Madame d’Ora (ab 1907), oder besser Dora Philippine Kallmus (1881–1963), prägte wie kaum eine andere unser Bild der Wiener Moderne, denn sie fotografierte die berühmten Schriftsteller, Musiker und Maler wie Gustav Klimt, porträtierte Intellektuelle genauso wie Schauspielerinnen und Operettenstars. Von 1910 bis in die 1950er Jahre ist Madame d‘Ora DIE Fotoporträtistin der Wiener und Pariser Gesellschaft und der Künstlerbohème: In ihren Ateliers in Wien und Paris gaben sich Arthur Schnitzler, Alban Berg, Hermann Bahr, die Mödeschöpferin Emilie Flöge (→ Gustav Klimt – Emilie Flöge), die Schwestern Wiesenthal, Anna Pawlowa, die skandalumwitterte Nackttänzerin Anita Berber, die Operettenstars Fritzy Massary, von Josephine Baker und Coco Chanel die Klinke in die Hand.
Deutschland / Hamburg: Museum für Kunst und Gewerbe
21.12.2017 – 18.3.2018
Österreich / Wien: Leopoldmuseum
13.7.2018 – 29.10.2018
Wenn auch Madame d’Ora, die sich seit 1907 dieses französisch klingenden Künstlernamens bediente, für Porträtaufnahmen im eleganten Stil berühmt geworden ist, so wandte sie sich in den 1910er Jahren auch der Mode zu. Modeaufnahmen für u.a. die Wiener Werkstätte waren nur der Beginn eines in dieser Zeit enorm expandierenden Geschäftszweigs, der während der 1920er Jahre noch zunahm: Madame d’Ora lieferte Vorlagen für neue, gehobene Lifestyle-Magazine wie „Die Dame“ des Ullstein Verlags, „Madame“ oder „Officiel de la Cuture et de la Mode“. In der Nachkriegszeit wurde sie von Balmain oder Balanciaga mit Aufträgen bedacht.
Der zweite Weltkrieg setzt jedoch eine radikale Zäsur in ihrem Werk, das sie bis dato ausschließlich der Welt des Schönen gewidmet hatte. Als Jüdin floh Madame d‘Ora 1940 aus Paris in die Ardèche und gelangte 1945 nach Österreich, wo sie 1945/1946 bei Wien das Schicksal der Flüchtlinge dokumentierte. Hier betätigt sie sich erstmals als Sozialreporterin. 1950 und 1958 schafft sie zwei bis heute verstörende Serien über Schlachthöfe, die als künstlerische Reaktion auf die Gräuel des Krieges verstanden werden können.
Rund 250 Exponate geben einen Werküberblick und lassen eine Neubewertung des Werks zu. Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe besitzt einen Großteil des Nachlasses der Fotografin, neben ca. 500 Original-Abzügen umfasst er Negative und Kontaktbögen, sowie den Schriftwechsel und das Kundenbuch des Ateliers. Das MKG ergänzt die Schau durch Zeitschriften der Zeit sowie Mode internationaler Leihgeber.
Kuratiert von Monika Faber, Magdalena Vukovic (Photoinstitut Bonartes, Wien) und Esther Ruelfs sowie Cathrin Hauswald (MKG). Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Photoinstitut Bonartes, Wien.