Renaissance-Malerei in Flandern

Was ist flämische Renaissance-Malerei?

Der Übergang von Spätgotik zur Renaissance ist in den 17 niederländischen Provinzen (heute: Niederlande, Belgien und Luxemburg) erst spät erfolgt. In der Architektur bildet das Antwerpener Rathaus von Cornelis Floris den Höhepunkt der (1561–1565) den Höhepunkt der Prachtentfaltung.

In der Malerei ging die Epoche der Flügelaltäre im frühen 16. Jahrhundert zu Ende: Maerten van Heemskerck (1498–151574) schuf 1542 einen Altar für Linköping (Schweden) und 1560 einen Ecce-Homo-Altar für Haarlem. Der Einfluss der alt-niederländischen Malerei von Jan van Eyck bis zu Rogier van der Weyden und Gerard David ist in den südlichen Provinzen, in Flandern, deutlicher spürbar als im Norden. Den Schlusspunkt der Renaissance war mit den manieristischen Anfängen von Peter Paul Rubens (1577–1640) im ausgehenden 16. Jahrhundert erreicht. Mit der monumentalen Figurengestaltung leitete Rubens in Antwerpen die Barock-Malerei ein.

Joachim Patinier

Zu den frühesten Meistern der flämischen Renaissance-Malerei des 16. Jahrhunderts gehört Joachim Patinier in Antwerpen (1475/80–1524). Bereits Albrecht Dürer machte mit dem Erfinder der Landschaftsmalerei früh Bekanntschaft. Der Nürnberger Meister überlieferte die wichtigsten Informationen über Patinier, nämlich, dass dieser von den Bildern Hieronymus Boschs zu seinen neuartigen Landschaften angeregt worden wäre. Das heilige Geschehen bzw. heilige Personal wird im Zusammenhang mit der „Weltlandschaft“ zur Staffagefigur, das Verhältnis Figur/Hintergrund drehte sich nahezu völlig um. Während die meist in einer weitläufigen Wildnis als Büßer dargestellten Heiligen immer kleiner wurden, reicherte Patinier seine Kompositionen mit allerhand Landschaftsmotiven an. Er zeigt die Landschaft von einem erhobenen Blickpunkt und kombiniert verschiedenste Elemente des Landschaftlichen, Berge, Küsten, Dörfer, Wälder und Felder.

Patiniers Nachfolger

Patinier wird gerne als „Erfinder“ der Landschaftsmalerei bezeichnet, obschon die Entstehung der Kunstgattung sowohl in Italien wie auch in Flandern etwa gleichzeitig erfolgte (vgl. Leonardo, Landschaft von Arno und Flusstal, datiert 5. August 1473). Ihm folgten die Maler Cornelis Massys, Herri met de Bles und Lucas sowie Maerten van Valckenberg. Die weitere Entwicklung wurde von Gillis van Coninxloo, Matthijs und Paulus Bril vorangetrieben, auch da sie sich in Italien mit der klassischen Welt auseinandersetzten.

Flamen in Rom: Jan Gossaert, Quinten Massys, Jan van Scorel

Der erste flämische Romreisende, dessen Werk maßgeblich von Humanismus und in Italien ausgeprägten Formen bestimmt wurde, war Jan Gossaert aus Maubeuge (um 1478–1532). Als er noch im diplomatischen Dienst von Philipp von Burgund stand, hatte Gossaert noch in gotischer Manier gemalt. Im Jahr 1508 schickte ihn Margarete von Österreich zu Julius II. nach Rom. Angeblich studierte er dort ausschließlich die Antiken, ohne auf die gleichzeitig im Vatikanpalast malenden Florentiner Michelangelo Buonarroti und Raffael zu blicken. Erst nach seiner Rückkehr konnte Jan Gossaert zunehmend die Eindrücke verarbeiten. Anfangs nutzte er das klassische Formenrepertoire für Dekorationen, danach erst in der Ikonografie. So soll Gossaert der erste in flämische Renaissance-Maler gewesen sein, der Akte darstellte (z. B. „Danae“, 1527, München). Diese sind sehr skulptural aufgefasst, was sie mit den Darstellungen nackter Menschen im Werk Andrea Mantegnas verbindet.

Aus dieser Generation sind vor allem noch Quinten Massys (auch: Quentin, um 1466–1530) und Jan van Scorel (1495–1562) zu nennen. Massys fühlte sich von der Physiognomielehre des Leonardo da Vinci angezogen und deutete die Protagonisten seiner Bilder psychologisch. Der „Geldwechsler mit seiner Frau“ oder „Steuereintreiber“ changieren zwischen Genrebild, Porträt und gleichnishafter Symbolik. Damit beeinflusst Massys unter anderem den wenig bekannten Maler Marinus von Reymerswaele, dessen wichtigste Motive aus der in Antwerpen boomenden Finanzwelt kommen.

Jan van Scorel war 1522 von Hadrian VI. zum Verwalter der römischen Antiken bestellt worden und somit ein Nachfolger Raffaels auf diesem Posten. Zu den erfolgreichsten Malern dieser Generation zählten noch Lambert Lombard, Pieter Coecke, Barent van Orley, Blondeel.

Frans Floris

Frans Floris (1517–1570) zählt zu den wichtigsten flämischen Renaissance-Malern, wurde er doch in der Akademie von Lambert Lombard in Lüttich und weiter in Venedig und Rom ausgebildet. Für seine Bilder ist charakteristisch, dass er die Zeichnung Michelangelos mit dem venezianischen Kolorismus verband. Von Michelangelo ließ er sich für anatomisch genau studierte Körperdarstellungen inspirieren. 1540 wurde Frans Floris als Meister in Antwerpen aufgenommen. Angeblich soll Floris‘ Werkstatt so floriert haben, dass er über 100 Helfer und Gesellen beschäftigte. Das erforderte eine ausgefeilte Arbeitsteilung. Rasch wurde er als der „niederländische Raffael“ berühmt. Zu seinen letzten Bildern zählen eine riesige „Kreuzigung“ und eine „Auferstehung Christi“ für einen spanischen Auftraggeber. Viele seiner Werke wurden Ende des 16. Jahrhunderts Opfer des Bildersturms. Zu seinen wichtigsten Schülern zählte Frans Francken der Ältere, Vater von Frans Francken der Jüngere.

Pieter Bruegel der Ältere

Pieter Bruegel der Ältere (1525/30–1569) verband die beiden Gattungen Landschaft und Figurenbild. Der Maler schloss zwar 1555/56 in Italien seine Ausbildung ab, sein Humanismus zeige sich jedoch nicht im Einsatz von Aktfiguren oder antikischem Formenvokabular, sondern in der Wertschätzung der heimischen Landbevölkerung. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bilder für die Antwerpener Oberschicht gemalt wurden. Anfangs als Entwurfszeichner für einen Verlag tätig, wandte er sich der realistischen Darstellungen von Schiffstypen und komponierten Weltlandschaften zu. Seine ersten Tafelbilder zeigen „Wimmelbilder“, ein Gedanke in möglichst vielfältiger Ausführung wie die „Kinderspiele“ sowie „Der Kampf zwischen Fasching und Fasten“. Danach wandte er sich sowohl dem religiösen Sujet wie auch flämischen Sprichwörtern zu. 1565 entstand der ursprünglich 6-teile Jahreszeiten-Zyklus, der eine Fortführung der Stundenbuchdarstellungen der Monate und Joachim Patiniers Weltlandschaften ist. Als Nachfolger von Hieronymus Bosch verwendete er dessen Figurenerfindungen in moralisierenden Bildern wie der „Dulle Griet“ und Druckgrafik-Serien der „Sieben Todsünden“.

Manierismus in Flandern

Hendrick Goltzius (1558–1616/17) war in der Lage, im Stil von unterschiedlichsten Künstlern zu zeichnen, was bereits seine Zeitgenossen verwirrte. Vor allem als Kupferstecher erlangte er Ruhm. Goltzius‘ „Herkules“ (1600) zählt zu den bekanntesten Kupferstichen der europäischen Kunstgeschichte.

Die wichtigsten Renaissance-Maler in Flandern