Jan Gossaert

Wer war Jan Gossaert?

Jan Gossaert (* um 1478–1.10.1532 Antwerpen) ist niederländischer Maler der Renaissance. Gossaert ist auch bekannt als Jan Gossart, Jenni Gosart, Jan Mabuse oder Jennyn van Hennegouwe (Hennegau). Seinen Künstlernahmen, mit dem er sich auf seinen Heimatort Maubeuge bezog, nahm Gossaert an, als er 1503 Mitglied in der Antwerpener Lukasgilde wurde.

Gossaert war einer der ersten Maler der niederländischen und flämischen Renaissance (→ Renaissance-Malerei in Flandern), der Italien und Rom (1508/09) besuchte. Seine Pionierleistung ist die Aufnahme von Elementen der italienischen Renaissance-Malerei, die er in den Norden brachte. Gossaert erlangte in Nordeuropa Berühmtheit und malte religiöse Themen, darunter große Altarbilder, aber auch Porträts und mythologische Themen, einschließlich erste Aktfiguren auf Basis der Klassischen Skulptur. Jan Gossaert war ein Zeitgenosse von Albrecht Dürer und dem etwas jüngeren Lucas van Leyden. Im Gegensatz zu diesen beiden übte Gossaert jedoch nie die Druckgrafik aus.

Kindheit & Ausbildung

Jan Gossaert wurde als „Jan Gossart“ vermutlich um 1478 in Maubeuge geboren und französischsprachig erzogen. Die niederländische Schreibart seines Namens, „Gossaert“, schlich sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein und wurde im 20. Jahrhundert kanonisch. Karel van Mander, einer seiner frühesten Biografen, behauptete, Gossaert stamme aus einer kleinen Stadt in Artois oder Henegouwen (Grafschaft Hennegau) namens Maubeuge oder Maubuse. Er wäre möglich, dass Gossaert der Sohn eines Buchbinders war, der seine Ausbildung in der Abtei von Maubeuge erhalten hat.

Über sein frühes Leben und speziell den Ort seiner Ausbildung ist kaum etwas bekannt, allerdings lassen seine frühen Arbeiten darauf schließen, dass er von den Malern beeinflusst wurde, die plastische Modelle verwendeten.

Antwerpen

Gossaert lebte von 1503 bis 1508 in Antwerpen, wo er 1503 in die Lukasgilde aufgenommen wurde. Hier heiratete er Margareta de Molder, vermutlich aus der Familie des Bildschnitzers Jan de Molder und bildete als Lehrling neben anderen Jan van Dornicke (Meister von 1518) aus. Dieser wiederum war vermutlich ein Lehrer von Pieter Coecke van Aelst, in den Werken sowohl von Dornicke als auch Coecke van Aelst ist eine starke Rezeption der Arbeiten von Gossart nachweisbar.

Gossaert in Italien

Später trat Jan Gossaert in den Dienst von Philipp von Burgund (1464–1524). 1508 begleitete er seinen Dienstherren nach Italien, da der uneheliche Sohn von Herzog Philipp dem Guten von Philipp dem Schönen als Botschafter zu Papst Julius II. entsandt wurde. Gossaert verließ die Niederlande im Oktober 1508, kam am 14. Januar 1509 in Rom an und war am 28. Juni 1509 wieder zurück in Den Haag. In Italien lernte der Maler Werke der Hochrenaissance und der Antike kennen, die für sein weiteres Leben und Werk prägend wurden. Es ist belegt, dass Gossaert 1509 einige der neu aufgefundenen antiken Kunstwerke studierte und für Philipp zeichnete. Außerdem legte diese Reise die Grundlage für die Italienreisen der flämischen Maler bis hin zu Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck.

1509 kehrte Jan Gossaert mit Philipp von Burgund in die Niederlande zurück und ging mit diesem auf dessen Landsitz Souburg in Zeeland (bis 1517; das Schloss wurde 1783 zerstört). Dort feierte Gossaert erste Erfolge mit antikischen Figuren und manieristischen Akten – aber auch mit großen Altarretabeln. Zu seinen bekanntesten Werken gehört die 179.8 x 163.2 cm große und von Jan Gossaert signierte Bild der „Anbetung der Könige“ (1510–1515, The National Gallery, London). Technische Untersuchungen legen nahe, dass Gossaert das Gemälde eigenhändig und ohne Hilfe von Mitarbeitern ausgeführt hat. Damit verband Gossaert die altniederländische Tradition von Rogier van der Weyden und Hans Memling (vor allem in den Porträts) mit der italienischen Renaissance-Malerei.

Ob Jan Gossart eine Werkstatt hatte, und wenn ja, über wie viele Mitarbeiter er dort verfügte, ist nicht geklärt. Die runde Federzeichnung „Die Enthauptung Johannes des Täufers“ ist im Fries hinter dem Scharfrichter mit Jan Gossart signiert (um 1510–1515, Paris, École nationale supérieure des Beaux-Arts). Es wäre denkbar, dass sie als Teil einer Serie von eigenständigen Zeichnungen konzipiert wurde.1 In der Darstellung orientierte sich der Niederländer an Albrecht Dürers themengleichem Holzschnitt von 1510. Allerdings steigerte Gossaert die Dramatik des Geschehens, indem er den Augenblick unmittelbar vor dem tödlichen Schlag wiedergab. Da es einige tondoförmige Federzeichnungen gibt, die nicht von Gossaert stammen können, liegt nahe, dass eine Werkstatt heute verlorene Entwürfe des Meisters kopiert hat.2

Daraufhin bestellte Philipp für die Kirche von Middelburg ein Altarbild, das Albrecht Dürer 1521 während seiner Niederländischen Reise eigens besichtigte. Das Bild wurde 1568 durch einen Brand zerstört. Gossaert plante in Zusammenarbeit mit Jacopo de Barbari den Ausbau des Schlosses und die Inneneinrichtung desselben.

Gossaert hatte auch Verbindung zum Hof der Margarete von Österreich in Mechelen, jedoch wurde Jacopo de Barbari zum Hofmaler berufen. Gossaert musste sich hingegen mit kleineren Aufträgen zufriedengeben, darunter ein Porträt von Leonore von Portugal und kleinere Werke für Karl V. Die einzigen signierten Werke aus dieser Zeit sind „Neptun und Amphitrite“ (Berlin) von 1516, das einige Bild, das nachweislich für Philipp von Burgund entstanden ist. In diese Jahre datieren aber auch eine „Madonna“ und „Herkules und Deianira“ (1517, Barber Institute of Fine Arts, Birmingham).

Utrecht

Als Gossaerts Dienstherr Philipp von Burgund 1517 Bischof von Utrecht wurde, folgte ihm der Maler dorthin und wurde mit der Dekoration des Amtssitzes Schloss Duurstede beauftragt. In der Sammlung Philipps befanden sich Werke des Hieronymus Bosch; er trat auch als Beschützer des Erasmus von Rotterdam auf.

Für Christian II. von Dänemark, der im Exil lebte, porträtierte Gossaert 1523 dessen Hofnarren. 1528 beauftragte ihn derselbe das Grabmal seiner Frau Isabelle, das Jean de Hare begann, zu vollenden. Zweifellos beendete er auch die Porträts der drei Kinder des Königspaares. Vermutlich unterrichtete Gossaert in diesen Jahren Jan van Scorel (1495–1562).

Als Philipp 1524 starb, entwarf Gossaert dessen Grabmal. Anschließend wechselte er in den Dienst von Philipps Bruder, Adolph, dem Marquis von Veeren. Trotz seines Könnens wurde Gossaert Alkoholismus in dieser Zeit wohl immer mehr zum Problem. Dennoch schuf Jan Gossaert auch in den 1520er Jahren noch beachtenswerte Bilder: „Maria mit dem Kind“ (um 1527, Museo Nacional del Prado, Madrid) und „Der hl. Lukas malt die Madonna“ (1520–1522, Kunsthistorisches Museum, Wien).

In dieser Zeit dürfte sich auch eine Episode zugetragen haben, die zu einem Sprichwort im französischen Sprachgebrauch führte: „Fin contre fin n’est pas bon pour faire doublure [Fein gegen fein wird niemals gutes Futter sein]“. Der Marquis erwartete den Besuch Kaiser Karls V. Um diesen würdig zu empfangen, sollten seine Höflinge alle in weißen Damast gekleidet erscheinen. Gossaert jedoch verkaufte den wertvollen Stoff, vertrank das Geld und erschien in feines Papier gekleidet. Der Kaiser staunte, als er das sah. Er erklärte, er habe noch nie einen so feinen Stoff gesehen, und ließ Gossaert nähertreten. Daraufhin brach der Kaiser in schallendes Gelächter aus. Auf die Frage, warum er das getan habe, antwortete Gossaert, er wollte alle Zuschauer durch diese Feinheit in Erstaunen versetzen. Der erzürnte Marquis wollte Gossaert daraufhin einsperren lassen und prägte den Spruch: „et sache que fin contre fin n’est pas bon pour doublure“. Doch der Kaiser erwirkte, dem Künstler die Strafe erlassen wurde.

Tod

Jan Gossaert starb am 1. Oktober 1532 in Antwerpen.

  1. Stephanie Porras, Hauptstadt des Papiers. Farbgrundzeichnungen in Antwerpener Werkstätten um 1520, in: Bruegel und seine Zeit, hg. v. Laura Ritter und Emily J. Peters (Ausst.-Kat. Albertina, Wien, 15.2.–24.5.2023), Wien/München 2023, S. 22–41.
  2. Zuschreibung, Datierung und Funktion dieser komplexen Gruppe von Zeichnungen sind umstritten. Siehe: Ebenda, S. 33.