Anton Prinner
Wer war Anton Prinner?
Anton Prinner (Budapest 31.12.1902–6.4.1983 Paris) war ein ungarisch-französischer Künstler des Konstruktivismus. Als Anna Prinner geboren, übersiedelte er 1928 nach Frankreich, änderte sein Aussehen und benutzte das Pronomen „er“.
„Es wird gesagt, dass der Künstler versuchen muss, sich selbst zu kennen. Ich tue alles, um versuchen zu können, mich selbst nicht zu kennen. Es ist viel reicher und viel schwieriger. Ich bin nicht existent [sic!]. Ich bin nicht ich selbst: Ich bin jeder.“1 (Anton Prinner, Notizbuch 1948–1959)
Kindheit & Ausbildung
Anton Prinner, Pseudonym von Anna Prinner, wurde am 31. Dezember 1902 in Budapest geboren. Sein Vater war Buchliebhaber und seine Mutter Pianistin. Anton Prinner wuchs zusammen mit drei älteren Brüdern – István (Komponist), Vilmos (Maler, Mönch) und Zoltán (Philosoph) – in absoluter Freiheit, wie der Künstler später in seiner Autobiografie betonte, auf.
1920 schrieb sich Anna Prinner an der Budapester Schule der Schönen Künste ein und wurde von Gyula Rudnay und János Vaszary (1867–1939) unterrichtet. Vor allem Vaszary vermittelte ihr die Kenntnis der französischen Avantgarde, während Rudnay ihr Humanismus und hohe Standards beibrachte. Ihr damaliger Spitzname war „The Strange“. 1926 wurden zwei ihrer Gemälde versehentlich in der Ausstellung „Die großen zeitgenössischen Meister“ im Museum der Schönen Künste in Budapest aufgenommen und erzielten einen großen Erfolg.
Paris: Anton Prinner
Die 25-jährige Anna Prinner zog Ende 1927 nach Frankreich, um dort befreit arbeiten zu können. Ihr bester Freund, Árpád Szenes lebte bereits seit 1925 dort. Bei ihrer Ankunft nahm sie ein männliches Pseudonym an und benutzte das Pronomen „er“. Prinner änderte nicht nur seinen Namen, sondern tauschte auch seine langen Zöpfe gegen eine Baskenmütze und eine Pfeife. Laut Benoit Decron war „sich als Mann zu kleiden eine persönliche, soziale und künstlerische Entscheidung. Wer auch immer ihn zu diesem Punkt fragte, Prinner behauptete, dass „Bildhauer nichts Weibliches habe“.
Ab 1928 beschrieb sich Anton Prinner selbst als homosexueller Mann. Seine geschlechtsspezifische Mehrdeutigkeit dürfte in den Pariser Künstlerkreisen bekannt gewesen sein. Zum Beispiel nannte ihn Pablo Picasso oft „Monsieur Madame“. Ob Prinner den Schriftsteller und Fotografen Claude Cahun (1894–1954), ein hochgeschätztes Mitglied von André Bretons Surrealismus-Gruppe und ebenfalls Cross-dresser, kannte.
Anton Prinner gehörte zur Boheme am Montmartre, der in den ersten Jahren trotz Geldsorgen weiterarbeitete. Tagsüber malte er, studierte an der Académie de la Grande-Chaurière und debattierte mit Freunden über Kunst, während er in der Nacht für Geld Karikaturen zeichnete, sich mit Boxchampions anfreundete und mit chinesischen Köchen Schach spielte.
Konstruktivistische Periode (1932–1937)
Anton Prinner begann seine sogenannte „konstruktivistische“ Periode im Jahr 1932. Über den befreundeten Künstler Gábor Peterdi will er daraufhin vom Konzept des Konstruktivismus erfahren haben. Ob diese Aussage korrekt ist, darf hinterfragt werden, da der bedeutende Pionier des Konstruktivismus, Lájos Kassák, in den 1920ern in Budapest lebte. Nachweisbar ist jedenfalls, dass er sich mit ägyptischer Kunst und Kultur zu beschäftigen begonnen hatte.
Zudem besuchte er gemeinsam mit Gábor Peterdi das „Atelier 17“ von Stanley William Hayter, um Kupferstich und Radierung in all ihren Varianten zu erlernen. Er hatte zuerst ein Atelier in der Rue Belloni 4, dann in der Rue Campagne-Première 9 und ab 1942 in der Rue Pernety 10. Er stand Künstler:innen aus Osteuropa (die Geschwister Mária und Gábor Peterdi, Zsigmond Kolozsvári und seine Ehefrau Aurélia Val, dann Étienne Béothy), südamerikanischen Künstlern (Gonzalo Moré, Helba Huara) sowie Robert Capa, Camille Bryen, Raoul Ubac und Maria Helena Vieira da Silva nahe. Capa nutzte das Badezimmer von Prinner, um seine Fotos aus dem Spanischen Bürgerkrieg zu entwickeln.
Mit seinen konstruktivistischen Holzreliefs, „Statuen-Bildern“ und Kupferkompositionen erzielte Anton Prinner beachtlichen Erfolg. Dieser zeigt sich in zunehmenden Ausstellungsbeteiligungen und Kritiken. So wurde Prinner 1936 eingeladen, neben Pablo Picasso, László Moholy-Nagy, Joan Miró, Alexander Calder, Marcel Duchamp und Max Ernst auf der ersten internationalen Dimensionsten Ausstellung, organisiert von Károly Sirató Tamkó, auszustellen (leider kam die Schau nicht zustande).
Figurative Kunst
Kurz nach der Ankunft von Maria Peterdi, die in Paris Ägyptologie an der Sorbonne studierte, änderte Anton Prinner seinen Stil. Die figurative Periode begann 1937 mit „La Femme taureau en granite“ und „Doppelte Person“. Grund dafür dürfte der Einfluss der ägyptischen Kunst auf Prinner gewesen sein. 1940 schuf er mit „La Femme à la matte“ seine erste Holzskulptur.
Der Maler und Fotograf Émile Savitry berichtete 1946 in seinem Atelier in der Rue Pernety 10 über ihn. 1947 produzierte er für den Verlag Robert J. Godet die Illustration des Totenbuches der alten Ägypter. Sein Interesse an Ägypten veranlasste ihn 1934-35, die „Papyrographie“ zu erfinden, ein Verfahren, mit dem er selbst seine Stiche aus der Apokalypse übernahm. Es war zunächst ein wirtschaftlicher Prozess mit Kartonstempeln.
1949 veröffentlichte Robert J. Godet sein Buch Signes Pour Madame et Monsieur Batigne.
1950 zog er in die von René Batigne und seiner Frau Claire Voight geschaffenen Werkstätten für grünen Teppich nach Vallauris, wo er Pablo Picasso kennenlernte. Dort machte er Keramik, Teller und eine Partie Schach. Aus dieser Zeit stammen auch „L’Homme“, eine monumentale Holzstatue von 4,4 Metern und die Gips Le Mendiant et Vieillesse. 1964 kehrte er nach Paris zurück.
Tod
Anton Prinner starb am 6. April 1983 in Paris.