Shirin Neshat
Wer ist Shirin Neshat?
Shirin Neshat (* 26.3.1957) ist eine iranische Künstlerin, Fotografin und Filmemacherin der Gegenwart, die in den USA lebt (→ Zeitgenössische Kunst). Die Verbindung und Erweiterung der reichen Tradition persischer und westlicher Bildsprachen prägen Neshats Werk. Die für Neshat typischen Schwarz-Weiß-Arbeiten, lassen in der Individualität der Portraitierten immer auch die kollektive Geschichte in ihrer sozial- und geopolitischen Komplexität aufscheinen. Ihre Werke wirken selbstbewusst und kraftvoll, zugleich verletzlich und fragil.
In den letzten drei Jahrzehnten hat Shirin Neshat einige der beeindruckendsten Bilder der zeitgenössischen Kunst geschaffen. Die in New York geborene iranische Künstlerin hat ihre Praxis dem fortschreitenden Verständnis der religiösen und politischen Kräfte der Macht gewidmet, die die menschliche Existenz prägen.
Kindheit und Ausbildung
Wesentlich für Neshats Praxis ist ihre einzigartige Sichtweise. Als junger Erwachsener erlebte der Künstler die iranische islamische Revolution und den Aufstieg des radikalen Islam in den 1970er Jahren. Ihre Position als iranische Frau, die seit den 1990er Jahren im Exil in Amerika lebt, hat den Wunsch geweckt, dominante binäre Erzählungen wie Islam versus Feminismus nuanciert zu machen.
Werke
Bahnbrechende frühe Arbeiten wie die Fotoserie „Women of Allah“ (1994), Videoinstallationen wie „Turbulent“ (1998) und „Rapture“ (1999) sowie Neshats erster Spielfilm „Women Without Men“ (2009) haben die Annahmen, dass Feminismus und Islam als Gegensätze zu verstehen sind, in Frage gestellt.
Seit 2000 schuf Shirin Neshat fotografische Werke, surreale Schwarz-Weiß-Filme sowie Spielfilme, darunter „Looking For Oum Kulthum“ (2017) und „Women Without Men“ (2009), mit dem sie die Auszeichnung als bester Regisseur bei den Filmfestspielen von Venedig gewann.
Land of Dreams (2019)
Mit „Land of Dreams“ von 2019 befragt Shirin Neshat die „westliche Welt“ anhand von 111 fotografischen Porträts und zwei Videoinstallationen. Die im Iran geborene Künstlerin wechselt damit die Perspektive, um das zeitgenössische Amerika unter der Trump-Regierung zu porträtieren. Für Neshat stehen die USA kurz vor einem Paradigmenwechsel, sieht sie doch die Ablösung der politischen Akteure voraus. Der Verteidigungskampf der herrschenden weißen Klasse und die propagandistisch heraufbeschworene Bedrohung der amerikanischen Kultur durch die Einwanderer lässt die Künstlerin erstmals ihr Gastland in den Fokus nehmen. Ihre neue Arbeit „Land of Dreams“ zeigt Amerikanerinnen und Amerikaner aus New Mexico, und wie die politischen Veränderungen ihre individuellen Leben zerstört.
Fotografien und Videoinstallationen ergänzen einander zu einer fiktiven Geschichte von Simin, einem entfremdeten iranischen Fotografen. Simin reist durch das ländliche Amerika, klopft an Türen von Bürgerinnen und Bürgern, um ihre Porträts abzulichten und ihre Träume zu dokumentieren. Die Erzählungen schreibt Shirin Neshat in Farsi-Kalligraphie auf die Schwarz-Weiß-Bilder der unterschiedlichen Modelle, ergänzt durch ihre Namen, den Ort und ihr Geburtsdatum. Das zweite Video zeigt eine bürokratische iranische Kolonie in den Bergen. In einem klinischen, dystopischen Interieur protokollieren und analysieren sie Simins Porträts und Traumdokumente.
Ausstellungen und Auszeichnungen
Neben der Regie der Oper „Aida“ bei den Salzburger Festspielen im Jahr 2017 hatte die Künstlerin im Laufe der Jahre eine Reihe bedeutender internationaler Ausstellungen. Dazu gehören eine Retrospektive im The Broad in Los Angeles (2019–2020) sowie Einzelausstellungen in der Pinaothe der Moderne in München (2021/22), im Museo Correr in Venedig (2017); Hirshhorn Museum und Skulpturengarten in Washington DC (2015); Stedelijk Museum CS, Amsterdam (2006) und Hamburger Bahnhof, Museum Fur (2005).
Shirin Neshat erhielt mehrere renommierte Auszeichnungen, darunter den Praemium Imperiale Award in Tokio (2017), den Crystal Award, das Weltwirtschaftsforum in Davos (Schweiz) (2014), den Silver Lion, die 66. Filmfestspiele von Venedig (2009) und den Erster internationaler Preis auf der 48. Biennale von Venedig (1999). 2018 enthüllte Neshat ihr Porträt der pakistanischen Bildungsaktivistin Malala Yousazai in der National Portrait Gallery.