Münster | Picasso Museum: The Blue Guitar – David Hockney trifft Pablo Picasso

David Hockney, The Old Guitarist, in: Die blaue Gitarre, 1976/77, Radierung und Aquatinta, 42,5 x 34,5 cm (c) David Hockney
David Hockney, einer der bedeutendsten Vertreter der Pop Art in den 1960er Jahren, war seit seiner Jugend begeisterter Anhänger von Pablo Picasso. Eines der wichtigsten Werke, das als Hommage an den berühmten Spanier entstanden ist, ist die Druckgrafikserie „The Blue Guitar“ (1976/77). Picasso war am 8. April 1973 verstorben. Drei Jahre später setzte sich der junge Brite intensiv mit dem spannenden, weil stilistisch wandlungsreichen Werk auseinander. In 20 Aquatinta-Radierungen vermischte Hockney sein Leben mit Motiven aus Picassos Œuvre. Dabei nahm er auch Anregungen von Picassos Meisterdrucker auf, der ihn das Zuckeraussprengverfahren der Aquatintatechnik beibrachte.
The Blue Guitar - David Hockney trifft Pablo Picasso
Deutschland | Münster: Picasso Museum
22.11.2025 – 8.3.2026
The Blue Guitar – David Hockney trifft Pablo Picasso
In der Studioausstellung des Picasso Museum Münster trifft im Winter 2025/26 Hockneys berühmter Radierzyklus „The Blue Guitar [Die blaue Gitarre]“ auf Highlights des druckgrafischen Schaffens Picassos. Dieser Dialog ermöglicht einen intimen Einblick in Hockneys Hommage an den spanischen Künstler. Gleichzeitig erörtert die Schau die Einflüsse der verschiedenen Picasso-Werkphasen und deren kongenialer Interpretation durch den britischen Künstler.
The Blue Guitar [Die blaue Gitarre]
„The Blue Guitar [Die blaue Gitarre]“ ist eine Serie von Weichgrundradierungen mit Aquatinta in der Größe von 42,5 x 34,5 cm. Sie wurden von Maurice Payne von je zwei Kupferplatten mit fünf Farben in London und New York in den Petersburg Studios abgezogen. Es existieren 200 nummerierte Editionen und 35 mit lateinischen Ziffern bezeichnete Probeabzüge. Petersburg Press stellte sie im Frühjahr 1977 sowohl als Mappe als auch Buch vor.
David Hockney verbrachte den Sommer 1976 mit dem Kurator Henry Geldzahler und dem Dichter Christopher Isherwood auf Fire Island, New York, und las Gedichte von Wallace Stevens (1879–1955). Besonders gefiel ihm das lange Gedicht „Der Mann mit der blauen Gitarre“ (1937), das von Picassos Gemälde „Der alte Gitarrist“ aus dem Jahr 1903 inspiriert war. Stevens’ Gedicht meditiert über die transformative Kraft der Kunst und legt nahe, dass die Vision des Künstlers die Realität neu gestaltet. Hockney, der sich von dieser Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung angezogen fühlte, sah darin eine Möglichkeit, Stevens’ Themen visuell umzusetzen.
„Der Ausgangspunkt war das Gemälde von Picasso, daher verwandle ich das Gedicht wieder in ein Gemälde.“ (David Hockney)
Hockney bewunderte die Werke Picassos schon lange und war begeistert von der Art, wie Stevens einen anspielungsreichen und musikalischen Text um das Thema des Zusammenspiels von Realität und Vorstellungskraft gewoben hatte. Kurz darauf schuf Hockney eine Reihe von Zeichnungen, die von dem Gedicht inspiriert waren und für die er Picasso viel zu verdanken hatte.
Zurück in London malte der Brite einige kleine Gemälde, in denen er das Thema fortführte. Da Hockney mit diesen nicht zufrieden war, beschloss er, stattdessen eine Reihe farbiger Radierungen anzufertigen, die die fantasievolle Reaktion des Künstlers auf Realität und Illusion betonen sollten.
Hockney gab den zwanzig Kompositionen den Titel „Die blaue Gitarre, Radierungen von David Hockney, der von Wallace Stevens inspiriert war, der wiederum von Pablo Picasso inspiriert war“. In seiner Einführung schrieb Hockney:
„Die Radierungen selbst waren nicht als wörtliche Illustrationen des Gedichts gedacht, sondern als Interpretation seiner Themen in visueller Hinsicht. Wie das Gedicht handeln sie von Transformationen innerhalb der Kunst sowie von der Beziehung zwischen Realität und Vorstellungskraft, es handelt sich also um Bilder in Bildern und verschiedene Darstellungsstile, die im selben Rahmen nebeneinandergestellt, gespiegelt und aufgelöst werden.“
Die Serie wird durch Zitate aus dem Werk Picassos zusammengehalten. Sie beginnt mit einer Komposition aus Picassos „Blauer Periode“ (→ Pablo Picasso: Blaue Periode), dem „Alten Gitarristen“ von 1903, was die Beschriftung des Blattes auch ausweist. Umgeben wird der in Blautönen gehaltene Musiker von Randzeichnungen in Rot und Grün, ein Eisbecher, kubistisch gestaltete Figuren, eine realistisch gezeichnete, brennende Kerze.
„Figuren mit Stillleben“ zeigt beispielsweise einen Mann, der mit Hilfe von Linien perspektivisch vermessen wird und einer kubistischen Frau beim Mandolinenspiel zusieht. Der Mann stammt von einer Fotografie von Chico Marx und die Frau von einem Picasso-Gemälde aus dem Jahr 1909.
Hockney verbindet in „The Blue Guitar“ aber auch sein Leben mit Motiven aus Picassos Werken. So taucht sein Freund Gregory Evans in der Komposition „Etching is the Subject“ auf. Das zweite Porträt hingegen ist ausgestrichen, der über den Bildnissen schwebende Federkiel könnte dafür verantwortlich sein. Während all diese Elemente gezeichnet und gestaltet sind, sind die Tintenkleckse auf dem Blatt „echt“.
Zu den wichtigen Bildern der Serie gehört „A Picture of Ourselves“. Hockney zieht einen Vorhang zur Seite und gibt den Blick auf einen weiblichen Rückenakt frei; dieser ist aus einer Platte aus Picassos „Suite Vollard“ von 1933 übernommen. Der Akt steht vor eine surrealistische Skulptur von einer anderen Platte aus der „Suite Vollard“ und sieht ein bestialisches Bildnis von sich in einem Spiegel, was Hockney den Illustrationsbrauch der Zeit durch parallele Striche andeutet. In „Die blaue Gitarre“ erkundet Hockney die Beziehung zwischen Sehen und Interpretieren, zwischen Wahrnehmung, Dekonstruktion des Gesehenen und Wiedergabe – was Picasso zur Meisterschaft führte.
Hockneys Drucktechniken in „Die blaue Gitarre“
Hockneys Auseinandersetzung mit Drucktechniken, insbesondere während der Entstehung von „Die blaue Gitarre“, markiert einen entscheidenden Wendepunkt in seiner Entwicklung. Diese wurde maßgeblich von seinen Erfahrungen im Atelier von Aldo Crommelynck, Picassos geschätztem Meisterdrucker, in Paris beeinflusst. Hier widmete sich Hockney der Aquatinta-Technik mit Zuckerabzug, einer Methode, die die stilistischen und technischen Qualitäten seiner Arbeit nachhaltig beeinflusste.
„Es war aufregend, jemanden zu treffen, der so direkten Kontakt zu Picasso hatte und so viel mit ihm zusammenarbeitete. Aldo Crommelynck brachte mir wunderbare technische Details der Radierung bei.“ (David Hockney)





