Sonja Ferlov Mancoba
Wer war Sonja Ferlov Mancoba?
Sonja Ferlov Mancoba (Kopenhagen 1.11.1911–17.12.1984 Paris) war eine dänisch-französische Malerin und Bildhauerin des Surrealismus. Ihr Werk umfasst Gemälde, Collagen, Zeichnungen und Skulpturen. Ferlov Mancoba lebte und arbeitete in Kopenhagen und Paris, wo sie mit Alberto Giacometti befreundet war.
Kindheit & Jugend
Sonja Ferlov wurde am 1. November 1911 in Kopenhagen geboren. Sie war die Tochter der Angestellten Minna Emilie Caroline Ferlov (geb. Osten 1883-1942) und des Parfümherstellers Niels Ejnar Jørgensen Ferlov (1871-1934). Sonja hat einen älteren Bruder, Børge (geb. 1907). Ferlov wuchs in einer wohlhabenden bürgerlichen Familie in Charlottenlund auf.
1923 wurde Sonja Ferlov durch einen Bekannten ihrer Eltern, Carl Kjersmeier (1889-1961) und dessen Frau Amalie Kjersmeier (1891-1967), mit afrikanischer Kunst bekannt gemacht. Das Ehepaar besaß mehr als 1500 afrikanische Figuren und Masken. Später machte Sonja Ferlov Asger Jorn und andere Künstler in ihrem Umfeld mit Carl Kjersmeir und seiner Sammlung bekannt.
1930 wurde Ferlov Sprachschülerin am Ordrup Gymnasium.
Ausbildung in Kopenhagen (1931–1933)
Sonja Ferlov Mancoba wurde als Malerin ausgebildet. Sie begann 1930 ihre Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in Kopenhagen bei Jacobine „Bizzie“ Høyer (1888–1971) und schloss sie 1932 ab. In dieser Zeit traf sie unter anderem die Künstler:innen Ejler Bille (1910–2004), Vilhelm Bjerke-Petersen (1909–1957), Richard Mortensen (1910-1993) und Gertrud Hjorth (1913–2007), die ihre Weggefährten wurden. Ferlov, Bille und Mortensen besuchten die Kunstakademie in Kopenhagen und studierten unter anderem bei Professor Aksel Jørgensen (1983–1957). Ferlov studierte selbst von 1933 bis 1935 an der Königlich Dänischen Akademie der Schönen Künste. Dort lernten sie auch den Künstler Hans Øllgård (1911-1969) kennen. In diesen Jahren schloss Ferlov auch Freundschaft mit Birgitte „Pusser“ Utzon-Frank (1916–2000).
Kopenhagen und Gudhjem (1934–1935)
Ab Mitte der 1930er Jahre engagierte sich Sonja Ferlov in der Künstlergruppe und Kunstzeitschrift „Linie“ (1934–1939), die den französischen Surrealismus erstmals nach Dänemark vermittelte. In dieser Zeit wurde sie von den „abstrakt-surrealistischen“ Künstlern und „Linien“-Mitbegründern Ejler Bille, Vilhelm Bjerke-Petersen, Hans Øllgaard und Richard Mortensen beeinflusst. Die Künstlergruppe gab auch eine gleichnamige Zeitschrift heraus, in der das Gedicht „Det onderste land“ des dänischen Schriftstellers und Malers Gustaf Munch-Petersen abgedruckt wurde, für das sich Sonja Ferlov sehr interessierte. Die Künstlerin schrieb Beiträge für die Zeitschrift „Linie“, u.a. einen Artikel über Carl Kjersmeiers Sammlung afrikanischer Kunst.
In diesen Jahren war Ferlov mehrmals in Gudhjem, wo sie ihre Freundinnen Lisbeth und Gertrud Hjorth besuchte, die Töpferinnen waren. Im Sommer 1935 war sie mit ihren Freunden Bille und Mortensen in Gudhjem. Sie stellten Skulpturen aus gefundenen Zweigen her, und Sonja Ferlov schuf unter anderem das Objekt „Lebende Zweige“, mit dem sie ihr Debüt auf der Ausstellung „Maler nach 1932. Die surrealistische Ausstellung“ in Odense gab. Im selben Jahr starb Ferlovs Vater.
Ferlov debütierte 1935 auf dem jährlichen „Herbstsalon der Künstler [Kunstnernes Efterårsudstilling]“ mit zwei Gipsskulpturen, „Vogel mit Jungtier“ und „Zwei lebende Wesen“.
Werke
Den Sommer 1936 verbrachte Ferlov u.a. mit Bille, Mortensen, Utzon-Frank und Øllgaard in Rørvig. Hier schuf Ferlov die Skulptur „Eule“ (zerstört), die als Gipsabguss auf der „Kunstnernes Efterårsudstilling [Herbstsalon der Künstler]“ in Kopenhagen gezeigt wurde. Ihre frühen skulpturalen Assemblagen aus Ästen und organischen Materialien (Objet trouvés) wurden von den Dada-Skulpturen von Hans Arp und Kurt Schwitters beeinflusst.
Im Herbst 1936 zog die 25-jährige Künstlerin nach Paris, wo sie bezog ein Atelier in der Rue du Moulin-Vert in Montparnasse, im selben Gebäude wie Alberto Giacometti, mit dem sie sich anfreundete. Auch Max Ernst gehörte zu ihren Bekannten. Ferlov war bis 1942 an der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris eingeschrieben. Die Dänin stellte zusammen mit einer Reihe prominenter Surrealist:innen wie Max Ernst und Yves Tanguy auf der internationalen Ausstellung „Linie“ in Kopenhagen aus. Davor hatten sie und ihre Freunde viele Surrealist:innen in Paris aufgesucht, um Werke für die Ausstellung zu leihen. Sie besuchte unter anderem den Künstler Joan Miró, der ihr eine Zeichnung schenkte.
Zweiter Weltkrieg
Schon in Dänemark hatte sich Sonja Ferlov für nicht-westliche Kunst interessiert, aber in Paris wurde dieses Interesse und Wissen noch vertieft. Gemeinsam mit Bille besucht sie das neu eröffnete Völkerkundemuseum Musée de l'Homme. Durch ihre dänischen Freund:innen lernt sie den südafrikanischen Künstler Ernest Mancoba (1904-2002) kennen, der nach Paris gezogen war, um an der Ècole des Arts Décoratifs zu studieren. Sonja Ferlov und Ernest Mancoba wurden ein Liebespaar, und er bekam ein Atelier in der Rue Hippolyte-Maindron, neben ihrer Wohnung und ihrem Atelier. Als im September 1939 der Zweite Weltkrieg in Frankreich ausbrach, beschlossen Ferlov und Mancoba, nach Dänemark zu ziehen, aber Ernest Mancoba erhielt kein Einreisevisum und musste in Paris bleiben.
So kehrte Sonja Ferlov nach Paris zurück. Ernest Mancoba, der die britische Staatsbürgerschaft besaß, war im deutschen Kriegsgefangenenlager La Grande Caserne in St. Louis Denis nördlich von Paris interniert. Ferlov besuchte ihn im Lager und heiratete ihn im Juni 1942 in La Grande Caserne. Sonja Ferlov nannte sich fortan Ferlov Mancoba. Sonja Ferlov Mancobas Mutter starb 1942.
Am 6. Juni 1946 wurden Sonja Ferlov Mancoba und Ernest Mancoba Eltern ihres einzigen Kindes, Marc Mancoba, genannt Wonga (1946-2015), der später selbst Künstler wurde.
Kattinge bei Roskilde (1947–1952)
1947 zog Sonja Ferlov Mancoba mit ihrer Familie nach Dänemark und lebte in den folgenden Jahren auf einem Bauernhof im Dorf Kattinge bei Roskilde. Sie stellte unter anderem auf der Herbstausstellung aus, bis diese 1949 aufgelöst wurde. Sonja und Ernest hatten auch Kontakt zur CoBrA-Gruppe. 1950 erschien ein Buch über Sonja Ferlov Mancoba mit einem Text von Christian Dotremont in der Reihe „De frie artiste i Cobra Biblioteket“, herausgegeben von Asger Jorn.
Oigny-en-Valois (1952–1960)
Da die Familie in Dänemark mit Intoleranz konfrontiert wurde, beschloss sie, nach Frankreich zurückzukehren und sich in dem Dorf Oigny-en-Valois, etwa 80 km nordwestlich von Paris, niederzulassen. Das Haus wurde ihnen von ihren engen Freunden Marcelle Renée Clarisse Penso (1917-2006) und Joachim Penso (1909-1974) zur Verfügung gestellt. Sonja und Clarisse schrieben gemeinsam über die Jahre, in denen die Familie in dem Haus lebte.
Paris (1961–1984)
Die gesamte Familie Ferlov Mancoba erhielt 1961 die französische Staatsbürgerschaft. Im Januar zog sie von Oigny-en-Valois in die Rue du Chemin-de-Fer in Bondy, einem Vorort von Paris. Im November zog sie erneut um, diesmal in ein leerstehendes Geschäft in der Rue du Château 153 am Montparnasse in Paris, wo sie bis zu ihrem Tod 1984 lebte und arbeitete.
Hier begann Sonja Ferlov Mancoba wieder an größeren Skulpturen zu arbeiten. Sie wurde Mitglied von „Den Frie Udstilling“ und schickte von 1969 bis 1985 in regelmäßigen Abständen Arbeiten nach Dänemark, wo sie ausgestellt wurden.
Ferlov Mancobas Skulpturen sind sehr eigenständig, aus Ton und Gips, inspiriert von afrikanischen und mexikanischen Figuren und Masken, die sie seit ihrer Kindheit kannte. Die biomorphen Skulpturen von Ferlov Mancoba verwenden organische Materialien und Formen oder erinnern an diese. Um 1948 schuf sie kurzzeitig auch geometrisch-abstrakte Skulpturen.
Auszeichnungen
- 1971: Tagea-Brandts-Reisestipendium
- 1964: Preis des Statens Kunstfond (Nationaler Kunstfonds)
- 1971: Thorvaldsen-Medaille
- 1977: Niels Larsen-Stevns-Medaille
Tod
Sonja Ferlov Mancoba starb am 17. Dezember 1984 in Paris.