Helmut Klewan (* 1943) betrieb seit 1970 eine Galerie, in der er zeitgenössische Kunst der Wiener Aktionisten, Arnulf Rainer und Maria Lassnig vertrat. Das Desinteresse der heimischen Sammler ließ Klewan 1978 eine Zweigstelle in München eröffnen. Im Jahr 1973 stellte er erstmals Herman Nitsch aus und presste dessen erste Langspielplatte „Hermann Nitsch, Akustisches Abreaktionsspiel“. Als Wiener in München präsentierte er österreichische Künstlerinnen und Künstler (z.B. die erste MariaLassnigAusstellung 1981) in Süddeutschland. Helmut Klewan schloss die Wiener Galerie im Jahr 1986, die Münchner 1999. Seither ist Klewan als Sammler aktiv und beleiht viele Museen und Ausstellungen mit Werken seiner Sammlung. Sowohl als Sammler wie auch zuvor bereits als Galerist gestaltete er – vor allem durch Erstpräsentationen damals noch wenig bekannter Künstler – die Rezeptionsgeschichte der Kunst mit.
Österreich | Wien: Unteres Belvedere, Orangerie
17.2. – 11.6.2017
Mit 193 Werken gibt die Ausstellung „Porträt(s) der Moderne“ einen Überblick sowohl über die Interessen ihres Besitzers wie über einen wichtigen Teil der Kunstgeschichte der Nachkriegszeit. Es lassen sich in der Sammlung Klewan die Anfänge des Surrealismus, dessen Rezeption nach 1945 in der figurativen Kunst, die Entwicklung des Informel nachvollziehen. Zu den jüngeren Positionen in Klewans Sammlung gehören u.a. die Schülerinnen von Maria Lassnig: Mara Mattuschka (* 1959), Regina Götz (* 1966) und Johanna Freise (* 1961). Art brut, Kitsch und Volkskunst ergänzen die Kollektion des in Wien lebenden Kunstenthusiasten. Der Titel „Porträt(s) der Moderne“ benennt den roten Faden: Die Porträtkunst, resp. das Menschenbild, und eine Vielzahl von Selbstbildnissen von Künstlerinnen und Künstlern sind ein einprägsamer Schwerpunkt der Sammlung Klewan.
Unter dieser Prämisse lässt sich vielleicht verstehen wie u. a. „Comtesse d’Arfeuille mit Vogelnest“ von Anton Romako, neben einer Übermalung von Arnulf Rainer, Maria Lassnigs Selbstanalyse, Alberto Giacomettis Käfig-Skulptur ein homogenes Ganzes ergeben. Zu den „Lieblingen“ des Sammlers gehören Alberto Giacometti (→ Alberto Giacometti. Werke und Biographie), André Masson, Pablo Picasso, Francis Bacon, Giorgio de Chirico und Jean Dubuffet. Bei den Zeitgenossen dominieren heute Attersee, Günter Brus, Maria Lassnig, Michael Langer, Arnulf Rainer und Hans Staudacher.
Von Alberto Giacometti (1901–1966) besitzt Klewan sieben Skulpturen, sieben Gemälde, fünfzig Zeichnungen und ca. siebzig Prozent der bekannten druckgrafischen Arbeiten ab 1947. Druckgrafische Konvolute und auch einige Zeichnungen von Pablo Picasso (1881–1973) gehören ebenfalls zu den Zimelien wie Gemälde und Grafiken von Francis Bacon (1909–1992). Beachtenswert ist auch ein Zyklus von Zeichnungen von Günter Brus aus dem Jahr 1970. Al Hansens (1927–1995) Zigaretten-Stummel Assemblagen sind mit genau demselben Witz zu verstehen wie Piero Manzonis „Merda d’artista“ (1961). Humor und bewusst am Kitsch vorbeischrammende Bildfindungen sind wohl auch der Schlüssel für Christian Ludwig Attersees „Schamhaarlockenwickler“ (1968) und „Kätzchentriptychon“ (1971). Doch nicht nur „Hochkunst“ auch Kitsch, Volkskunst und die Art brut begeistern den ehemaligen Galeristen. Von Jean Dubuffet, dem „Erfinder der Art brut“ (→ Jean Dubuffets Art Brut!), hat sich Helmut Klewan nur frühe, figurative Werke behalten. Dazu besitzt er auch Arbeiten von einigen Künstlern der Art brut wie Louis Soutter (1871–1942), dem Autodidakten Gaston Chaissac (1910–1964, von Otto Freundlich in Paris gefördert).
Zu den Entdeckungen der Ausstellung gehören jene Künstler, die es (bislang noch) nicht in den Kanon der Kunstgeschichte geschafft haben, die aber in der Sammlung Klewan mit wichtigen Werkblöcken vertreten sind: Bernard Buffet, der Art brut Künstler Louis Soutter (1871–1942), der Autodidakt Gaston Chaissac, Michael Langer, Armand François Joseph Henrion (1875–1958).