Herbert Brandl

Wer ist Herbert Brandl?

Herbert Brandl (*17.1.1959, Graz) ist ein österreichischer Maler und Grafiker der Gegenwart (→ Zeitgenössische Kunst), dessen Werk zwischen expressiver Abstraktion und Figuration changiert. Dabei bezieht sich der Maler immer auf die Natur. 1992 nahm der österreichische Maler an der documenta IX in Kassel, 2007 vertrat Brandl Österreich auf der Biennale in Venedig. 2004 wurde Brandl an die Kunstakademie Düsseldorf berufen, wo er seither eine Professur innehat. Herbert Brandl lebt und arbeitet in Wien.

Ausbildung

Ende der 1970er Jahre begann Herbert Brandl zu malen. Zwischen 1978 und 1983 studierte Herbert Brandl an der Hochschule für angewandte Kunst, Wien. Die Klassen von Herbert Tasquil und Peter Weibel (ab 1982) waren besonders prägend. Die erste Galerienausstellung organisierte Peter Pakesch 1982, die erste museale Einzelausstellung Herbert Brandls fand 1984 in der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz, statt.

Zu seinen künstlerischen Vorbildern während der 1980er Jahre äußerte sich der Wiener Maler:

„Franz Anton Maulbertsch war einer der wenigen großen österreichischen Barockmaler. Danach war es mehr oder weniger mit der österreichischen Malerei zu Ende. Doch er spielte für mich keine große Rolle, wichtig dagegen waren die frühen, spätimpressionistischen Arbeiten von Francis Picabia. Da gibt es Bilder, die an die Malerei von Gerstl erinnern. Wobei ich sagen muss, dass ich das Werk von Gerstl nicht gut kenne, da es in Österreich kaum zu sehen war. Erst Anfang der 1980er Jahre gab es eine größere Gerstl Ausstellung, begleitet von einer kleinen Publikation. Besonders fasziniert haben mich Gerstls Bilder von Gärten und Bäumen sowie sein Bild von der Familie Schönberg. Das hatte er bereits um die Jahrhundertwende im Stil von De Kooning gemalt.“1 (Herbert Brandl)

Sich am Frühwerk von Francis Picabia (→ Francis Picabia: Unser Kopf ist rund) und den Landschaften von Richard Gerstl abzuarbeiten, und letztere mit Bildern von Willem de Kooning zu vergleichen, zeigt, dass Brandl auf die Erfahrungen von Spätimpressionismus, Pointillismus, der gestischen Figuration und Abstraktion der Nachrkiegszeigt aufbaute (→ Postimpressionismus | Pointillismus | Divisionismus | Abstrakter Expressionismus | Informel).

Werke

Herbert Brandls Frühwerk setzt mit Anfang der 1980er Jahre ein und steht dem Neoexpressionismus nahe (→ Neue Wilde | Junge Wilde). Als Vertreter der „Neuen Malerei“ wurde Brandl schnell international bekannt. Die frühen Arbeiten überzeugen durch eruptive Farbgebung, gestischen Strich. Bildmotive findet Herbert Brandl seitdem in der Natur. Diese setzt er in großformatigen Gemälden, Aquarellen und Monotypien um, wobei er zwischen Abstraktion und gegenständlicher Malerei changiert.

Charakteristisch für die Bilder Herbert Brandls ist, dass er Farbmassen mit energischen, breiten Pinselstrichen in raschem Tempo auf die Leinwand setzt. Damit wird der malerische Prozess deutlich sichtbar. Dieser erfolgt wie ein Experiment ohne ausgefeilte Planung im Voraus und ist ein höchst anstrengender Vorgang. Als Expressionist möchte Brandl dennoch nicht gesehen werden:

„Völliger Blödsinn. […] Das stimmt überhaupt nicht, ich bin kein Expressionist, der seinen Gefühlen freien Lauf lässt. Ich selbst bin ja nur ein Betrachter meiner Bilder, allerdings mit dem Recht einzugreifen. Ich wollte mich immer nur mit dem auseinandersetzen, was ich sehe, mit meiner Optik. Mich haben die mineralogischen Details viel mehr interessiert. Was ich mit meinen Bildern vermittle, konnte ich aber nie genau sagen. Ich konnte mich nur an ihnen hinaufhanteln wie auf einer Felswand.“2 (Herbert Brandl, 2002)

In den 1980ern trug Herbert Brandl die Farben in pastosen Schichten auf die Leinwand auf. Seit Beginn der 1990er Jahren setzt er die Farbe flüssiger ein. Die Farbschichten werden dünner, und manchmal sogar lasierend. Meist arbeitet Brandl jedoch gestisch. Ziel des Malers wäre, „einen absichtslosen Zustand zu erreichen“.

Die Farbe, die Farbtöne, aber auch die Farbe als Medium in ihrer unterschiedlichen Stofflichkeit und Anwendung sind für Brandl von großer Bedeutung:

„Ich arbeite sehr oft nur mit den physikalischen Gegebenheiten der Farbe: dass sie herunterrinnt oder -tropft, dass sie Batzen macht und man sie wegspachtelt. Dieses ganze Repertoire spiele ich durch und versuche, einen absichtslosen Zustand zu erreichen.“ (Herbert Brandl)

Aquarell

„Ich entwickle Farbe aus der Farbe heraus und nicht aus der Form. An sich handelt es sich bei meiner Malerei um Farbflecken oder Farbwolken, aus denen sich eine Hauptfarbe entwickelt, die alles überflutet. Nur am Rande werden dann noch die anderen Farben sichtbar.“ (Herbert Brandl)

Zwischen Serien von Gemälden entstehen immer wieder Aquarelle. Anfangs ist das Naturmotiv noch besser erkennbar als in den späteren Arbeiten. Zunehmend löste Herbert Brandl die Farbe von der beschreibenden Funktion und sprach ihre größere Autonomie zu. Wie auch in der Ölmalerei beschränkt sich Brandl nicht auf eine Stilrichtung, sondern wechselt zwischen abstrakter und gegenständlicher Malerei. Im Aquarell spielt der Moment des Zufalls eine deutlich größere Rolle als im Ölbild.

Berge

Seit 2000 arbeitet Herbert Brandl an einer Serie von Bergbildern. Dabei bezeichnet sich der Künstler selbst als „Bergseher“ und nicht als „Bergsteiger“. Er malt die Bergbilder nach Hochglanz-Magazinen oder Bergsteiger-Zeitschriften, nach Erfahrungen und Spaziergängen, die er zu einem Bild konzentriert. Der Berg, sein Name oder seine Geschichte sind dabei nicht von Interesse für den Maler, sondern das Wesenhafte der Form des Berges. Die Fotografien, die Herbert Brandl als Inspirationsquelle nimmt, zelebrieren den Berg schon an sich, beschwören die Ewigkeit der Steinmassive und zeigen dessen Erhabenheit. Viele Arbeiten sind von monumentaler Größe wie auch das Motiv. Dazu nutzt Brandl immer die Untersicht, wodurch ein fast „abwehrender“ Charakter der Gebirgsmassive.

Literatur

  • Ingried Bruger, Florian Steininger (Hg.), Herbert Brandl (Ausst.-Kat. Bank Austria Kunstforum, Wien, 26.1.–15.4.2012), Wien 2012.
  • Herbert Brandl, Berge und Landschaften. Monotypien 2009/2010 (Ausst.-Kat. Albertina, Wien, 22.10.2010–9.1.2011), Wien 2009.
  • Herbert Brandl (Ausst.-Kat. Neue Galerie im Künstlerhaus Graz, 1.3.–26.3.2002), Ostfildern 2002.
  1. Hans Ulrich Obrist im Gespräch mit Herbert Brandl, in: Peter Weibel, Günther Holler-Schuster (Hg.), Herbert Brandl (Ausst.-Kat. Neue Galerie Graz, Graz, 15.6.–25.8.2002), Ostfildern-Ruit 2002, S. 11–16, hier S. 14f.
  2. Zit. n. Wolfgang Kos im Gespräch mit Herbert Brandl, in: Herbert Brandl (Ausst.-kat. Neue Galerie Graz 2002) S. 254 ff.