Impressionismus in Dänemark
Was ist Impressionismus in Dänemark?
Ab Mitte der 1880er Jahre konnten sich dänische Maler:innen zunehmend mit dem französischen Impressionismus auseinandersetzen. Zum einen brachte Paul Gauguin seine Sammlung in den Norden und zum anderen waren einige Bilder in Schloss Charlottenburg ausgestellt. Bedeutender dürfte jedoch der direkte Kontakt der Künstler:innen, allen voran der Maler:innen der Künstlerkolonie Skagen, mit dem Impressionismus in Paris gewesen sein. Sie verbanden ab den 1890ern ihre im Naturalismus entwickelten Themen (Fischer bei der Arbeit) mit dem hellen Licht und den Farbbeobachtungen des Impressionismus. Peder Severin de Krøyer zeigte erstmals den weißen Sandstrand wie in einem Badeort.
Vorläufer
In Dänemark setzten sich die Nachfolger:innen der romantischen Landschaftsmaler auf neue Art mit der Natur auseinander. Christoffer Wilhelm Eckersberg propagierte und lehrte seit 1818 Freilichtmalerei an der Kopenhagener Kunstakademie. Damit gilt der in diesem Jahr zum Professor Ernannte als einer der Begründer des Goldenen Zeitalters der dänischen Malerei. Die von ihm etablierten Kompositionsregeln waren auch noch nach der Jahrhundertmitte gültig und wurden traditionell gelehrt. So prägte Eckersberg die dänische Malerei bis zum Naturalismus ab den 1870er Jahren (→ Naturalismus 1875-1918) und auch noch den dänischen Impressionismus, der allerdings erst ab den 1890er Jahren auftrat.
Französischer Impressionismus in Dänemark
1881 präsentierte der Braumeister und Kunstmäzen Carl Jacobsen (1842–1914) seine Sammlung französischer Kunst auf der Frühlingsausstellung in Charlottenborg, Kopenhagen. Anna und Michael Ancher besuchten gemeinsam die Schau.
Die Werke der französischen Impressionist:innen wurden bereits um 1884 in Dänemark bekannt. Paul Gauguin brachte seine Sammlung nach Kopenhagen mit.1 Weiters erregten die Bilder in einer großen Ausstellung zeitgenössischer französischer Malerei im Schloss Charlottenborg in Dänemark große Aufmerksamkeit.
Künstlerkolonie Skagen
Ab den 1840er Jahren – und damit gleichzeitig mit der Abwanderung der französischen Maler nach Barbizon – entdeckten Maler aus der dänischen Hauptstadt Kopenhagen die Halbinsel Jütland.2 Sie entwickelten eine Vorliebe für das abgelegene Fischerdorf Skagen an der Nordspitze der Halbinsel.3
Im Jahr 1872 ließen sich die ersten Maler, Holger Drachmann (erster Besuch 1871) und Karl Madsen, in Skagen nieder, bald gefolgt von Laurits Tuxen, Michael Ancher (Juni 1874) und Viggo Johansen sowie 1882 von Christian Krohg und Peder Severin Krøyer.4 Ancher und Johansen pendelten eine Zeit lang zwischen Kopenhagen und Skagen und ihr Kollege und Freund Karl Madsen verbrachte einige Jahre in Paris.
Die meisten Künstler wohnten im Brøndums Hotel, das bis 1884 das einzige in Skagen war. Außerdem war die Schankstube des Hotels der wichtigste Treffpunkt für die Künstler. Michael Ancher heiratete Anna Brøndum, die Tochter des Besitzers von Brøndums Hotel, eine einheimische Malerin, die in Paris bei Pierre Puvis de Chavannes ausgebildet worden war; Anna Ancher sollte eine der wichtigsten Malerinnen des dänischen Impressionismus werden. Johansen und Madsen heirateten Annas Cousinen.
In den 1880er Jahren entwickelte sich das Fischerdorf zu einer vielbesuchten Künstlerkolonie, die in den Sommermonaten nicht nur von dänischen, sondern auch zunehmend von ausländischen Maler:innen besucht wurde.5 Ihre Motive waren der Strand als trostloser und gefährlicher Ort am rauen Meer, wo die Fischer ein schweres, arbeitsreiches Leben führten. Die naturgetreue Farbpalette, die die Maler für diese Bilder verwendeten, passte perfekt zum Naturalismus ihrer Darstellungen.
Von den neuesten Entwicklungen der Malerei in Paris erfuhren die dänischen Künstler:innen in Skagen vor allem von Madsen und dem norwegischen Maler Frits Thaulow, der neben Skagen auch regelmäßig Paris besuchte.6 1889 hielten sich Michael und Anna Ancher ein halbes Jahr in Paris auf, weil sie an der Weltausstellung teilnahmen.7 Seitdem drehte sich ihr Werk hauptsächlich um das Zusammenspiel von Licht und Farbe.
Die dänischen Impressionist:innen strebten in der Folge nicht mehr nach einer Sublimierung ihrer Natureindrücke, sondern gaben die Landschaft auf eine objektivere Weise wieder. Ihre Naturschilderungen basieren auf der unmittelbaren Wahrnehmung unter bestimmten atmosphärischen Bedingungen und der Wirkung des Sonnenlichts zu einer bestimmten Tageszeit.
- Kopenhagen war der Geburtsort von Gauguins Frau Mette Sophie Gad. Nachdem er infolge des Börsenkrachs von 1882 seine Anstellung in Paris verloren hatte, konnte er 1884 als Vertreter eines französischen Textilfabrikanten in Kopenhagen arbeiten. Nach dem Misserfolg seiner ersten Einzelausstellung in der dänischen Hauptstadt kehrte er jedoch 1885 nach Paris zurück. Seine Frau und die Kinder blieben in Kopenhagen. Siehe: Grape-Albers, in: Andratschke 2016, S. 263.
- Heide Grape-Albers, Die Künstlerkolonie Skagen, in: Andratschke 2016, S. 259.
- Ulrike Wolff-Thomsen (Hg.), 10 Jahre MKdW – Meisterwerke/10 Years of MKdW – Masterpieces, Museum Kunst der Westküste, Alkersum/Föhr, Köln 2019, S. 117.
- Nina Lübbren, Rural artists‘ colonies in Europe 1870–1910, Manchester 2001, S. 174; Wolff-Thomsen 2019, S. 161.
- Wolff-Thomsen 2019, S. 118; Grape-Albers, in: Andratschke 2016, S. 259.
- Grape-Albers, in: Andratschke 2016, S. 160.
- Ebenda, S. 263.