händler zwar nicht über die Kontakte Guillaumes und dessen Gespür für die avantgardistische Malerei, dennoch unterstützte er Modigliani in dessen letzten Lebensjahren. So nahmen er und seine Frau Anna den Künstler in ihre Wohnung auf, nachdem er sich von Beatrice Hastings getrennt hatte. Zborowski bezahlte Modigliani ein Tagegeld und das Malmaterial und ließ ihn in seiner Wohnung arbeiten. Später bezahlte er auch die Modelle für die Aktgemälde Modiglianis. Es entstanden über 20 Akte.
André Salmon organisierte in Paul Poirets „Galerie Barbazanges“ die Ausstellung „L’Art moderne en France“, genannt „Salon d’Antin“, in der Picassos Gemälde „Demoiselles d’Avignon“ erstmals öffentlich neben Werken von Künstlern des Montparnasse, darunter Modigliani, ausgestellt wurde.
In der Ausstellung „Modern Art in der Modern Gallery“ von Marius de Zayas in New York wurden zwei von Modiglianis Sandsteinköpfen gezeigt (einer in der Kunsthalle Karlsruhe). Die Ausstellung „Lyre et Palette“ in der Rue Huyghens am Montparnasse stellte Werke von Kisling, Matisse, Modigliani, Manuel Ortiz de Zárate und Picasso 25 afrikanischen Plastiken aus Paul Guillaumes Sammlung gegenüber.
Erste Dada-Abende, die „Soirées nègres“, fanden bereits 1916 im Cabaret Voltaire statt, wo Werke Modiglianis neben jenen Hans Arps, Marcel Jancos, August Mackes und Picassos gezeigt wurden. Im Mai 1917 zeigten die Zürcher Dadaisten Werke Modiglianis in der „Galerie Dada“.
Im April 1917 lernte Amedeo Modigliani die 19-jährige Jeanne Hébuterne kennen, die an der Académie Colarossi studierte. Im Sommer verließ er Beatrice Hastings, um mit Jeanne Hébuterne in der Rue de la Grande Chaumière am Montparnasse zusammenzuziehen.
Auf Vermittlung von Léopold Zborowski wurden die 32 Werke Modiglianis, darunter 20 Akte, in einer Einzelausstellung in der Galerie der Kunsthändlerin Berthe Weill gezeigt – die einzige während seinen Lebzeiten. Am 3. Dezember 1917 wurde die Ausstellung mit einer Vernissage mit geladenen Gästen eröffnet. Die Galerie lag gegenüber einer Polizeistation und ein Kommissar wurde auf den Menschenauflauf aufmerksam, der sich infolge eines im Schaufenster präsentierten Aktes bildete. Er rief Berthe Weill zu sich und forderte sie auf, die Ausstellung zu beenden und die Bilder abzuhängen, weil diese zu freizügig seien und eine „offense à la pudeur [Sittlichkeitsvergehen]“ bedeuteten. Um eine Beschlagnahmung der Bilder zu verhindern, kam Weill der Aufforderung nach. Die Ausstellung wurde daraufhin zwar nicht geschlossen, doch es konnten wegen der „Affaire rue Taitbout“ nur zwei Zeichnungen verkauft werden.
Modigliani und Jeanne Hébuterne verließen zusammen mit dem Ehepaar Zborowski und Modiglianis Freund Soutine Paris, als eine Invasion deutscher Truppen drohte. Daneben könnte auch Zborowskis Interesse als Kunsthändler ein Motiv für diesen Schritt gewesen sein, da eine Luftveränderung den beiden kranken Künstlern Modigliani und Soutine möglicherweise guttun und ihre Produktivität steigern würde, bzw. die wohlhabende Klientel sich für deren Werke interessieren könnte. Sie begaben sich an die französische Mittelmeerküste nach Nizza und Cagnes-sur-Mer, wo Modigliani erneut zahlreiche Porträts malte. Die Bilder schickte er zum Verkauf nach Paris.
Über das Jahr Modiglianis in Südfrankreich ist nur wenig bekannt, da es kaum schriftliche Dokumente gibt und die Pariser Zeitgenossen in seiner Abwesenheit wenig über ihn zu berichten hatten. Anfangs wohnten Modigliani, Jeanne Hébuterne und seine Freunde in Cagnes-sur-Mer, später zogen sie nach Nizza. Dort brachte Jeanne Hébuterne am 29. November 1918 eine Tochter zur Welt. Amedeo Modigliani erkannte die Vaterschaft des Kindes an, das den Vornamen der Mutter erhielt. Ihre Hochzeit scheitert an den erforderlichen Dokumenten, die Modigliani dafür aus Italien und Frankreich benötigen würde.
Während seines Aufenthaltes in Nizza und der näheren Umgebung besuchte Modigliani Pierre-Auguste Renoir in seiner Villa „Les Collettes“, ein Anwesen über der Küste. Ein in der Nachbarschaft wohnender Maler berichtete später, dass es zwischen dem Altmeister des Impressionismus und dem jungen Maler zu einem Streit über Ratschläge Renoirs gekommen sei. Dennoch bildete er hier den sogenannten klassizistischen Stil seiner Spätzeit heraus: mit langgezogenen, gerundeten Konturen und locker aufgetragenen Pastelltönen. Modigliani malt erstmals Porträts von Kindern, Verkäuferinnen und Dienstmädchen.
Ende Mai 1919 kehrte Amedeo Modigliani mit seiner Familie nach Paris zurück. In dieser Zeit unterstützte ihn der finnische Maler Léopold Survage, indem er Modigliani sein Atelier zur Verfügung stellte.
Als Jeanne Hébuterne erneut schwanger wurde, verlobte sich Amedeo Modigliani mit ihr. Es existiert eine Heiratsverpflichtung vom 7. Juli 1919, in dem er sie als seine zukünftige Ehefrau und die gemeinsame Tochter offiziell als sein Kind anerkennt. Diese Heiratsabsicht konnte er jedoch nicht mehr umsetzen, da er gegen Jahresende schwer an Tuberkulose erkrankte.
Nach Vermittlung durch Zborowski wurden mehrere Werke Modiglianis auf Ausstellungen in England gezeigt: In der Ausstellung „Exhibition of French Art 1914–1919“ in der Mansard Gallery in London wurden eben Werken weiterer Künstler des Montparnasse neun Gemälde und fünfzig Zeichnungen Modiglianis präsentiert., so unter anderem im Rahmen der Ausstellung „Modern French Painting“ in Heale. Weiterhin zeigte im September die Londoner Hill Gallery zehn Werke Modiglianis. Im Herbst 1919 war Modigliani am „Salon d’Automne“ vertreten.
Am 24. Januar 1920 verstarb Modigliani mit nur 35 Jahren in der Hôpital de la Charité in Paris an tuberkulöser Meningitis. Zwei Tage nach Modiglianis Tod beging seine Verlobte Selbstmord.
Modigliani wurde unter großer Anteilnahme auf dem Friedhof Père Lachaise beigesetzt. Hébuterne wurde später, nachdem ihre Familie den Widerstand dagegen aufgegeben hatte, neben ihm begraben. Ihre erst vierzehn Monate alte Tochter Jeanne wurde von Modiglianis Schwester in Florenz adoptiert.