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Die Wiener Ringstraße Geschichte, Architektur, Kultur

Anonym, Blick auf das Parlament, um 1882, Österreichische Nationalbibliothek.

Anonym, Blick auf das Parlament, um 1882, Österreichische Nationalbibliothek.

Als am 1. Mai 1865 die Wiener Ringstraße zwischen Hofoper (heute: Staatsoper) und Burgtor eröffnet wurde, war noch kaum ein Gebäude fertiggestellt. Knapp siebeneinhalb Jahre davor hatte Kaiser Franz Joseph I. seinen Willen zur Errichtung der Via Triumphalis, der Triumphstraße rund um die Innere Stadt, in einem „Handzettel“ kundgetan. Bis Ende der 1880er Jahre sollte es dauern, bis die wichtigsten Gebäude ausgeführt waren, und erst 1913 war mit dem Kriegsministerium der letzte Monumentalbau fertiggestellt. Das Wien Museum beschäftigt sich mit den ersten sieben Jahren zwischen Wettbewerb und Eröffnung, um exemplarisch die städtebauliche Veränderung Wiens während der Gründerzeit zu beleuchten. Im Jüdischen Museum wird die Bautätigkeit der jüdischen Bevölkerung und das Salonleben hinter den prachtvollen Fassaden bis zur Entwicklung der Psychoanalyse dargestellt. Unter dem Titel „Wien wird Weltstadt“ gibt die Nationalbibliothek mit ihren eigenen Beständen einen multimedialen Gesamtüberblick.

Der Ring. Pionierjahre einer Prachtstraße

Spannend an den „Kinderjahren“ der Ringstraße ist, mit wie die Interessenskonflikte zwischen Kaiserhof, Staat, Militärverwaltung und Stadtverwaltung ausgetragen und mit architektonischen Mitteln symbolisch überhöht wurden. Die Architekten der „Hauptstraße des 19. Jahrhunderts“ glänzten mit historistischen Gebäuden, indem sie Stilformen von der griechischen Antike, dem Spätmittelalter, der italienischen Renaissance über mitteleuropäisches Barock zitieren, abwandelten und den Funktionen anpassten. Die am Verkauf nicht beteiligte Stadtverwaltung setzte sich ihrerseits für große Grünflächen ein, darunter den Stadtpark mit dem ersten Kinderspielplatz von Wien. Wie groß der Konflikt um die besten Bauparzellen und die Diskussion um deren Preise zwischen dem Kaiser und der Stadt war, gibt, wenn auch verschlüsselt, die Eröffnungsansprache des Kaisers wider:

„Ich betrachte die Vollendung der Ringstraße als einen besonders wichtigen Abschnitt im Werke der Stadterweiterung. Ich habe dieser Angelegenheit stets Meine besondere Fürsorge zugewendet und spreche Ihnen, Herr Bürgermeister, und dem Gemeinderath Meine Anerkennung und Meinen Dank dafür aus, daß Sie der Verschönerung Meiner Residenz eine besondere Sorgfalt angedeihen ließen. Ich werde auch in Zukunft dem weiteren Fortschritt in der Stadterweiterung Mein Augenmerk zuwenden und die Wünsche der Gemeinde in Bezug auf die Erlangung von Baugründen zur Errichtung von Schulen, Markthallen und Parkanlagen um sehr billige Preise möglichst berücksichtigen.“1 (NFP, 2.5.1865, S. 5)

Der Adel hingegen wollte seine Residenzen in der Inneren Stadt nicht verlassen und überließ dem Großbürgertum die Bebauung des Glacis. Das 1860 erteilte Besitzrecht an jüdische Bürger_innen ermöglichte den bislang nicht standesgemäß wohnenden Wohlhabenden erstmals große Palais zu errichten und in ihren Salons den Künsten und Wissenschaften zu frönen. Ermöglicht wurde dieser Baufortschritt durch unzählige billige Arbeitskräfte aus den Kronländern, deren Zuzug Wien zu einer der größten Städte der Welt machte. Im Jahr 1910 fasste die Residenzstadt etwa zwei Millionen Einwohner_innen!

Erste Pläne und Entschluss

Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Wien 550.000 Einwohner_innen und war die größte Stadt im deutschsprachigen Raum. In der Inneren Stadt lebten 54.000 Menschen in rund 1.000 Häusern. Am Beginn der Ausstellung im Wien Museum schaffen Pläne und Panoramen von Joseph Daniel von Huber2 und Rudolf von Alt3, aber vor allem das für die Ausstellung adaptierte Modell der Wiener Innenstadt (1852/54) von Eduard Fischer, einen Überblick über das Wien des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Schon 1804 hatte Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg einen „Entwurf für den Ausbau der Hofburg“ (1809) ausgearbeitet.4 Sein Plan sah einen Paradeplatz vor der kaiserlichen Residenz vor, wurde aber nicht umgesetzt. Im Sommer 1857 wurde beschlossen, die Stadterweiterung in Angriff zu nehmen. Paris war nun das erklärte Vorbild.5

„Lieber Freiherr von Bach! Es ist Mein Wille, dass die Erweiterung der inneren Stadt Wien mit Rücksicht auf eine entsprechende Verbindung derselben mit den Vorstädten ehemöglichst in Angriff genommen und hiebei auch auf die Regulirung und Verschönerung Meiner Residenz- und Reichshauptstadt Bedacht genommen werde. Zu diesem Ende bewillige ich die Auflassung der Umwallung der inneren Stadt, so wie der Gräben um dieselbe.“6 (Kaiser Franz Joseph I. in: Wiener Zeitung, 25. Dezember 1857, 1-2)

Das mit dem 20. Dezember 1857 datierte Handschreiben seiner Majestät ist der Endpunkt einer bereits länger andauernden Diskussion. Innenminister Alexander Freiherr von Bach hatte von schon in einer Ministerkonferenz am 17. April des Jahres einen solchen Schritt angedacht. Der Ursprungstext stammt von Franz Matzinger, einem Mitarbeiter Bachs, und wurde in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Auflage für die Wettbewerbsteilnehmer war, dass sie den Paradeplatz und Platz zwischen Hofburg und Hofstallungen unberücksichtigt lassen sollten, da hier das Kaiserforum umzusetzen war. Dadurch dass der Minister des Inneren mit dem Projekt beauftragt wurde, war Finanzminister Karl Ludwig Freiherr von Bruck übergangen worden. Das Militär konnte durch die Errichtung eines Festungsdreiecks, bestehend aus dem Arsenal, der Kronprinz-Rudolf-Kaserne (heute: Rossauer Kaserne) und der Franz-Josephs-Kaserne (1900/01 abgerissen) beschwichtigt werden.7

Wettbewerbsprojekte

Otto von Altvatters „Plastische Darstellung“ (1858), ein Schichtenplan, zeigt die großen Niveausprünge zwischen Innerer Stadt, Stadtbefestigung und Glacis, wie sie bis heute am hinteren Teil des Museumsquartiers noch zu sehen sind. Diese wurden im Zuge der Regulierung eingeebnet. Am 30. Jänner 1858 war in der „Wiener Zeitung“ der öffentliche Wettbewerb ausgeschrieben, und bis zum 31. Juli 1858 waren 85 Projekte für den Grundplan der Ringstraße eingelangt. Eine 19-köpfige Jury entschied darüber, wenn auch einige Projekte prämiert wurden, so ging aus dem Wettbewerb doch kein eindeutiger Sieger hervor. Zu den prämierten Entwürfen gehörten jenen von Friedrich Stache, Ludwig Förster und van der Nüll/Sicardsburg. Darüber hinaus wurden auch noch die Entwürfe von Lenné, Kink, Strache, Streffleur, Zettl und Löhr in die Endplanung miteinbezogen werden8:

- Friedrich Stache, der fürstlich Kinsky’scher Architekt, wurde für seinen Entwurf von Verkehrslinien und Straßennetz gelobt. Er ordnet bereits Gemäldegalerie und Hofbibliothek am Maria Theresien Platz an und sah einen breiteren Boulevard vor als in Paris.

- Ludwig Förster hielt sich an die Ausschreibung, setzte Straßen fort und verband die Innere Stadt mit den Vorstädten. Es ging ihm um „große malerische Effekte, Regelmäßigkeit, gerade und zweckmäßige Kommunikation zur Verbindung des alten mit dem neuen Stadttheil und den Vorstädten, viele für die Gesundheit zuträgliche, mit Gartenanlagen versehene Räume zu erzielen.“ Die Wohnhäuser sind in seinen Perspektiven eher schmucklos, als Vorbilder nutzte er Stilelemente aus Antike und Renaissance.

- Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg, die bereits 1845 laut über eine bebauung des Glacis nachgedacht haben, reichten ihren Entwurf unter dem Motto „Ertrage und Entsage“ (Motto der Stoiker) ein. Bei ihnen steht die Hofoper bereits frei und ist nicht im Gebäudekomplex der Hofburg integriert. Auch Van der Nüll und Sicardsburg sahen die beiden Museen am Maria Theresien Platz vor. Das Burgtheater sollte am Michaelerplatz angebaut werden. Ihr Katasterplan sah 480 Bauparzellen für Privatbauten vor und eine Vorwegnahme des Kaiserforums. Weiters nutzten sie die Ausschreibung, um einen Plan für die weitgehende Neugestaltung der Hofburg vorzulegen. Zudem dachten sie daran das Minoritenkloster abzureißen und die Kirche neu zu errichten. Die von ihnen gezeichneten Perspektivansichten auf einer Tafel sind das eindrucksvollste Dokument des gesamten Wettbewerbs: Es findet sich hinter der Votivkirche eine neogotische Universität, dazu noch eine neobarocke Umgestaltung der Hofburg.

- Peter Joseph Lennè, Generaldirektor der königlich preußischen Hofgärten, sah die Ringstraße als zusammenhängenden Grünraum. Für ihn war kein Boulevard notwendig, wenige Verbindungsstraßen zwischen Innerer Stadt und Vorstädten, dafür aber eine Art Landschaftsgarten.

Im September 1859 wurde der Grundplan - eine Zusammenführung der besten Ideen von drei prämierten Projekten - von Kaiser Franz Joseph I. persönlich genehmigt. Eine so genannte Enthebungskarte (Neujahrskarte), die zum Jahreswechsel 1860 gegen eine Spende von mindestens 60 Kreuzern abgegeben wurde, ist das am häufigsten reproduzierte Dokument der Ringstraßen-Planung. Die Bürger_innen demonstrierten mit dem Aufhängen einer solchen Enthebungskarte an ihren Türen allen Bedürftigen, die als Gegenleistung für das Überreichen einer Neujahrskarte Trinkgeld erbaten, dass sie bereits gespendet hatten.9 Der Plan wird von allegorischen Gestalten flankiert: Die Kunst schmückt die Vindobona mit einem Gürtel, Gesetz und Treue sind rechts gemeint. Auffallend ist, dass Plan nicht genordet, sondern an der Hofburg orientiert ist.

Prunkvolle Paläste, Mietskasernen und öffentliche Gebäude

Der Verkauf von Bauparzellen ab dem 19. Mai 1860 wurde von staatlicher Seite mit günstigen Krediten und 30 Jahren Steuerbefreiungen bei Fertigstellung des Gebäudes innerhalb von fünf Jahren10 vorangetrieben. Träger des Projekts sollte das Bürgertum werden, weshalb am 18. Februar 1860 die „Realbesitzfähigkeit der Israeliten“ verlautbart wurde. Zu den wenigen Hocharistokraten, die auf der Ringstraße bauten zählten die Erzherzöge Wilhelm (Parkring 8) und Ludwig (Ring/Ecke Schwarzenbergplatz), der k.k. Kämmerer und Rittmeister Ernst Reichsgraf Hoyos-Sprinzenstein (Kärntner Ring 5) und Wickenburg (Kai). Zu den monumentalsten Plänen zählte die „Albrechtsgruppe“ (Opernring) als Entschädigung für den Verlust der weitläufigen Nebengebäude des Palais Erzherzog Albrechts, die heutige Albertina. Für das gesamte Areal zwischen Hofoper und Burggarten plante Ludwig Förster Stallungen und eine Winterreitschule. Erzherzog Albrecht entschloss sich jedoch 1861, sieben Bauparzellen in bester Lage an Mitglieder der Zweiten Gesellschaft zu veräußern.11

Die wichtigste Bauaufgabe - neben den öffentlichen Gebäuden - war der Familienpalast und das Mietshaus. In Wien orientierten sich Architekten wie Bauherren hauptsächlich an der italienischen Renaissance. Möglich, dass dahinter auch der Wetteifer mit den zahlreichen barocken Palais der Innenstadt stand. Mietshäuser waren überhaupt eine neue Bauaufgabe und durch die reich gestalteten Fassaden den Familienpalästen angeglichen. Besonders hervorzuheben ist darunter der Heinrichhof für den Ziegelunternehmer Heinrich Drasche von Theophil Hansen. Er galt als „das schönste Zinshaus der Welt“ und der „großartigste Privatbau von Neu-Wien“. Da der Heinrichhof eines der ersten fertiggestellten Gebäude war, hatte er deutliche Vorbildwirkung. Die beiden im Wien Museum ausgestellten Hermen kamen aus Drasches Wienerberger Tonwarenfabrik und waren ab 1858 per Katalog nachbestellbar.12

Der fünfzig Jahre dauernde Stadtumbau wurde mit Hilfe der Fotografie systematisch dokumentiert. Im Sommer 1857 wurde mit dem Abbruch der Wallanlagen begonnen. Der Grundplan blieb bei allen Adaptionen gleich. Die Größe der umzugestaltenden, ringförmigen Anlage belief sich auf ca. 300 Hektar (= 3.000.000 m²). Der Stadterweiterungsfond war für den Bau der Hofbauten - Oper, Museen, Burgtheater und Neue Hofburg - zuständig. Er war im Innenministerium angesiedelt und außerhalb des Staatsbudgets, dadurch auch dem Zugriff des Finanzministers entzogen (!). Über die Verwendung des eingehobenen Geldes entschied der Kaiser persönlich, nachdem er die Berichte des Ministers für das Innere studiert hatte. Der Stadterweiterungsfond bilanzierte positiv, wenn auch die Idee des Kaiserforums aus Kostengründen aufgegeben worden war.

Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard

Das Jüdische Museum Wien betont, wie sehr die Wiener Gründerzeit von jüdischen Familien mitgetragen wurde, und dass bis heute einige der prachtvollsten Palais13 an sie erinnern. Bereits der Prolog zur Ausstellung überrascht mit einer unerwarteten Begebenheit: Erzherzog Ferdinand Maximilian, der nach dem missglückten Attentat auf Kaiser Franz Joseph I. 1853 den Bau der Votivkirche leitete, ließ den Grundstein für das Gotteshaus aus dem Ölberg in Jerusalem herausschlagen. Genauso macht es wenige Monate später Ludwig August Frankl für den Leopoldstädter Tempel, der von Ludwig Förster geplant wurde. Der Architekt zeichnete auf der Ringstraße für die Anlage als zweireihige Allee und die Pläne für die Palais Todesco und Gomperz verantwortlich.

Wichtigste Voraussetzung für den „jüdischen Boulevard“ war, dass 1860 die „Verteilung der Realbesitzfähigkeit“ an Juden erteilt wurde (durch eine Medaille wird daran gedacht). Zuvor konnten sie keinen Grundbesitz in Österreich erwerben und waren eingemietet. Erstmals war es den wohlhabenden jüdischen Familien, denen in der Industriellen Revolution mit Handel, Textil, Eisen und Bankgeschäften der soziale und wirtschaftliche Aufstieg geglückt war, überhaupt möglich, im eigenen Haus repräsentativ zu leben. In der Folge bereicherten die Familien Todesco, Ephrussi, Epstein, Lieben, Auspitz, Königswarter, Dumba oder Schey das Salonleben Wiens mit Konzerten, Lesungen, Lebenden Bildern und Wohltätigkeitsveranstaltungen. Vor allem Theophil von Hansen konnte in den Palais Todesco, Epstein14 und Ephrussi15 sein Ideal des Gesamtkunstwerks verwirklichen. Er entwarf nicht nur die architektonische Hülle, sondern das gesamte Interieur vom Fußboden bis zur Deckengestaltung. „Das Ziel der Kunst“, so formulierte es ein Journalist, „das Zusammenwirken aller drei Schwesternkünste zu einem harmonischen Ganzen, hat in dem glanzvollen Speisesaal der Wiener Farnesina einen neuen Triumph gefeiert.“16

Salonièren

Großbürgerliche Frauen wurden im späten 19. Jahrhundert jedoch völlig aus dem Berufsleben verdrängt und einige von ihnen fanden Erfüllung als berühmte Salonièren, also Gastgeberinnen. In der Beletage traf sich eine illustre Gesellschaft, alles was Rang und Namen hatte. Die bürgerliche Gesellschaft, Politiker, Künstler und Intellektuelle, pflegten auf diese Weise einen halböffentlichen Austausch - für die Damenwelt konnte ein Salon ein Ort der Emanzipation und des Wissens sein. Der Hochadel ließ sich höchst selten in den Salons sehen.17 Die so genannten „Erste Gesellschaft“ pflegte ihre eigenen Soireen wie die von Marie von Hohenlohe im Augartenpalais oder der Pauline von Metternich in ihrem Palais am Rennweg, wo sich Mitglieder des Adels mit Künstlern und Wissenschaftlern verständigen konnten.18 Die Treffen dienten nicht nur der Selbstdarstellung, Repräsentation, der sozialen wie der kulturellen (Selbst)Vergewisserung19, sondern auch dem Geschäft, der Politik, der Wohltat (heute: Charity), dem Diskurs und der Inspiration von Künstlern. Bei Sophie Todesco verkehrte beispielsweise der Schriftsteller Ferdinand von Saar, bei Berta Zuckerkandl fand diese Tradition zur Jahrhundertwende einen glanzvollen Höhepunkt. Das soziale Leben auf der Ringstraße - zumindest das der Hausbesitzer - war von dieser Salonkultur geprägt, die auf angeregte Unterhaltungen, Kulturgenuss, gutes Essen und gegenseitige Besuche basierte. Zu den Höhepunkten aktiver Kulturaneignung gehörte das Stellen von so genannten „Tableaux Vivants“, „Lebenden Bildern“, für die berühmte Gemälde nachgestellt wurden. Diese sehr aufwändige Form des Spiels erforderte die Auswahl eines geschmackvollen Vorbildes und daraufhin monatelange Vorbereitungen für Kostüme, Bühnenbilder, Requisiten etc. sowie Proben der Rollen.

Was anfangs gut - nämlich auch nach Assimilation20 25 Jahre „Krieg“ zwischen Architekten und Bauherren, in welchem Stil ein Palais errichtet werden soll, so suggeriert der Kritiker der Wiener Avantgarde. Zur Verteidigung der Ringstraße muss hier angeführt werden, dass Hevesi einer der Unterstützer der Wiener Secession und dem neuen Bauen von Otto Wagner war und daher mit seiner Kritik nicht sparsam umging. Doch auch heute hört man mancherorts noch vom „Stilmischmasch“ (Alexander Klee) des Historismus. Was ist darunter zu verstehen?

Markus Kristan fasste jüngst die stilistische Entwicklung der Ringstraßenarchitektur anschaulich zusammen: In den 1860er-Jahren dominierte die Neu-Wiener-Renaissance, die anhand der klaren horizontalen Trennung der Fassadenabschnitte und ihre Orientierung am Dekor der römischen Hochrenaissance erkennbar ist. Die meisten der zu Wohnblöcken zusammengefassten Mietshäuser sind in diesem Stil gehalten. Ab Mitte der 1870er Jahre wurde vermehrt im Neobarock gebaut, der im Späthistorismus dominierte. Die Monumentalbauten spiegeln mit ihren Fassaden ihre Funktion wieder und sind daher in jenen historischen Stilen gehalten, die für die Tätigkeit ihrer Nutzer vorbildhaft galt: Gräzisierende Formen für das Parlament betonten die Ideale der griechischen Staatslehre. Renaissanceformen verweisen auf humanistische Traditionen wie an der Hofoper (heute: Staatsoper), der Akademie der bildenden Künste, dem Musikverein und der Universität. Das Burgtheater verweist mit seinen neobarocken Formen auf die Bedeutung des Theaters am absolutistischen Hof.21 Die für das Rathaus gewählte Neogotik nimmt Bezug auf spätmittelalterliche Rathäuser und damit auf die Tradition der Stadtverwaltung als Gegenpol zur herrschaftlichen Macht. Mitnichten handelt es sich bei der Wiener Ringstraße also um ein „Stilmischmasch“, sondern um ein durchgängiges Konzept, das trotz seiner langen Bauzeit und den beteiligten vier Generationen an Architekten erstaunlich konsequent eingehalten wurde!

Verfeinert und kulturhistorisch kontextualisiert wird diese Stildebatte durch Richard Kurdiovsky, der Paris als „Vor- und Gegenbild“ zur Wiener Stadterweiterung untersuchte. Die französische Metropole gerät zum „Synonym für Luxus, Überfluss, Komfort und modernes großstädtisches Leben“22. Trotz ihrer Brutalität rang die Pariser Neugestaltung unter Baron Haussmann den Wienern Bewunderung und Respekt ab. Interessanterweise wurde mit der Rezeption einer vermeintlich französischen Renaissance jedoch Unruhe, Korruption und damit Verfall verbunden. Der Sieg der Wiener Renaissance in der Nachfolge von Theophil von Hansen und Heinrich Ferstel mit ihrer Orientierung an der italienischen Hochrenaissance war unter anderem dem Kunsthistoriker Rudolf von Eitelberger geschuldet: „Es könnte unserer Privatarchitektur nicht schaden, wenn sie in dieser Weise mehr und mehr von dem überkräftigen und gar zu reich dekorierten Wesen, das an so vielen der neuen Ringstraßenhäuser sich breit macht, wieder zu einer strengeren Schönheit zurückkehren würde.“23

Die Wiener Ringstraße. Eine Chronologie ihrer Baugeschichte

Feierliche Eröffnung am 1. Mai 1865 im Rahmen der traditionellen ersten Praterfahrt des Kaiserpaares.

13. Jh. Bau einer Stadtbefestigung

1529 und 1618/48 (Dreißigjähriger Krieg) Ausbau von Stadtbefestigung und Glacis (Wiesenfläche) anstelle der mittelalterlichen Stadtmauern. Der Grünstreifen wurde auf fast 400 Meter Breite festgelegt und vorspringende Bastionen gebaut.

1683 Während der Zweiten Türkenbelagerung bewährte sich die Befestigungsanlage sehr.

1704 Auf Initiative von Prinz Eugen Bau des Linienwalls wegen des Kuruzzenaufstandes (ungarische Aufrührer). Er befand sich in etwa dort, wo heute der Gürtel liegt.
1705 wurde dieser Linienwall zur Steuergrenze für die „Verzehrsteuer“, wodurch die Preise für Lebensmittel innerhalb der Wallanlage höher waren.
Ab 1770 ließ Kaiser Joseph II. das Glacis planieren, Fußwege und Fahrstraßen („Chausee“) anlegen. Das militärische Sperrgebiet der Fortifikationen wurde zum allgemeinen Spaziergang freigegeben, und die Promenade zum beliebten Erholungsgebiet der Wienerinnen und Wiener.
Ab 1776 wurden Laternen aufgestellt.
Ab 1781 wurden 2.650 Alleebäume gepflanzt.

1804 Inbetriebnahme der Albertinischen Wasserleitung
1809 Bombardement von Wien durch die Napoleonische Besatzung; im Herbst beim Abzug der französischen Armee ließ Napoleon die gesamte Befestigung zwischen Schotten- und Kärntnertor, darunter auch die Burgbastei und das alte Burgtor (1660 errichtet) sprengen.
1817 Kaiser Franz I. fasste den Entschluss, Wien als Festungsstadt aufzuheben.
1818–1824 Bau des Burgtors von Pietro Nobile in der Tradition massiver Stadttore; links und rechts schließen Mauerzüge an. Der heutige Heldenplatz wurde eingeebnet.
1841 Kaiser-Ferdinand-Wasserleitung
1848 März-Revolution, Klemens Wenzel Fürst Metternich flieht. Oktober-Revolution und Abdankung Kaiser Franz I. Im Dezember Inthronisation seines 18-jährigen Neffen Franz Joseph I. Rückkehr zum vormärzlichen Absolutismus.
1850 kommunale Stadterweiterung I: Vorstädte II bis VII eingemeindet. Die Basteien wurden zunehmend als Verkehrshindernis wahrgenommen und das Rathaus als zu klein empfunden.
1861 kommunale Stadterweiterung II: Vorstädte VIII und IX eingemeindet.
1854–1857 Bau der Franz-Josephs Kaserne (1900/1901 wieder abgerissen).
1856–1879 Votivkirche im neugotischen Stil von Heinrich von Ferstel. Ihre Errichtung geht auf das Attentat auf den jungen Kaiser Franz Joseph I. am 18. Februar 1853 durch den Schneidergesellen János Libényi zurück.

Am 20. Dezember 1857 entschied sich Kaiser Franz Joseph I zur „Auflassung der Umwallung und Fortifikationen der inneren Stadt, so wie der Gräben um dieselbe“.
Am 25. Dezember 1857 „Es ist mein Wille“: Im Allerhöchsten Handschreiben an Innenminister Alexander von Bach wurde der Plan auf Seite 1 der amtlichen Wiener Zeitung veröffentlicht. Die genaue Größe und Verwendung des neu gewonnenen Areals werden beschrieben, und der Kaiser kündigte einen Planungswettbewerb an. Die neue Straße wurde als Repräsentationsboulevard geplant; daher wurde für Lastfuhrwerke die parallel verlaufende „Lastenstraße“ (= die so genannte „2er Linie“) vorgesehen.
März 1858–1874 Abbrucharbeiten begannen beim Rotenturmtor am Donaukanal. Die tägliche Arbeitszeit der Arbeiter_innen betrug bis zu 18 Stunden täglich.
1858 Gründung des Stadterweiterungsfonds nach Kompetenzstreitigkeiten zwischen Regierung und Stadtverwaltung. Übernahme des Projekts und Verkauf der Grundstücke an private Investoren. Damit wurden die staatlichen Repräsentationsbauten finanziert. Nur das Neue Rathaus, wie es bis 1960 hieß, wurde von der Stadtverwaltung selbst geplant.
Am 29. März 1858 begann die Demolierung der Stadtmauern mit der Rotenturmbastei und dem gleichnamigen Tod.
Am 30. Jänner 1858 wurde in der „Wiener Zeitung“ der öffentliche Wettbewerb ausgeschrieben! Bis zum 31. Juli 1858 waren 85 Projekte für den Grundplan der Ringstraße eingelangt. Eine 19-köpfige Jury entschied darüber.
Am 1. Mai 1858 wurde der Franz-Josephs-Kai als erste Straße durch den Kaiser eröffnet. Weil die Stadt bei dieser groß angelegten Immobilienoperation leer ausging, vertrat sie mit umso größerer Entschiedenheit die teilweise Erhaltung der vorhandenen Erholungsräume. Bis zur Gegenwart existieren mit Stadtpark, Burggarten, Volksgarten, Rathauspark und Sigmund-Freud-Park entlang der Ringstraße vergleichsweise große Grünflächen.
1859 Im September wurde der „Allerhöchste Grundplan“ von Kaiser Franz Joseph genehmigt.
1859–1862 Evangelische Schule von Theophil Hansen im Stil der italienischen Renaissance, Figurenschmuck von Hans Gasser; neben der TU Wien am Karlsplatz.
1860 Verleihung der Realbesitzfähigkeit an Wiener Juden durch Kaiser Franz Joseph I., um den Verkauf der Bauplätze voranzutreiben. Ein Grundstück an der neuen „Via Triumphalis“ bedeutete Anerkennung und Akzeptanz, wenn auch den großbürgerlichen Familien (ob jüdisch oder nicht) von Seiten der „Ersten Gesellschaft“, wie der Adel genannt wurde, Standesdünkel entgegengebracht wurden.
1861–1873 Ausschreibung für eine neue Wasserleitung, die der Geologe Eduard von Sueß gewann. 1865 schenkte der Kaiser der Stadt Wien den „Kaiserbrunnen“ am Schneeberg, von wo das Wasser für die Erste Wiener Hochquellwasserleitung begonnen werden konnte. 1870 Baubeginn und Eröffnung am 24. Oktober 1873 mit der Inbetriebnahme des Hochstrahlbrunnens am Schwarzenbergplatz.
1861–1863 Heinrichhof (historische Schreibung ohne s) von Theophil von Hansen für den Ziegelfabrikanten Heinrich von Drasche-Wartinberg gegenüber der Oper. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt und 1954 abgerissen.
1862 Am 21. August wurde der Stadtpark feierlich eröffnet.
Feierliche Eröffnung des ersten Bauabschnitts der Wiener Ringstraße am 1. Mai 1865 im Rahmen der traditionellen ersten Praterfahrt des Kaiserpaares.
1867–1863 Palais Zeppezauer von Wilhelm Westmann für den aus Bad Ischl stammenden Seidenfabrikanten August Zeppezauer. Im Erdgeschoss beherbergt das Palais bis heute das Café Schwarzenberg sowie die 1910/11 von Otto Prutscher gestaltete Internationale Apotheke (verloren).
1861–1864 Palais Todesco (gegenüber der Staatsoper)im Stil der venezianischen Frührenaissance von den Architekten Ludwig Förster (1797–1863) und innen von Theophil von Hansen (1813–1891) für Baron Eduard von Todesco erbaut. Es wurde am 5. Mai 1864 anlässlich der Verlobung von Fanny von Todesco mit Henry de Worms für einen auserwählten Kreis erstmals geöffnet.
1861–1869 K. k. Hof-Operntheater (heute: Staatsoper) im Stil der Neorenaissance von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll (1860 Ausschreibung). Am 25. Mai 1869 mit einer Premiere von Don Giovanni von Mozart eröffnet und als „Königgrätz der Baukunst“ tituliert. Da das Ringstraßenniveau während der Bauzeit um mehr als einen Meter gehoben wurde, erschien die Oper den Zeitgenossen als „versunkene Kiste“. Im April 1868 brachte sich Eduard van der Nüll um und zweieinhalb Monate später erlag Sicardsburg einem Herzinfarkt.
1862–1864 Palais Schey von Romano und Schwendenwein für den jüdischen Bankier, Großhändler, Großgrundbesitzer und Mäzen Friedrich Schey von Koromla erbaut.
1863–1865 Der Ring wurde mit einer vierreihigen Alle aus Platanen und Götterbäumen bepflanzt. Schnell stellte sich heraus, dass die Bäume nicht wuchsen. Erst 1880 wurde der gesamte Baumbestand durch Ahorne, Linden und Ulmen ersetzt. Ursprünglich waren die Bäume mit Rasenscheiben umgeben, die später zu Streifen zusammengefasst wurden.
1863–1865 Gasbeleuchtung aus einfachen, gusseisernen Kandelabern mit vierscheinigen Laternen.
1863–1870 Wiener Musikverein von Theophil von Hansen. Der Baugrund wurde unentgeltlich überlassen. Am 6. Jänner 1870 mit einem feierlichen Konzert eröffnet.
1864–1868 Palais Erzherzog Wilhelm (auch: Deutschmeister-Palais) von Theophil von Hansen

1. Mai 1865 feierliche Eröffnung des ersten Abschnitts der Ringstraße vom Burgtor bis zum ehemaligen Stubentor im Rahmen der traditionellen ersten Praterfahrt des Kaiserpaares. Die Kosten für das Gesamtprojekt beliefen sich nach heutigen Schützungen auf 410 Millionen Gulden (ca. 2.870 Millionen €)
1865 Erste Pferde-Tramway vom Schottentor in Richtung Hernals.
1867 wurde ein Wettbewerb für die beiden Hofmuseen ausgeschrieben.
1867–1869 Musikverein im Stil der „griechischen Renaissance“ von Theophil von Hansen
Am 17. August 1868 genehmigte der Kaiser die von der Stadtverwaltung lang verlangte Auflassung des großen Parade- und Exerzierplatzes nahe der Altstadt.
1867–1868 Palais Ofenheim am Schwarzenbergplatz Nr. 15 im Stil der Neu-Wiener-Renaissance von Romano und Schwendenwein für den Industriellen und Honorarkonsul für das Kaiserreich Persien Victor von Ofenheim von Ponteuxin.
1868 Am 1. September wurde das Wiener Künstlerhaus feierlich eröffnet.
1868–1871 Palais Epstein im Stil der Neorenaissance (Strenger Historismus) von Theophil von Hansen für den aus Prag stammenden, jüdischen Bankier Gustav Ritter von Epstein. Der Bauleiter war der damals erst 27-jährige Otto Wagner.
1869 Idee zum Kaiserforum ausgearbeitet, Hans Makart kam nach Wien. Vor Prachtbauten wurden Prunkkandelaber als Beleuchtungskörper aufgestellt, z. B. vor der Hofoper.

1869–1871 MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst von Heinrich Freiherr von Ferstel
1869–1872 Chemisches Institut von Heinrich von Ferstel in der Währinger Straße 10.
1869–1877 Akademie der bildenden Künste von Theophil von Hansen im Stil der italienischen Renaissance (an der Stelle des ursprünglichen Abgeordnetenhauses)
1869–1870 Palais Wiener von Welten am Schwarzenbergplatz Nr. 2 im Stil der Neu-Wiener-Renaissance von Romano und Schwendenwein für den Großhändler und Bankier Eduard Wiener von Welten.
1871–1881 Kunst- und Naturhistorisches Museum von Carl von Hasenauer und Gottfried Semper (starb 1879).
1872–1873 Palais Ephrussi im Stil der Neorenaissance von Theophil von Hansen für den aus Odessa stammenden Bankier Ignaz von Ephrussi erbaut.
1872–1883 Rathaus im Stil der Neogotik von Friedrich von Schmidt (1868 Ausschreibung).
1873–1884 Parlament im neoklassizistischen Stil von Theophil von Hansen („griechische Renaissance“).
1873 Weltausstellung in Wien mit etwa 53.000 Ausstellern (davon 9.000 aus der Monarchie), Ausstellungsgelände im Prater, wo die Rotunde errichtet wurde. Es dürften ca. 20 Millionen Besucher_innen die Weltausstellung gesehen haben, gezählt wurden nur 7 Millionen. Im gleichen Jahr Börsenkrach und Cholera-Epidemie.
1873–1884 Universität (heute: Hauptgebäude) im Stil der Neorenaissance von Heinrich von Ferstel.
1873 Eröffnung der Gürtelstraße.
1874 Eröffnung des Ringtheaters von Emil von Förster. Am 8. Dezember kam 1881 kam es zum Brand, dem 384 Menschen zum Opfer gefallen sind.

1874–1888 K.k. Hofburgtheater (heute: Burgtheater) im neubarocken Stil von Gottfried Semper (Grundriss) und Karl Freiherr von Hasenauer (Fassade). Am 14. Oktober 1888 mit Grillparzers „Esther“ und Schillers „Wallensteins Lager“ eröffnet.
1886–1888 Ausführung der Deckengemälde der Künstler-Compagnie, der Franz Matsch, Ernst und Gustav Klimt angehörten.
1875–1881 Justizpalast im Stil der Neorenaissance von Alexander Wielemans von Monteforte erbaut.
1877 Altes Börsengebäude von Theophil von Hansen (nach einem Großbrand 1956 wurde der monumentale Börsesaal nicht wieder hergestellt.).
1884 Aufstellen von „Bedürfnißanstalten für Personen beiderley Geschlechts“ durch den Unternehmer Wilhelm Beetz, nachdem seit den 1860er-Jahren nur Pissoirs für Männern eingerichtet worden waren.
1885 Sühnhaus an Stelle des alten Ringtheaters (1951 abgerissen, heute: Landespolizeidirektion).
1888 Einweihung des Maria Theresien-Denkmals von Caspar von Zumbusch.
1892 Zweite Stadterweiterung: Vorstädte außerhalb des Linienwalls wurden eingemeindet. Ausschreibung für einen öffentlichen Wettbewerb um einen Generalregulierungsplan von Wien, den 1893 Otto Wagner gewann.
1893 Beschluss, den Linienwall abzutragen und Bau der Gürtelstraße als „Ringstraße der Vorstädte“.
1897 Diskussion um den Bauplatz der Wiener Secession am Ende der Wollzeile. Karl Lueger, Gründer der Christlichsozialen Partei, wurde zum Bürgermeister bestellt.
1898–1901 Wienflussregulierung und den Bau der Wiener Stadtbahn durch Otto Wagner.
1899 Die Stadt Wien übernahm von der Imperial Continental Gas Association, die seit 1845 für die Stadt Wien tätig war, den Betrieb der Beleuchtung. Es wurde auf das effizientere Auer’sche Gasglühlicht umgerüstet.
1900 Enthüllung des Goethe-Denkmals zwischen dem Palais Schey und dem Burggarten.
1901–1913 Viertel zwischen Urania und Wollzeile wurde errichtet.
1903–1904 Elektrifizierung der Ringstraße.
1904–1906 Postsparkassenamt von Otto Wagner.
1906–1908 MAK-Erweiterungsbau in der Weißkirchnerstraße 3 von Ludwig Baumann.
1909–1910 Urania, ein Volksbildungshaus mit Sternwarte, von Max Fabiani, einem Schüler von Otto Wagner, der sich einer barockisierenden Formensprache bediente (Eröffnung am 10.6. durch Erzherzog Ferdinand Karl).
1910 Inbetriebnahme der Zweiten Hochquellwasserleitung mit Quellwasser aus dem Hochschwabgebiet.
1913 Fertigstellung des k. u. k. Kriegsministeriums (heute: Wirtschaftsministerium) von Ludwig Baumann. Auf Wunsch von Thronfolger Franz Ferdinand wurde die Fassade des Gebäudes mit einem Doppeladler bekrönt: 15 Meter Spannweite der Flügel und ein Gewicht von 40 Tonnen.

Die wichtigsten Bauten an der Ringstraße - von der Urania bis zum Ringturm

  • Uraniastraße 1: Urania, Max Fabiani, 1910
  • Stubenring 1: Ehem. k. u. k. Kriegsministerium, Ludwig Baumann, 1913
  • Georg-Coch-Platz 2: Ehem. k.k. Postsparkassenamt, 1906
  • Stubenring 3: Universität für angewandte Kunst, Karl Schwanzer, 1965
  • Stubenring 5: MAK, Henrich Freiherr von Ferstel, 1871
  • Weißkirchnerstraße 3: MAK-Erweiterungsbau, Ludwig Baumann, 1908
  • Parkring 4: Palais Dumba, Johann Romano v. Ringe & August Schwendenwein v. Lanauberg, 1866
  • Parkring 6: Palais Colloredo-Mansfeld, Johann Romano v. Ringe & August Schwendenwein v. Lanauberg, 1865
  • Parkring 8: Palais Erzherzog Wilhelm, Theophil von Hansen, 1868
  • Parkring 12: Gartenbauhochhaus, Kurt Schlauss & Erich Boltenstern, 1963
  • Coburgbastei 4: Palais Coburg, Karl Schleps & Adolf Korompay, 1845
  • Parkring 14: Palais Henckel von Donnersmarck, Johann Romano v. Ringe & August Schwendenwein v. Lanauberg, 1872
  • Parkring 16: Palais Leitenberger, Ludwig Zettl, 1872
  • Johannesgasse 33: Kursalon Hübner, Johann Graben, 1867
  • Schubertring 5: Ehem. Adeliges Casino, Johann Romano v. Ringe & August Schwendenwein v. Lanauberg, 1867
  • Schubertring 11: Palais Erzherzog Ludwig Victor, Heinrich Freiherr von Ferstel, 1866
  • Kärntner-Ring 18: Palais Wertheim, Heinrich Freiherr von Ferstel, 1868
  • Kärntner-Ring 9: Palais Corso, Karl Tietz, 1870
  • Kärntner-Ring 5: Ehem. Palais Hoyos-Sprinzenstein, Heinrich Freiherr von Ferstel, 1863
  • Kärntner-Ring 3: Palais Gomperz, Christian Friedrich Ludwig Ritter von Förster, 1861
  • Kärntner-Ring 4: Palais Königswarter, Johann Romano v. Ringe & August Schwendenwein v. Lanauberg, 1862
  • Opernring 2: Staatsoper, August Sicard von Sicardsburg & Eduard van der Nüll & Erich Boltenstern, 1869
  • Opernring 10: Palais Schey von Koromla, Johann Romano v. Ringe & August Schwendenwein v. Lanauberg, 1864
  • Burgring 5: Kunsthistorisches Museum, Gottfried Semper & Karl Freiherr von Hasenauer, 1891
  • Burgring 7: Naturhistorisches Museum, Gottfried Semper & Karl Freiherr von Hasenauer, 1889
  • Burgring 2: Hofburg und Neue Burg, Gottfried Semper & Karl Freiherr von Hasenauer & Emil von Förster & Friedrich Ohmann (Glashaus) & Ludwig Baumann (Nationalbibliothek), 1869-1923
  • Dr.-Karl-Renner-Ring 1: Palais Epstein, Theophil von Hansen & Otto Wagner, 1871
  • Dr.-Karl-Renner-Ring 3: Parlament, Theophil von Hansen, 1883
  • Rathausplatz 1: Rathaus, Friedrich von Schmidt, 1883
  • Universitätsring 2: Burgtheater, Gottfried Semper & Karl Freiherr von Hasenauer, 1888
  • Universitätsring 1: Universität, Heinrich Freiherr von Ferstel, 1884
  • Mölkerbastei, 1531-1871
  • Universitätsring 14: Palais Ephrussi, Theophil von Hansen, 1873
  • Rooseveltplatz: Votivkirche, Heinrich Freiherr von Ferstel, 1879
  • Schottenring 2-6: Ehem. Creditanstalt-Bankverein, Ernst Gotthilf & Alexander von Neumann, 1912
  • Schottenring 7: Ehem. Ringtheater, Emil von Förster, 1874 (1881 abgebrannt)
  • Schottenring 16: Alte Börse, Theophil von Hansen, 1877
  • Schottenring 21: Palais Sturany, Ferdinand Fellner & Hermann Gottlieb Helmer, 1880
  • Schlickplatz 6: Rossauer Kaserne, Karl Pilhal & Karl Markl, 1869
  • Schottenring 20-26: Palais Hansen, Theophil von Hansen, 1873
  • Schottenring 30: Ringturm, Erich Boltenstern, 1955
  1. Zitiert nach Markus Kristan, Jüdische Bauherren und Baukünstler, in: Gabriele Kohlbauer-Fritz (Hg.), Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard (Ausst.-Kat. Jüdisches Museum Wien 25.3.-4.10.2015), Wien 2015, S. 59-88, hier S. 88.
  2. „Scenographie der Stadt Wien“, 1778: Eine Vogelschau, die 1769-1774 von Maria Theresia in Auftrag gegeben worden war. Huber nutzte die Militärperspektive. Er war gezwungen bei der Befestigung absichtlich Fehler einbauen, um feindlichen Mächten keine zu genauen Pläne in die Hände zu spielen!
  3. „Blick auf Wien“, um 1841/42: Auf diesem Panorama ist der Grüngürtel besonders schön zu sehen.
  4. Anna Mader-Kratky, Über das Glacis. Erste Überlegungen zu einer Stadterweiterung Wiens, in: Andreas Nierhaus (Hg.), Der Ring. Pionierjahre einer Prachtstraße (Ausst.-Kat. Wien Museum 11.6.-4.10.2015), Wien 2015, S. 38-41, hier S. 40.
  5. In Paris wurde die Fortifikation schon 1670 abgerissen, was das Anlegen von Boulevards „erleichterte“, siehe: ebenda, S. 38; Richard Kurdiovsky, „Die baulichen Vorgänge in Paris ließen so vieles für Wien offen …“ Paris als Vor- und Gegenbild der Architektur der frühen Ringstraßenzeit, in: Andreas Nierhaus (Hg.), Der Ring. Pionierjahre einer Prachtstraße (Ausst.-Kat. Wien Museum 11.6.-4.10.2015), Wien 2015, S. 51-55.
  6. Zitiert nach Andreas Nierhaus, Ideen für die Stadt der Zukunft, in: Andreas Nierhaus (Hg.), Der Ring. Pionierjahre einer Prachtstraße (Ausst.-Kat. Wien Museum 11.6.-4.10.2015), Wien 2015, S. 98.
  7. Markus Kristan, S. 60.
  8. Andreas Nierhaus, S. 106.
  9. Andreas Nierhaus, S. 122.
  10. Wolfgang Förster, Theophilos Hansen - ein europäischer Stararchitekt des 19. Jahrhunderts, in: Monika Wenzl-Bachmayer (Hg.), Theophil Hansen. Ein Stararchitekt und seine Wohnbauten an der Wiener Ringstraße (Ausst.-Kat. WAGNER:WERK Museum Postsparkasse 14.5.-17.8.2013), Wien 2013, S. 20.
  11. Als Käufer traten auf: Friedrich Schey, Adalbert Zinner, Alexander Ritter von Schöller, Anton Dreher, Moritz Faber, Franz Mayr von Melnhof, Michael Hainisch. Siehe Andreas Nierhaus, S. 184.
  12. Andreas Nierhaus, S. 170.
  13. 1938 wurden 40‏% davon arisiert: April 1938 Palais Ephrussi.
  14. 1873 verlor Gustav von Epstein sein Vermögen. Das Palais konnte noch mit Hypotheken für seinen schwer kranken Sohn Friedrich gehalten werden. Nachdem dieser 1876 verstorben war, gab die Familie das Palais auf. 1876-1902 Imperial Continental Gas Association; 1902-1922 Sitz des Verwaltungsgerichtshofes, 1922-1938 Sitz des Wr. Stadtschulrates; 1938-1945 Sitz des Reichsbauamtes; 1945-1955 sowjetische Kommandantur; 1955-2001 erneut Sitz des Wr. Stadtschulrates. Markus Kristan, S. 70.
  15. IDas Palais Ephrussi wurde im April 1938 von der Gestapo beschlagnahmt und dem Amt für Wildbach- und Lawinenverbauung zugewiesen; 1969-2009 Firmensitz der Casinos Austria. Ebenda, S. 70.
  16. Zitiert nach: Gabriele Kohlbauer-Fritz, Familiengeschichten. Die Ringstraße und ihre Bewohner, in: Gabriele Kohlbauer-Fritz (Hg.), Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard (Ausst.-Kat. Jüdisches Museum Wien 25.3.-4.10.2015), Wien 2015, S. 23-58, hier S. 27.
  17. „Wer die Wiener Gesellschaft kennt, oder eigentlich die Wiener Koterien, in welche diese Gesellschaft zerfällt, der weiß: dass wohl die Herren vom Hochadel zuweilen die Salons der Wiener Bankiers besuchen, seltener die Damen.“ Zitiert nach ebenda, S. 39.
  18. Christian Maryška, Die prächtigste moderne Stadt der Welt, in: Michaela Pfundner (Hg.), Wien wird Weltstadt. Die Ringstraße und ihre Zeit (Ausst.-Kat. Österreichische Nationalbibliothek 21.5.-1.11.2015), Wien 2015, S. 56-69, hier S. 61-62.
  19. Für diesen Aspekt siehe Elana Shapira, Moses und Herkules. Der Beitrag des jüdischen Bürgertums zur Gestaltung der Ringstraße und des Praters, in: Gabriele Kohlbauer-Fritz (Hg.), Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard (Ausst.-Kat. Jüdisches Museum Wien 25.3.-4.10.2015), Wien 2015, S. 161-188.
  20. Zusammengesetzt aus Akkulturation und in der folgenden Generation auch durch Säkularisierung (Übertritt zum Christentum), siehe ebenda, S. 49.[note] - klang, konnte jedoch schnell zur psychischen Belastung werden. Für die Damen der ersten Generation bedeutete das Leben als „Schmuckstück für ihre Männer“ noch den sozialen Aufstieg. Ihre Töchter fanden sich oftmals in die für sie vorgesehenen Rollen nicht ein. Einige mittel- und großbürgerliche Damen zeichneten und dichteten, um ihrer Einsamkeit im eigenen Haushalt zu entfliehen, andere wurden depressiv und „hysterisch“. Anna Todesco wurde von Ferdinand von Saar bei ihren ersten literarischen Versuchen unterstützt. Sie heiratete Leopold von Lieben, konnte ihre - von Sigmund Freud bestätigte künstlerische Begabung - nicht ausleben und erkankte an psychosomatischen Störungen. Freud bezeichnete sie als seine „Lehrmeisterin“. Marie-Louise von Motesiczky, ihre Enkelin, wurde expressionistische Malerin und entwickelte einen Stil, der durchaus mit jenem Max Beckmanns vergleichbar ist. Das Gemälde „Der Psychoanalytiker“ zeigt einen kahlköpfigen Mann in Anzug, der den Lebensfaden (?) entspinnen hilft oder vielleicht doch eine bedrohlich, übermenschliche Figur ist. Marie-Louise von Motesiczky gelang die Flucht mit ihrer Mutter, Henriette von Motesiczky, nach London, wo sie auch nach dem Krieg blieb.

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    In welchem Stil soll man bauen?

    Der einflussreiche Kritiker Ludwig Hevesi resümierte 1895: „Eine ganze Gruppe von Wiener Baugenies hat diesen Krieg um den Ringstraßenstyl geführt. Wie Moltke, marschirten sie getrennt und schlugen vereint. Theophil von Hansen rückte von Griechenland aus heran, Friedrich Schmidt aus Gothenland, Heinrich Ferstel aus Frankreich über Italien, Karl Hasenauer aus Italien über Frankreich (vielleicht auch umgekehrt). Auf der Ringstraße wurde der fünfundzwanzigjährige Krieg ausgefochten.“[note]Ludwig Hevesi, Die Stadt und ihre Umgebung. Ein Gang über die Ringstraße, in: Wienerstadt. Lebensbilder aus der Gegenwart geschildert von Wiener Schriftstellern, Prag/Wien/Leipzig 1895, S. 433-441, hier S. 438.

  21. Kristans Behauptung auch das Burgtheater wäre in neobarocken Formen ausgeführt, ist zurückzuweisen, S. 67.
  22. Kurdiovsky, S. 52.
  23. Zitiert nach Ebenda, S. 55.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.