Nouveau Réalisme: Begriff - Geschichte - Künstler:innen | ARTinWORDS casino app glory casino game mag casino elon casino nagad 888 casino mcw casino bangladesh bangor casino glory casino live mega casino mcw mega casino download nagad88 casino glory casino aviator mcw casino affiliate glory casino app bangladesh benger casino glory casino bangladesh casino live score six6s casino java 9 casino karkiya casino glory casino খেলার নিয়ম parimatch casino glory casino download apk mcw live casino casino kya hota hai babu88 casino casino result cmw casino moree glory casino

Nouveau Réalisme

Was war der Nouveau Réalisme?

Nouveau Réalisme (franz. Neuer Realismus) war eine lose Künstlergruppe um den französischen Kunstkritiker Pierre Restany (1930–2003). Die Kunstrichtung wird auch als französisches Pendant zur Pop Art betrachtet. Die wichtigste Phase ihrer kollektiven Arbeit und ihrer gemeinsam erarbeiteten Ausstellungen erstreckte sich von 1960 bis 1963. Die Geschichte des Nouveau Réalisme setzte sich danach mindestens bis 1970 fort. Im Jahr des zehnjährigen Bestehens der Gruppe war durch die Organisation großer Veranstaltungen gekennzeichnet.

Der 1960 von dem Kritiker Pierre Restany begründete Nouveau Réalisme (franz. „Neuer Realismus“) setzten neben der Malerei vor allem die Collage und die Assemblage ein. Einige der Künstler:innen integrierten reale Gegenstände in ihre Werke, wobei sie sich zu den Readymades von Marcel Duchamp bekannten. Großen Einfluss übte auch die Entwicklung des Happenings in der US-Avantgarde und insbesondere die amerikanischen Pop Art aus. Restany ist es zu verdanken, dass der Nouveau Réalisme auf internationaler Ebene gegen das Aufkommen der amerikanischen Pop Art verteidigt wurde, die von einem Netzwerk von Galerist:innen und Sammler:innen wirtschaftlich unterstützt wurde.

Einer der bedeutendsten Künstler des Nouveau Réalisme war der früh verstorebene Yves Klein. In seiner kurzen Karriere war er enorm originell, inszenierte Happenings und wandte sich früh performativer Kunst zu. Klein nahm die Konzeptkunst vorweg und schuf eindrucksvolle, monochrome Gemälde. Die wichtigsten Vertreter:innen des Nouveau Réalisme waren zudem Arman, César (César Baldaccini), Christo (Christo Jaracheff, nie offizielles Mitglied), Mimmo Rotella, Jean Tinguely, Niki de Saint-Phalle und Daniel Spoerri.

Raymond Hains, Mimmo Rotella, Jacques Mahé de la Villeglé und Wolf Vostell entwickelten die Technik der Décollage, d.h. der abgerissenen Plakate, und schufen eindrucksvolle Werke aus den angehäuften Schichten von Plakaten, die sie von Werbetafeln entfernten. Zu den Malern gehörten Valerio Adami, Alain Jacquet, Martial Raysse und der Deutsche Gerhard Richter, der sein Werk Kapitalistischer Realismus nannte.

Begriff Nouveau Realisme

Pierre Restany prägte den Begriff Nouveau Réalisme im Jahr 1960. Indem er die Bezeichnung „Realismus“ übernahm, bezog er sich auf die im 19. Jahrhundert entstandene künstlerische und literarische Bewegung (→ Realismus). Die Künstler:innen des Realismus wollten in der Nachfolge von Gustave Courbet die banale und alltägliche Realität beschreiben, ohne sie zu verklären.

Der Nouveau Réalisme der 1960er Jahre ist „neu“, so wie es einen Nouveau Roman oder eine Nouvelle Vague in der Filmkunst gibt. In der bildenden Kunst befassten sich Künstler:innen mit einer neuen Realität, die aus einer urbanen Konsumgesellschaft hervorgegangen ist. Weiters ist auch seine Art der Beschreibung neu, da der Neue Realismus sich nicht mehr mit einer realistischen Wiedergabe des Gesehenen zufriedengibt, sondern in einer Präsentation des vom Künstler oder Künstlerin gewählten Objekts besteht.

Geschichte

Der Kunstkritiker Pierre Restany, der sich zunächst für abstrakte Kunst interessierte (→ Abstrakter Expressionismus | Informel), wandte sich nach seiner Begegnung mit Yves Klein 1958 der Entwicklung einer soziologischen Ästhetik zu und übernahm einen Großteil der theoretischen Theoriebildung der Gruppe. Im April 1960 organisierte Pierre Restany in der Mailänder Galerie Apollinaire die erste Gruppenausstellung, an der Arman, Hains, Dufrêne, Yves le Monochrome (Klein), Villeglé und Tinguely teilnahmen. Bei dieser Gelegenheit verfasste Restany einen Text, der dem Katalog mit dem Titel „Les Nouveaux Réalistes“ vorangestellt wurde – die erste Nennung dieses Begriffs. Dieser Text gilt als das erste Manifest der Gruppe. Es sollten noch drei weitere folgen.

Ein halbes Jahr später, am 27. Oktober 1960, unterzeichneten Yves Klein und Pierre Restany, Arman (Armand Fernandez), François Dufrêne, Raymond Hains, Martial Raysse, Daniel Spoerri, Jean Tinguely und Jacques de la Villeglé in Kleins Wohnung die Gründungserklärung der Gruppe: Sie unterschrieben neun Exemplare des Manifestes „La Déclaration constitutive du Nouveau Realisme“ – sieben auf blauem, je eins auf rosa und auf goldfarbenem Papier.

„Die ‚Nouveaux Réalistes‘ [neuen Realisten] sind sich ihrer kollektiven Einzigartigkeit bewusst geworden. Nouveau Réalisme = neue Annäherung der Wahrnehmungsfähigkeit an das Reale.“

César und Rotella, die zu dem Treffen eingeladen worden waren, konnten nicht teilnehmen.

Jeannine Restany eröffnet die Galerie J, die von nun an der bevorzugte Ausstellungsort der Gruppe sein sollte. „Au 40° (Quarante degrés) au dessus de Dada [Vierzig Grad über Dada]“ war zugleich der Titel für die erste Ausstellung der Gruppe in der Galerie J und für das zweite Manifest der Nouveau Réalistes im Mai 1961. Pierre Restanys Text leitet den Ausstellungskatalog ein; darin stellte er einen Zusammenhang zwischen den Nouveaux Réalistes und der Nicht-Kunst von Dada und Marcel Duchamp her (→ Dadaismus). César (César Baldaccini) und Mimmo Rotella waren in der Zwischenzeit zur Gruppe dazugestoßen, Gérard Deschamps und Niki de Saint Phalle kamen 1961 hinzu. Christo (Christo Jaracheff) beteiligte sich zwar an Ausstellungen, war jedoch nie offiziell Mitglied.

Im Juli 1961 fand in Nizza, wo Klein und Arman herkamen, das „1. Festival du Nouveau Réalisme“ statt, mit einer Gruppenausstellung, öffentlichen Aktions-Spektakeln und einem Vortrag von Rotellas phonetischen Gedichten.

Im Herbst 1961 nahmen Arman, Dufrêne, Hains, Rotella, Villeglé und Spoerri an der Ausstellung „The Art of Assemblage“ im Museum of Modern Art in New York teil. Dort wurde der Begriff der Assemblage in die kunstgeschichtliche Literatur eingeführt.

Ende 1962 fand eine große internationale Ausstellung der Nouveau Réalistes, die „International Exhibition of the New Realists“, in New York statt. 54 Künstler:innen stellten ihre Werke vor. Veranstalter war die Sidney Janis Gallery. Restanys Leute, zusammen mit Italienern und Engländern und einem Schweden maßen sich mit den jungen amerikanischen und mit einigen britischen Pop-Art-Künstlern. Pierre Restanys Katalogbeitrag wurde nur gekürzt abgedruckt, da Sidney Janis die Äußerungen des Franzosen angeblich für sinnlos hielt.

Der Text Restanys für das zweite Festival des Neuen Realismus in München, „Neuer Realismus. Was ist davon zu halten? [Le Nouveau Réalisme. Que faut-il en penser?]“, im Jahr 1963 gilt als drittes und letztes Manifest der Gruppe.

Im Jahr 1970 feierten die Mitglieder mit einer Ausstellung ihren zehnten und letzten Jahrestag in Mailand, der mit einem „Trauerbankett“ endete. Daniel Spoerri schuf zu diesem Anlass für jedes Mitglied eine Darstellung seiner Werke.

Werke

Die Mitglieder des Nouveau Réalisme hatten sich zum Ziel gesetzt, den erhabenen Status der bildenden Kunst zu sprengen. Die vorherrschende abstrakte, informelle Kunst erschien ihnen zu selbstbezogen. Stattdessen wandten sie sich dem „kleinbürgerlichen“ Realismus zu – mit neuen Techniken und gefundenen Materialien. Damit konnten sie die Realität des täglichen Lebens in die Kunst integrieren. Um mit Pierre Restany zu sprechen, kamen ihre Werke einem „poetischen Recycling der städtischen, industriellen und werbetechnischen Wirklichkeit“ gleich“1. Trotz der der Vielfalt ihrer bildnerischen Sprache sahen die Nouveau Réalistes in der direkten Aneignung der Wirklichkeit ein gemeinsames Ziel für ihre Arbeit.

In der Hässlichkeit des Abfalls sahen sie die Schönheit der Kunst. Anknüpfend an die im Umfeld des Dadaismus entstandenen frühen Objets trouvés und die Ready Mades von Marcel Duchamp, trugen sie maßgeblich zur Entwicklung der Objektkunst und der frühen Formen der Aktionskunst bei. Mit der Pop Art verband die Nouveau Réalistes die Kritik an der Massenkultur und den Werbemedien, deren Produkte sie zugleich nutzten.

  • Dufrêne, Hains, Rotella und Villeglé fungierten als „Plakatabreißer“, indem sie die Bildhaftigkeit zerrissener oder überklebter Plakatwände nutzten.
  • Arman verwendete den Inhalt von Papierkörben oder zerstörte Musikinstrumente.
  • Daniel Spoerri konservierte verlassene Kneipentische und kippte sie in die Vertikale.
  • Deschamps setzte Lumpen oder Korsetts zusammen und präsentierte Ausschnitte aus LKW-Planen wie Gemälde.
  • Jean Tinguely baute nutzlose Maschinen aus Schrott, die sich manchmal selbst zerstörten.
  • César presste Metallisches, u.a. Autokarosserien, zu Kuben.
  • Yves Klein schuf Bilder mit Flammenwerfern und blau gefärbten Frauenkörpern.
  • Niki de Saint-Phalle schoss auf mit Farbbeuteln besetzte Tableaus, sodass zufällige Farbverläufe entstanden.
  • Johannes Cladders stand der Bewegung mit seiner Poesie aus Buchstabennudeln nahe.

Künstler und Künstlerinnen des Nouveau Réalisme

Arman (Nizza 1928–2005 New York)

Unter den von Arman verwendeten Objekten waren es unbestreitbar die Musikinstrumente, die zu den meisten Manipulationen führten: Zorn, Schnitte, Ansammlungen, Verbrennungen, Bronzedrucke und Assemblagen. Arman erklärt seine Aggressivität gegenüber Musikinstrumenten mit einer negativen persönlichen Erfahrung in der Musikwelt. Im Jahr 1961 lebte der Künstler seinen Zorn gegen einen Kontrabass während der Dreharbeiten zu einem amerikanischen Fernsehfilm aus. Anlässlich des ersten Festivals des Nouveau Réalisme 1961 folgte die öffentliche Zerstörung von Henri-II-Möbeln. „Chopin's Waterloo“ entstand anlässlich einer Ausstellung mit dem Titel „Musical Rage“ in der Galerie Saqqarah in Gstaad im Jahr 1962. Bei der Eröffnung der Ausstellung zerstörte Arman vor den Augen des Publikums ein Klavier mit einem Vorschlaghammer und befestigte die Einzelteile auf einer vorbereiteten Tafel.

Diese Aktionen waren für Armand zweitrangig. Stattdessen interessierte sich der Künstler vor allem für das Ergebnis, das er als eingefrorenen Zustand und Werk aufbewahrte. Arman zufolge, bestimmt die formale Struktur der zerstörten Gegenstände die Ästhetik des Werks und verleiht ihm entweder einen barocken oder kubistischen Charakter, je nachdem, ob Kurven oder Geraden vorherrschen. „Chopin's Waterloo“ gehört somit zur Serie der „kubistischen“ Werke und erinnert, abgesehen von den verwendeten Materialien, an die von Arman stets gepflegte Verwandtschaft zwischen seinem Werk und dem Pablo Picassos.

 

César (Marseille 1921–1998 Paris)

Indem Pierre Restany die „Entdeckung der industriellen und städtischen Natur“ und die Zugehörigkeit dieser Werke zum technologischen Universum betonte, verdeckte er die formalistische Dimension dieser quaderförmigen Massen, die zwei Jahre zuvor die Forschungen der minimalistischen Bildhauer vorwegnahmen. Es ist die Form der Kompression, d. h. ihr Proportionsverhältnis und ihre „Haut“, mit der sich César beschäftigen wird, als er ab 1961 den Begriff der gelenkten Kompression entwickelt.

César entdeckte zufällig die Kompressionen einer amerikanischen Presse bei einem Schrotthändler in Gennevilliers, bei dem César die Abfälle für seine Skulpturen bezog. Ab 1958 arbeitete César zunächst mit undifferenzierten Metallplatten, später mit Autos, die er zu rechteckigen Blöcken zusammenpresste. Durch die Auswahl der Materialien, ihre Beschaffenheit, ihre Farbe und die Kenntnis des Kompressionsprozesses gelang es dem Künstler schnell, die von der Maschine erzielten Effekte vorherzusehen. Dieser Zufallsvorgang löscht die Subjektivität des Künstlers zugunsten der Anonymität der Maschine aus und bezieht sich auf Duchamps „Ready-mades“. Im Jahr 1975 entwarf César den nach ihm benannten Film-Preis.

Parallel zu den „Compressions“ kehrte César in den 1960er Jahren zur Bronzegusstechnik zurück, um menschliche Figuren oder auch Teile des menschlichen Körpers wie Daumen zu erschaffen. Als Gegensatz zu den „Compressions“ schuf er 1967 seine erste Expansion: Er ließ Polyurethanschaum, der sich schnell verfestigte, frei ausbreiten.

 

Raymond Hains (Saint-Brieuc 1926–2005 Paris)

Raymond Hains schuf Kunstwerke das aus Blech und Fetzen von zerschlissenen Plakaten, einstigen Bestandteilen von Plakatwänden. Indem er sie ritzte, Material abtrug, gleichzeitig aber Farbe und Form kombinierte, erinnern die Werke an die Papierschnitte von Henri Matisse:

„Meine Werke existierten vor mir, aber man sah sie nicht, weil sie die Augen ausstachen.“

Nach der Gründung der Gruppe der Nouveaux Réalistes im Jahr 1960 stellte Hains zusammen mit den Plakatkünstlern Villeglé, Dufrêne und Rotella weiterhin zerschlissene Plakate aus.

Auf die „Phase der Bleche“ folgt Hains' Entdeckung des Bompaire-Lagers im Jahr 1958, wo Bleche gelagert wurden. Ab dem folgenden Jahr sammelte er Plakate auf ihrem ursprünglichen Träger, Holz und Metall, die es ihm ermöglichten, einen Dialog zwischen dem Hintergrund und den Farben des Bildes herzustellen. Ob Blech oder Palisadenzaun, der Künstler war ästhetisch vom Trägermaterial begeistert, das die Wahrnehmung von Motiv und Hintergrund veränderte. Ihm gefiel das Grau des verzinkten Blechs, wodurch Hains‘ Kunst der informellen Malerei näher als beim Sammeln von Plakaten kam.

 

Yves Klein (Nizza 1928–1962 Paris)

Yves Klein | Yves Klein: Biografie

„Blau hat keine Dimension, es ist dimensionslos, während die anderen Farben Dimensionen haben. Sie sind vorpsychologische Räume [...] Alle Farben bringen konkrete Ideenassoziationen mit sich [...] während Blau höchstens an das Meer und den Himmel erinnert, das Abstrakteste, was es schließlich in der greifbaren und sichtbaren Natur gibt.“

Die chemische Entwicklung des vom Künstler unter dem Namen „International Klein Blue“ patentierten Blaus leitet seine „Epoca blu [blaue Phase]“ ein. Zwischen 1955 und 1962 schuf Klein 194 Monochrome mit einer Vielfalt an Medien, Formaten und Texturen. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Größe – „kaum höher als der durchschnittliche Betrachter und weniger breit als die Spannweite der Arme“ – „gehören diese Leinwände zu den flachsten Gemälden, die je gemalt wurden“. Klein griff auf ein Verfahren zurück, das durch Überflutung und taktile Erfassung des Blicks operiert. Das Blau von Yves Klein erreicht einen Grad der Pigmentpulverisierung, der gleichzeitig kompakt und empfindlich auf den leisesten Atemzug reagiert: Es wird zu violettem Phosphor und materialisiert die „Farbe des Raums selbst“, mit der nur „die Leere“ konkurrieren kann.

1955 stellte Yves Klein im „Club des solitaires“ in Paris unter dem Titel „Yves, peintures“ Monochrome in verschiedenen Farben aus. Er lernte den Kunstkritiker Pierre Restany kennen, der Kleins Karriere als Maler förderte. Im Jahr 1957 begann Klein seine „blaue Phase“; die Farbwahl wurde durch seine Entdeckung der Himmel von Giotto während einer Reise nach Assisi bestätigt. In Giottos Blau entdeckte Klein die Qualitäten „einheitlich“ und „spirituell“. Der von Klein gefundene Blauton wurde 1960 offiziell anerkannt, als er seine Formel unter dem Namen IKB zum Patent anmeldete. Von diesem Zeitpunkt an war Yves Klein ein weltberühmter Künstler, was ihm ermöglichte, den Nouveau Réalisme mitzubegründen.

 

Daniel Spoerri (*1930, Galati, Rumänien)

„Das Ungarische Essen“ – am 9. März 1963 vom Kunstkritiker Jean-Jacques Lévêque serviert – ist das Ergebnis einer einzigartigen Veranstaltung, der „Ausstellung“ von 723 Küchenutensilien, die Spoerri vom in der „Galerie J“ in Paris organisierte (2.–13.3.1963). In der zum Restaurant umfunktionierten Galerie wurden die von Spoerri, der auch ein Spitzenkoch ist, zubereiteten Gerichte von berühmten Kritikern serviert. Nachdem die Gäste satt waren, stellten sie ihre eigenen Fallenbilder her, indem sie die Reste ihres Essens aufklebten. Anschließend wurde der Tisch, der zu einem Fallenbild geworden war, an der Wand befestigt.

Die Idee dazu war Spoerri gekommen, als er 1960 für Tinguely Schrott sammelte. Die Gegenstände wollte er auf einen Träger kleben, den er senkrecht aufrichtete und so die Anordnung eines zufälligen Augenblicks für die Dauer festhielt.

„Das Ungarische Essen“ war zudem der erste Versuch, ein kollektives Kunstwerk mit metaphorischer und sakraler, humorvoller und morbider Dimension zu schaffen. Der Künstler steht am Herd, und der Kritiker serviert die Suppe. Die Genießenden treffen einander rund um ein Ostermahl. Das Happening brachte ein Werk hervor, an das mittels eines Kunstwerks erinnert wird. Damit begründete Daniel Spoerri die Eat Art. Dieses Unternehmen gipfelte darin, dass Spoerri 1968 in Düsseldorf ein Restaurant eröffnete.

 

Martial Raysse (*1936, Golf-Juan)

Von 1962 bis 1965 verwendete Martial Raysse „visuelle Klischees“, um zu zeigen, was der „schlechte Geschmack“, der „Traum von einer allzu gewollten Schönheit“, an ungeahnter Magie und Emotionen in sich bergen kann. Raysse entzieht dabei sein Motiv dem fotografischen Illusionismus, dem perspektivischen Raum und dem damit verbundenen repräsentativen Diskurs, indem er willkürlich abgegrenzte Bereiche durch versetzte Ebenen umstrukturiert, sie mit Spray und Pinsel in künstlichen Farben einfärbt und schließlich reale Objekte hinzufügt.

1960 brachten seine „Etalages-Hygiène de la vision“ von Haushaltsutensilien, die um einen Schrubber herum aufgehängt wurden, oder von Sonnenschutzmitteln und Strandspielzeug, die von einem Werbebildnis gekrönt wurden, „eine neue, keimfreie und reine Welt“ in die Welt der Kunst, die Welt der Supermärkte und der Werbung der Konsumgesellschaft.

Diese Wiederaneignung von banalen Gegenständen brachte ihn in die Nähe von Arman, Spoerri und Tinguely, mit denen er 1960 die Gruppe der Nouveaux Réalistes gründete. Raysse galt bald als der junge französische Künstler, der der amerikanischen Pop Art am nächsten stand. Er nahm von 1961 bis 1966 an zahlreichen Ausstellung in ganz Europa und Amerika teil.

 

Niki de Saint Phalle (Neuilly-sur-Seine 1930–2002 San Diego, Kalifornien)

Niki de Saint Phalle | Niki de Saint Phalle: Biografie

Niki de Saint Phalle gehört zu den interessantesten Künstlerinnen der 1960er Jahre. In ihrem Werk reflektierte sie die Stellung der Frau, in der sie gleichzeitig eine Mutter, eine Hure, unbekannte Märtyrerin und eine „Oma“ erkennt. Zuerst forderte sie Zuschauer:innen auf, auf ihre Werke zu schießen bis dieses Farben bluteten. Danach entwickelte die Künstlerin ihre berühmten Nanas (1964), weibliche Urmütter aus Pappmaché oder Kunststoff, die mit extrem kräftigen Farben bemalt und manchmal monumental waren. Als Lebensgefährtin von Jean Tinguely wandte sie sich der Installation zu. Sie baute sie beispielsweise 1966 für das Moderna Museet in Stockholm eine über 25 Meter lange liegende Nana, in die die Besucher hineingehen können, um Installationen oder Filme zu sehen. In ihrem späten Werk entwickelte Niki de Saint Phalle mit dem Tarotgarten in Italien eine lustvolle, unterhaltsame Kunst (→ Niki de Saint Phalle: Tarot-Garten).

 

Jean Tinguely (Freiburg 1925–1991 Bern)

Kurz nach der Gründung der Gruppe der Nouveaux Réalistes schuf der Schweizer Künstler Jean Tinguely die „Baluba“-Serie, in der er alle möglichen Alltagsgegenstände wie Plastikspielzeug, Tierfelle oder Schrott verwendete. Diese Werke sind mit Spoerris „Tableaux-pièges“ oder Armans „Poubelles“ vergleichbar. Tinguely parodierte in seinen Werken die klassische Skulptur, indem er Industriekanister als Sockel verwendete und die Elemente sorgfältig anordnete. Wenn das Publikum jedoch das Fußpedal betätigte, und die Skulptur sich daraufhin in Bewegung setzte, wurde es Zeuge eines fröhlichen Festes, bei dem all diese hängenden Elemente in alle Richtungen geschüttelt werden. Was unbeweglich als unvollendet und unbefriedigend erschien, entwickelt, sobald es zum Leben erweckt wird, eine Art absurden Zauber.

Während Jean Tinguely an den kollektiven Aktivitäten der Nouveaux Réalistes teilnahm, erhielt er zunehmend monumentale öffentliche Aufträge, wie beispielsweise im Wald von Fontainebleau („Le Cyclop“), in Genf, in Basel oder auch in Paris mit dem Stravinski-Brunnen (in Zusammenarbeit mit seiner Lebensgefährtin Niki de Saint Phalle).

  1. 60/90. Trente ans de Nouveau Réalisme, Edition La Différence, 1990, S. 76.