Abstrakter Expressionismus | Informel
Was sind Abstrakter Expressionismus und Informel?
Abstrakter Expressionismus und Informel sind Stilbegriffe der Abstrakten Kunst und beschreiben eine dynamische, aktionsgeladene Malerei und Bildhauerei, die seit Ende der 1930er Jahre in den USA, seit der Befreiung von Paris 1944 ebendort und nicht vor 1947 in Deutschland, in den 1950ern auch in Japan auftrat. Die zumeist großen Formate zeigen ungegenständliche Kompositionen, die mit einem hohen Anspruch auf Wahrhaftigkeit und Subjektivität, und daraus geschlossen Authentizität, formuliert wurden. Dafür arbeiteten die Maler:innen direkt und zumeist sehr körperlich. Die Materialität von Farbe und Bildträger sprechen genauso für sich selbst wie die gestischen Pinselspuren, die Rinnspuren der Farben. In den frühen 1950er Jahren hatte sich diese Form der Abstraktion durchgesetzt und wurde als „abstrakt expressionistische“, „informelle“, „lyrisch abstrakte“ oder „tachistische“ Malerei bezeichnet.
Vorläufer für die gestische Malerei finden sich in Werken aus dem Umfeld des Surrealismus, von Max Ernst, Joan Miró, Wolfgang Paalen und Raoul Ubac. In einer Rezension von Hans Hofmanns Einzelausstellung in der Mortimer Brandt Gallery verwendete der Kunstkritiker Robert Coates 1946 erstmals den Ausdruck „Abstrakter Expressionismus“ in Bezug auf die zeitgenössische amerikanische Abstraktion. Hofmann vermittelte seinen Schüler:innen auch die Idee, dass die eigene Handschrift wichtiger wäre als jeder Stil. Nachdem sich in den Jahren 1949 bis 1951 in den Werken der wichtigsten Künstler:innen des Abstrakten Expressionismus die gestische, von der körperlichen Bewegung der Maler:innen getragene, handschriftliche Malerei entwickelt hatte, prägte Harold Rosenberg 1952 den Begriff „action painting“. Dieser stand die Farbfeldmalerei („Color-Fied Painting“), in der die persönliche Handschrift der Maler:innen stark zurückgedrängt wurde, gleichsam diametral gegenüber.
Willem de Koonings Werk bildet neben dem von Jackson Pollock und Robert Motherwell eines der Zentren des Amerikanischen Abstrakten Expressionismus während der 1950er Jahre. Aufgrund massiver Benachteiligung weiblicher Kunstschaffender nahmen einige von ihnen männliche Vornamen an, darunter Lee Krasner, "George" Grace Hartigan, Michael West; ihre Kolleginnen Helen Frankenthaler und Joan Mitchell gehörten ebenfalls zu den wichtigen Malerinnen der New York School. Anfang der 1960er Jahre lösten Künstler rund um Roy Lichtenstein und Andy Warhol den Amerikanischen Abstrakten Expressionismus durch die Pop Art ab.
Wer waren die „The Irascibles [die gereizten 18]“?
Zu dieser Bewegung werden etwa 18 Künstlerinnen und Künstler gezählt, die 1950 auf Anregung durch Adolph Gottlieb (1903–1974) gegen die Ausstellung zeitgenössischer amerikanischer Malerei im Metropolitan Museum of Art protestierten. Die Gruppe nannte sich „The Irascibles [die gereizten 18]“. Da Lee Krasner nicht eingeladen wurde, an diesem Protest teilzunehmen, wurde sie erst später als Pionierin der Bewegung erkannt.
- Jimmy Ernst
- Adolph Gottlieb
- Robert Motherwell
- William Baziotes
- Hans Hofmann
- Barnett Newman
- Clyfford Still
- Richard Pousette-Dart
- Theodoros Stamos
- Ad Reinhardt
- Jackson Pollock
- Mark Rothko
- Bradley Walker Tomlin
- Willem de Kooning
- Hedda Sterne
- James Brooks
- Weldon Kees
- Fritz Bultman (Maler)
- Herbert Ferber
- David Smith
- Ibram Lassaw
- Mary Callery
- Day Schnabel
- Seymour Lipton
- Peter Grippe
- Theodore Roszak
- David Hare
- Louise Bourgeois (Bildhauerin)
Erst Ende der 1940er Jahre lernte Sam Francis die Werke von Still, Gorky und Rothko kennen. Er entwickelte, auch in Auseinandersetzung mit den Naturdarstellungen Claude Monets, eine Technik, Farben in unterschiedlich starken Rinnsalen auf dem Malgrund ineinander fließen zu lassen, die sich dann zu teilweise großen Farbkleksen mischten.
In den 1960er und Anfang der 1970er Jahren erweiterte sich die erste Generation von Abstrakten Maler:innen u.a. um Frank Bowling aus London.
Informel - Tachismus
Art informel (Informel), Art brut oder Art autre sind die Bezeichnungen für die europäische Abstraktion der unmittelbaren Nachkriegszeit. Wichtig für diese Ära war, dass Farbe nicht mehr nur als Farbton, sondern auch mittels seines „Körpers“, seiner Pastosität wahrgeommen wurde. Diese Form der Abstraktion wurde als warme und auch lyrische Abstraktion bezeichnet, im Gegensatz dazu ist die kalte Abstraktion die geometrische, ungegenständliche wie auch die kinetische Kunst.1
Die lyrische Tendenz der Albstraktion in Europa - allen voran in Paris - wurde mit verschiedenen Namen versehen: Informel, Tachismus oder Lyrische Abstraktion. Der Kritiker Michel Tapié nannte die Strömung Art autre. Die von ihm kuratierte Ausstellung „Signifiants de l'informel“ zählt zum Gründungsakt des Informel in Paris. Der deutsche Hauptvertretes des Informel, Karl Otto Götz, beschrieb die Radikalität der Formauflösung als das Neue dieser Kunst:
„Auflösung des klassischen Formbegriffs mit malerischen und skulpturalen Mitteln – im Gegensatz zur vorausgegangenen ‚geometrischen Abstraktion‘, die immer noch mit klassischen Formelementen operierte.“2
Das Informel bildet keinen einheitlichen Stil, sondern wurde in vielen Varianten ausgeprägt. Leitprinzipien waren das Irrationale und Zufällige, das jedoch bewusst kontrolliert wurde durch die Hand der Kunstschaffenden. Die Wirkung der Materie, Farben und Formen sollte sich auf Kosten des Kompositorischen entfalten. Alle Bildelemente waren prinzipiell gleichwertig. Intensität, Dynamik, Vehemenz und Schnelligkeit des Arbeitens wurden in den Bildern deutlich gezeigt.
„Wir haben uns mit der 'Nicht-Form' und dem, was ich 'Noch-nicht-Form' genannt habe, beschäftigt, nicht nur aus der bloßen Freude am Widerspruch gegen traditionellen und gegenwärtigen Formalismus, sondern auch aus der Absicht, die Tür für alle möglichen Entwicklungen neuer noch unbekannter Strukturen offen zu halten.“3 (Georges Mathieu)
In Frankreich begann die Entwicklung des Informel mit der Befreiung von Paris. Zwischen 1944 und 1945 organisierte die Galerie René Drouin drei Ausstellungen mit Werken von Jean Dubuffet, Jean Fautrier und Wols. Jean Dubuffet wandte sich der Kunst von Kindern und Outsidern zu, wobei er eine „rohe Kunst“ bediente und das Material betonte. Maler wie Antoni Tàpies, Emil Schumacher und Karl Fred Dahmen wurden durch diese Texturen deutlich beeinflusst. Jean Fautrier präsentierte „Otages“, für die er den Bildträger Papier auf den Tisch legte und in Schichten Ölfarbe und Pigmente aufbrachte. Der langwierige Prozess resultierte in figürlichen Kompositionen, die er in einer freien Formensprache entwickelte. Wols repräsentierte in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre den existentialistischen Künstler. Seine kleinformatigen Zeichnungen, Aquarelle und Radierungen leben von der Geste.
Ausgangspunkt für die europäische, lyrische Richtung war das Werk des deutschen Emigranten Wolfgang Schulze, alias Wols, das er 1945 und 1947 in der Pariser Galerie René Drouin präsentierte. Wols war bereits vor 1933 nach Frankreich ausgewandert und lebte dort unter ärmlichsten Verhältnissen. Die erste Begegnung mit seinen Arbeiten hinterließ bei vielen Künstlern und Künstlerinnen bleibende Eindrücke. Weitere Vorbilder waren Jean Fautrier, Jean Dubuffet, Georges Mathieu, Jean-Paul Riopelle und der ebenfalls emigrierte Hans Hartung. Weiterere wichtige Künstler der ungegenständlichen Abstraktion in Frankreich waren Pierre Soulages, Henri Michaux, Nicolas de Staël, Serge Poliakoff, Manessier, Bazaine. Zu den Bildhauer:innen des Informel gehörten der Deutsche Norbert Kricke und der Däne Robert Jacobsen.
Endpunkt des Informel bildete die Unterzeichnung des Manifests des Nouveau Réalisme am 27. Oktober 1960 in Yves Kleins Wohnung. Die Unterzeichnenden waren neben Klein der Kunstkritiker Pierre Réstany, Arman, Francois Dufrêne, Raymond Hains, Martial Raysse, Daniel Spoerri, Jean Tinguely und Jacques de la Villeglé.
Beiträge zum Abstrakten Expresionismus und Informel
- Darunter zählte auch die Westküsten-Abstraktion von Clyfford Still, Mark Tobey, Sam Francis und Mark Rothko.
- Karl Otto Götz zur Fraktur seiner Bilder nach 1953, in: Manfred de la Motte (Hg.), Dokumente zum deutschen Informel, Bonn 1976, S. 147.
- Zit. n. Eduard Trier, Zur Plastik des Informel, in: Ulrich Schneider (Hg.), Festschrift für Gerhard Bott zum 60. Geburtstag, Darmstadt 1987, S. 283-294, hier S. 284.
- Darunter zählte auch die Westküsten-Abstraktion von Clyfford Still, Mark Tobey, Sam Francis und Mark Rothko.
- Karl Otto Götz zur Fraktur seiner Bilder nach 1953, in: Manfred de la Motte (Hg.), Dokumente zum deutschen Informel, Bonn 1976, S. 147.
- Zit. n. Eduard Trier, Zur Plastik des Informel, in: Ulrich Schneider (Hg.), Festschrift für Gerhard Bott zum 60. Geburtstag, Darmstadt 1987, S. 283-294, hier S. 284.
- Darunter zählte auch die Westküsten-Abstraktion von Clyfford Still, Mark Tobey, Sam Francis und Mark Rothko.
- Karl Otto Götz zur Fraktur seiner Bilder nach 1953, in: Manfred de la Motte (Hg.), Dokumente zum deutschen Informel, Bonn 1976, S. 147.
- Zit. n. Eduard Trier, Zur Plastik des Informel, in: Ulrich Schneider (Hg.), Festschrift für Gerhard Bott zum 60. Geburtstag, Darmstadt 1987, S. 283-294, hier S. 284.