Clémentine-Hélène Dufau
Wer war Clémentine-Hélène Dufau?
Clémentine-Hélène Dufau (Quinsac 18.8.1869–18.3.1937 Paris) war eine französische Malerin der Klassischen Moderne. Gemeinsam mit Marie-Anne Camax-Zoegger gründete Dufrau 1929/30 die Société des Femmes Artistes Modernes (FAM), in der Malerinnen, Bildhauerinnen, Druckgrafikerinnen und Illustratorinnen aus vielen Nationen und Generationen in Ausstellungen vereint waren.
Kindheit und Ausbildung
Clémentine-Hélène Dufau wurde am 18. August 1869 in Quinsac, Département Gironde (Frankreich), geboren. Ihr Vater war ein Unternehmer baskischer Abstammung, der während einer Reise nach Kuba ein Vermögen machte und nach seiner Rückkehr die Tochter des wohlhabenden Weinbergbesitzers Guillaume Dumézil geheiratet hatte. Der Weinberg, Le Château de Clauzel, war die Grundlage für das Vermögen der Familie. Clémentine-Hélène war das vierte lebende Kind des Paares – eine jüngere Schwester war bereits im Säuglingsalter verstorben.
In jungen Jahren war Hélène Dufau gesundheitlich angeschlagen und musste viele Stunden im Bett verbringen, währenddessen sie zu zeichnen begann. Hélène Dufau zeigte früh eine Begabung zum Zeichnen. Nachdem ihre Schwestern alle verheiratet waren, entschied sie, Kunst zu studieren. Dufaus Eltern beschlossen, ihre Beteiligung am Weingut zu verkaufen und zogen 1888 mit ihrer Tochter in die Rue Pergolèse 12 im 16. Arrondissement von Paris.
Hélène Dufau erhielt um 1890 eine Ausbildung an der Académie Julian bei Adolphe-William Bouguereau (1825–1905), Tony Robert-Fleury und Gabriel Ferrier. Bereits im Jahr 1889 stellte Dufrau am Pariser Salon ein Pastellporträt ihres Vaters aus. Im Jahr 1893 debütierte die Malerin mit „Ricochets“ am Pariser Salon, in dem sie seither regelmäßig ausstellte. Zwei Jahre später, 1895, stellte sie im Salon des Artistes Français aus und erhielt den Marie-Bashkirtseff-Preis für ihr Gemälde „L'Amour de l'Art“ (→ Marie Bashkirtseff). Infolgedessen erhielt sie ihren ersten Auftrag für ein Werbeplakat, beginnend mit jenem für den „Bal des Increvables“ im Casino de Paris (1896), gefolgt von einem Plakat für die Einführung von „La Fronde“ (Musée Carnavalet, Paris), einer 1898 von Marguerite Durand (1864–1934) gegründeten feministischen Zeitschrift. Für „La Fronde“ entwickelte Dufau die Vision einer Gruppe von Frauen unterschiedlicher Generationen, die gemeinsam von einem Aussichtspunkt auf die Stadt Paris hinunterblicken. Beide Plakate wurden von der Kritik wohlwollend beachtet, zum Beispiel von E. de Crauzat in „Prints and Posters“. Auch als Malerin konnte sich Hélène Dufau Ende der 1890er Jahre durchsetzen: Die Jury des „Salon des artistes français“ verlieht ihr eine Medaille dritter Klasse für das Gemälde „Söhne des Sons of Seefahrers“ (Cognac, Musée d‘art et histoire), und der französische Staat erwarb das Gemälde.
Frühe Werke
1898 wurde Hélène Dufau Mitglied der Société des Artistes Français (Berufsverband) und gewann ein mit 4.000 Francs ausgestattetes Stipendium, das ihr eine einjährige Reise nach Spanien, Belgien und in die Niederlande erlaubte. In dieser Zeit erhielt ihre Kunst eine neue Richtung, die sich vom Realismus und Impressionismus abkehrte und dekorativen Wirkungen zuwandte. Zurück in Paris stellte Hélène Dufau vermutlich die in Spanien geschaffenen Gemälde aus und erhielt sehr gute Kritiken. Die Künstlerin signierte ihre Werke mit „C.H. Dufau“, darunter weisen einige eine mystische Stimmung auf.
Für die Weltausstellung Paris 1900 entwarf Hélène Dufau eine Postkartenserie. Zwei Jahre später wurde ihr für „Herbst“ (Musée d’Orsay) eine Medaille zweiter Klasse verliehen, und das Gemälde für die Summe von 2.500 Francs vom Staat für das Musée du Luxembourg angekauft.
1903 gehörte sie zu den Gründern der „Société du Salon d’Automne“. Bei ihren Teilnahmen am Pariser Salon erhielt sie wiederholt Preise und Medaillen. Bis 1905 war sie eine etablierte Künstlerin und 1909 wurde sie zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Die Malerin wurde auch international wahrgenommen wie ihre Ausstellungsbeteiligungen an der „X. Internationalen Kunstausstellung im königlichen Glaspalast zu München“ (1. Juni –Ende Oktober 1909) und „Kunst der Frau“ in der Wiener Secession belegt.
In den Jahren 1905/06 gehörte Hélène Dufau zu den führenden und anerkannten Malerinnen in Paris. Sie erhielt Aufträge für großformatige Dekorationsmalerei 1905 für die Ausstattung der Sorbonne und 1906 für die „Villa Arnaga“ des Dichters Edmond Rostand in Cambo-les-Bains. Die wandfesten Gemälde an der Sorbonne zeigen in der Salle des Autorités de La Sorbonne Allegorien für Astronomie und Mathematik, Radioaktivität und Magnetismus, Zoologie und Geologie – weiters schuf sie Porträts zahlreicher Persönlichkeiten.
Der zwischen 1906 und 1912 sich erstreckende Auftrag für die „Villa Arnaga“ von Rostand in Cambo-les-Bains, Bayonne (zehn Kilometer von der spanischen Grenze entfernt), Südfrankreich. Der Autor war 1897 mit dem Versdrama „Cyrano de Bergerac“ über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt geworden. Hélène Dufau schuf:
- Zwei große Panneaux für die Bibliothek „Der Frühling“ und „Schwarze Schwäne“
- Drei Medaillons mit weiblichen Akten für das Treppenhaus
- Fünf Porträts von Maurice Rostand im Garten, Rosemond im Boudoir und der Bibliothek (Gattin und ebenfalls Autorin) sowie die Zeichnunge Edmond Rostand mit Dalamatiner und Maurice als Dandy
Der plötzliche Tod ihrer Mutter stürzte Dufau in eine depressive Stimmung und in Einsamkeit. Die Künstlerin entwickelte eine, wie sie es selbst beschrieb, verrückte Leidenschaft für Edmonds jüngsten Sohn Maurice, der noch ein Teenager und offen homosexuell war. Diese einseitige und quälende Beziehung zog sich über mehrere Jahre.
Im Jahr 1911 baute Hélène Dufau eine Villa im Baskenland, musste sie jedoch 1926 verkaufen, als sich ihre finanzielle Situation zu verschlechtern begann. Während des Ersten Weltkriegs schuf Dufau Propagandaplakate im staatlichen Auftrag. Sie illustrierte Bücher u. a. von J.-H. Rosnyaîné, Charles Derennes und Pierre Valdagne.
Antibes
1920 oder 1926 übersiedelte Hélène Dufau nach Antibes. Sie richtete ein Atelier mit Blick auf das Meer ein, wo Dufau zu einem gemäßigten Modernismus fand. Sie war schließlich gezwungen, Antibes zu verlassen und ihr Atelier zu vermieten. Zu den eingemieteten Künstlern gehörten u.a. Nicolas de Staël (sieben Monate, bevor er sich 1955 das Leben nahm) und der Bildhauer Abel Chrétien (bis 1972).
Hélène Dufau wurde Anhängerin von René Guénon (1886–1955) und bewunderte den jungen Krishnamurti leidenschaftlich. 1932 schrieb sie „Les Trois Couleurs de la Lumière“, in der sie ihre esoterische Vision von Kunst darlegte. Neben Guénon beeinflussten sie die Theorien des Ästhetikers Charles Henry und des Gnostikers Paul-François-Gaspard Lacuria (1806–1890), dem Autor von „The Harmonies of Being“, wie auch Sâr Péladan (1858–1918) und Louis de Broglie (1892–1987).
1932 schickte sie einen Beitrag für die Kunstwettbewerbe der Olympischen Sommerspiele nach Los Angeles.
Sie kehrte nach Paris zurück und stellte ab 1930 im Salon der „Société des Femmes Artistes Modernes [Vereinigung moderner Künstlerinnen]“ aus. Gemeinsam mit Camax-Zoegger rekrutierte Dufau eine Reihe von internationalen Künstlerinnen der Schule von Paris, die der Vereinigung beitraten: Maria Blanchard (1881–1932), Olga Boznanska (1865–1945), Emilie Charmy (1878–1974), Hermine David, Bessie Davidson (1879–1965), Alice Halicka, Louise Herviei (1878–1954), Béatrice How (1867–1932) und Chana Orloff (1888–1968). Zu den bekannteren Teilnehmerinnen gehörten Marie Laurencin, Tamara de Lempicka und Suzanne Valadon. Camax-Zoegger besuchte persönlich jedes Atelier, das ihr Dufau empfohlen hatte. Im Frühjahr 1930 wurde die FAM offiziell gegründet. Als Zeichen von Modernität im Stil definierten die Künstlerinnen: gewagt in Farbigkeit, Ausführung und Komposition.
Tod
Am 18. März 1937 starb Hélène Dufau an Magenkrebs und wurde auf dem Cimetière parisien de Thiais in der Abteilung für Bedürftige beigesetzt.
Erst seit den 1990er Jahren wird ihr Werk wiederentdeckt.