Die italienische Renaissanceskulptur ist berühmt für ihr neues Verständnis der menschlichen Figur und ihren Bewegungen. Mit großer Innovationskraft ausgestattet, brachten Bildhauer aus Ober- und Mittelitalien in der Darstellung des Menschen neue Qualitäten hervor. Vor allem in der zweiten Hälfte des italienischen Quattrocento (15. Jahrhundert) und kurz nach 1500 fand der sogenannte „moderne Stil [maniera moderna]“ (nach Vasari) viele Anhänger auf der Apenninhalbinsel.
Frankreich | Paris: Louvre
22.10.2020 – 18.1.2021
verlängert bis 21.6.2021
#CorpsEtAme
Mit mehr als 150 Werken zeigt der Louvre in „Le Corps el l’Âme. De Donatello à Michel-Ange. Sculptures italiennes de la Renaissance [Körper und Seele. Von Donatello bis Michelangelo. Italienische Skulpturen der Renaissance]“ die wichtigsten Entwicklungslinien. Die Darstellung der menschlichen Figur in der Vielfalt ihrer Bewegungen nahm mit den 1420ern äußerst innovative Formen an. Die Erforschung von Ausdruck und Gefühlen stand im Mittelpunkt der Arbeit der größten Bildhauer dieser Zeit, darunter Donatello und Michelangelo Buonarroti. Ende des 15. Jahrhunderts gelang Michelangelo eine formale Synthese mit der Kunst der Antike, die ihn schlussendlich zu den beiden Sklaven des Louvre führte.
Der Ausstellungsrundgang stellt nicht nur die Höhepunkte der italienischen Skulptur der Früh- und Hochrenaissance vor, sondern auch erfindungsreiche Kontrahenten, darunter die Brüder Pollaiolo und Tullio Lombardo, Riccio oder Bambaia. Die Louvre-Ausstellung bietet ausdrücklich die Gelegenheit, weniger berühmte Bildhauer zu entdecken. Die Kuratoren bringen Werke zusammen, die nicht leicht zugänglich sind (Kirchen, Kleinstädte, Museen fernab der Touristenzentren). Wenn auch ein Schwerpunkt auf der künstlerischen Entwicklung in der Toskana liegt, so werden auch andere regionale Zentren vorgestellt, welche die neue Formensprache übernahmen und an lokale Vorlieben anpassten: Mailand (mit Solari und Bambaïa), Venedig (mit Tullio Lombardo), Bologna (mit Guido Mazzoni), aber auch Siena (mit Francesco di Giorgio Martini) und Padua (mit Riccio).
Am Beginn der Ausstellung wird deutlich, wie Künstler Lösungen suchten, wie sie Körperbewegungen skulptural übersetzen sollten. Inspiriert von alten Modellen, wie in Werken von Donatello, Antonio del Pollaiolo, Francesco di Giorgio Martini oder Bertoldo erkennbar ist, sollten Kraft und Wendungen des männlichen Körpers überzeugend die Leidenschaften der Seele ausdrücken. Umgekehrt ermöglichen elegante Gewänder – meist weibliche Körper verhüllend – Künstlern, den Liebreiz menschlicher Figuren zu zeigen.
Sich zu bewegen und damit zu überzeugen, werden in der Renaissance-Skulptur zu wichtigen Partnern. Nachdem Donatello mit seinem Werk um 1450 einen ersten Höhepunkt erreichte, nahm die Darstellung von Emotionen und Seelenbewegungen einen entscheidenden Platz in den künstlerischen Praktiken ein. In Norditalien entfaltet sich zwischen 1450 und 1520 ein wahres Gefühlstheater, insbesondere in Gruppen der Grablegung von Guido Mazzoni oder Giovanni Angelo del Maino. Die Suche nach religiösem Pathos spiegelt sich auch in den bewegenden Einzelfiguren von Maria Magdalena oder dem hl. Hieronymus wider, die in dieser Zeit in Italien florierten.
Das Kapitel „De Dionysos à Apollon [Von Dionysos bis Apollo]“ thematisiert die unerschöpfliche Reflexion über die klassische Antike. Hervorzuheben sind in diesem Kontext Werke, die aus klassischen Vorbildern wie dem Dornauszieher oder dem Laokoon entwickelt wurden. Parallel zur Malerei (mit dem „weichen Stil“ von Pietro Perugino oder dem jungen Raffael) entwickelten Bildhauer eine neue Harmonie, die den Naturalismus der Gesten und Gefühle zugunsten einer extremen Überbetonung verließ. In Venetien und der Lombardei behauptete sich ein Klassizismus, mit dem Künstler das Universelle anstreben wollten. In der Toskana und in Rom, wo das Papsttum von Julius II. und Leo X. eine wichtige Rolle spielte, finden sich genauso expressive Gestaltungsmerkmale.
Der „weiche Stil“ gipfelte zu Beginn des 16. Jahrhunderts im „Erhabenen“, und unter dem Impuls von Raffael und Michelangelo setzte ein neuer Klassizismus ein. Seit dem Ende des Quattrocento arbeitete Michelangelo an einer formalen Synthese, in der er sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse über den Körper, ein absolutes Schönheitsideal als auch den Wunsch integrierte, die Natur durch Kunst zu transzendieren. Zu den Höhepunkten der Ausstellung und in Michelangelos Werk zählen die „Sklaven des Louvre“.
Kuratiert von Marc Bormand, Musée du Louvre.
Der Louvre organisiert die Ausstellung gemeinsam mit dem Museum Castello Sforzesco in Mailand.
Le Corps et l’Âme. De Donatello à Michel-Ange. Sculptures italiennes de la Renaissance
hg. von Marc Bormand, Musée du Louvre; Beatrice Paolozzi Strozzi, Museo di Bargello, Florence et Francesca Tasso, Castello Sforzesco, Milan.
500 Seiten, 350 Illustrationen
Coédition musée du Louvre éditions / Officina Libraria