Peter Paul Rubens (1577–1640) zählte zu den gefragtesten Malern des 17. Jahrhunderts – auch als Porträtist von Mitgliedern der europäischen Höfe. Anhand von 89 Werken gelingt es dem Musée du Luxembourg, die Leistungen Rubens‘ auf diesem Gebiet vorzustellen. Beispiele aus der Werkstatt, druckgraphische Blätter und Tapisserien begleiten die 21 eigenhändigen Arbeiten, unter welchen sich auch Rubens Selbstporträt aus der Sammlung von Queen Elizabeth II. befindet.
Frankreich | Paris: Musée du Luxembourg
4.10.2017 – 14.1.2018
Rubens nahm während seines Italienaufenthaltes als Gesandter des Herzogs von Mantua, Vincenzo Gonzaga (1562–1612), an den Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit des Königs von Frankreich, Heinrich IV. (1553–1610), mit Maria de‘ Medici (1575–1642) teil. Nach dessen Tod führte die Königinwitwe die Regierungsgeschäfte für ihren Sohn Ludwig XIII. (1601–1643). In der Folge der Beendigung der Konflikte zwischen Mutter und Sohn kehrte Maria de‘ Medici 1620 nach Paris zurück und widmete sich der Förderung der Künste. Der Architekt Salomon de Brosse (1571–1626) entwarf für sie das Palais de Luxembourg, in dessen erstem Stock sich eine lange Galerie befindet. Dafür malte Rubens eine aus 24 Gemälden bestehende Serie über die Königinwitwe und ein weiterer Zyklus über König Heinrich IV. als Dekorationen. Der Vertrag mit Rubens wurde 1622 geschlossen, er stellte den Auftrag 1625 fertig, wobei die Gemälde über das Leben des Königs nicht zur Ausführung kamen. Die Bilder hatten historische Ereignisse aus Maria de‘ Medicis Leben zum Inhalt, die in Form von Allegorien dargestellt und von Porträts und Figuren der Mythologie begleitet wurden. Das Ensemble wurde feierlich im Rahmen der Hochzeit der Tochter Henriette Marie mit König Karl I. von England präsentiert. Die berühmten Darstellungen fanden bis in das 19. Jahrhundert Eingang in andere Kunstgattungen wie in die textilen Werke der Tapisseriemanufakturen. Im Katalog zur Ausstellung widmete sich Sara Galletti dem Auftrag Maria de‘ Medicis und der Präsentation der Gemälde im Palais du Luxembourg.
Das an die 1.500 Gemälde umfassende Gesamtœuvre von Peter Paul Rubens umfasst ca. 50 höfische Porträts. Daneben schuf er Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, Darstellungen von Heiligen, Kirchenvätern und Protagonisten der Mythologien, verbildlichte Allegorien und Historien und hinterließ Landschaften, Jagd- und Tierszenen. Die Ausstellung im Musée du Luxembourg gewährt einen konzentrierten Einblick in die Welt der Aristokratie und der Vertreter regierender Dynastien zurzeit von Peter Paul Rubens. In diesem Rahmen ist der Vergleich zwischen den Werken Rubens und jenen seiner Zeitgenossen, die einen ähnlichen Kreis an Personen abbildeten, möglich. Dabei fällt Rubens durch besondere Inszenierungen und eine professionelle Souveränität im Umgang mit dem Thema Porträt auf. Anhand der Porträts von Maria de‘ Medici beispielsweise wird deutlich, inwieweit Rubens im Gegensatz zu seinen Malerkollegen Lebendigkeit und Unmittelbarkeit einfließen ließ.
Rubens gelang es, als Maler der Könige, Königinnen, der Prinzen und Prinzessinnen, die Dargestellten elegant, selbstbewusst und standesbewusst wiederzugeben. Die herausragenden Positionen wurden von den entsprechenden Posen begleitet. Diese exklusive Gestaltung der Bildnisse war bereits zu seinen Lebzeiten bekannt: Der Ruhm der Porträtierten und ihre Inszenierungen wurden durch das Medium der Druckgraphik weit verbreitet.
Die vorbildhaften Porträts lösten nicht nur bei den Auftraggebern Gefallen aus, sie entsprachen dem Zeitgeschmack und dem Geltungsbewusstsein der herrschenden Elite. Dazu entwickelte er einen Prototyp, den er den Aufträgen entsprechend adaptierte und dadurch das höfische Porträt zur Meisterschaft führte. Rubens hatte dem Porträt, das seit der Antike Ausdruck von Macht und Würde war, eine neue Wirkung verliehen.1
Seit der Antike sollte die Wiedergabe der Gesichtszüge und der Gestalt dem Dargestellten trotz physischer Abwesenheit Präsenz geben. Mit der Renaissance wurden weitere Anforderungen an das Porträt gestellt. Die Konzentration auf die Erscheinung verfeinerte sich durch erzählerische Züge, es entstanden Varianten von der ganzfigurigen Wiedergabe bis zu Kniestücken, von der stehenden bis zur sitzenden Pose. Nicht mehr ausschließlich en face wurde porträtiert, die Darstellung im Profil erweckte Interesse, da sie an antike Münzen erinnerte und leichte Drehungen trugen zu einer momenthaften, situativen Wirkung bei. Wurde der Blick des Betrachters durch den Porträtierten aufgenommen, schien eine Konversation stattzufinden, diese konnte durch eine subtile Mimik, geöffnete Lippen oder Handhaltung noch unterstrichen werden. Zu einem bedeutenden Element entwickelte sich die Kleidung, deren Materialien – Stoffe, Spitzen, Leder, Metall – den Status unterstrichen. Ergänzt wurde dies durch Schmuck, Handschuhe, Stiefel und Schuhe ebenso wie durch Insignien der Macht und Stärke. Neben Krone, Zepter und Reichsapfel, drückten Rüstungen und Waffen politische und militärisch-strategische Kompetenz aus. Durch kostbare Stoffe und gebauschte Drapierungen im Hintergrund wurden farbige Akzente gesetzt und eine vornehme und prachtvolle Umgebung angedeutet, Architekturzitate wie Säulen appellierten an Wissen, Klugheit und Bildung. Aus der Kombination dieser Elemente wurde dem Porträtierten eine ausgewählte Aura verliehen, die Herkunft und der Status fanden sich auf den ersten Blick sowie nach genauer Betrachtung wiedergegeben.
Höfische Bildnisse sollten an bestimmten Orten, wie Galerien, präsentiert werden, um den Dargestellten auf adäquate Weise vorzustellen. Sie waren zudem Gegenstand der Tradition des Austausches zwischen den Höfen: Zur Ehrenbekundung, als Medium der Heiratspolitik und zur Erinnerung fanden sie ihre Wege zwischen den Residenzen. Handelte es sich um Porträts historischer Persönlichkeiten, die in Sammlungen Eingang fanden, so suggerierten diese großes Wissen, Belesenheit und Bildung. Peter Paul Rubens verstand es als einer der angesehensten Künstler seiner Zeit, basierend auf seiner humanistischen Ausbildung, dem Zugang zu höfischen Kreisen und der Auseinandersetzung mit der Kunst der Antike und der Renaissance das Porträt zu einer besonderen Blüte zu führen.
Zwei Jahre nachdem Peter Paul Rubens 1598 den Titel als Freimeister der Lukasgilde in Antwerpen erhalten hatte, reiste er nach Italien. Von 1600 bis 1608 hielt er sich im Süden auf, zunächst an dem Hof von Vincenzo I. Gonzaga, dem Herzog von Mantua (1562–1612). Für diesen schuf er die frühesten Porträts. Rasch gelang es Rubens, sich unter den Höflingen zu etablieren und er besaß zudem Zugang zu der Kunstsammlung des Herzogs. Anlässlich der Hochzeit von Maria de' Medici reiste er im Gefolge des Mantuaner Hofes nach Florenz.
1603 begleitete er als Mitglied einer diplomatischen Mission die Geschenke des Herzogs nach Spanien und hielt sich acht Monate in Madrid auf. Während dieser Zeit war es ihm möglich, die Werke Tizians in den königlichen Sammlungen zu studieren und es entstand der Kontakt zum Herzog von Lerma (1553–1625), einem einflussreichen Berater des Königs Philipp III. (1578–1621). Rubens sollte für den Landsitz des Herzogs, Huerta de la Ribera bei Valladolid, ein Porträt zu Pferde malen und konnte seinen Auftraggeber mit der elegant-bewegten Pose zufriedenstellen.
Die Eindrücke dieser Reisen wurden durch Aufenthalte in Genua und Rom erweitert. Die Stadt am Tiber eröffnete dem Maler den Blick auf die Kunst der Antike, die er in den vatikanischen Sammlungen studierte und mittels Zeichnungen kopierte, wie die Laokoon Gruppe. Ebenso lenkte er die Aufmerksamkeit auf die Werke von Künstlern des 16. Jahrhunderts wie Michelangelo Buonarotti und Raffael, Rubens erwarb selbst Antiquitäten und Gemälde, welchen er sich später in seinem Haus in Antwerpen widmen sollte. Auch in der Hafenstadt Genua entstanden Porträts der Aristokratie, wie jene der Mitglieder der Familien Doria und Spinola. Überdies schuf Rubens die Vorlagen für sein Stichwerk über die Paläste Genuas, das 1622 erschien.
Jede der Reisen bot Inspiration für den jungen Künstler, der vermehrt mit dem Malen von Bildnissen beauftragt wurde. Sein Freund Frans Pourbus der Jüngere (1569–1622), der wie Rubens Hofmaler in Mantua war, wurde ebenfalls als Spezialist für Porträts in Italien sehr geschätzt. Der Kontakt zu Pourbus, die Auseinandersetzung mit aristokratischen Sammlungen, das höfische Umfeld und die Gegenwart der Antike waren wesentliche Inspirationsquellen für den vielgereisten Rubens, der neben Porträts eine Vielzahl von Sujets erfolgreich zu inszenieren wusste.
Ende 1608 kehrte Rubens schließlich, aufgrund der Erkrankung seiner Mutter, aus Mantua nach Antwerpen zurück. Seitdem besaß der Brüsseler Hof große Bedeutung für den nun etablierten und erfolgreichen Künstler. Erzherzog Albrecht VII. (1559–1621) und Erzherzogin Isabella Clara Eugenia (1566–1633), die Tochter Königs Philipp II. von Spanien (1527–1598), die seit 1598 als Statthalter die südlichen Niederlande regierten, ernannten Rubens zu ihrem Hofmaler.
Antwerpen blieb sein Schaffensort, es war ihm erlaubt weitere Aufträge anzunehmen, solange jene des Hofes mit Priorität ausgeführt wurden. Dabei handelte es sich in erster Linie um Porträts des Paares. Als Erzherzog Albert 1621 verstarb, setzte seine Witwe Rubens für diplomatische Missionen ein. Nach dem Tod von Isabella Clara Eugenia wurde der Maler von ihrem Nachfolger, dem Kardinal-Infanten Ferdinand (1609/1610–1641), mit der Dekoration anlässlich seines Einzuges in Brüssel am 17. April 1635 beauftragt. Aus dieser ephemeren Dekoration stammten vermutlich die Porträts des Statthalter Ehepaares, die an einer Brüstung stehend wiedergegeben sind. Sie wurden vermutlich von Cornelis de Vos (1585-1651) nach einer Zeichnung von Rubens geschaffen und von diesem abschließend überarbeitet.
1621 wurde Rubens an den königlichen Hof in Paris gerufen. Die Zahl der königlichen Porträts hatte sich seit der Hochzeit von Heinrich VI. und Maria de Medici im Jahre 1600 erhöht, da das Bedürfnis der Repräsentation zugenommen hatte. Frans Pourbus der Jüngere, der die Königin auch in allegorischen Zusammenhängen abbildete, Antonis van Dyck und die Meister der Druckgrafik trugen dazu bei, variantenreiche Abbilder Maria de' Medicis zu hinterlassen. Mit dem Aufenthalt von Rubens wurde die Darstellung ihrer Position erneut gesteigert: Vor den kostbaren Stoffe ihrer Witwentracht fanden Gesicht und Hände eine besondere Betonung, der Blick war selbstbewusst auf den Betrachter gerichtet.
Eine Besonderheit unter den höfischen Porträts stellt das Bildnis von Ludwig XIII. dar. Mit großer Wahrscheinlichkeit entstand es während nur einer Sitzung, da der Pinselstrich rasch auf Papier aufgetragen wurde. Liegen die Entstehungsumstände im Dunkeln so offenbart das Gemälde einen unmittelbaren Blick auf die Arbeitsweise des Künstlers.
1628 hielt sich der Maler erneut in Madrid auf, diesmal in diplomatischer Mission für die Statthalterin der Niederlande, Isabella Clara Eugenia. Sie betraute Rubens außerdem mit der Herstellung mehrerer Familienporträts für ihre Residenz in Brüssel. König Philipp IV. (1605–1665) übertrug Rubens ebenfalls Aufträge, unter anderem ein Reiterporträt. Dieses nicht mehr erhaltene Werk wurde von Diego Velázquez (1599–1660) zwischen 1644 und 1649 wiederholt und gab die Inszenierung des flämischen Künstlers wieder. Velázquez selbst zog daraus seine Konsequenzen für Reiterproträts, womit Rubens direkt auf die spanische Malerei des 17. Jahrhunderts einwirkte (→ Diego Velázquez. Portäts und Rokeby-Venus). König Philipp IV. wurde in der Komposition von Rubens bewegt wiedergegeben, umgeben von allegorischen Figuren, die seinen Rang verdeutlichen.
Während des zweiten Aufenthaltes in Spanien entstand auch das Porträt der Nonne Ana Dorotea, bei der es sich möglicherweise um eine Tochter von Kaiser Rudolf II. (1552–1612) handelte, die in dem Konvent Descalzas Reales, einem bei der Aristokratie geschätzten Kloster, lebte. Der Komposition lag ein Dreieck zugrunde, durch die zurückhaltende Farbigkeit des Gewandes wurde die Konzentration des Betrachters auf das Antlitz sowie die Hände mit Bibel und Rosenkranz gelenkt.
„Immerhin mag es eine Gunst gewesen sein, von Rubens gemalt zu werden, und man hat fast durchwegs den Eindruck von bevorzugten, auserlesenen Menschen. Er giebt sie meist in voller Ruhe und sie sollen so normal gestimmt sein wie er selber war; Momentanes, Aufdringliches findet sich hier nicht, aber Charakter und Geist sprechen mit voller Kraft. Sollten sie im Bilde interessanter geworden sein als sie waren, so läge dieß an der geheimnisvollen Überlegenheit hoher Kunst über die Natur und an der Schönheit der malerischen Mittel.“ 2
Peter Paul Rubens hat mit den höfischen Porträts eine Gruppe an Werken hinterlassen, die das Standesbewusstsein und Selbstverständnis einer Elite wiederspiegln und gleichzeitig bestärken. Er verstand es, Rang, Status und Geltungsbewusstsein durch Posen, Blicke und Details zu inszenieren und erfüllte damit die Ansprüche seiner Auftraggeber. Das Bildnis fungierte als Symbol für Macht, Ansehen und Wohlstand. Zahlreiche Reisen ermöglichten dem Künstler bereits in jungen Jahren, die Kunst der Antike und der Renaissance zu studieren, die Eindrücke mittels Zeichnungen festzuhalten und in weiterer Folge aus diesen Aufzeichnungen zu wählen. Auch Porträts zählten zu den Inspirationsquellen, die Rubens verwendete. Sorgfältiges Betrachten und das Anpassen des Gesehenen an den Zeitgeschmack gehörten zu seinen Begabungen. Ebenso gelang es ihm, mittels des Einsatzes von Pinsel und Farbe, die Wirkung der Porträts zu steigern. Gleichermaßen wurden Erhabenheit, Dynamik und Unmittelbarkeit der Porträtierten durch Rubens professionelle Malweise und wohlüberlegte Inszenierung zu großer Wirkung geführt. Die folgenden Aufträge an den bedeutendsten Höfen Europas ermöglichten den Einsatz seines Könnens und garantierten Rubens entsprechenden Ruhm und anhaltenden Erfolg.
Rubens‘ Porträts werden im Musée du Luxembourg nach Themen gruppiert. Zunächst werden der Maler und eine seiner bedeutendsten Auftraggeberinnen vorgestellt – die französische Königin Maria de‘ Medici (1573–1642). Ab 1622 wurde in ihrem Auftrag das Palais mit 24 großformatigen Leinwänden dekoriert, die das Leben der Königin darstellten. Seit 1750 wird das Palais museal genutzt und ist der Öffentlichkeit zugänglich.
Der Ruhm und der Ruf des Malers werden in der Folge vor Augen geführt: Jene Legenden, die die Eindrücke von Rubens seit dem 19. Jahrhundert prägten und prägen, finden sich ebenso thematisiert, wie der Werkstattbetrieb, der es ermöglichte, die sehr hohe Zahl an Aufträgen zu erfüllen. Damit revidiert die Ausstellung die eindimensionalen Vorstellungen von Rubens als Maler üppig-sinnlicher Damen und als überwiegend an Mitarbeiter delegierender Meister. Zudem wird das durch Anekdoten romantisierte Verhältnis zur Königin neu beleuchtet.
Jene Orte, an denen sich Rubens Zeit seines Lebens aufgehalten hat, werden vorgestellt, um die Umstände und die Entwicklung seiner Porträtkunst zu verdeutlichen. Beginnend mit den Jahren in Italien, über die Zeit am Hof in Brüssel und in Spanien, bis zu dem Aufenthalt in Paris wird Rubens Auseinandersetzung mit Bildnissen nachvollzogen. Schließlich wird das Porträt in seiner Vielschichtigkeit erklärt, seine Funktion und die Gestaltungsmöglichkeiten beschrieben. Unter dem Titel „Maler der Fürsten und Malerfürst“ werden die Eindrücke über die geschaffenen höfischen Bildnisse abschließend zusammengeführt. Das fürstliche Porträt ist ein bedeutender Teil des Vermächtnisses von Peter Paul Rubens, der sich selbst ebenfalls mit Prestige und Noblesse zu inszenieren wusste.
Die Ausstellung wird von einem Katalog in französischer Sprache begleitet. In den Beiträgen widmen sich die Autoren der Porträtkunst an den Höfen der Habsburger und an jenem Maria de Medicis, sowie den Neuerungen, die Rubens einbrachte.