Das 1849 gegründete Unternehmen Joh. Backhausen & Söhne zählt zu den traditionsreichsten Möbel- und Dekorstoffproduzenten der Wiener Geschichte. Zurückgehend auf den 1810 nach Wien emigrierten Jakob Backhausen blieb der Betrieb lange in Familienbesitz, was sich auch in den wechselnden Firmentiteln widerspiegelt: Von Carl Backhausen & Co. über Johann Backhausen, k.k. ausschließlich privilegierte Mode- und Chenillefabrik bis hin zu Johann Backhausen & Söhne. Das Archiv Backhausen - mit Entwürfen u.a. von Josef Hoffmann - steht seit 2022 unter Denkmalschutz und geht nun an das Leopold Museum! Eine Ausstellung im Herbst/Winter 2024/25 präsentiert erstmals die Höhepunkte des Bestandes der Öffentlichkeit.1
Österreich | Wien:
Leopold Museum, Ebene ‑2
13.11.2024 – 9.3.2025
Hochwertige Modestoffe sowie die Anfertigung von Möbel- und Vorhangstoffen, Damaste, Brokate und Teppiche aus Seide und Wolle bildeten die Hauptproduktionszweige des 1849 gegründeten, von Anfang an technisch und künstlerisch innovativen Unternehmens. Der Betrieb florierte, und Backhausen fertigte Stoffe für die Innenausstattung mehrerer Wiener Ringstraßengebäude an, unter anderem für die Oper, das Reichsratsgebäude (heute: Parlament), das Rathaus sowie das Burgtheater. 1888 erhielt Johann Backhausen für seine qualitätsvolle Arbeit den Titel k.u.k. Hoflieferant verliehen. „Joh. Backhausen & Söhne“ produzierte den sogenannten „Ananasdamast“ für kaiserliche Residenzen wie die Hofburg oder Schloss Schönbrunn.
Ab 1903 widmete sich Backhausen intensiv der Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Künstler:innen, darunter herausragende Protagonist:innen der Wiener Moderne wie Josef Hoffmann, Koloman „Kolo“ Moser, Otto Wagner, Joseph Maria Olbrich, Jutta Sika, Dagobert Peche, My Ullmann oder Otto Prutscher und Josef Frank. Backhausen spezialisierte sich auf die Umsetzung ihrer Entwürfe in gewerbliche Erzeugnisse und etablierte sich als Hauptlieferant der von Hoffmann, Moser und Fritz Waerndorfer initiierten Wiener Werkstätte. Die fruchtbare Symbiose gipfelte etwa in den Ausstattungen des Sanatorium Purkersdorf (1904/05), der Villa Skywa-Primavesi (1913–1915) und des Palais Stoclet in Brüssel (1905–1911). Zahlreiche Objekte des Archivs, vor allem die oft sorgfältig ausgeführten und zum Teil signierten Reinzeichnungen von Entwürfen bzw. deren endgültige textile Umsetzung, sind auch per se von herausragendem künstlerischem Wert. Backhausen leistete „Pionierarbeit“ und wurde die „erste Adresse für experimentelles Textildesign“ der Wiener Moderne.2
„Das Archiv Backhausen“ gestellt Künstler:innen in der Schau vor und beleuchtet einzelne Produktionsschritte – von Entwurf, über Stoffmuster bis hin zur Umsetzung. Des Weiteren wird die von Backhausen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts angeregte Kooperation mit zeitgenössischen Kunstschaffenden, die sich zu einer Tradition des Unternehmens entwickeln sollte, durch Textilien, Grafiken, Möbel und Archivalien näher betrachtet. Anhand von Themenstellungen gibt die Ausstellung einen Einblick in die musealen Bestände des Backhausen-Archives und macht dieses einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.3
Dank und Gedenken gilt an dieser Stelle in besonderem Maße Frau Dr. Louise Kiesling (1957–2022), die sich mit leidenschaftlicher Begeisterung und großem ideellen wie monetärem Engagement für die systematische wissenschaftliche Aufarbeitung, die Inventarisierung, die fotografische Dokumentation und die Lagerung nach musealen konservatorischen Standards eingesetzt hat. Damit sicherte sie den Erhalt dieses kostbaren kulturellen Erbes. Ohne ihre wertvolle Arbeit für das Backhausen-Archiv würde diese Ausstellung nicht möglich sein.
Kuratiert von Ursula Graf und Aline Marion Steinwender.