Vincent van Goghs (1853–1890) Leidenschaft für die Porträtmalerei erblühte zwischen 1888 und 1889, als der Künstler während seines Aufenthalts im südfranzösischen Arles mehrere Porträts einer benachbarten Familie schuf – des Postboten Joseph Roulin, seiner Frau Augustine und ihrer drei Kinder Armand, Camille und Marcelle. Van Goghs freundschaftliche Beziehung zum Postboten und seiner Familie sowie seine bahnbrechenden Porträts von ihnen stehen im Mittelpunkt dieser Ausstellung, die erstmals dieser Werkgruppe und der tiefen Freundschaft zwischen dem Künstler und dieser Familie gewidmet ist.
„Meine größte Leidenschaft gilt dem Porträt, dem modernen Porträt.“
USA | Boston: MFA Boston
30.3. – 7.9.2025
Vincent van Gogh malte insgesamt sechs Porträts von seinem engen Freund, dem Postangestellten Joseph Roulin. Er traf Roulin in der südfranzösischen Stadt Arles, die eine 15-stündige Zugfahrt von Paris entfernt lag. Van Gogh war 1888 nach Arles gezogen, in der Hoffnung, dort mit dem "Gelben Haus" eine Künstlerkolonie zu gründen. Der Plan wurde nie verwirklicht, und der Künstler fühlte sich einsam und isoliert. Er fand Trost und Kameradschaft bei der Familie Roulin, weshalb er sie zum Motiv vieler seiner Gemälde machte.
Auf dem Porträt des MoMA New York ist Joseph Roulin in seiner Uniform abgebildet, die er immer stolz trug. Dahinter der Figur mit möchtigem Bart entwickelte van Gogh einen fantasievollen Hintergrund aus wirbelnden Blumen. In einem Brief an seinen Bruder Theo schrieb der Künstler, dass ihn von allen Genres „das moderne Porträt“ am meisten begeisterte:
„Ich möchte Männer und Frauen mit diesem Etwas des Ewigen malen, das der Heiligenschein früher symbolisierte und das wir durch die tatsächliche Ausstrahlung und Schwingung unserer Farbgebung zu vermitteln versuchen.“
Rund 20 Werke von Vincent van Gogh ergänzen die ikonischen Porträts des MFA Boston „Postmann Joseph Roulin“ (1888) und „Wiegenlied: Madame Augustine Roulin schaukelt eine Wiege [La Berceuse]“ (1889). Darüber hinaus liefern Schlüsselwerke der früheren niederländischen Kunst und japanische Holzschnitte – die beide Van Goghs Porträtmalerei stark beeinflussten – zusammen mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen wichtige Einblicke in den kreativen Prozess des Künstlers: von seiner malerischen Handschrift bis zu seiner Materialwahl.
Briefe von Joseph Roulin erwecken die tiefe Freundschaft und einen wichtigen Wendepunkt in Van Goghs Wirken zum Leben, als der Maler in eine neue Stadt zog und mit seiner psychischen Gesundheit rang. Van Gogh träumte davon, eine Künstlergemeinschaft in Arles zu gründen, was zu einem Besuch seines Malerkollegen Paul Gauguin führte, dessen Werke in dieser Ausstellung ebenfalls zu sehen sind.
Obwohl Vincent van Gogh sich selbst als Ehemann und Vater sah, heiratete er nie und hatte auch keine Kinder. Als er sich damit abfand, fand er Trost in seiner Beziehung zu den Roulins; seine Porträts von ihnen fangen eine Vertrautheit ein, die über Ort und Zeit hinweg in Familien aller Art nachhallt – biologischen, Wahlfamilien. Diese Ausstellung bietet dem Publikum den bisher tiefgreifendsten Einblick in die emotionalen Grundlagen einiger der bekanntesten Gemälde des beliebten Künstlers.
Die Leihgaben kommen aus Museen wie dem Van Gogh Museum in Amsterdam, dem Museum of Modern Art in New York, dem Art Institute of Chicago und dem Musée d’Orsay in Paris.
„Van Gogh: Die Porträts der Familie Roulin“ wird in Zusammenarbeit mit dem Van Gogh Museum in Amsterdam organisiert und von einem Katalog begleitet.