Sonia Delaunay-Terk

Wer war Sonia Delaunay-Terk?

Sonia Delaunay-Terk (Hradysk 14.11.1885–5.12.1979 Paris) war eine bedeutende Künstlerin der Abstraktion und Modedesignerin der Klassischen Moderne (→ Klassische Moderne). Mit ihrem zweiten Ehemann Robert Delaunay förderte sie die Abstrakten Kunst in Form des Simultanismus (Orphismus). Die Avantgardistin verstand es, ihre ästhetischen Ideale auf Alltagsgegenstände, vor allem Kleidung, zu übertragen, was sie vom Werk ihres Mannes deutlich unterschied. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs flohen beide 1917 nach Madrid, wo Sonia Delaunay eine Boutique eröffnete und die avantgardistische Farbtheorie und Kunstästhetik erstmals in Form von verkaufbarer Mode, Möbel und Bühnendesign ein breites Publikum fanden.

Dennoch ist in der öffentlichen Wahrnehmung Robert Delaunay deutlich mehr präsent als seine Ehefrau. Dafür ist zum einen die Unterordnung Sonia Delaunays unter das Werk ihres Mannes mitverantwortlich. Die Erziehung des gemeinsamen Kindes lag größtenteils in ihren Händen, zudem sicherte sie mit ihren kunstgewerblichen Arbeiten den Lebensunterhalt der Familie. Da erst in jüngster Zeit der multimediale Anspruch der Avantgarde herausgearbeitet und Kunsthandwerk neu bewertet wird, ist es auch der aktuellen Kunstgeschichtsschreibung zu verdanken, Positionen wie jene von Sonia Delaunay zu überdenken und wiederzuentdecken.

„Wie in der geschriebenen Dichtung ist es nicht das Aneinanderfügen von Worten, das zählt. Das Geheimnis des künstlerischen Schaffens bringt eine Gemütsbewegung hervor oder nicht. Ebenso bei den Farben: Die Poesie, das Geheimnis eines Innenlebens wird frei, strahlt aus und teilt sich mit. Von da an kann eine neue gestalterische Sprache frei geschaffen werden.“1 (Sonia Delaunay, 1966)

Kindheit

Sonia Delaunay-Terk wurde als Sara Elievna Stern am 14. November 1885 in eine mittelständige, jüdische Familie in Odessa (heute: Ukraine) geboren. 1890 wurde Sonia durch ihren Onkel mütterlicherseits adoptiert und nahm den Namen Sonia Terk an. Als Kind lebte sie mit daher mit Henri Terk und dessen Ehefrau Anna in Sankt Petersburg, wo sie eine vielsprachige, kosmopolitische Erziehung erhielt. Der erfolgreiche Rechtsanwalt interessierte sich besonders für Malerei, weshalb er sich seiner Nichte und ihrem Talent besonders annahm. Die Sommermonate verbrachte die großbürgerliche Familie in Finnland und reiste durch Europa, um die großen Museen zu besuchen.

Ausbildung und erste Jahre in Paris

Als 19-jährige begann Sonia Terk, wie sie seit ihrer Adoption hieß, ein Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe (1904), das sie zwei Jahre später abbrach, um sich in Richtung Paris aufzumachen.

Paris versprach nicht nur Aufbruchsstimmung, sondern wurde für Sonia ab 1906 zum Lebensmittelpunkt. Anstatt die Pariser Académie de La Palette in Montparnasse zu besuchen, streunte sie viel lieber durch die Galerien und Ausstellungen von Paris. Die Avantgarde der Zeit inspirierte die junge Malerin zutiefst: Frühe Gemälde zeigen den Einfluss der Post-Impressionisten Vincent van Gogh, Paul Gauguin und Henri Rousseau, aber auch bereits der Fauves (→ Matisse und die Künstler des Fauvismus). Die Auseinandersetzung mit ihrer Kunst inspirierte sie zur Steigerung ihrer Palette.

Bereits 1908 stellte Sonia Terk erstmals in der Galerie des deutschen Kunsthändlers Wilhelm Uhde in der Rue Notre-Dame-des-Champs aus. Den Galeristen hatte sie ein Jahr zuvor kennengelernt. Um in Paris bleiben zu können, heiratete sie den homosexuellen Galeristen, der ihr den Kontakt zu den Avantgarde-Künstlern herstellte. Unter den neuen Bekannten waren nicht nur Pablo Picasso, Georges Braque und Henri Matisse, sondern auch Robert Delaunay (1885–1941), den Sonia 1910 nach ihrer Scheidung von Uhde ehelichte.

Anfang 1909 traf Sonia Terk erstmals Robert Delaunay, der seine Mutter Comtesse de Rose häufig in Uhdes Galerie begleitete. Im April wurden die beiden ein Liebespar, und im August die Scheidung von Uhde ausgesprochen. Ab ihrer Hochzeit am 15. November 1910 bildeten das Ehepaar Sonia und Robert Delaunay einen Fixstern in der Kunstszene der Stadt. Die beiden standen in künstlerischem Austausch, beeinflussten und inspirierten einander im Diskurs. So könnten die leuchtenden, reinen Farben, die Sonia und Robert Delaunay in ihren Werken einsetzten, u.a. auf ihre russische Abstammung zurückzuführen sein.

Erfindung der Abstraktion 1911/12

Nach der Geburt des gemeinsam Sohnes Charles (18.1.1911) nähte Sonia Delaunay eine Tagesdecke für sein Gitterbett, für die sie abstrakte Formen und bunte Farben verwendete. Die Nähe zu kubistischen Raum- und Zeitdarstellungen ermutigte sie in diese Richtung weiterzuforschen. Dieses kunsthandwerkliche Stück (Musée National d’Art Moderne, Paris) gilt daher als das erste Werk des Simultanismus (Orphismus).

Gemeinsam mit ihrem Ehemann Robert näherte sich Sonia Delaunay um 1912 der Abstraktion an. Beide verstanden Farbe als Ausdrucksmittel und wandten sich von der Wiedergabe gesehener Dinge ab. Nachdem Robert Delaunay jahrelang Michel-Eugène Chevreuls Traktat „Über den Simultankontrast der Farben“ (1839) studiert hatte, leitete er von dessen Beobachtungen über das Verhältnis der drei Grundfarben zu den Mischfarben die Theorie des Simultanismus (Orphismus) ab. Sonia Delaunay stand ihrem Mann bei dieser Arbeit als Diskurspartnerin zu Seite, den theoretischen Text dazu verfasste jedoch nur er. Basis der gemeinsamen Ästhetik war nicht nur der Einsatz von reinen und leuchtenden Farben in Flächen (farbiges Licht), sondern auch die Überzeugung damit Bewegung illusionieren zu können. Für beide stellte Paris die simultanistische Stadt par excellence dar. In der „Fenster“-Serie entwickelte Robert Delaunay dieses Konzept weiter. Er malte nicht mehr Dinge, sondern interessierte sich für optische Effekte, die für ihn größere Wahrhaftigkeit hatten. Im Herbst besuchte Franz Marc die Delaunays und vermittelte deren Konzept in München den Künstlern des Blauen Reiter.

Abstrakte Malerei und die Erfahrung von Zeit ergänzte Sonia Delaunay in ihren Kompositionen durch poetische Inspiration, die sie von Dichterfreunden wie Apollinaire Guillaume, Blaise Cendrars und Canudo erhielt. Ihre häufig aus runden, bunten Formen komponierten Bilder bzw. Illustrationen scheinen zur Musik der Worte zu tanzen. Rhythmus, Formen, Farbvariationen spielen eine große Rolle in der Entwicklung dieser Bilder, was sie bei der Analyse der Lichteffekte in der Stadt studierte.

Prosa über die Transsibirische Eisenbahn und die kleine Jeanne d’Arc (1913)

Sonia Delaunay-Terk übertrug diese Lektion auch auf literarische Texte und schuf gemeinsam mit Blaise Cendrars 1913 „La Prose du Transsibérien et de la petite Jehanne de France [Prosa über die Transsibirische Eisenbahn und die kleine Jeanne d’Arc]“ (1913, kolorierte Druckgrafik, Privatsammlung). Für das nahezu zwei Meter hohe Werk verbanden Autor und Malerin Bild, Farben, Strukturen und Text bzw. Typografie gleichberechtigt zu einem Klang-Wort-Rhythmus, bei dem sogar der Text seine Farbe ändert. Das „Buch“ entfaltet sich als vertikaler Leporello, den die Leserinnen und Leser simultan farbig erfassen. Während die Verse in Absätze gegliedert sind, greifen Sonia Delaunays farbige Formen ineinander und vermitteln so den Eindruck ständiger Bewegung einer Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn. Sonia Delaunay war mit einer Vielzahl von Werken – darunter der „Prosa über die Transsibirische Eisenbahn“ – am Herbstsalon in Berlin vertreten.

„Ich bin ein Fiebernder. Und aus diesem Grund liebe ich die Malerei der Delaunays, so voller Sonne, voller Inbrunst, voller Heftigkeit. Madame Delaunay hat ein so schönes Buch aus Farben geschaffen, dass mein Gedicht mehr von Licht durchtränkt ist als mein Leben.“2 (Blaise Cendrars, 1913)

Mode und Kunsthandwerk

„Donnerstags und sonntags sollte man sich im „Bal Bullier“ Herrn und Frau Robert Delaunay ansehen, die eine Kleiderform vorführen. Der simultane Orphismus hat im Bereich der Kleidung Neuerungen hervorgebracht, die nicht zu verachten sind […]. Herr und Frau Delaunay sind Wegbereiter. Sie belasten sich nicht mit der Imitation vergangener Moden, und da sie auf der Höhe der Zeit sein wollen, versuchen sie gar nicht, die Form des Kleiderschnittes zu erneuern und so der zeitgenössischen Mode zu folgen, sondern sie versuchen dadurch Einfluss zu nehmen, dass sie neue, in ihrer Farbgebung unendlich variierte Materialien verwenden […]. Und hier die Beschreibung eines Simultankleides von Frau Sonia Delaunay Terck: violettes Kostüm mit breitem violettem und grünem Gürtel, und unter der Jacke eine in lebhafte, zarte und verblichene Farbfelder unterteilte Bluse, wo sich Altrosa, Orange, Nattier-Blau, Scharlachrot usw. vermischen, und auf Tuch, Taft, Tüll, Flanell, Moiré und Seidenrips erscheinen. Eine solche Vielfalt muss auffallen. So würde Eleganz phantasievoll.“3 (Guillaume Apollinaire)

Im Gegensatz zu ihrem Ehemann begnügte sich Sonia Delaunay nicht mit der Malerei, sondern suchte Kunst und Leben miteinander zu verbinden, indem sie sich anderen Disziplinen öffnete. Die multimedial arbeitende Künstlerin interessierte sich für Stickerei, Inneneinrichtung und Modedesign.

Eine Tagesdecke für das Gitterbett ihres Sohnes soll das erste simultane Kunstwerk gewesen sein. Der Decke folgten eine bemalte Spielzeugschachtel, Bucheinbände und Kleidungsstücke, die Sonia Delaunay selbst nähte. In diesen Arbeiten konnte die russischstämmige Künstlerin ihre modernen Experimente mit russischer Volkskunst verbunden. Schlussendlich stand aber ihr Wunsch dahinter, den Simultanismus (Orphismus) populär zu machen. Da sich sonntags in der Wohnung der Delaunays Künstler und Intellektuelle trafen, wurden ihre vier Wände zu einer ersten Kunstgalerie der Abstraktion. Bereits am Berliner Herbstsalon 1913 war sie mit Gemälden, Werbung, Bucheinbänden und Haushaltsgegenständen vertreten – daneben stellen Robert Delaunay, Marc Chagall, Max Ernst, Lyonel Feininger, Franz Marc und Paul Klee aus.

Das „Simultanistische Kleid“ sollte das Publikum mit der neuen Ästhetik vertraut machen. Mit ihren gewagten Mischungen von Farben und Texturen wurde das Ehepaar zu „Reformern des guten Geschmacks“ und verursachten so manche Sensation. Gleichzeitig schuf Sonia Delaunay weiterhin Gemälde, die zu ihren besten zählen, wie die „Prosa über die Transsibirische Eisenbahn“ (1913, Privatsammlung).

„Flucht“ nach Madrid

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, befanden sich die Delaunays zufälligerweise auf Urlaub in Spanien und hielten sich bei Freunden in Madrid auf. Sonia Delaunay und ihr Mann entschieden sich, in Madrid (Spanien) zu bleiben, wo sie sich Ende des Jahres niederließen. Da sie von der Pariser Avantgarde abgeschnitten waren, wandte sich Sonia Delaunay dem Studium der Alten Meister zu.

Dieses Jahr in Madrid wurde für Sonia Delaunay eines der wichtigsten, weil freiesten und experimentellsten ihrer Kunst – zumindest solange bis zur russischen Oktoberrevolution das Geld aus St. Petersburg geschickt wurde. 1916 hatte Sonia Delaunay ihre erste Einzelausstellung von in Stockholm.

Im August 1915 lud eine Gruppe Futuristen die Delaunays nach Portugal ein. Das Dorf Vila do Conde im Norden des Landes wurde für kurze Zeit ihre neue Heimat. Nichtsdestotrotz führte Sonia Delaunay ihre Spanienliebe weiter mit sich, wie „Großer Flamenco“ (1915/16) and „Kleiner Flamenco“ (1916). Die Inspiration durch Flamenco-Sängerinnen inspirierte die Künstlerin teilweise wieder zur figurativen Malerei zurückzukehren.

1917 – zweite Madrider Periode

Nach dem Sieg der Oktoberrevolution in Russland, durch die der konstante Geldfluss aus St. Petersburg eingestellt wurde. Sonia Delaunay musste erstmals mit ihren Arbeiten Geld verdienen, weshalb die Künstlerin die Boutique „Casa Sonia“ für Mode, Accessoires und Möbel eröffnete (ab 1918 mit einer Dependance in Bilbao). In dieser Phase legte sie den Grundstein für ihre künstlerische Entwicklung der 1920er Jahre.

Zudem begann sich die Künstlerin mit Bühnenbild und Kostümen zu beschäftigen, da sich auch der russische Emigré Sergei Diaghilev nach Spanien geflüchtet hatte. Es ist somit ihr Verdienst, dass die Theorie des Simultanismus (Orphismus) erstmals und erfolgreich einem breiten Publikum vorgestellt wurde.

Bühnenkreationen wie die Kostüme für „Kleopatra“ (1918, Uraufführung in London) für das Ballets Russes, der Umbau des alten Teatro Benavente zum Petit Casino in Madrid (1919, Fotografien) und die Eröffnung ihrer Boutique machten aus der Avantgardekünstlerin rasch eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Wenn Sonia Delaunay auch 1921 wieder nach Paris zurückkehrte, so stellten doch diese Jahre in Madrid, wie die Ausstellung hervorhebt, eine wichtige Wendezeit im Leben der Künstlerin dar. Das Künstlerpaar nahm Kontakt mit Tristan Tzara und den Hauptvertretern des Dadaismus auf.

1920 kontaktierte Sonia Delaunay-Terk Paul Poiret, um in ihrem Madrider Geschäft Arbeiten aus seinem Atelier Martine anzubieten, was dieser empört zurückwies. Im gleichen Jahr stellten Sonia und Robert Delaunay Werke in Herwarth Waldens Sturm-Galerie in Berlin. Die Künstlerin unternahm zwei Reisen nach Paris, um sich wirtschaftlich neu zu orientieren.

Kunst, Mode und Literatur

Während seines Aufenthalts in Madrid schloss das Ehepaar Delaunay viele Kontakte zu Schriftstellern wie Ramón Gómez de la Serna und Guillermo de la Torre. Im Jahr 1921 zog das Künstlerpaar nach Paris, Boulevard Malesherbes 19. Ihre gröbsten finanziellen Probleme wurden durch den Verkauf von Henri Rousseaus „Schlangenbeschwörerin“ an Jacques Doucet behoben.

Boutique Sonia

Auch nach ihrer Rückkehr nach Paris 1921 und vom Geist des Dadaismus eingenommen, dekorierte Sonia Delaunay die Wände ihres Hauses mit Gedichten von ihren vielen Schriftstellerfreunden, darunter Gómez de la Sernas „Fächer-Gedicht” (1922). Dazu kamen Designs für so genannte „Kleider-Gedichte”. Kleider aus Stoffen, die Texte oder Gemälde von Sonia Delaunay trugen, waren Anfang der 1920er Jahre die Eintrittskarte, um mit Künstler des Dadaismus und des Surrealismus zusammenzuarbeiten. So entwarf Sonia Delaunay Kostüme für Tristan Tzaras Theaterstück „Cœure á gaz“; gemeinsam entwickelten sie auch die Robes poèmes [Kleider-Gedichte], deren Stoffmuster und Umsäumungen Wörter aus Tzaras Gedichten zitieren. Theater- und Filmprojekte dieser Zeit sind u.a. „Le P’tit Parigot“ (1926) von Le Somptier.

Im Jahr 1924 eröffnete Sonia Delaunay-Terk die Pariser Boutique „Sonia“, in der sich die ganze Familie einkleiden konnte. Die Delaunays meldeten die Marke „Simultané“ als französisches und amerikanisches Patent an.

Sonia Delaunay-Terk feierte gleichzeitig mit ihrer Teilnahme an der „Exposition des Arts décoratifs et industriels modernes“ 1925 in Paris, besser bekannt als Art-Deco-Ausstellung, einen riesigen Erfolg. Der Architekt Gabriel Guévrékian errichtete aus der Brücke Alexandre III. eine Simultanboutique, die eine der Hauptattraktionen der Ausstellung wurde. Einsatz von Modefotografie, welche die moderne Frau mit Kurzhaarschnitt, Zigarette in der Hand im großstädtischen Ambiente zeigt.
Eine Folge war Delaunay-Terks Zusammenarbeit mit dem holländischen Warenhaus Metz & Co., die bis in die 1950er Jahre andauerte. Zahllose Entwürfe für Muster und Designs sowie die ausführliche Korrespondenz mit dem Erzeuger geben einen Einblick in den kreativen Prozess der Modegestaltung. Die aufkommende Modefotografie wusste die aufgeschlossene Künstlerin genauso einzusetzen wie ein Farbvideo aus dem Jahr 1925, mit dem sie ihre Entwürfe bewerben wollte.

1929 verbrachte das Künstlerpaar Delaunay den Sommerurlaub gemeinsam mit den Familien Arp, Huidobro und Tzara im bretonischen Carnac (August). Die Wirtschaftskrise dezimierte die Kundschaft von Sonia Delaunays Geschäft merklich. Im Folgejahr musste Delaunay ihre Boutique schließen, was sie jedoch als große Erleichterung empfand. Verdiente ihren Lebensunterhalt weiterhin als Stoffdesignerin und konnte sich wieder mehr auf die Malerei konzentrieren.

Späte Anerkennung

Robert und Sonia Delaunay bewegten sich Ende der 1920er Jahre weiterhin in der Pariser Avantgarde, wobei sie vor allem das Ehepaar Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp befreundeten. Wie sie arbeiteten die Arps an Konkreter Kunst und vermittelten den beiden auch die Gruppierung Abstraction-Création, der Sonia 1931 auch beitrat.

Im Jahr 1937 nahm Sonia gemeinsam mit Robert an der Dekoration von zwei großen Pavillons, dem Pavillon des Chemins de Fer und dem Palais de l'Air, auf der Weltausstellung in Paris teil. Im Eisenbahn-Pavillon ließ Sonia Delaunay ihre Reise auf die Iberische Halbinsel Revue passieren, wodurch die dieser Phase in ihrem Leben einmal mehr Bedeutung verlieh. Die Wandmalereien und bemalten Platten für die Ausstellung wurden von 50 Künstler:innen ausgeführt, darunter Albert Gleizes, Léopold Survage, Jacques Villon, Roger Bissière und Jean Crotti.

1940 fanden die Delaunays in Châtel-Guyon Unterschlupf. Robert Delaunay erkrankte an Krebs und starb im Oktober 1941 im Krankenhaus von Montpellier. Danach setzte Sonia Delaunay-Terk ihre Arbeit und den Kampf für die Abstrakte Kunst fort. Sie zog zu Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp sowie zu Susi und Alberto Magnelli nach Grasse (Alpes-Maritimes), wo sie fast bis zum Ende des Krieges blieben.

Nach dem Krieg, zurück in Paris, nahm die Künstlerin die Malerei wieder auf. Im Jahr 1964 wurde sie als erste lebende Künstlerin mit einer Retrospektive im Musée du Louvre geehrt – nachdem sie etwa einhundert ihrer und Roberts Werken dem Museum geschenkt hatte. „Farbiger Rhythmus Nr. 694“, „Rhythmus Farbe“ (1964) und „Horizontales Mosaik“ sind drei der spätesten Abstraktionen in Sonia Delaunays Werk. Sonia Delaunay wurde 1975 in die Französische Ehrenlegion aufgenommen.

Tod

Sonia Delaunay-Terk starb am 5. Dezember 1979 in Paris.

Literatur zu Sonia Delaunay-Terk

  • Robert Delaunay – Sonia Delaunay: Das Centre Pompidou zu Gast in Hamburg, hg. v. Uwe M. Schneede (Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, 10.9.–21.11.1999), Köln 1999.
  1. Zitiert nach: Robert Delaunay – Sonia Delaunay: Das Centre Pompidou zu Gast in Hamburg, hg. v. Uwe M. Schneede (Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, 10.9.– 21.11.1999), Köln 1999; Zitat aus dem Französischen übersetzt von Catherine Henry, S. 203.
  2. Zitiert nach Blaise Cendrars, La Prose du Transsibérien et de la Petite Jehanne de France, in: Der Sturm, IV. Jg., Nr. 184/185, November 1913, S. 127.
  3. Guillaume Apollinaire, Die Kleiderreform, zitiert nach: Walburga Krupp, Sonia Delaunay – Sophie Taeuber-Arp, in: Die andere Seite des Mondes. Künstlerinnen der Avantgarde (Ausst.-Kat. K20 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 22.10.2011–15.1.2012), Düsseldorf 2011, S. 131–132.