Hugo van der Goes (um 1440–1482) war der wichtigste niederländische Künstler der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Tätig in Gent und Brüssel, gehörte er der zweiten Generation altniederländischer Meister an, die den Pionieren Jan van Eyck und Rogier van der Weyden folgte. Seine Werke müssen zwischen Hugos Freimeisterschaft im Mai 1467 und dem Beginn seiner Geisteskrankheit um 1480/82 entstanden sein. Sie wurden von den Zeitgenossen aufs Höchste bewundert und bis ins 17. Jahrhundert hinein vielfach kopiert. Noch Albrecht Dürer nennt ihn 1520, wie nur ganz wenige andere Künstler, einen „großen Meister“.1 Die Gemäldegalerie Berlin präsentiert 2023 die erste (!) ihm gewidmete Einzelausstellung und präsentiert das erhaltene Œuvre von Hugo van der Goes annähernd vollständig.
Deutschland | Berlin: Gemäldegalerie
31.3. – 16.7.2023
Während in den letzten Jahrzehnten fast alle bedeutenden niederländischen Maler des 15. und 16. Jahrhunderts mit monographischen Ausstellungen bedacht wurden, blieb Hugo van der Goes davon ausgenommen. Das dürfte sowohl an der Seltenheit seiner Werke als auch an deren oft großem Format liegen. Zwei dieser großformatigen Werke des Hugo van der Goes, ein Tüchlein von seiner Hand sowie einer nur wenig jüngeren Kopie nach einer verlorenen Komposition befinden sich in der Gemäldegalerie, weshalb sich diese Sammlung wie keine zweite für eine monographische Ausstellung anbietet. Die beiden monumentalen Berliner Tafelbilder, der „Monforte-Altar“2 (um 1470) und die „Geburt Christi“ (um 1480), werden im Zentrum der Präsentation stehen. Beide Werke sind in den vergangenen zwölf Jahren aufwendig restauriert worden und zeigen sich seither in einer zuvor ungeahnten Frische.
Um diese beiden Werke werden zahlreiche bedeutende Leihgaben europäischer und amerikanischer Sammlungen gruppiert. Damit wird zum ersten Mal die Gelegenheit geboten, den Großteil der erhaltenen Arbeiten des Meisters miteinander zu vergleichen. Neben Gemälden auf Holz und auf Leinwand werden eine Anzahl von Zeichnungen das Bild vom Schaffen des Künstlers abrunden.
Darüber hinaus werden die eigenhändigen Tafelbilder des Hugo van der Goes um verschiedene Gemälde ergänzt, die einstmals berühmte, im Original jedoch verlorene Kompositionen des Meisters wiedergeben. Das betrifft etwa die verschollenen Flügel des Berliner Monforte-Altars oder die vielfach wiederholten Darstellungen einer Anbetung der Könige und eine Beweinung Christi, von der über 100 Kopien erhalten sind.
Alphonse Wauters veröffentlichte 1863 die Ofhuys-Chronik, wodurch das tragische Ende von Hugos Leben bekannt wurde.3 Der Maler war auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Laienbruder ins Roode Klooster bei Brüssel eingetreten und wurdeschließlich geisteskrank.4 Die Vorstellungen vom labilen Genie, die im 19. Jahrhundert zunehmende Beliebtheit erzielte, schien in Hugo van der Goes idealtpyisch vorgeprägt zu sein. Entscheidend befördert wurde dieses „moderne“ Bild des Malers durch das monumentale Historienbild „Der Wahnsinn des Hugo van der Goes“ (1871) von Émile Wauters, dem Neffen von Alphonse.
Eine abschließende Sektion der Ausstellung widmet sich der unmittelbaren Nachfolge des Malers. Sie präsentiert eine Reihe von herausragenden, deutlich von Hugo van der Goes‘ Stil geprägten Werken.
Hugo van der Goes war einer der bedeutendsten europäischen Künstler der Frühen Neuzeit. Die Ausstellung wird viele seiner Werke zum ersten Mal zusammenbringen und damit zu einem beeindruckenden Seherlebnis werden. Zugleich sollen diverse Aspekte zu Künstler und Werk, den sozialen und geistigen Rahmenbedingungen, aber auch zu den technischen Gegebenheiten der Malereien konzise und verständlich vermittelt werden.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin