Wien | Wien Museum: Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann | ARTinWORDS glory casino login betvisa casino mcw casino app download apk mega casino world bangladesh benger casino mega casino world app casino result parimatch casino baji live net casino krikya casino baji casino online casino bd java 9 casino online casino games casino mcw login glory casino bonus most play casino track casino kariya casino mega casino online mga casino mostplay casino mcw casino world fancy win casino crazy time live casino glory casino download apk 888 casino battery casino mega casino world glory casino deposit problem
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Wien | Wien Museum: Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann Avantgarde-Vereinigungen im Vergleich | 2024

Gustav Klimt, Pallas Athene, Detail (Wien Museum, Foto: Birgit und Peter Kainz, Wien Museum)

Gustav Klimt, Pallas Athene, Detail (Wien Museum, Foto: Birgit und Peter Kainz, Wien Museum)

Das Wien Museum zeigt im Sommer 2024 mit der Ausstellung „Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann“ die Anfangsjahre der drei wegweisenden Institutionen von München (1892), Wien (1897) und Berlin (1899). Die aus heutiger Perspektive berühmtesten drei Künstler – Gustav Klimt, Franz von Stuck (→ Franz von Stuck. Sünde und Secession) und Max Liebermann – stehen am Beginn der bedeutenden Schau stellvertretend für unzählige Künstler:innen der Avantgarde. Diese fächern Ursula Storch und Ralph Gleis in zwölf Kapiteln mustergültig auf – und stellen dem Wiener Publikum dabei auch wenige bekannte Kunstschaffende der deutschen Jahrhundertwende vor.

Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann im Wien Museum

„Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann“ ist eine grandiose Schau mit einer Fülle von Kunstwerken, die den Aufbruch der Kunst um 1900 in die unterschiedlichsten Richtungen – vom Naturalismus über den Impressionismus zum Jugendstil, vom Postimpressionismus zum Kunstgewerbe – vor Augen führen. Dem Wien Museum gelingt in Kooperation mit der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin eine wichtige Ausstellung, die erstmals seit den 90er Jahren den Reichtum avantgardistischer Kunst in Mitteleuropa zusammenführt. Nachdem in den letzten Jahren monografische Präsentationen viele Aspekte von Künstler:innen-Biografien zutage gefördert bzw. ins rechte Licht gerückt haben, wird hier eine Summe gezogen. Mit dem Motto „Wien ist anders“ kann mit Verweis auf die Münchner Secession aufgeräumt werden. Was Wien allerdings so speziell macht, und darauf weisen die Kurator:innen Ursula Storch und Ralph Gleis deutlich hin, ist die Persönlichkeit von Gustav Klimt und die Bedeutung des Kunstgewerbes. Die Wiener Moderne im Wien Museum ist ein MUSS im Sommer 2024!

 

 

Münchner Secession – Wiener Secession – Berliner Secession

In den 1890er Jahren erfasste die Künstlerschaft Mitteleuropas eine wahre Secessionsbewegung. Unter dem Lateinischen Begriff secessio, der Abspaltung und Trennung bedeutet (vgl. Secessionskrieg in den USA), versammelten sich die Vertreter:innen der Modernen rund um Stuck, Klimt und Liebermann. Zu ihren erklärten Zielen gehörte, gegen den verstaubten Akademismus, den Naturalismus und Realismus ihrer Zeit zu protestieren. Sie forderten die Freiheit der Kunstschaffenden und die freie Stilwahl, allen voran die Auseinandersetzung mit der internationalen Avantgarde zu stärken. Die Polemiken zwischen „Alt“ und „Neu“, die im Feuilleton ausgefochten wurden, konnten interessante Wendungen nehmen. So sprach sich in Wien Kaiser Franz Joseph I. gegen ein Streichen des Zauns der Hofburg mit „Secessionsgrün“ aus – lange bevor ihm mit dem Haus am Michaelerplatz die Moderne in die unmittelbare Nachbarschaft verpflanzt wurde.

 

 

Klimt – Stuck – Liebermann

Die Ausstellung setzt mit einem Paukenschlag ein: Klimt, Stuck und Liebermann stehen einander mit einer Auswahl an Werken gegenüber, die ihre Gemeinsamkeiten und stilistischen Unterschiede markant herausarbeiten. Franz von Stuck hatte in München die Pallas Athene als Schutzgöttin der Künste zum Markenzeichen der Secession gewählt. Klimt, der von seinen Kollegen zum ersten Präsidenten der Wiener Secession gewählt worden war, tat es ihm gleich. Klimts „Pallas Athene“ (1898) aus dem Wien Museum erhält mit Stucks „Pallas Athene“ (Museum Georg Schäfer, Schweinfurt) aus dem gleichen Jahr ein würdiges Pendant. Flankiert wird sie von Klimts „Nuda Veritas“ aus dem Theatermuseum, die eine vergrößerte Fassung der gleichen Figur in der Hand der Göttin ist. Klimt hält seinem Publikum den Spiegel entgegen: Erkenne dich selbst, scheint er zu fordern, beziehe Stellung und verteidige das Neue wie Pallas Athene als Prómachos, die Vorkämpferin der Künste.

In diesem Entrée ist Klimt auch als Porträtist der gehobenen Gesellschaft und als Landschaftsmaler vertreten. Auffallend ist die stilistische Vielfalt seiner künstlerischen Produktion: In der Landschaftsmalerei steht er dem Impressionismus nahe, während er im Porträt und der Allegorie der Flächigkeit des Jugendstils verpflichtet ist. Im Vergleich dazu zeigt sich Franz von Stuck homogener, symbolistischer, meist mit dunklem Hintergrund. Max Liebermann ergänzt die Trias um Landschaften und ein repräsentatives Männerbildnis von Dr. Wilhelm Bode (1904). Hier kann man durch die Kooperation mit Berlin aus dem Vollen schöpfen: Die Studie für die „Amsterdamer Waisenmädchen“ von 1876 dürfte das älteste Werk der Ausstellung sein und markiert die Hinwendung Liebermanns zum Alltag sogenannter einfacher Leute. Regelmäßige Malstudien in Holland zeigen ihn, wie in „Stevenstift in Leiden“ (1889/90), noch als Vertreter des Naturalismus, bevor er die offene Malweise der französischen Avantgarde übernahm, die Poesie von Sonnenflecken entdeckte und im „Landhaus in Hilversum“ (1901) den deutschen Impressionismus mitbegründete. Wilhelm von Bode, seit 1890 Leiter der Berliner Gemäldegalerie und ab 1905 Generaldirektor der Königlichen Museen, war um 1900 nicht nur einflussreicher Museumsdirektor, sondern er beriet auch private Sammler:innen fachkundig. So entwickelte sich in Berlin rasch ein Zusammenspiel zwischen Kunsthandel, Museum und Privatsammlungen, das eine national ausgerichtete Kunstförderung unterlief.

 

 

Secession als Marke

Das Gründungsjahr der Wiener Secession 1897 markiert den Beginn der Moderne. Weniger bekannt ist hingegen, dass die Münchner Secession 1892 diesem Ereignis voranging und ein role model für die Wiener Institution abgab. Wenig später, 1899 folgte die Berliner Secession, erstmals mit Beteiligung von fünf starken Frauen. Der erste Vergleich der drei zentralen Secessionen fördert zutage, welcher Strategien sich die Künstler:innen bemächtigten, um sich in einer Gruppe zu versammeln (Statuten), Ausstellungen zu organisieren (Bau von Ausstellungshäusern, Plakate, Kataloge, Zusammenarbeit mit Kunstmagazinen) und Netzwerke aufzubauen (internationaler Künstler:innen-Austausch). Von Kunstschaffenden gestaltete Plakate, die Bild und (wenig) Text kongenial verbinden, zählte ebenso zu den populären Marketingstrategien wie die Herausgabe eines vereinseigenen Kunstmagazins in Wien unter dem Titel „Ver Sacrum [Heiliger Frühling]“. Aus heutiger Wiener Perspektive ist das wichtigste Erfolgsrezept, sich einen prägnanten Ausstellungspavillon zu bauen, der als „Tempel der Kunst“ mit goldener Kuppel bis heute überdauert hat und den Namen Secession im öffentlichen Raum präsent hält. Doch nicht immer war die Zustimmung der Bevölkerung zu dem Gebäude so groß wie heute. Im Frühjahr 1899 konnte man im „Deutschen Volksblatt“ lesen:

„Auf der Straße. Fremde (vor dem Gebäude der Secession):
'Entschuldigen Sie, werther Herr, nicht wahr, die Gebäude ist ein Bahnhof der Wiener Stadtbahn?' –
Passant: 'Was Ihna net einfallt! Dos is a Filiale vom Irrenhaus.'“1

 

Internationale Netzwerke

Edvard Munch, Giovanni Segantini, Anders ZornJan Toorop und Ferdinand Hodler zählen zu den bekanntesten Künstlern, denen um 1900 der internationale Durchbruch mit Hilfe des Netzwerkes der Secessionen gelungen ist. Munchs Karriere nahm in Berlin ihren Anfang, als eine Einzelausstellung mit 55 Werken im Herbst 1892 im konservativen Verein Berliner Künstler nach nur einer Woche bereits wieder geschlossen werden musste. Der Künstler selbst feierte den Eklat, konnte er doch dadurch Aufmerksamkeit auf seine Werke lenken und mit seinem Galeristen eine Ausstellungstournee durch drei große deutsche Städte organisieren. Alle wollten den Skandal sehen!

Weniger skandalumwittert kamen Giovanni Segantini oder Ferdinand Hodler zu großen Ehren. Ihre internationale Wahrnehmung steigerte sich jedoch deutlich, Hodler wurde sogar in allen drei Secessionen zum korrespondierenden Mitglied gewählt.

Paolo Troubetzkoys Büste von Segantini (1896), russischer Adeliger in Paris, Mitglied in München und Berlin sowie impressionistischer Bildhauer, setzt das Bildnis mit flamboyanter Verve und einer an Rodin geschulten Oberfläche um. Im Vergleich dazu sollte sich George Minne, im Wien Museum durch die berühmte „Kniende Brunnenfigur“ (1898) aus Berlin vertreten, als richtungsweisend für die nächste Generation erweisen; ihre Erstpräsentation wurde sowohl in Wien als auch Berlin zum Spektakel und der schmächtige, jugendliche Körper hier wie da als Ausdruck der Hässlichkeit empfunden. Auguste Rodin und der Finne Ville Vallgren verkauften in Wien; die Reduktion des „Ludwig van Beethoven (Torso)“ (1890/1915, Wien Museum) erinnert an Max Klingers fulminanten Erfolg in der Haupt- und Residenzstadt der Habsburger.

 

 

Frühlingserwachen und Kinderwelten

„VER SACRUM“, lateinisch für „Heiliger Frühling“, ist der Titel des berühmten Kunstmagazins der Wiener Secession. Nicht nur in Wien bemühten die Akteure den meteorologischen Vergleich zwischen dem harten, kalten Winter und dem lauen Frühlingswind, den die Secessionsgründungen auslösten bzw. auf den sie reagierten. Mensch und Natur brechen in ein neues Jahr auf, die Arbeitsbedingungen für die Künstlerschaft ändert sich zum Positiven, die Produktivität schießt in die Höhe. Ferdinand Schmutzer lässt – durchaus in Anlehnung an Werke Hans Makarts – Amoretten über ein Feld tanzen und Ludwig von Hofmann Frauen einen „Frühlingsreigen“ (1909) aufführen. Hier zeigt sich mit Julie Wolfthorns „Flötenbläser“ (um 1900) erstmals eine Künstlerin und auch eine Mitbegründerin der Berliner Secession.

Warum gerade die Berliner Künstlerschaft – übrigens als einzige der drei – von Anfang an Frauen gleichberechtig als Mitglieder aufnahmen, lässt sich nicht bestimmt sagen. Neben Hofmann waren die hier ausgestellten Damen Käthe Kollwitz, Dora Hitz, Sabine Lepsius, Ernestine Schultze-Naumburg und Wolfthorn hochrespektierte Gründungsmitglieder. Das Frühlingserwachen in der Kunst lässt sich daher mit Fug und Recht auf die Rechte von Künstlerinnen übertragen. Sie konnten nicht nur ihre Werke in Berlin präsentieren (wie es alle Verinigungen taten), sondern waren auch in Organisation und vor allem Jurierungen eingebunden.

Das folgende Kapitel, „Kinderwelten“, zeigt sogleich die Leistungsfähigkeit weiblicher Kreativer um 1900: Sabine Lepsius widmete 1900 ihrer Tochter Monica ein Porträt, und die Wienerin Eugenie Breithut-Munk inszeniert einen fröhlichen „Kindertanz“ (1905, Belvedere). Das in der Berliner Secession wichtige Ehepaar Charlotte  Berend-Corinth und Lovis Corinth sind mit dem Bildnis der selbstbewusst auftretenden „Henny (Henriette Seckbach)“ (1905) und der großartigen „Familie Rumpf“ (1901) vertreten. Berend-Corinth war die erste Schülerin ihres Mannes und stellte ihre Kunst während der Ehe zu seinen Gunsten zurück. Erst als Ferdinand Hodler nach der Berliner Secessionseröffnung 1905 auffallendes Interesse an der Künstlerin zeigte, widmete sie sich wieder dem Malen und schuf das hier ausgestellte Porträt „Henny (Henriette Seckbach)“. Im Folgejahr stellte sie erstmals selbst in der Secession aus (verlorenes Bild mit sechs Müttern), wurde 1912 Mitglied und 1915 Jurymitglied.

Dass auch Männer einfühlsame Kinderbildnisse schaffen können, beweisen Max Slevogt mit dem „Porträt Suzanne Aimée Cassirer“ (1901, Privatsammlung) und Heinrich Eduard Linde-Walther mit „Der Maler Gutmann mit Kind“ (1911). Paul Cassirer, Vater von Aimée, war nicht nur einer der wichtigsten Galeristen Berlins, sondern auch ein Mitbegründer der Berliner Secession. Slevogt widmete dem etwa fünfjährigen Mädchen seine Aufmerksamkeit, als es am Boden einen Bilderbogen leporelloartig um sich aufgestellt hatte. Es ist nicht bekannt, ob es sich um eines der vielen Auftragsporträts des Händlers oder um ein Geschenk des Künstlers an denselben handelt.

 

 

Interieurs und das Gesamtkunstwerk

Der deutsche Impressionismus wird besonders an den Werken von Gotthardt Kuehl und Lesser Ury anschaulich (→ Impressionismus in Deutschland). Ihre um 1900 entstandenen Interieurs inszenieren nicht nur bürgerliche Rückzugsorte, sondern auch das Licht und die Farbe. Kuehls „Das blaue Zimmer“ (um 1900) und Urys „Frau am Schreibtisch“ (1898) bezeugen – wie auch Carl Molls Interieurs seines von Josef Hoffmann entworfenen und eingerichteten Hauses – friedvolle Heime fernab von Prekariat oder Revoluzzertum. Auch Gottlieb Theodor Kempf von Hartenkampfs „Atelier des Künstlers“ (um 1904), ein Mitglied der Wiener Secession, setzt in seiner funktionalen, fast kargen Einrichtung auf nichts anderes als genau beobachtete Oberflächeneffekte – Spiegel inklusive!

Die Kunstrevolution wurde nicht gleichgesetzt mit politischem Kampf, wie es die Berliner Realisten um Käthe Kollwitz oder Hans Baluschek intendierten (oder auch Teile der Pariser Avantgarde). Mit der Arbeit an der Schönheit suchten sich die Künstler:innen des Guten und Paradiesischen zu vergewissern. In Wien huldigte man deshalb dem Gesamtkunstwerk, in dem alle Kunstgattungen (Malerei, Architektur, Skulptur) zu einer perfekten Harmonie miteinander verschmolzen. Kunstgewerbe von Josef Hoffman (neu zugeschriebener Blumentisch) und Carl Otto Czeschka bringen Schönheit in das Heim und auf den Tisch. Koloman „Kolo“ Moser dokumentiert den Übertopf mit einer rosafarbenen Zyklame als kongeniale Verbindung von stilisierter Natur in der Kunst und organischen Formen in der Vegetation.

 

 

Moderne Porträts und Gesellschaftsbilder

Charakteristisch für die Secessionskunst in München, Wien und Berlin ist das Fehlen von Historienbildern, Herrscherporträts und Militaria wie Schlachtendarstellungen. Stattdessen zeigt sich das wirtschaftlich und intellektuell erstarkte Großbürgertum in selbstbewussten Posten. Klimts Frauenbildnisse, darunter das „Porträt Emilie Flöge“ und seine „Sonja Knips“ (Belvedere) in einem Traum aus rosa Chiffon haben Gleis und Storch bereits am Beginn der Ausstellung präsentiert. Nun folgt eine der Zimelien des Wien Museums: Max Kurzweils Porträt seiner Ehefrau mit dem Titel „Dame in Gelb“ (1899). Es wird flankiert von Wilhelm Lists „Bild in Weiß-Schwarz“ (1904) und Hugo von Habermanns „Frauenbildnis in grünem Dolman“ (1911). Von Habermann war ein Gründungsmitglied der München Secession und mehrfach in Funktionen tätig (1892 Zweiter Präsident, 1904 erster Präsident). Großformatig in Szene gesetzt, präsentieren die Damen die neueste Mode voller Selbstbewusstsein. Mit August Kraus‘ Büste der verinnerlichten „Frau Prof. Arnthal“ (um 1905/12) steht ein Werk eines Vizepräsidenten der Berliner Secession (1911–1913) dazwischen. Allen ist gemein, dass sie Rollenporträts mit Charakterstudien zu verbinden suchen. Das Zufällige und das Unscharfe, wie bereits im Impressionismus zum Stil erhoben, sind bedeutende Elemente der Kunst um 1900, besonders eindrücklich wird dies durch Ernestine Schultze-Naumburgs gefühlvolle „Dame in Weiß“ (1898) zum Ausdruck gebracht.

 

 

Mit Maximilian Lenz‘ „Praterfahrt“ und „Sirk-Ecke (Ringstraße)“ (beide 1900) führt die Ausstellung an die berühmtesten Prachtstraßen Wiens der Belle Époque. Im Vergleich dazu schildert Max Schlichting einen „Pariser Boulevard am Abend“ (1909) und Lesser Ury eine „Berliner Straße bei Nacht“ (1889). Das Thema war bereits von den Impressionist:innen eingeführt und von ihren Nachfolger:innen aufgegriffen worden. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehenden Metropolen Europas und der wirtschaftliche Aufschwung findet in der prunkvollen Selbstdarstellung von Bürgertum und Adel einen Höhepunkt.

Josef Engelharts „Loge im Sophiensaal“ (1903) analysiert hingegen soziale und wirtschaftliche Abhängigkeiten jenseits glänzender Oberflächen: Im Sophiensaal fanden im Winter Konzerte, Bälle und Versammlungen statt. Johann Strauß (Sohn) stellte dort etwa 100 seiner Werke erstmals der Öffentlichkeit vor. Eine junge Dame, ein sogenanntes „Süßes Mädel“, sucht offenbar das Interesse eines feisten Herren auf ihr Dekolleté zu lenken, während im Mittelgrund ein Raucher der Szene gespannt folgt. Engelhart zeigt mit dem Bild ein sich anbahnendes Geschäft. Der Maler spielte bei der Gründung der Secession eine herausragende Rolle, hatte doch seine „Kirschpflückerin“ (1893, zerstört im 2. Weltkrieg) zu einem Skandal im Wiener Künstlerhaus geführt. Zudem konnte er durch Aufenthalte in München und Paris die Idee einer neuen Künstlervereinigung an seine Wiener Kollegen vermitteln. Zählte Engelhart anfangs zu den progressiven Vertretern der Wiener Secession, so wandte er sich ab 1900 von der Klimt-Gruppe ab, was 1905 zu deren Austritt führen sollte.

So ist es auch Josef Engelhart, der mit der Pleinair-Studie „Erdberger Mais“ (1890) schon vor der Secessionsgründung sich stilistisch mit dem französischen Impressionismus und thematisch mit der Arbeitswelt der Wiener Vorstädte auseinandersetzte: Gemüsefelder im Vordergrund (mit nur einer Bäuerin) und rauchende Fabriksschlote dahinter zeigen den Übergang vom Agrar- in den Industriestaat. Wenn auch mit flirrenden Farben umgesetzt, so kommt Engelhart mit dieser Haltung den Berliner Realisten Käthe Kollwitz und Hans Baluschek am nächsten. Die beiden zeigen die Härten des städtischen Lebens, während Carl Molls „In der Kaffeemittelfabrik“ (1900) einen Hauch von Luxus versprüht, und Thomas Theodor Heine die Arbeiter in „Die Sandgrube“ (1891) hinter den Maschinen verschwinden lässt.

 

 

Begegnungen mit der Natur und Neue Secessionen

Der Mensch in der Natur und die Landschaft im Sonnenlicht gehören zu den wichtigsten Bildmotiven der Secessionist:innen. Das vorletzte Kapitel der Ausstellung im Wien Museum inszeniert rund um Max Liebermanns „Badende Knaben“ (1900), Max Slevogts Garten- und Seestücke, Dora Hitz’s monumentale „Kirschenernte“ (vor 1905) und Walter Leistikows „Grunewaldsee“ (1895) erfrischende Naturerlebnisse von Max Schlichting, Eugen Jettel, Max Uth, Max Kurzweil, Alice Trübner, Wilhelm Trübner, Ernst Stöhr, Franz Skarbina, Maria Slavona, Emil Orlik, Adolf Hölzel, Friedrich König und Franz von Stuck. Im Rundblick dieses größten Saales der Ausstellung zeigt sich die hohe Qualität der Werke bei höchst unterschiedlichen Auffassungen und Stilkriterien. So fällt auf, dass meist Frauen von den Secessionist:innen in die Natur gestellt oder gesetzt werden, um über die Schönheit oder das Leben zu sinnieren. Häuser und gepflegte Parks bzw. Segelboote am Meeresstrand verweisen auf kultivierte Landschaften, während das Wilde und Ursprüngliche kaum thematisiert wird.

Diese Fehlstelle birgt bereits die nächste Spaltung in sich. In Wien führte die Auseinandersetzung zwischen Naturalisten und Stilisten (auch zwischen Kunstgewerbe und Hoher Kunst) bereits sieben Jahre nach der Gründung zum Austritt der Klimt-Gruppe. In Berlin sollte sich Max Liebermann als restriktiver Verfechter der impressionistischen Malerei erweisen und die aufstrebenden Künstler des Expressionismus zurückweisen. In München darf man wohl die von Wassily Kandinsky mitbegründete „Phalanx“ (1900), gefolgt von der „Neuen Künstlervereinigung München“, dem „Blauen Reiter“ und der „Neuen Münchener Secession“, als erste Ablehnung der Secession bezeichnen. Plakate von Oskar Kokoschka zur „Kunstschau 1908“, Max Pechstein „1. Ausstellung der Neuen Secession, Berlin“ (1910) und Edwin Scharff für die „1. Ausstellung der Neuen Münchener Secession“ (1914) beenden den Rundgang in der unbedingt sehenswerten Sonderschau!

 

Künstlerinnen und Künstler

Ferdinand Andri | Hans Baluschek | Charlotte  Berend-Corinth | Wilhelm Bernatzik | Adolf Böhm | Eugenie Breithut-Munk | Adolf Brütt | Lovis Corinth | Carl Otto Czeschka | Josef Engelhart | Akseli Gallen-Kallela | August Gaul | Hugo von Habermann | Emilie von Hallavanya | Thomas Theodor Heine | Anna Hillermann | Dora Hitz | Ferdinand Hodler | Josef Hoffmann | Ludwig von Hofmann | Adolf Hölzel | Eugen Jettel | Rudolf Jettmar | Gottlieb Theodor Kempf von Hartenkampf | Gustav Klimt | Max Klinger | Oskar Kokoschka | Georg Kolbe | Käthe Kollwitz | Friedrich König | Leo von König | Johann Victor Krämer | August Kraus | Gotthardt Kuehl | Max Kurzweil | Walter Leistikow | Maximilian Lenz | Sabine Lepsius | Max Liebermann | Heinrich Eduard Linde-Walther | Wilhelm List | Berthold Löffler | Elena Luksch-Makowsky | Constantin Meunier | George Minne | Carl Moll | Koloman (Kolo) Moser | Edvard Munch | Joseph Maria Olbrich | Emil Orlik | Max Pechstein | Paul Pfann | Richard Riemerschmid | Teresa Feodorowna Ries | Auguste Rodin | Alfred Roller | Edwin Scharff | Max Schlichting | Ferdinand Schmutzer | Ernestine Schultze-Naumburg (Ernestina Orlandini) | Wilhelm Schulz | Giovanni Segantini | Franz Skarbina | Maria Slavona | Max Slevogt | Eugene (Eugen) Spiro | Arthur Strasser | Franz von Stuck | Jan Toorop | Paolo Troubetzkoy | Alice Trübner | Wilhelm Trübner | Ilse Twardowski-Conrat | Fritz von Uhde | Lesser Ury | Max Uth | Ville Vallgren | Otto Wagner | Julie Wolfthorn | Anders Zorn

 

Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann: Ausstellungskatalog

Ralph Gleis, Ursula Storch (Hg.)
Mit Beiträgen von Karin Althaus, Ralf Gleis, Anke Matelowski, Ursula Storch
336 Seiten, 220 Farbabbildungen, 24.5 × 29 cm, Hardcover

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  2. Deutsches Volksblatt, Nr. 3669 (19.3.1899), S. 14, Spalte 1.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.