Anna Francisca de Bruyns

Wer war Anna Francisca de Bruyns?

Anna Francisca de Bruyns, auch Anne Françoise de Bruyns genannt (Morialmé 1604 – 1675 Arras), war eine flämische Malerin des Barock. De Bruyns ist eine der am besten dokumentierten Künstlerinnen ihrer Zeit. Ihr älterer Cousin Jacob Franquart brachte ihr das Malen bei. Bereits im Alter von 17 Jahren malte sie und soll viele Maler ihrer Zeit übertroffen haben. Ohne ihr Wissen wurde De Bruyns mit ziemlicher Sicherheit zum Vorbild für eine andere flämische Künstlerin, Michaelina Woutier (1614–1689).

Kindheit & Familie

Anna Francisca de Bruyns wurde im Jahr 1604 in Morialmé in der Nähe von Dinant in der Provinz Namur (heute: Belgien) geboren.1 De Bruyn entstammte einer Familie der oberen Mittelschicht und wurde bei Verwandten aufgezogen, die als Hofkünstler angestellt waren.

De Bruyns Vater, Cornilla de Bruyns, war von vor ihrer Geburt an Vogt von Morialmé, bis er spätestens 1633 nach Mons zog, um dort Aufseher des Bergh van Bermherticheyt [Öffentliches Pfandhaus] zu werden. Diese Institution war viele Jahre zuvor von Wenzel Cobergher gegründet worden.2

Ausbildung

Anna Francisca de Bruyns Erziehung in der oberen Mittelschicht sowie ihre Beziehungen zu Hofkünstlern boten ihr außergewöhnliche Möglichkeiten, ihre künstlerischen Fähigkeiten zu entwickeln.

Bereits im Alter von elf Jahren zeigte Anna Francisca de Bruyn Talent und Interesse an den Künsten. Im März 1616 schuf sie eine meisterhafte Kopie eines Drucks von Jan Swart van Groningen (1500–um 1560) mit mamlukischen Reitern. Sie fertigte auch Federzeichnungen nach frommen Druckgrafiken an, darunter Mariendarstellungen.

Nachdem sich Anna Francisca de Bruyns eine gewisse Fertigkeiten im Zeichen angeeignet hatte, wurde sie nach Brüssel geschickt, um ihr Können unter der Anleitung ihres Cousins Jacob Franquart zu verfeinern. Im Jahr 1613, als Anna neun Jahre alt war, wurde ihr Cousin Jacob Franquart (Rom 1582/83–1651 Brüssel) zunächst zum Hofmaler der habsburgischen Erzherzöge Albert und Isabella und schließlich am 27. Juli 1622 zum königlichen Architekten und Ingenieur von Philipp IV. von Spanien ernannt.3 Davor hatte Franquart in Italien gelebt. Anna Francisca de Bruyns Cousin nahm ihren Unterricht sehr ernst.

Werke

Im Jahr 1622 porträtierte de Bruyns Franquart auf einer Silberplatte (Stich von Wenceslaus Hollar); sie war damals erst siebzehn Jahre alt. Franquart stellte de Bruyns auch der Infantin Isabella Clara Eugenia, Statthalterin der südlichen Niederlande (reg. 1598–1633) vor. Anna de Bruyns Sohn dokumentierte:

„Nachdem er sie in diese wunderbare Kunst eingeführt hatte, stellte er sie Erzherzogin Isabella vor, der sie als Zeichen ihrer Wertschätzung die Fünfzehn Geheimnisse des Rosenkranzes in Miniaturform schenkte. Isabella schätzte die Serie so sehr, dass sie sie Papst Paul V. schickte, weil ein solches Geschenk seine Neugier wecken würde.“4

Das Skizzenbuch von Anna Francisca de Bruyns wird im Kupferstichkabinett des Königlichen Museums der Schönen Künste in Brüssel aufbewahrt. Es enthält 56 eingeklebte Zeichnungen und Skizzen, die bis auf wenige Ausnahmen alle von der Künstlerin selbst stammen. Das Album mit Zeichnungen zeugt nicht nur von einer geschickten und dynamischen Handschrift, auch die starke Präsenz von Historiengemälden ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es im 17. Jahrhundert für Frauen eher ungewöhnlich war, sich mit derartigen Themen zu beschäftigen. De Bruyns‘ Skizzenbuch gelangte in den Besitz ihres Sohnes Jacques Ignace, der eine gekürzte Biografie mit ergänzenden Details hinzufügte.5

Zu den wichtigsten Werken ihrer Karriere gehören: „Die Geburt Christi“ in de Bruyns Heimatstadt Morialmé, die von einem unwissenden Restaurator völlig zerstört worden ist, und eine 275 × 200 Zentimeter große „Aufnahme Mariens in den Himmel“ in der Kapelle Notre-Dame du Bon Vouloir in Havré, einem Wallfahrtsort in der Nähe von Mons. Die Kapelle wurde zwischen 1625 und 1632 für die Familie De Croy erbaut, und der Hochaltar wurde 1631 von Erzherzogin Isabella gestiftet.6

Nach ihrer Hochzeit mit Isaac Bullart im Jahr 1628 wurde es für de Bruyns viel schwieriger, Zeit zum Malen zu finden. Dennoch gelang es ihr im Laufe ihres Lebens, eine beträchtliche Anzahl von Gemälden zu schaffen. Jacques Ignace erwähnt zwölf Porträts von „Jungfrauen […], die sie nach dem Leben und den schönsten Gesichtern der Stadt Arras malte“. Eines davon war ein Selbstporträt als Heilige Susanna, mit dem sie einer langen Tradition von Künstlerinnen folgte, die Selbstporträts mit Hilfe eines Spiegels malten (vermutlich nicht erhalten).7

Künstlerinnen in den Niederlanden der Frühen Neuzeit war es prinzipiell möglich, in der Ehe ihrem Beruf nachzugehen: Agnes van den Bossche (um 1440–nach 1502), Susanna Horenbout (aktiv um 1520–1540), Levina Teerlinck (um 1520–1576), Mechtelt van Lichtenberg toe Boecop (um 1520–1598) und Catharina van Hemessen (1528–nach 1581). Im Gegensatz dazu beendete die berühmte Haarlemer Malerin Judith Leyster ihre Karriere nach der Hochzeit.8 Dennoch soll an dieser Stelle daran erinnert werden, dass es im 16. und 17. Jahrhundert für Frauen nahezu unmöglich war, offiziell in einen künstlerischen Beruf eingeführt zu werden.9 Generell sind nur wenige biografische Informationen verfügbar und aufgrund fehlender Signaturen und Datierungen können nur wenige Werke identifiziert bzw. in eine überzeugende chronologische Reihung gebracht werden.

Ehe

Am 30. Mai 1628 heiratete die 24-jährige Anna de Bruyns in der Kirche Saint-Germain in Mons den angesehenen niederländischen Schriftsteller und Bankier Isaac Bullart (1599–1672). Die beiden hatten einander kennengelernt, als Anna bei Franquart studierte. Bullart hatte anfangs tatsächlich Mühe, Annas Herz zu gewinnen, da sie nicht sehr gesellig war. Er war jedoch „sowohl von der Schönheit ihrer Kunst als auch von der Lieblichkeit ihres Gesichts bezaubert“ und schließlich willigte sie in die Eheschließung ein; ihre Eltern waren einverstanden.

Anna Francisca de Bruyns und Bullart hatten zusammen zwölf Kinder. Ein Jahr nach ihrer Hochzeit zogen sie nach Arras, wo Bullart am 23. April zum Superintendenten des Bergs der Frömmigkeit ernannt wurde. Der älteste Sohn des Paares wurde zwei Wochen vor dem Umzug geboren und erhielt den Namen Wenceslas, nach Wenceslas Cobergher, der Bullart zu seiner Stelle als Superintendent verhalf. Das Kind verstarb noch im Säuglingsalter. Bullart studierte am Jesuitenkolleg in Bordeaux und beschäftigte sich 30 Jahre damit, Material für sein Buch „Académie des Sciences et des Arts“ (1682) https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11129582?page=5 (ab Seite 405 findest du die Künstler der Niederlande) zu sammeln. Diese enthält 279 Biografien von Gelehrten und Künstlern (allerdings ohne seine eigene Frau) und zählt zu den bedeutendsten biografischen Kompendien des 17. Jahrhunderts. Im Jahr 1647 wurde Bullart von Anna von Österreich, der Regentin von Frankreich, für ihren Sohn Ludwig XIV. sogar zum Chevalier de l'Ordre de Saint-Michel (Ritter des Ordens des Heiligen Michael) ernannt.

Tod

Anna Francisca de Bruyns starb im Jahr 1675 in Arras.