Jean Siméon Chardin (auch: Jean-Baptiste-Siméon Chardin. 2.11.1699–6.12.1779 Paris) wurde 1728 als Genre- und Stilllebenmaler in die Académie de peinture aufgenommen. Innerhalb des akademischen Systems, vor allem aber über die Salonausstellungen in Paris, etablierte sich der Lieblingsmaler von Denis Diderot in den folgenden Jahren als „Meister der Harmonie“. Höhepunkt seiner Karriere war die Anerkennung durch den Hof, die Chardin ab 1752 regelmäßige Zahlungen einbrachte, und 1770 in seiner Berufung zum Ersten Maler des Königs gipfelte. Heute zählt Chardin mit seinen stillen Gemälden voller selbstversunkener Protagonistinnen und Protagonisten zu den bekanntesten Malern der französischen Kunst des 18. Jahrhunderts.
„Chardin ist kein Historienmaler aber er ist ein großer Mann. Er ist für alle der Meister der Harmonie (…). Chardin steht zwischen der Natur und der Kunst; er verweist die anderen Nachahmungen auf den dritten Rang.“1 (Denis Diderot, Aus dem Salon von 1769)
Chardin erhielt eine rudimentäre Ausbildung bei den Historienmalern Pierre-Jacques Cazes (1676–1754) und Noël-Nicolas Coypel (1690–17334), wodurch er vielfach als Autodidakt bezeichnet wird. Erst durch Coypel scheint er das Malen nach lebenden Modellen erlernt zu haben. Aber schon die Zeitgenossen bemerkten die hohe Bedeutung der niederländischen und flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts für Chardins Themenwahl, Kolorismus, Licht und Detailfreude. Als Jean Siméon Chardin in den frühen 1720er Jahren ein nicht erhaltenes Ladenschild für einen Chirurgen malte, entschied er sich gegen das geforderte Stillleben und entwarf eine vielfigurige Szene rund um einen Verwundeten. Wohl wissend, dass er sich damit den Wünschen seines Auftraggebers widersetzt hatte, hängte Chardin das Ladenschild in der Nacht auf. Die Begeisterung, die die an Antoine Watteaus „Ladenschild für Edmé-François Gersaint“ (1720, Charlottenburg, Berlin) erinnernde Komposition bei den Passanten auslöste, beruhigte den Chirurgen und ermunterte den jungen Maler, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Ohne eine konventionelle Ausbildung zum Maler anzustreben oder auch nur Paris einmal verlassen zu haben, wurde er 1724 als Meister in der Académie de Saint-Luc aufgenommen und erarbeitete sich in den folgenden Jahren seine Mitgliedschaft in der königlichen Akademie.
Jean Siméon Chardin dürfte sich um die Mitte der 1720er Jahre entschieden zu haben, Stillleben und Genrebilder zu malen und nicht Historienmaler zu werden. So trat er auch nicht die obligate Romreise an, über Pariser Sammlungen wie jene des Königs und vom Herzog von Orléans konnte er sich mit der italienischen und niederländischen Malerei vertraut machen (→ Barocke Gemäldegalerien und ihre Kataloge). Die Kunstschriftsteller Mariette und Charles Nicholas Chochin (1715–1790) berichten übereinstimmende von einem Stillleben mit Hasen, das der Pariser Maler mit einigen Küchengeräten zu einer sorgfältig ausbalancierten Komposition ausformuliert hätte, sofort einen Käufer fand und zum Initialwerk Chardins wurde. Wie der Tier- und Jagdstilllebenmaler Jean-Baptiste Oudry (1686–1755) beschränkte sich Chardin auf wenige Gegenstände, die er meist bildparallel arrangierte.
Schon in den frühen Stillleben beeindrucken weiches Licht und Imapsto, die typisch für Chardins kaum mehr als 200 Werke sind. Motive gibt es noch weniger, da der Künstler sehr langsam arbeitete – er dürfte etwa vier Gemälde pro Jahr ausgeführt haben – und seine Kompositionen vielfach wiederholte bzw. ähnlich arrangierte. Wenn Chardin sich auch von den niederländischen Feinmalern anregen hat lassen, so ist für ihn doch eine pastos-trockene Malweise charakteristisch.2 Seine Pinselschrift bleibt sichtbar und betont das Gemachte der Gemälde. Genaue Naturbeobachtung setzte Chardin in koloristische und optische Nuancen um. Zur Darstellung (Imitation) des Motivs gesellt sich in Chardins Malerei der Reiz der Seherfahrung, die sich schon den Betrachtern des 18. Jahrhunderts als geheimnisvolle Stimmung (climat magique) manifestierte.
„Man muss das Auge lehren, die Natur zu betrachten.“ (Chardin zitiert von Diderot, Aus dem Salon von 1765)
Mit der Präsentation von „Der Rochen“ (um 1726, Louvre) und „Die Silberterrine“ (um 1727/28, Louvre) auf der „Exposition de la jeunesse“ im Place Dauphine gelang Chardin 1728 Aufmerksamkeit auf sich und seine Kunst zu ziehen. Im gleichen Jahr wurde er als „Maler von Tieren, von Küchengeschirr und von verschiedenen Gemüseschalen“3, also als Stilllebenmaler, in die Académie royale de peinture et de sculpture in Paris aufgenommen. Obwohl er aus der Perspektive der königlichen Akademie in der Hierarchie der Gattungen ganz unten angesiedelte Stillleben malte, wurde Chardin in den folgenden fünfzig Jahren einer der wichtigsten Mitglieder der Vereinigung und beteiligte sich als Berater, Schatzmeister und Sekretär für die Akademie. Grund für einen beispiellosen Aufstieg war sein herausragender Ruf:
„Derjenige unter ihnen, der der Historienmalerei am nächsten kommt, ist Monsieur Chardin.“4 (Abbé Gougenot, Lettres sur la peinture, 1748)
und weiter:
„Chardins Bildgattung ist freilich die leichteste; aber kein lebender Maler, auch nicht Vernet, ist so vollkommen in der seinen.“5 (Denis Diderot, Aus dem Salon von 1765)
Zwischen 1727 und 1729 spezialisierte sich Chardin auf Tier- und Fruchtstillleben, die er ab 1730 mit Gefäßen zu Küchenstillleben erweiterte. Sein Einkommen dürfte in diesen Jahren höchst bescheiden gewesen sein, da er für die Preise malte, die seine Auftraggeberinnen und Auftraggeber6 bereit waren zu zahlen. Erst ab 1760 wurden Chardins Werke hoch gehandelt. Zu den wirtschaftlich wichtigen Aufgaben zählte auch die Restaurierung der Fresken in der Galerie François I. in Fontainebleau im Jahr 1731. Ab 1737 bis zu seinem Tod 1779 stellte Chardin regelmäßig am Salon aus. Von 1755 bis 1774 war er Schatzmeister der Akademie und 1761 bis 1774 sogar für die Hängung des Salons zuständig.
Die Akademie definierte Historienmalerei als die höchste Kunstform. Jean Simèon Chardins Werke fallen nicht in diese Kategorie, sondern bestechen bis heute mit ihrer Einfachheit, Zeitlosigkeit und Ausgewogenheit. Häusliche Einblicke und Stillleben, ergänzt durch Chardins Fähigkeit, Kinder und Jugendliche in ihrer eigenen Welt einzufangen, machen seine Gemälde auch heute noch zu den beliebtesten Werken des französischen Rokoko.
Im Jahr 1730 begann Chardin, einfache Küchenutensilien in seine Gemälde aufzunehmen. Zu den überraschendsten Werken dieser Gruppe zählt „Das kupferne Wasserfass“ (um 1734, Louvre), eine genauso realistische wie banale Schilderung des Behälters. Bald darauf bevölkern auch Figuren die häuslichen Szenen: Die frühesten Genrebilder Chardins sind „Briefsieglerin“ (um 1733, Schloss Charlottenburg, Berlin), vielleicht überhaupt ein erster Versuch, „Die Wäscherin“ (um 1733, Eremitage), „Seifenblasen“ (1733/34, Metropolitan Museum, New York), „Die Frau am kupfernen Wasserfass“ (1733–1735, The National Gallery, London). Es handelt sich um Einblicke in einfache Haushalte mit schlichter Möblierung und kleinbürgerlichen Protagonisten.
Bis 1739 stellte Chardin meist Küchenmägde dar, die ihrer Arbeit nachgehen oder diese Tätigkeiten gerade niedersinken haben lassen, um ihren Gedanken nachzuhängen. Einfache Alltagsszenen wie diese galten zwar als nicht darstellungswürdig, hatten jedoch berühmte Vorläufer in der niederländischen Genremalerei des 17. Jahrhunderts und bei den Brüdern Le Nain in Frankreich. Bemerkenswert sind Chardins Gemälde allemal für ihre formale Struktur und malerische Harmonie.
Erst mit „Die Gouvernante“ (1739, National Gallery of Canada, Ottawa7) wandte sich Chardin dem bürgerlichen Lebensstil zu. Er stellte das Bild 1739 im Salon aus, wo es begeistert aufgenommen wurde. In der Folge entstanden Genregemälde, in denen die Ausstattungen von Räumen und Menschen deutlich ein sozial gehobenes Milieu beschreiben.
„Wer sagte, dass man mit Farben malt? Man arbeitet mit Farben, aber man malt mit dem Gefühl.“ (Chardin)
Interessanterweise waren es nicht die originalen Gemälde, die Chardin ab 1738 zu einem königlichen Einkommen verhalfen, sondern reproduzierende Druckgrafiken. Kupferstecher wie F.-B. Lépicié und P.-L. Sugurue setzten Chardins Genrebilder – aber kein einziges Stillleben – in Druckgrafiken um. Sie wurden in den Techniken Kupferstich, Radierung und Schabkunst realisiert und ab 1737 regelmäßig auf den Salonausstellungen zusammen mit den Gemälden präsentiert.
„Das Publikum war gierig nach seinen Gemälden, und da der Künstler nur zu seinem Vergnügen und daher sehr wenig malte, war es als Entschädigung fiebrig auf der Suche nach Drucken von seinen Werken.“ (Etienne La Font de Saint-Yenne)
Allein Madame de Pompadour besaß 23 Stiche nach Gemälden von Chardin. Der Künstler mühte sich bei den Auftraggeberinnen und Auftraggebern seiner Werke um das Recht, sie reproduzieren lassen zu dürfen. Er wäre, so meinte er in einem Brief, der Öffentlichkeit Rechenschaft über seine Arbeit schuldig.
Chardin wurde am 27. November 1740 in Versailles Ludwig XV. öffentlich vorgestellt. Es sollte das einzige offizielle Aufeinandertreffen von Herrscher und Künstler bleiben. Chardin bot dem König „Le Bénédicité (Das Tischgebet)“ (1740, Louvre8) und „La mère laborieuse (Die arbeitsame Mutter)“ (1740) an, die für das königliche Gemäldekabinett angekauft wurden und sich seit der Gründung der nationalen Kunstsammlungen im Louvre befinden. „Le Bénédicité (Das Tischgebet)“ zeigt eine Familie am Tisch versammelt. Der etwa vier- bis fünfjährige Knabe im Vordergrund trägt einen Fallhut und ein Mädchenkleid. Sein Geschlecht ist durch die Trommel an seinem niedrigen Kindersessel angedeutet. Gemeinsam mit dem Mädchen am Tisch betet er das Tischgebet, die Mutter (?) verteilt die Suppe. Mit „Die arbeitsame Mutter“, die ihrer Tochter das Sticken lehrt, erhielt das Werk noch ein Pendant, beide wurden 1740 im Salon ausgestellt. Kinder im stillen Dialog mit Frauen gehörten zu den Lieblingsmotiven Chardins. Mit diesem Werk trat Chardin farbig in eine neue Phase, ist es doch nicht mehr so buntfarbig und pastos gemalt wie die früheren Genrebilder.
Mit 53 Jahren wurde Chardin eine Pension von 500 Livres zugestanden (1752), und im Jahr 1770 wurde er zum Ersten Maler des Königs berufen. Seine nunmehrige Pension von 1.400 Livres war die höchste in der Akademie und übertraf damit sogar die Zuwendungen der Historienmaler. Hatten Genrebilder sein Werk in den 1730er und 1740er Jahren dominiert, so kehrte Jean Siméon Chardin 1756 zum Stillleben zurück. Vermutlich weil in den 1770er Jahren seine Sehfähigkeit stark abnahm, wandte sich der nunmehr berühmte Künstler der Pastellmalerei zu. In dieser Technik malte er auch seine Selbstbildnisse und die Porträts seiner Ehefrau, deren Naturalismus auf die vielen Selbstbildnisse von Jean-Etienne Liotard vorausweisen.9 (Denis Diderot, Aus dem Salon von 1763)
Chardin interessierte sich für die niederländische und flämische Schule des 17. Jahrhunderts:
Die französische Malerei unter den Königen Ludwig XIII. und Ludwig XIV. war ebenso bedeutend:
Zeitgenossen von Chardin:
Chardin beeinflusste:
Jean-Baptiste Siméon Chardin wurde am 2. November 1699 als Sohn des Tischlermeisters Jean Chardin und dessen Ehefrau Jeanne-Françoise David in Paris geboren und einen Tag später getauft. Der Vater erzeugte Billardtische.
1718–1728 Chardin erhielt seine Ausbildung bei den Historienmalern Pierre-Jacques Cazes (1676–1754), der seit 1718 Professor an der königlichen Akademie war. Chardin arbeitete hauptsächlich nach Zeichnungen und Gemälden seines Lehrers. Erst während seiner Ausbildung bei Noël-Nicolas Coypel (1690–1734) soll er erstmals das Malen nach der Natur geübt haben.
1723 Versprach in einem Ehevertrag (6.5.), Marguerite Saintard (1697/1709?–1735) zu heiraten, was er erst 1731 tat. Ihre beträchtliche Mitgift wurde für Chardins Aufnahme in die Académie de Saint-Luc verwandt.
1724 Wurde als Meister in der Académie de Saint-Luc aufgenommen (3.2.). Chardin lebte bis 1757 in der Nähe der Kirche Saint-Sulpice am linken Seine-Ufer.
1728 Vermutlich gelang es Chardin in Paris die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, indem er u. a. den „Rochen“ am „kleinen Corpus Christi“ (27.5.) am Place Dauphine in der Nähe der Pont Neuf ausstellte. Diese „Exposition de la jeunesse“ fand unter freiem Himmel statt.
Am 24. September Aufnahme in die Académie royale de peinture et de sculpture als „Peintre dans le talent des anmaux et des fruits“ (Tier- und Früchtemaler). Er bekam ohne Probezeit die sofortige Mitgliedschaft. Als Aufnahmestücke nahm die Akademie den „Rochen“ und das „Buffet“ entgegen.
1729 Austritt aus der Académie de Saint-Luc (5.2.). Bezahlung für die Mitarbeit an der Dekoration für ein Feuerwerk in Versailles anlässlich der Geburt des Dauphin (Dezember).
1730–1732 Große Innenraumdekorationen für den Comte Conrad-Alexandre de Rothenbourg, französischer Botschafter in Madrid. Zahlreiche Jagd- und Küchenstillleben.
1731 Heirat mit Marguerite Saintard (1.2.). Tod des Vaters (2.4.). Unter der Leitung von Jean-Baptiste Van Loo (1684–1745) Mitarbeit an der Restaurierung der Fresken in der Galerie François Ier in Fontainebleau. Geburt des Sohnes Jean-Pierre (Taufe am 18.11.).
1732 Ausstellungsteilnahme an der Place Dauphine, Van Loo erwarb ein Trompe-l’œil mit der Darstellung eines Bronzereliefs.
1733 Erste Genrebilder. Geburt der Tochter Marguerite-Agnès (Taufe am 3.8.).
1734 Ausstellungsteilnahme an der Place Dauphine mit 16 Werken: „Die Briefsieglerin“, „Goût de Teniers“. Große Anerkennung für „Goût de Teniers“ in der Kritik. Porträt von Joseph-Jacques-André Aved, einem Freund und ebenfalls Akademiemitglied (datiert vom 4.12.).
1735 Tod von Marguerite (13.4.).
1736/37 Tod der Tochter Marguerite-Agnès.
1737 Mit acht Gemälden erste Teilnahme am Salon, der seit 1724 erstmals wieder im Louvre stattfindet (18.8.-5.9.). Seit den 1720er Jahren hatte Chardin regelmäßig an Treffen der Akademiemitglieder teilgenommen und als Berater, Schatzmeister, Sekretär gearbeitet. Das vom 18.11.1737 datierte Inventar des Haushalts listet viele Gegenstände auf, die in Chardins Gemälden zu sehen sind.
1738 Erste Reproduktionsstiche nach Gemälden von Chardin. Präsentierte neun Werke am Salon (18.8.-19.9.): „Zeichner“, „Briefsieglerin“.
1739 Charles-Nicolas Cochin der Ältere (1688–1754) stellte der Akademie vier Reproduktionsstiche nach Gemälden von Chardin vor. Mit sechs Gemälden am Salon vertreten (6.-30.9.): „Pourvoyeuse“, „Ratisseuse“, „Gouvernante“, „Dame prenant son thé“.
1740 Stellte fünf Bilder am Salon aus (22.8.-15.9.): „La bénédicité“, „La mère laborieuse“, „La maîtresse d‘ecole“, darüber hinaus waren auch noch zwei Stiche nach Chardin von Cochin d. Ä. zu sehen. Chardin wurde in Versailles Ludwig XV. vorgestellt (27.11.). Der Maler überreichte „La bénédicité“ und „La mère laborieuse“ dem König.
1741 Stellte zwei Gemälde am Salon aus (1.23.9.): „Le négligé“ und „Le château de cartes“. „Le tôton“ datiert auch aus diesem Jahr.
1742 Von Jänner bis Juni krank. Stellte daher nicht am Salon aus.
1743 War mit drei Gemälden am Salon vertreten (5.-25.8.) sowie drei Stiche von Pierre-Louis Surgue. Am 28. September zum Conseiller der Akademie gewählt.
1744 Zweite Ehe mit Françoise-Marguerite Pouget (26.11.), die den finanziellen Aufstieg Chardins widerspiegelte.
1745 Stellte im August nicht am Salon aus, Chardin war aber durch die Reproduktionsstiche vertreten. Die zukünftige schwedische Königin Luise Ulrike gab zwei Genrebilder in Auftrag. Geburt der zweiten Tochter Angélique-Françoise (21.10.), die bereits ein Jahr später starb. Öffentliche Versteigerung der Kunstsammlung des Chavalier Antoine de La Roque, auf der erstmals Gemälde von Chardin zum Verkauf angeboten wurden, darunter die „Purvoyeuse“ und die „Blanchisseuse“.
1746 Mit vier Gemälden am Salon vertreten (25.8.-25.9.): zwei Porträts und zwei Genrebilder.
1747 Ablieferung der beiden Genrebilder für Luise Ulrike von Schweden. Mit nur einem Gemälde am Salon vertreten.
1747 Stellte ein Gemälde am Salon aus (25.8.-September): „L’etude du dessin“.
1749 Pierre-Jean Mariette (1694–1775) verfasste eine Biografie Chardins.
1751 Chardin war mit einem Gemälde am Salon vertreten (25.8.): „La serinette“, sein letztes Genrebild und ein königlicher Auftrag, der ihm durch Charles-Antoine Coypel vermittelt worden war.
1752 König Ludwig XV. zahlte für das Gemälde 1.500 Livres. Er ließ Chardin eine Pension von 500 Livres zukommen (ab 7.9.).
1753 Mit neun Gemälden am Salon (25.8.-25.9.) vertreten, davon vier Stillleben.
1754 Chardin unterstützte seinen Sohn Jean-Pierre, damit dieser den ersten Preis der Akademie für ein Historiengemälde erhielt.
1755 Einstimmig zum Schatzmeister der Akademie gewählt. Erstmals mit der Hängung der Salonausstellung betraut. Stellte selbst zwei Bilder am Salon aus.
1757 König Ludwig XV. wies Jean-Baptiste-Siméon Chardin ein Atelier im Louvre zu (27.5.). Streit Chardins mit seinem Sohn um das Erbe seiner ersten Frau bzw. Mutter (August). War mit sechs Gemälden am Salon vertreten (25.8.-September), vier Stillleben, ein Genrebild und ein Porträt. Chardins Sohn wurde Stipendiat an der französischen Akademie in Rom (13.12.).
1759 Mit neun Gemälden am Salon vertreten, darunter sieben Stillleben. Denis Diderot (1713–1784), der erstmals einen Salon kommentierte, wurde ein großer Bewunderer und Verteidiger von Chardins Werk. Markgräfin Karoline Luise von Baden erwarb zwei Stillleben von Chardin für ihre Sammlung in Karlsruhe.
1760 Maurice Quentin de La Tour (1704–1788) malte ein Pastellporträt von Chardin.
1761 Chardin war in der Hängejury der Salon-Ausstellung sowie Schatzmeister. Diese Tätigkeiten führten zu einer Verringerung seiner eigenen künstlerischen Produktion und einer Steigerung von Kopien seiner Werke. In diesem Jahr mit acht Werken im Salon vertreten: „Korb mit Walderdbeeren“. Markgräfin Karoline Luise von Baden erwarb zwei weitere Stillleben von Chardin für ihre Sammlung in Karlsruhe.
1762 Auf der Rückreise von Rom nach Frankreich wurde Chardins Sohn von Korsaren verschleppt (21.7.).
1763 In Anerkennung seiner Verdienste für die Akademie wurden ihm weitere 200 Livres Pension zugestanden (5.5.). Diderot besprach die sechs Gemälde Chardins am Salon begeistert: „La brioche“, „Le bocale d‘olives“.
1764 Durch Vermittlung von Cochin d. J. erhielt Chardin den Auftrag für drei Supraporten für das königliche Schloss von Choisy (28.10.). Für jedes Bild erhielt Chardin 800 Livres.
1765 Zum korrespondierenden Mitglied der Académie des Sciences, Belles-Lettres et Arts von Rouen gewählt (23.1.). Es gibt keinen Hinweis, dass Chardin Paris verlassen hätte, um diese Ehre entgegenzunehmen. Mit mindestens acht Gemälden am Salon vertreten: darunter die großen Stillleben für Choisy, „Korb mit Weintrauben“ (dat. 1764).
1766 Wurde mit zwei Supraporten für den Musiksaal von Schloss Bellevue des Marquise e Marigny beauftragt.
1767 Letzte Nachricht vom Sohn Chardins, der in Venedig angekommen sein soll. Sein Tod bleibt ungeklärt. Es wird vermutet, dass er sich in einem Kanal das Leben genommen haben soll. Am Salon präsentierte Chardin die beiden Stillleben für Schloss Bellevue vor.
1768 Die Pension Chardins wurde um 300 Livres erhöht.
1769 Mit neun Gemälden am Salon vertreten: darunter ein Stillleben mit einem Wildschweinkopf.
1770 Weitere Erhöhung der Pension um 400 Livres. Chardins Pension von 1.400 Livres war die höchste in der Akademie.
1771 Stellte vier Werke am Salon aus, darunter erstmals drei Pastelle.
1772 Chardin erkrankte.
1773 Im Salon ein Pastell und ein Genrebild ausgestellt. Die Krankheit verschlimmerte sich.
1774 Rücktritt von den Ämtern als Schatzmeister und Leiter der Bilderhängung der Salons.
1775 Am Salon mit drei Pastellstudien vertreten, darunter ein Selbstbildnis und ein Porträt seiner Ehefrau.
1776 Aus diesem Jahr datiert Chardins letztes Ölgemälde.
1777 Protestierte vergeblich gegen Chochins Versetzung in die unteren Ränge der Akademieräte. Am Salon mit drei Pastellen und einer Darstellung eines Bronzereliefs vertreten.
1779 Mit einigen Pastellstudien am Salon vertreten. Am 6. Dezember 1779 verstarb Jean-Baptiste-Siméon Chardin im Alter von 80 Jahren. Er wurde in der Kirche Saint-Germain l’Auxerrois beigesetzt (7.12.).
Marianne Roland Michel, Chardin, New York 1996.
Jean Siméon Chardin (1699–1779): Werk – Herkunft – Wirkung (Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 5.6. – 22.8.1999), Ostfieldern 1999.
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Die Bedeutung Chardins für die Malerei des 18. Jahrhunderts kann nicht hoch genug eingeschätzt werden: Zum einen schuf er mit seinem Werk die Grundlage für die neue Akzeptanz des Stilllebens als Kunstgattung. Zum anderen klingt in seine Formulierungen über die Auseinandersetzung mit der Natur und Verselbständigung seiner Malweise schon die Diskussion um den Impressionismus an. Künstler wie Edouard Manet und Paul Cézanne studierten Chardins Werke im Louvre intensiv. So manches Stillleben – wie etwa Chardins einziges Blumenstillleben, die „Vase mit Blumen“ (um 1760/61) in der National Gallery of Scottland, Edinburgh – nimmt mit seiner „konzentrierten Optik“ (Charles Sterling) die Malweise Paul Cézannes vorweg.
„Man kann diese Zauberei nicht verstehen. Dichte Schichten von Farben sind aufeinandergelegt; ihre Wirkung besteht darin, dass eine Schicht von unten nach oben durch die andere hindurchscheint. Dann wieder möchte man sagen, ein Dampf sei über die Leinwand geblasen worden, anderswo sei ein leichter Schaum draufgesetzt. Nähert man sich, wird alles verwischt, entfernt man sich, bildet es sich neu, erscheint wieder…“[note]Zitiert nach Grimm, S. 199.