Pieter Bruegel der Ältere (1526/30?-1569) malte 1562/63 das 117 mal 162 Zentmeter große, querformatige Bild „Der Triumph des Todes“, das sich heute im Museo del Prado in Madrid befindet. Die Restaurierung des Gemäldes brachte nicht nur die Farben unter dem vergilbten Firnis wieder zum Vorschein, sondern auch weitreichende, spätere Übermalungen. Vor allem die Veränderung des Kolorits, das zuvor als rotbrauner Grundton vorherrschte, lässt das Werk weniger „infernal“ erscheinen. Die hellere Farbigkeit und stärkeren Kontraste lassen nun die grausamen Details dieser Todesvision besser hervortreten.
Spanien / Madrid: Prado
Villanueva, Saal 55 A
Pieter Bruegel der Ältere siedelte das vielfigurige Geschehen in einer weiten, trostlosen Landschaft an. Das apokalyptische Panorama zeigt nur kahle Bäume, im Hintergrund links taucht eine Feuersbrunst den Himmel in Rottöne. Das am Horizont sich erstreckende Meer ist Spielort von dramatischen Schiffsuntergängen und brennende Segelboote. In der linken oberen Ecke läuten Skelette große Glocken. Im Mittelgrund öffnen Skelette Gräber und töten auf verschiedene Weisen Menschen. An Richtstätten sind erhängte, geräderte Leichen zu sehen. Im Zentrum reitet ein markantes Skelett auf einem dunkelbraunen Pferd und schwingt eine Sense. Weitere Schächer ziehen im Bildvordergrund von links nach rechts, um Reiche und Arme, Alte und Kinder, Mächtige wie ein König und ein Kardinal in der linken unteren Ecke, Pilger, Söldner und Liebende aus dem Leben zu reißen. Der Boden ist von Leichen übersät, während sich Heerscharen von Skeletten an neue Opfer heranmachen, sie entleiben, ihre Körper einsammeln oder laut die Trommeln schlagen, um den Rhythmus unerbittlich vorzugeben. Wehrlos sind die Menschen den aggressiven Skeletten ausgeliefert, die mit unterschiedlichsten Waffen auf sie losgehen und mannigfaltige Tötungsarten anwenden. Rechts wird die Menschenmenge widerstandslos in eine Falle getrieben, die mit Kreuzen geschmückt ist und doch einem Sarg ähnelt. Die Vergänglichkeit des Lebens wird durch verschiedene Symbole verkörpert: Stundenglas, Spindel, Spinnrocken, Faden und Schere.
Das moralisierende Bild gehörte der spanischen Königin Elisabetta Farnese und kann 1745 im königlichen Palast La Grania nachgewiesen werden. Es ist das einzige Werk des flämischen Malers in Spanien. Seit 1827 befindet es sich in der Sammlung des Museo del Prado in Madrid. Es verbindet den Totentanz mit dem Triumph des Todes, die mitteleuropäische und die italienische Tradition. Seine eigenen Gemälde und Zeichnungen – vor allem das wenige Jahre später entstandene „Schlaraffenland“ (1567, Alte Pinakothek, München) oder die Zeichnung bzw. Druckgrafik „Die großen Fische fressen die kleinen“ (1556, Albertina, Wien) – sind partielle Vorw Zudem setzte sich Pieter Bruegel der Ältere im „Triumph des Todes“ mit dem Werk von Hieronymus Bosch (um 1450–1516) auseinander. Vor allem die Scheu vor der leeren Fläche erinnert an so manche Konzeption des berühmten Bosch.
Der Prado restaurierte Bruegels „Triumph des Todes“ in Zusammenarbeit mit der Fundación Iberdrola España. Das wichtigste Ergebnis ist die Wiedergewinnung der originalen Farbtöne, die Abnahme späterer Übermalungen sowie die Ergänzung der abgeblätterten Stellen. Letztere waren aufgrund der Bewegung des Holzes entstanden, da das Gemälde auf vier horizontal verleimten Eichenpaneelen gemalt worden war.
Das jetzt vom Prado veröffentlichte Schadensbild zeigt Verluste der originalen Malerei in drei horizontalen Linien sowie Risse an der obersten Platte. Zu einem unbekannten Zeitpunkt haben Restauratoren das Holz auf 6 bis 8 Millimeter ausgedünnt, um es danach wieder zu verstärken. Während dieses Arbeitsprozesses wurden das Gemälde auseinandergenommen, d.h. in die vier Holzplatten zerlegt, auf die es gemalt ist. Dabei muss es zu einem Unfall gekommen sein, der die Risse an der obersten Platte zur Folge hatte. Außerdem waren die Ränder der einzelnen Holztafeln nicht gut geglättet worden. Um dies zu kaschieren, verwendeten die Restauratoren Gips, mit dem sie allerdings auch die originale Malschicht überdeckten.
Das in der Folge auf der Rückseite montierte Falzsystem hat zudem die natürliche Bewegung des Holzes gehemmt, weshalb es zu Spannungen an der bemalten Vorderseite des Bildes kam, die in der Folge die Malschicht abblättern ließen. Dieses System wurde entfernt, um den Eichenholzplatten wieder mehr Spielraum zu geben. Die oberste Platte wurde neu montiert, da sie schief aufgesetzt worden war. Nachdem die Restaurierung der Risse und Fugen abgeschlossen war, konnte ein neues, flexibleres Stützsystem aus Buchenholz gebaut werden. Diesmal folgt das Stützsystem der Krümmung der ausgedünnten Holzplatten.
Die Malschicht war durch viele Eingriffe und Übermalungen, incl. farbige Lacke, um diese zu verschleiern, nahezu monochrom in ihrer Erscheinung. Nach der Reinigung kam erstmals seit Jahrhunderten wieder die ursprüngliche Subtilität von Pieter Bruegels Malerweise zutage. Eine Vielzahl von Einzelheiten konnten so wieder enthüllt werden. Die offensichtlichste Veränderung ist, dass das Gemälde seinen warmen Rot-Ocker-Ton verloren und eine Schärfe in den Blau- und Rottönen zurückgewonnen hat. Dadurch ist es leichter lesbar geworden, und die Tiefe der Landschaft wieder nachvollziehbar. Ergänzungen verlorener Details konnten mit Hilfe von Kopien und Varianten der Komposition durch Bruegels Söhne – Pieter Brueghel der Jüngere und Jan Brueghel der Jüngere – angefertigt werden. Die beiden Brueghels arbeiteten mit dem originalen Karton ihres Vaters weiter und überlieferten so bedeutende Elemente des Bildes.