Simone Peterzano (um 1535–1599) war ein Schüler Tizians in Venedig und der Lehrer Caravaggios in Mailand. Darüber hinaus war Peterzano einer der Hauptvertreter des Manierismus in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Ausstellung in Bergamo stellt Fragen nach der Verbindung von Venedig und Mailand, nach dem Erbe Tizians und den ersten, noch im Dunkel liegenden Jahren Caravaggios. Der wenig bekannte Maler Simone Peterzano wird dadurch zum Ausgangspunkt für die Entwicklung der Malerei zwischen 1650 und 1600, zwischen Venedig, Mailand und Rom. Internationale Leihgeber unterstützen das Projekt mit fünf Gemälden Tizians und zwei Gemälden von Caravaggio.
Italien | Bergamo: Accademia Carrara Bergamo
6.2. – 17.5.2020
Der Ausstellungsparcour führt vom Schaffen Tizians über Werke der venezianischen Malerei mit Paolo Veronese, Jacopo Tintoretto, Parrasio Micheli, Bernardino Licinio und Paris Bordon bis hin zu Werken der lombardischen Malerei und deren Vertretern Antonio Campi, Giovan Ambrogio Figino und Giovanni da Monte. Die venezianische Ausgabe des „Orlando Furioso“ von Ludovico Ariosto (1568) und den „Reimen“ von Giovan Paolo Lomazzo (1587) ermöglichen, in die Kultur, die Geschmäcker und die Tendenzen dieser Zeit einzutauchen.
Neun Kapitel sind vorgesehen: die Bildung und Jugend von Simone Peterzano im Schatten von Tizian; Musikikonografie; erotische Themen; Angelica und Medoro: literarische Echos und Reflexionen; Peterzano und die Praxis des Zeichnens zwischen Venetien und der Lombardei; die Ankunft in Mailand: die Schaufeln für die Barnabiten; das Mailand von Carlo Borromeo; die lombardische Bestätigung von Peterzano; Michelangelo Merisi da Caravaggio.
Simone Peterzano wurde in Venedig ausgebildet, obwohl seine Familie aus Bergamo stammte. Stolz signierte er lange Zeit „Titiani alumnus“, als „Tizians Schüler“. Ab 1576 hielt er sich nachweislich in Mailand auf, wohin er die Verehrung für den venezianischen Meister weiter aufrechterhielt und dessen stilistische und kulturelle Prägung mitbrachte, die sakralen wie profanen Themen, aber auch die Wirkung von Licht und lebhaften Farben der venezianischen Malerei. Simone Peterzanos Malerei muss wie eine Neuheit im Vergleich zu den Werken seiner Kollegen gewirkt haben. Rasch etablierte er sich und erhielt wichtige Aufträge wie die Fresken in der Mailänder Kirche San Maurizio al Monastero Maggiore (1573). Peterzanos Werkstatt wuchs und nahm Studenten wie den jungen Caravaggio auf. Gleichzeitig näherte sich seine Bildsprache den von Carlo Borromeo kodifizierten, gegenreformerischen Vorgaben an, die dem lombardischen Stil angemessen waren. Diese Stilphase war so gebräuchlich, dass man auf Wissenschaftler wie Roberto Longhi und Mina Gregori warten musste, um die Überschneidungen zwischen den von Peterzano signierten Werken und den lombardischen Malern seiner Zeit aufzulösen.
Die Analyse der erhaltenen Werke, die in Bezug mit Peterzanos Anfangsjahre stehen, führt in die erste Hälfte der 1550er Jahre, als der Künstler etwa 20 Jahre alt war. Was seine Lehre bei Tizian in der Lagunenstadt betrifft, gibt uns der Maler selbst explizite Informationen, wobei er häufig den Hinweis „Titiani alumnus“ an die Unterseite seiner Signatur setzte. Diese stolze Beifügung findet sich auch auf dem einzigen bekannten Selbstporträt Simone Peterzanos von 1589. Die Ausbildung Peterzanos dauerte vermutlich bis in die 1570er. Die venezianische Phase wurde in den Studien lange vernachlässigt, auch weil keine datierten oder dokumentierten Werke bekannt waren. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben jedoch eine Trendwende markiert und sich auf den fundamentalen Charakter dieser Erfahrung konzentriert. Peterzano konnte ein nahezu konsistenter Kern von Gemälden zugewiesen werden, der stark von Tizian, der venezianischen Kultur und Kunst beeinflusst ist.
Die Ausstellung gezeigten Gemälde von Tizian sind die „Verkündigung“ aus der Scuola Grande di San Rocco in Venedig, die „Auferstehung Christi“ aus der Galleria Nazionale delle Marche in Urbino, dem „Büßenden hl. Hieronymus“ (um 1575) aus dem Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid und dem „Orgelspieler mit Venus und Cupido“ aus dem Prado, „Mars, Venus und Cupido“ (um 1550) aus dem Kunsthistorische Museum Wien.
Um 1584 trat der zu diesem Zeitpunkt noch nicht dreizehnjährigen Caravaggio in die Werkstatt Peterzanos ein. Im Lehrvertrag (Mailänder Staatsarchiv) wird geregelt, dass die Lehrzeit vier Jahre im Atelier dauern sollte. Peterzano hatte Caravaggio den Beruf des Malers näherzubringen und ihn mit Essen und Unterkunft zu versorgen. Obwohl Caravaggios Rolle in der Werkstatt des Meisters sowie die gesamte frühe Mailänder Phase des Künstlers noch im Dunkeln liegen, muss die künstlerische Beziehung zu Peterzano einen entscheidenden Faktor in der Formung des Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio dargestellt haben. Einzige Hinweise sind aus den ersten römischen Werke abzuleiten: So sind die Ausstellungsmacher stolz, vor allem die Beziehung zwischen dem „Kranken Bacchus“ der Galleria Borghese in Rom und der Vorzeichnung von Peterzano für eine der in Garegnano gemalten Sibyllen in Rom aufzeigen zu können. Das Castello Sforzesco in Mailand, das an dem Ausstellungsprojekt mit der Leihgabe einer wichtigen Gruppe von Arbeiten auf Papier beteiligt ist, bot dem jungen Studenten die Gelegenheit, die naturalistischen und lichttechnischen Erfahrungen des lombardischen 16. Jahrhunderts zu vertiefen. Die beiden in Bergamo ausgestellten Gemälde von Caravaggio – „Der kranke Bacchus“ und „Konzert“ (1597) aus dem Metropolitan Museum of Art in New York – zeigen, welchen grundlegenden stilistischen und kulturellen Bezug in allen Aktivitäten Caravaggios stecken.
Kuratiert von Simone Facchinetti, Francesco Frangi, Paolo Plebani, M. Cristina Rodeschini.