Wenn auch der „Triumphzug Kaiser Maximilians“ die größte und aufwendigste Auftragsarbeit des Herrschers war, so musste Maximilian noch zu Lebzeiten die Verbreitung dieser höchst kostbaren und privaten Miniaturmalerei ein großes Anliegen gewesen sein. Mit dieser Aufgabe betraute Maximilian den Humanisten und kaiserlichen Berater Dr. Konrad Peutinger. Peutinger wandte sich an den Augsburger Maler und Druckgrafiker Hans Burgkmair den Älteren (1473─1531), mit dem er bereits seit 1505 in Kontakt stand. Als entwerfende Mitarbeiter standen Burgkmair wegen des Umfangs der auszuführenden Arbeit u.a. Albrecht Altdorfer und Albrecht Dürer zur Verfügung. Das Konzept von Treitzsaurwein findet sich auf einem Handexemplar mit 63 Probedrucken von Hans Burgkmair d. Ä. in Dresden.
Österreich / Wien: Albertina, Basteihalle
14.9.2012 - 6.1.2013
Hauptverantwortlicher für die künstlerische Umsetzung war Hans Burgkmair der Ältere, der 66 Holzschnitte entwarf und als einziger seine Blätter mit einem Monogramm versah. Von Albrecht Altdorfer stammen 32 Entwürfe, 22 sind von Hans Springinklee, sieben von Leonhard Beck, fünf wahrscheinlich von Wolf Huber, zwei von Albrecht Dürer und zwei weitere von Hans Scheuffelein. Albrecht Dürer (1471–1528) hat 1518 für den Triumphzug noch weitere Zeichnungen von Reitern mit Standarten und Trophäen angefertigt, die m. E. zu den heimlichen Meisterwerken dieser Ausstellung gehören: Dürers variantenreich bewegte Reiter unterscheiden sich deutlich von den unbeweglicheren und hochgerüsteten Rittern Burgkmairs. Die spontane Strichführung der Feder lässt die Figuren lebendig wirken, die Ausführungen reichen von detailliert bis skizzenhaft. Es muss an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen werden, dass solchen Zeichnungen im Arbeitsprozess noch genaue Umrisszeichnungen folgten, die von professionellen Formschneidern in Holzschnitte umgesetzt wurden. Dabei ging nicht nur die Spontaneität der Zeichnungen verloren, sondern Burgkmairs Darstellungen sind deutlich stärker an imperialen Herrscherbildern orientiert.
In der Albertina sind 135 Druckstöcke des Triumphzuges erhalten, die von 17 verschiedenen Formschneidern gefertigt worden sind und teils auch Ablieferungsdaten aufweisen. Der Arbeitsbeginn kann daher mit 1. April 1516 fixiert werden, ab 8. Mai 1518 dürfte die Arbeit mit 137 Druckstöcken unvollendet liegen geblieben sein. Die Schriftfelder blieben auch nach dem Tod des Kaisers im Jänner 1519 leer. Eigentlich hätte der gesamte Fries 200 Drucke zu einer Gesamtlänge von 75 Metern vereinen sollen. König Ferdinand I. trug 136 Druckstöcke für eine Länge von 54 Metern zusammen und veranlasse 1526 den Druck der ersten Auflage. Die in der Albertina ausgestellten Blätter gehören zur 3. Ausgabe aus dem Jahr 1796.
Der „Triumphzug“ beginnt mit Preco, dem auf einem Greifen reitenden Boten oder Ausrufer, dem „Verkünder des Triumphs“. Darauf folgen Bilder vom höfischen Leben (56 Blätter von Burgkmair), Reiter mit Bannern von Maximilians Besitzungen (von Albrecht Altdorfer). Wenn auch der Rest inhaltlich mit dem gemalten „Triumphzug“ übereinstimmt (2 Holzschnitte = 1 Pergament), handelt es sich trotzdem nicht um eine Wiederholung und Vervielfältigung. Manches wird ähnlich dargestellt, anderes jedoch auch nicht wie z.B. die Vertreter von Afrika, Südamerika und Indien anstelle der Indianer im gemalten Triumphzug. Anstelle von Schlachtenbildern auf Bannern sind im Holzschnitt-Triumphzug Wägen dargestellt. Albrecht Dürer entwarf für die „Burgundische Hochzeit“ einen kleinen Triumphwagen, der von einem Landsknecht angeschoben wird. Das sollte ein Hinweis auf die militärischen Auseinandersetzungen als Folgen dieser Verbindung sein. Dürers „Großer Triumphwagen“ wurde nie Teil des Frieses, sondern vom Nürnberger Künstler nach dem Tod des Kaisers in Eigenregie herausgegeben.
„Der Große Triumphwagen“ von Albrecht Dürer, ein Holzschnitt von neun Stöcken, hätte das Herzstück des Holzschnitt Triumphzugs werden können. 1518 legte Dürer einen Entwurf für den Triumphwagen vor, der auf einem allegorischen Programm des Humanisten Willibald Pirkheimer aufbaute. Als Maximilian 1519 starb, zog Albrecht Dürer seine Mitarbeit zurück, überarbeitete seinen Entwurf und veröffentlichte ihn 1522 als Erinnerungsblatt an den Kaiser.
Der Kaiser sitzt in einem von zwölf Pferden gezogenen Wagen und wird von Personifikationen seiner Tugenden umgeben. „Magnificentia“ (Großmut), „Dignitas“ (Würde), „Honor“ (Ehre) und „Gloria“ (Ruhm) stehen auf den Rädern des Wagens, „Ratio“ (Verstand) lenkt das Gefährt und jedem Pferd wird eine weitere Eigenschaft zugegeben wie „Velocitas“ (Schnelligkeit) und „Moderatio“ (das rechte Maß). Erneut sucht Dürer Lebendigkeit durch verschiedene Bewegungen bildlich umzusetzen. Während „Velocitas“ das Pferd anzutreiben scheint, hält es „Moderatio“ am Zügel zurück. Der Kaiser selbst wird von den vier Kardinaltugenden umringt, über seinem Kopf erscheint der Schriftzug „quod in coelis sol hoc in terra caesar est“ - „Was im Himmel die Sonne, ist auf Erden der Kaiser“.
Eva Michel und Maria Luise Sternath positionieren neben dem Holzschnitt-Triumphzug Maximilians dessen Küriss vom Augsburger Plattner Lorenz Helmschmied (um 1485), einen Rundschild, das Mailänder Prunkschwert (alles Leihgaben des Kunsthistorischen Museums, Hofjagd- und Rüstkammer) sowie hauseigene Druckgrafiken von Albrecht Dürer und Hans Burgkmair dem Älteren. Damit setzen sie den Holzschnitt-Triumphzug einerseits in den Kontext der zeitgenössischen Holzschnittgrafik und andererseits betonen sie das Bild des Kaisers als den „letzten Ritter“.
Hans Burgkmair dürfte sich als Druckgrafiker mit Darstellungen des Ritterheiligen „Georg zu Pferd“ und dessen Pendant „Maximilian zu Pferd“ (beide Albertina) einen Namen gemacht haben, bevor er mit der Umsetzung des Holzschnitt-Triumphzugs betraut wurde. Sofort nach der Proklamation zum Kaiser 1508 in Trient wollte sich Maximilian zudem in einem jedoch nie realisierten Reitermonument verewigen lassen. Burgkmair legte auch dafür einen „Entwurf“ (1508-1509, Albertina) vor.
Albrecht Dürers Qualitäten als Druckgrafiker macht bereits das meisterhaft gestochene Blatt „Der heilige Eustachius“ (um 1501, Albertina) deutlich. Dürer war - siehe Teil 3 - von 1512 bis 1518 mit den Entwürfen für die „Ehrenpforte Kaiser Maximilians I.“ beschäftigt. Da diese Arbeit unbezahlt geleistet werden musste, reiste Dürer 1518 zum Reichstag in Augsburg, um eine jährliche Rente als Belohnung zu erbitten. Hier dürfte er den Kaiser gezeichnet und nach dessen Tod im Jänner 1519 das Porträt als Gedenkblatt geschnitten haben. Auffallend ist die Betonung des Ornamentalen, das sich u.a. in einigen arabeskenhaften Haarlocken zeigt. Erwin Panofsky sprach nicht ohne Grund von einer „dekorative Phase“ in Dürers Werk.
Als „der letzte Ritter“ empfand sich Maximilian zu seinen Lebzeiten nicht, wurde diese Bezeichnung für den Habsburger doch erst Mitte des 19. Jahrhunderts geprägt. Mitnichten handelte es sich bei der intensiven Auftraggeberschaft Maximilians um moderne Kunst- oder gar Künstlerförderung. Auch lässt sich der Kaiser wohl kaum als ein „Diener der Künste“ beschreiben, so wie er im 19. Jahrhundert gerne mythisch verklärt wurde (siehe Werner Telesko: Imperator perpetuus?, Ausstellungskat. S. 118). Stattdessen darf man von einem durchdachten Konzept kaiserlicher Selbstdarstellung mit Hilfe der besten Künstler der Zeit sprechen. Sämtliche in der Ausstellung gezeigten Werke, vom „Triumphzug“ bis zum Kürass, dienten der Verherrlichung des Begründers der habsburgischen Dynastie sowie der Visualisierung seiner erfolgreichen Herrschaft! Die Kuratorinnen beließen die Werke in dieser ihnen ursprünglichen Bedeutung als ewiges Gedächtnis. Sie zeigen Maximilian als eine Person, der von berühmten Künstlern Werke anfertigen ließ, um nicht mit dem letzten Glockenton seines Begräbnisses vergessen zu sein.
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