Die von Seiten der österreichischen Marine erfolgreich gefochtene Seeschlacht von Lissa am 20. Juli 1866 brachte zwar nicht den erhofften Sieg im Preußisch-Österreichischen Krieg, lieferte jedoch für Anton Romako (1832–1889) den Stoff für eines seiner berühmtesten Bilder: „Tegetthoff in der Seeschlacht von Lissa“ entstand in einer ersten Fassung zwischen 1878 und 1880, in einer zweiten kleineren zwischen 1880 und 1882.
Österreich | Wien: Oberes Belvedere
29.4. – 25.7.2010
Konteradmiral Wilhelm von Tegetthoff (1828–1882) steht in beiden Bildern breitbeinig und ruhig im Zentrum des tumultartigen Geschehens. Vom österreichischen Flaggschiff Erzherzog Ferdinand Max ist in Dampf und Pulverqualm nur der Schlot, ein wenig Takelage und das Steuerruder zu sehen. Während die Offiziere auf der Brücke ruhigen Blutes den Rammstoß der Panzerfregatte abwarten, sind die Matrosen am Steuerstand mit vollem Körpereinsatz mit der Navigation beschäftigt. Ihre Körperhaltungen und Mimik verraten Entschlossenheit, Loyalität aber auch Entsetzen. Romako gelingt es vor allem in der ersten Fassung diese Gefühle in ein „Historienbild“ zu packen. Doch genau das sollte den offiziellen Erfolg des Gemäldes verhindern: Historienbilder sollten lehrreich sein, und daher das Geschehen möglichst genau wiedergeben. Romako setzt das Wissen um das Ereignis voraus und konzentriert sich ausschließlich auf das Erleben und Fühlen der Protagonisten, die Dramatik des Geschehens. Ein gewisser Hang zum Pathos und zum Heroischen sei ihm dabei verziehen.
Stephan Koja gelang mit dieser „Fokus-Ausstellung“ erneut eine überzeugende Schau im Oberen Belvedere, die gute Recherche mit anschaulichen Exponaten und einem interessanten Katalog verbindet. Konstantinos Bolanachis „Linienschiff Kaiser in der Schlacht bei Lissa“ (1868) etwa verdeutlicht im Vergleich mit Romakos Schöpfungen eindringlich dessen Modernität – im Sinne einer Konzentration auf das Subjektive. Diese Einstellung macht Romako auch zu einem interessanten Porträtisten und Genremaler, wie der letzte Raum der Ausstellung verdeutlicht. „Italienisches Fischerkind“ (um 1870–1875), „Die Rosenpflückerin“ (um 1882–1884) und „Mathilde Stern, geb. Porges“ (1889), alle im Besitz des Belvedere, das mit 50 Gemälden über die international reichste Romako-Sammlung verfügt, zeugen gleichermaßen von Einfühlungsvermögen und handwerklichem Geschick des Malers: Er passte seine Formensprache, seinen Stil dem Inhalt an und fiel damit beim Wiener Publikum regelmäßig durch. Erst nach seinem Tod entdeckten die Secessionisten seine Gemälde wieder; allen voran für Oskar Kokoschka sollte die Begegnung mit den Werken Romakos entscheidend werden!