Die Kunstsammlung NRW widmet sich dem großartigen Werk Chaim Soutines (1893–1943). Dessen Gemälde sind Farbexplosionen, schön und drastisch zugleich. Er malt Pagen, Köche, Messdiener; Menschen, die wie er auf der untersten Stufe der Gesellschaft stehen. Mit ihnen, wie mit den Gemälden von wankenden Landschaften und geschlachteten Tiere, erfasst er das zerrissene Lebensgefühl einer ganzen Epoche.
Deutschland | Düsseldorf: K20
2.9.2023 – 14.1.2024
In seinen Stillleben verband Chaim Soutine eine intensive Naturbeobachtung mit der Steigerung der formalen Mittel. In den heftigen Pinselbewegungen und im cremigen Farbauftrag verlieren die Motive ihre scharfen Begrenzungen, ihre Stofflichkeit und ihre statische Ordnung. Die Konturen der Dinge scheinen sich auf die gesamte Komposition zu übertragen. Die malerischen Mittel werden zum Ausdruck von Bewegung, Beunruhigung und Todeskampf. Nach Stillleben mit Arrangements kärglicher Mahlzeiten malte Soutine ab 1918 häufig geschlachtete Tiere. Dies wird aus seiner Biografie mit dem Nachdenken über die Speisevorschriften der jüdischen Religion, mit der Erfahrung von Hunger und Armut und mit der Lage seines Ateliers in der Nähe der Pariser Schlachthöfe erklärt.
Chaïm Soutine wuchs in Weißrussland auf, 1913 zog er nach Paris. Obwohl die Metropole seine Ersatzheimat wurde, blieb er zeitlebens ein Außenseiter, der die Sprache schlecht beherrschte und dem die gesellschaftlichen Umgangsformen fremd blieben. Übergeordnetes Thema der Ausstellung ist die Emigration und die dauerhafte Entwurzelung des Menschen als Folge. Dieses individuelle sowie gesellschaftliche Phänomen spannt den Bogen bis in die heutige Zeit, in der die Heimatlosigkeit fester Bestandteil des modernen Lebensgefühls im 21. Jahrhundert geworden ist.
Soutine, der die Malerei nach 1945 enorm beeinflusste, zählt zu den zentralen Vertretern der klassischen Moderne, in Deutschland wird er in Künstlerkreisen verehrt, beginnend mit Willem de Kooning.
Quelle: Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen