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Gerhard Richter. Neue Bilder Abstrakte Malerei aus dem Jahr 2016 und ältere Arbeiten aus dem Museum Ludwig, Köln

Gerhard Richter, Abstraktes Bild (947-8), 2016, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm © Gerhard Richter 2017 (221116)

Gerhard Richter, Abstraktes Bild (947-8), 2016, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm © Gerhard Richter 2017 (221116)

Gerhard Richters aktuellste Bilder sind anlässlich seines 85. Geburtstags am 9. Februar 2017 im Museum Ludwig zu sehen. Wie für Richters abstraktes Werk charakteristisch arbeitete der Maler 26 Gemälde in unterschiedlichen Formaten höchst materialintensiv und farbig opulent aus. Er baute die vielschichtigen Kompositionen mit Pinsel, Spachtel, Rakel und Messer in Öl auf.

 

Der seit 1983 in Köln ansässige Künstler ist seit den späten 1970er Jahren für die Wiederaufnahme der Abstraktion bekannt. Davor entstand ein hochkomplexes figuratives Werk, mit dem er das Spannungsverhältnis zwischen Darstellbarkeit der Realität und gemaltem Bild auslotete. Vor einigen Jahren nannte Götz Adriani das „Sichtwechsel auf die Bedingungen der Malerei“1.

Das Museum Ludwig entschied sich, neben den aktuellen Bildern Richters aus dem Jahr 2016 Werke aus der eigenen Sammlung zu präsentieren: „Ema (Akt auf einer Treppe)“ (1966), „48 Portraits deutscher Geistesgrößen“ (1971/72), „Krieg“ (1981), „11 Scheiben“ (2003, Glasarbeit) laden zum vergleichenden Schauen ein. Ergänzt wird die von Richter selbst gehängte Mini-Retrospektive durch Editionen des Künstlers.

 

 

Fotomalerei und Abstraktion

Richters verwischte, unscharfe Fotomalerei der 1960er Jahre ist gleichermaßen bedeutungslos und bedeutungsvoll, was ihre Motivauswahl betrifft. Vielfach wurde in der Vergangenheit „Ema, Akt auf einer Treppe“ von 1966 mit Peter Paul Rubens‘ „Das Pelzchen (Hélène Fourment)“ (um 1636/38) und Marcel Duchamps „Akt, eine Treppe herabsteigend, Nr. 2“ (1912) in Verbindung gebracht. Der amerikanischen Pop Art und dem Foto- bzw. Hyperrealismus (→ Hyper Real) luchste der 1932 in Dresden geborene Maler das Malen nach Fotomotiven ab, verändert die Gemälde aber in Richtung Monochromie. Gleichzeitig schwenkte Richter auf konzeptuelle Abstraktionen im Stil von „Farbmusterkarten“ um, bis er über vergrößerte Ausschnitte von Gemälden oder Flugbildern von Städten zur Farbe Grau (1973/74) vorstieß. „1024 Farben“ (1974) verband das Farbspektrum der Malerei in kontrollierten Quadraten, einem Raster- und Pixelbild. Emotionslos, zufällig angeordnet und dennoch voller Konzeption und Zweifel an der pathetisch und spirituell aufgeladenen Abstraktion (vgl. Otto Freundlich).

 

 

 

Als Gerhard Richter 1975 erste gestisch abstrakte Bilder malte, hatte er sich in den Jahren zuvor bereits intensiv mit den widerstrebenden Möglichkeiten der Abstraktion auseinandergesetzt. Auf „Krieg“ (1981) folgte der nächste Hackenschlag: die enigmatischen „Kerzen“-Bilder der frühen 1980er Jahre, dazu abstrakt-gestisch, spontan mit Rakeltechnik übermalte Fotomalerei und konzeptuelle (vulgo unemotionale, durchachte) Farbfeldmalerei. Die Glasarbeit „11 Scheiben“ (2003) erweitert das malerische Werk Gerhard Richters (wie auch die Arbeiten mit Kugeln, Spiegeln) um „performative Bilder“, die den Raum spiegeln. Im Museum Ludwig verlieren die fotografisch umgesetzten „48  Porträts deutscher Geistesgrößen“ ihre Schärfe. Damit löst Richter einmal mehr das Abbild nahezu auf und hinterfragt die scheinbare Faktizität von Abbildungen.

Kuratorin: Rita Kersting

 

Gerhard Richter. Neue Bilder: Bilder

  • Gerhard Richter, Abstraktes Bild (946-5), 2016, Öl auf Aluminium, 27 x 35,5 cm © Gerhard Richter 2017 (221116)
  • Gerhard Richter, Abstraktes Bild (947-2), 2016, Öl auf Holz, 40 x 50 cm © Gerhard Richter 2017 (221116)
  • Gerhard Richter, Abstraktes Bild (947-8), 2016, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm © Gerhard Richter 2017 (221116)
  • Gerhard Richter, Abstraktes Bild (946-3), 2016, Öl auf Leinwand, 175 x 250 cm © Gerhard Richter 2017 (221116)
  • Gerhard Richter. Neue Bilder, Installationsansicht im Museum Ludwig Köln, 2017.
  • Installationsansicht Gerhard Richter. Neue Bilder Museum Ludwig Köln, 2017.
  • Gerhard Richter, Ema (Akt auf einer Treppe), 1966, Öl auf Leinwand, 200 x 130 cm (Museum Ludwig, Köln)
  • Gerhard Richter, Fünf Türen, 1967, Öl auf Leinwand, 235 x 550 cm (Museum Ludwig Köln)
  • Gerhard Richter, 48 Portraits deutscher Geistesgrößen, 1971/72 Installationsansicht Museum Ludwig Köln, 2017.
  • Gerhard Richter, Krieg, 1981, Öl auf Leinwand, 200 x 320 cm (Museum Ludwig, Köln)
  • Gerhard Richter, 11 Scheiben, 2003, Installation, 259 x 180 cm (Museum Ludwig, Köln)

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Götz Adriani, Von der „Lust, etwas Schönes zu malen“, in: Götz Adriani, Gerhard Richter. Bilder aus privaten Sammlungen, Ostfieldern 2008, S. 9–35, hier 12.
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  1. Götz Adriani, Von der „Lust, etwas Schönes zu malen“, in: Götz Adriani, Gerhard Richter. Bilder aus privaten Sammlungen, Ostfieldern 2008, S. 9–35, hier 12.
  2. Götz Adriani, Von der „Lust, etwas Schönes zu malen“, in: Götz Adriani, Gerhard Richter. Bilder aus privaten Sammlungen, Ostfieldern 2008, S. 9–35, hier 12.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.
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