Die französische Hauptstadt war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Anziehungspunkt für Künstler:innen aus der ganzen Welt. Mit „Paris Magnétique“ widmet das Jüdische Museum Berlin (JMB) jüdischen Künstler:innen der „Pariser Schule“ die erste große Ausstellung in Deutschland.
Deutschland | Berlin:
Jüdisches Museum Berlin
25.1. – 1.5.2023
Die Schau zeichnet mit rund 120 Werken in zehn Kapiteln nach, wie migrantische, oft marginalisierte Kunstschaffende als Teil der Pariser Avantgarde das heutige Verständnis der Kunst der westlichen Moderne prägten. Zu sehen sind Werke von bekannten und weniger bekannten Künstler:innen, von Marc Chagall, Chaim Soutine, Amedeo Modigliani, Chana Orloff, Sonia Delaunay-Terk, Jules Pascin, Jacques Lipchitz, Otto Freundlich, Moïse Kisling, Louis Marcoussis, Michel Kikoïne, André Kertész und Ossip Zadkine, aber auch von weniger bekannten Kunstschaffenden wie Walter Bondy, Henri Epstein, Adolphe Feder, Alice Halicka, Henri Hayden, Georges Kars, Léon Indenbaum, Simon Mondzain, Mela Muter und viele andere.
Der Begriff „Pariser Schule“ („École de Paris“) bezeichnet weder eine Kunstschule noch einen Stil, sondern eine kosmopolitische Kunstszene, die sich gegen nationalistische und fremdenfeindliche Stimmen behauptete. 1925 prägte der Journalist und Kunstkritiker André Warnod den Begriff, der darunter die gerade im Entstehen begriffenen europäischen Avantgarde von Paris zusammenfasste. Diese sprengte die stilistischen Grenzen nicht nur einzelner Genres, sondern auch von Gattungen, und gab – ausgehend von Paris – der gesamten europäischen Moderne ihre entscheidenden Impulse.
Die Künstler:innen der „Pariser Schule“ kamen aus Deutschland, aus Italien und aus dem ehemaligen Russischen Reich, aus Polen, der Ukraine oder Belarus, nach Frankreich, um ein neues, freies Umfeld für ihr Schaffen zu finden. Manche teilten Ideale, vor allem aber wollten sie den schlechten Lebensbedingungen in ihren Herkunftsländern entrinnen, der Marginalisierung und Diskriminierung bis hin zu Pogromen. Wie ein Magnet zog die französische Metropole Künstler:innen an – sie bot ihnen den Unterricht in verschiedenen Akademien, einen Reichtum an Ausstellungen und Museen, einen aktiven Kunstmarkt und nicht zuletzt die Gemeinschaft der Bohèmiens in den vielen Cafés und Lokalen der Stadt. Die „École de Paris“ galt als Vorbild, Maßstab, Orientierungs- und Vergleichspunkt für künstlerische Entwicklungen weltweit.
Neben zahlreichen Gemälden zeigt das JMB Skulpturen und Zeichnungen. Dabei illustrieren Zeitdokumente wie Fotos, Zeitungs- und Filmausschnitte den historischen Kontext. Biografien der Künstler:innen, ihre Netzwerke und Treffpunkte wie Montparnasse oder das Atelierhaus „La Ruche [Der Bienenkorb]“ geben einen lebendigen Eindruck der jüdisch-europäischen Vielfalt in der französischen Hauptstadt.
Die Ausstellung wurde ursprünglich unter dem Titel „Chagall, Modigliani, Soutine… Paris pour école, 1905-1940“ vom Musée d’art et d’histoire du Judaïsme in Paris konzipiert und von Juni bis November 2021 präsentiert. Viele der gezeigten Werke stammen aus den Sammlungen des mahJ und des Musée national d’art moderne im Centre Pompidou sowie von privaten Leihgebern.
Lou Albert-Lasard, Vladimir Baranoff-Rossiné, Walter Bondy, Marianne Breslauer, Marc Chagall, Béla Czóbel, Sonia Delaunay, Isaac Dobrinsky, Henri Epstein, Adolphe Feder, Léopold Gottlieb, Samuel Granowsky, Alice Halicka, Henri Hayden, Philippe Hosiasson, Léon Indenbaum, Georges Kars, André Kertész, Michel Kikoïne, Moïse Kisling, Pinchus Krémègne, Ergy Landau, Rudolf Levy, Jacques Lipchitz, Morice Lipsi, Jacob Macznik, Mané-Katz, Louis Marcoussis, Marevna, Amedeo Modigliani, Simon Mondzain, Mela Muter, Chana Orloff, Jules Pascin, Alfred Reth, Issachar Ryback, Marcel Slodki, Chaïm Soutine, Marek Szwarc, Oser Warszawski, Léon Weissberg, Ossip Zadkine, Eugène Zak
Quelle: Jüdisches Museum Berlin
mit Texten von Pascale Samuel
276 Seiten, 203 Abbildungen
ISBN 978-3-86832-734-2
Wienand Verlag, Köln