Pieter Bruegel der Ältere (um 1525/30–1569) gilt heute als der bedeutendste niederländisch-flämische Maler und Zeichner des 16. Jahrhunderts. Bruegel war bereits zu Lebzeiten hochberühmt und seine Bilder von seinem ältesten Sohn, Pieter Brueghel dem Jüngeren kopiert. Der im 18. und 19. Jahrhundert weitgehend vergessene Maler der Renaissance wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt. In den letzten mehr als 100 Jahren hat Pieter Bruegel der Ältere verschiedene Interpretationen erfahren, die sich in Titeln wie „Bosch-Bruegel“ oder „Bauern-Bruegel“ wiederspiegeln. Sein Leben in Antwerpen und Brüssel machen ihn zum flämisch-belgischen Künstler, seine Reise nach Italien und die hohe Qualität seiner Bilder zu einem Maler europäischer Dimension. Deutungen seiner Werke lassen Pieter Bruegel den Älteren aber auch als Moralisten, Humanisten und Gesellschaftskritiker erscheinen.
Pieter Bruegel der Ältere wurde zwischen 1525 und 1530 vermutlich in Breugel oder Antwerpen geboren. Er erhielt wohl eine künstlerische Ausbildung im Antwerpener Atelier des Pieter Coecke van Aelst (Antwerpen und später Brüssel). Dessen Frau Mayken Verhulst bildete ihn auch zum Miniaturmaler aus (um 1545–1550). Ein erstes, nicht erhaltenes Werk, das unter der Mitarbeit von Pieter Bruegel dem Älteren entstand, war das Altargemälde der Handschuhmacher in Mecheln (1550). Seine Anfänge verbrachte Pieter Bruegel d. Ä, in der Werkstatt des Claude Dorizi in Mechelen. 1551 wurde er Freimeister in Antwerpen und in das Zunftregister eingeschrieben. Aus dieser Zeit (1552) datieren auch die frühesten erhaltenen und datierten Zeichnungen der niederländischen Renaissance-Malers.
Zur weiteren Ausbildung reiste Pieter Bruegel der Ältere zwischen 1552 und 1554 nach Italien, was für Künstler seiner Zeit üblich war. Er fuhr wahrscheinlich über Lyon auf die Apenninen-Halbinsel und weiter bis in die Straße von Messina. Seine Reisebegleiter waren vermutlich der Maler Maerten de Vos (1532–1603) und der Bildhauer Jacob Jonghelinck (1530–1567). Für die Jahre 1553/54 ist Bruegels Aufenthalt in Rom dokumentiert, wo er mit Giulio Clovio zusammenarbeitete. Die Reise führte den Niederländer bis in den Süden Italiens, nach Reggio Calabria. Von seiner Überquerung der Alpen zeugen zahlreiche gezeichnete Gebirgsdarstellungen in seinem späteren zeichnerischen, druckgrafischen und malerischen Werk.
Nach seiner Rückkehr nach Antwerpen begann Pieter Bruegel der Ältere 1554 eine intensive Zusammenarbeit mit dem Verleger Hieronymus Cock. Für dessen Verlag „Aux Quatre Vents“ zeichnete er erste Landschaften (sic!), moralisierende Bilder in der Tradition von Hieronymus Bosch und Genrebilder. Zunehmend treten der Mensch und sein Verhältnis zur Gesellschaft ins Zentrum seines Schaffens. In den ersten drei Jahren nach seiner Rückkehr aus Italien war Pieter Bruegel nur als Entwurfszeichner tätig.
In den folgenden Jahren entstanden berühmte druckgrafische Serien und Einzelblätter wie „Die große Fische fressen die kleinen“ (Stecher: Pieter van der Heyden), „Die sieben Todsünden“ (Stecher: Pieter van der Heyden), die Serie von „Zwölf großen Landschaften“ (1555–1558), „Eislauf vor dem Antwerpener St. Georgstor“ (um 1558, Stecher: Frans Huys), 10-teilige Serie „Seeschiffe“ (1561/62, Stecher: Frans Huys).
Die Tüchleinmalerei „Die Anbetung der Könige“ (um 1556, Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique) könnte das erste bekannte Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren sein – die Zuschreibung wird allerdings noch kontrovers diskutiert. Die frühesten erhaltenen Gemälde datieren aus dem Jahr 1557.
Der heute bekannte Pieter Bruegel der Ältere begann sich 1559 der Malerei zuzuwenden. In rascher Abfolge entstanden „Die niederländischen Sprichwörter“ (1559, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie) und „Der Kampf zwischen Karneval und Fasten“ (sign. & dat., Kunsthistorisches Museum, Wien), in denen Bruegels Strategie der „Wimmelbilder“ bereits deutlich zutage tritt. Im folgenden Jahr führte er „Die Kinderspiele“ (sign- & dat. 1560, Kunsthistorisches Museum, Wien) aus.
Erst 1562 widmete sich Pieter Bruegel der Ältere verstärkt dem Medium Malerei. In großformatigen Tafeln zeigte er Tollheiten der Menschen, religiöse Sujets in neuem Gewand und Exotisches: „Der Triumph des Todes“ (vermutlich nach 1562, Prado), „Zwei angekettete Affen“ (Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie), „Der Selbstmord Sauls in der Schlacht auf dem Berg Gilboa“ (Kunsthistorisches Museum Wien), „Der Sturz der gefallenen Engel“ (Brüssel, Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique) sind alle in dieses eine Jahr datiert!
Diesem beruflichen Erfolg schloss 1563 der Umzug Pieter Bruegels nach Brüssel und die Heirat mit Mayken Coecke van Aelst, der Tochter seines vermutlichen Lehrmeisters, an. Hier war der vornehmlich als Maler und weiterhin für Antwerpener Auftraggeber tätig. Zu den bekanntesten Gemälden dieser Zeit zählen „Der Turmbau zu Babel“ (Kunsthistorisches Museum, Wien), „Der Turmbau zu Babel [genannt: Der kleine Turmbau zu Babel]“ (nach 1563?, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen), „Die Anbetung der Könige im Schnee“ (Winterthur), „Die Flucht nach Ägypten“ (London, The Samuel Courtauld Trust), aber auch „Der Hafen von Neapel“ (um 1563?, Rom, Galleria Doria Pamphiljj), „Dulle Griet“ (Antwerpen, Museum Mayer van den Bergh)
Im Jahr 1564 wurde Pieter Bruegels erster Sohn, Pieter Brueghel der Jüngere („Höllenbruegel“), geboren. Gleichzeitig dominieren religiöse Sujets sein Werk: „Die Kreuztragung“ (Kunsthistorisches Museum, Wien), „Die Anbetung der Könige“ (London, The National Gallery), „Der Tod Mariens“ (um 1563/65, Banbury, Upton House, The Bearsted Collection). Kurz darauf folgen mit der ursprünglich aus sechs Tafeln zu den „Jahreszeiten“ die einzige nachweislich als Serie konzipierte Abfolge von Monatsdarstellungen. Zunehmend ist im malerischen Werk Pieter Bruegels das Interesse seiner Zeitgenossen an Alltäglichem festzustellen, was das späte Werk des Malers prägen wird.
Das Spätwerk des niederländischen Malers ist von großfigurigen Kompositionen dominiert, die ihm im frühen 20. Jahrhundert den Spitznamen „Bauernbreugel“ eingebracht haben. Ein genauer Blick auf die entstandenen Werke zeigt allerdings, dass das eine Verengung des Renaissance-Malers auf einen kleinen, wenn auch außergewöhnlichen Ausschnitt seines Œuvres bedeutet. Die berühmtesten Bilder der letzten beiden Lebensjahre Bruegels sind: „Bauernhochzeit“ (um 1567, Kunsthistorisches Museum, Wien), „Der Vogeldieb“ (Kunsthistorisches Museum, Wien), „Der Bauerntanz“ (um 1568, Kunsthistorisches Museum, Wien).
Die letzten bekannten Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren zeigen subversiv eine kritische Haltung zur Gesellschaft seiner Zeit. Das kleine, monochrome Bild „Drei Soldaten“ (New York, The Frick Collection,) nimmt Söldner in den Blick. „Die Elster auf dem Galgen“ (Darmstadt, Hessisches Landesmuseum) und „Blindensturz“ (Neapel, Museo Nazionale di Capodimonte) überraschen durch ihre endzeitlich gestimmte Haltung. In der außergewöhnlichen Zeichnung „Die Imker“ (um 1568, Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett) verschwinden die Bauern hinter ihren schützenden Masken und ergeben ein interessantes Bild einer anonymisierten Gesellschaft.
Pieter Bruegel der Ältere starb 1669 in Brüssel und wurde in der Kirche Notre-Dame-de-la-Chapelle begraben. Seine beiden Söhne Pieter Brueghel der Jüngere und Jan Brueghel der Ältere wurden beide Maler, übernahmen die Werkstatt des Vaters und sorgen mit Kopien nach seinen Werken für deren weite Verbreitung. Pieter Bruegel der Ältere erfreut sich bis heute einer anhaltenden Bekanntheit seiner Bilder. Als Stammvater der Bruegel-Malerdynastie prägte er über seine Lebenszeit hinaus die Entwicklung der flämischen Malerei zwischen der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts.