Jan van Eyck (um 1390–1441) war Hofmaler Philipps des Guten (1396-1467), Herzog von Burgund, und ein Pionier der Ölmalerei. Der extravagante Herzog und seine Gesellschaft umgaben sich mit den führenden Künstlern ihrer Zeit. Gleichzeitig florierten die flämischen Handelsstädte Gent und Brügge. Reiche Kaufleute und Politiker nahmen sich den Glanz des Hofes zum Vorbild und umgaben sich selbst gern mit edlen Produkten. Das war das kreative Umfeld Jan van Eycks, zwischen Hof und Stadt, zwischen Kunst und Handwerk.
Belgien | Gent: Museum für Schöne Künste (MSK)
1.2. – 30.4.2020
Der vermutlich 1390 geborene Künstler war nicht nur in seiner Heimat ein berühmter Mann, sondern auch in Spanien, Portugal und Italien bekannt. Wann und von wem er ausgebildet wurde, ist nicht bekannt. Sein wichtigstes Werk ist der Genter Altar in der Sint Bavo Kathedrale, den er 1432 vollendete. Die „optische Revolution“ ist in den Tafeln des Genter Altars einfach nachvollziehbar: Metallische Oberflächen, Juwelen und Perlen reflektieren und schillern in physikalisch korrekter Weise. Indem der Maler auf die Beleuchtung in der Kapelle Rücksicht nahm, verband er die reale mit der metaphysischen Welt und dem darin geschilderten Heilsversprechen. Diese „optische Revolution“ nahm, wie die beteiligten Forscher von der Universität Gent herausfanden, ihren Ursprung in den Lehren des arabischen Naturforschers Alhazen „De aspectibus“. Der Mathematiker und Optiker wurde 965 in Basra (heute Irak) geboren und verstarb 1040 in Kairo. Ab dem 13. Jahrhundert wurden Alhazens Untersuchungen zur Optik – für van Eyck besonders wichtig die Lichtbrechung bei Spiegelung auf verschieden gekrümmten Oberflächen – von europäischen Wissenschaftlern aufgenommen und seine Erkenntnisse waren im 15. Jahrhundert weit verbreitet. Doch erst Jan van Eyck vermochte, die Theorie so gut zu verstehen, dass es ihm gelang, in seinem Atelier Bilder zu malen, in denen die unterschiedliche Beschaffenheit von Oberflächen und Licht kongenial aufeinandertreffen. Damit führte Jan van Eyck die optische Komplexität in die Malerei des Nordens ein. Diese ist nicht nur einem neuen Interesse an der Natur und dem Wunsch nach realistischer (besser naturalistischer) Wiedergabe geschuldet, sondern diente auch dazu, die metaphysische Vielschichtigkeit der Heilsgeschichte, wie sie von den Scholastikern etabliert worden war, zu visualisieren.
Basis für die außergewöhnliche Kunst Jan van Eycks war seine Überzeugung, in den Bildern das Licht kohärent einzusetzen. Durch Kenntnis der physikalischen Gesetze, Beobachtung und dadurch gewonnenen Erfahrung erreichte Jan van Eyck ein beispielloses Niveau der Naturimitation. Diese erstreckt sich nicht nur auf die Erfassung der Formen, sondern auch auf die Modellierung mittels Licht und Schatten, den immer wieder zu beobachtenden trompe-l’œil Effekten. Die jüngst erfolgte Restaurierung des Genter Altars bringt van Eycks absolute Beherrschung der Ölmalerei wieder zum Vorschein: Zahllosen Variationen in Textur und Material konnte er in den subtilsten Farb- und Lichtabstufungen wiedergeben. Wie die Restauratoren und Kunstwissenschaftler herausfinden konnten, schuf der Maler diese optischen Effekte erst während des Malens!
Weltweit sind nur etwa zwanzig Werke von Jan van Eyck erhalten. Es gilt als sehr seltene Ausnahme, dass ein wesentlicher Teil dieser Werke im Frühjahr 2020 nach Gent kommt, wo die Gemälde neben Werken seiner begabtesten Zeitgenossen ausgestellt werden. Das Museum der Schönen Künste Gent (MSK) darf sich glücklich schätzen, dass „Jan van Eyck. Eine optische Revolution“ die größte Ausstellung aller Zeiten zum Werk und Umfeld dieses revolutionären Malers ist. Folgende Werke sind in Gent zu sehen:
Jan van Eyck überragte seine Zeitgenossen und entfesselte mit seiner Kunst eine optische Revolution. Mit seiner unvergleichlichen Technik und Beobachtungsgabe schuf er in der Ölmalerei eine bis dahin unbekannte neue Qualität und war er richtungsweisend für die Malerei. Van Eycks Fühigkeit Licht wiederzugeben, das vor allem seinem Interesse entsprang, wie sich Licht auf verschiedenen Oberflächen verhält, war bis zu seinen Werken unbekannt.Gleichzeitig entwickelte der Maler als Landschaftsmaler einen Zugang zur Wiedergabe der Räume, der zwischen Makro- und Mikrokosmos changiert (Erwin Panofsky). Sein Meisterwerk ist die „Anbetung des Lamm Gottes“ (St.-Bavo-Kathedrale in Gent), ein Auftragswerk des Genter Schöffen Joos Vijd, das er nach dem Tod seines Bruders Hubert van Eyck im Jahr 1432 zu Ende führte.
Zentrales Thema der Ausstellung ist die vom Königlichen Institut für das Kunsterbe (KIK) durchgeführte und im Jahr 2012 begonnene Restaurierung der Außentafeln „Der Anbetung des Lamm Gottes“ im MSK. In direkter Zwiesprache mit anderen Kunstwerken von Van Eyck können die Besucher das spektakuläre Ergebnis der restaurierten Außentafeln aus nächster Nähe bestaunen. Das wird zu einer Neubewertung seiner Kunst und des historischen Kontexts führen, in dem seine Kunstwerke entstanden sind.
Zur Konkretisierung der optischen Revolution von Van Eyck werden seine Gemälde neben den Werken seiner begabtesten Zeitgenossen aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien gezeigt. Etwa 80 Werke des Spätmittelalters und der Frührenaissance kommen dafür nach Gent: Malerei, Miniaturkunst, Skulpturen und Zeichnungen. Auch sie bewegten sich in den höchsten Kreisen und erhielten prestigeträchtige Aufträge. Die Ausstellung beleuchtet die künstlerischen Berührungspunkte sowie ihre Unterschiede. Die Ausstellung bringt die bedeutenden Maler aus Florenz und Rom nach Gent, um Jan van Eycks Leistungen im internationalen Kontext zu beleuchten.
„Van Eyck. Eine optische Revolution“ deckt die Mythen über den Künstler auf und stellt seine Technik, sein Werk und seinen Einfluss in ein neues Licht. Ziel der Ausstellung ist es, den Besuchern ein Staunen zu entlocken, das dem seiner Zeitgenossen ähnelt, als sie seine Kunst zum ersten Mal sahen: eine unvergessliche Erfahrung. Das ist die umfassendste van-Eyck-Ausstellung aller Zeiten. Meisterwerke von Van Eyck und seinen Zeitgenossen entführen in die Lebenswelt der Großmeister der alt-niederländischen Malerei.
Jan van Eyck spielte im ausgesprochen kulturellen Milieu am herumziehenden Hof des Herzogs von Burgund, Philips des Guten, eine zentrale Rolle. „Jan van Eyck und der Hof der Herzöge von Burgund“ erschafft eine Erlebniswelt, in der die prunkvolle Hofhaltung anhand von Gemälden, Standbildern, Zeichnungen, Teppichkunst, Miniaturkunst und Meisterwerken zum Ausdruck gebracht wird.