Martin Kippenberger

Wer war Martin Kippenberger?

Martin Kippenberger (Dortmund 25.2.1953–7.3.1997 Wien) war ein deutscher Künstler der Neue Wilde (→ Neue Wilde | Junge Wilde). Gemeinsam mit Albert Oehlen entdeckte er die Malerei und den Duktus wieder. Ein medien- und gattungsübergreifendes Werk mit Malerei, Skulptur, Installation, Performance, Musik, Text, Selbstdarstellung folgte.

Kindheit & Jugend

Martin Kippenberger wurde am 25. Februar 1953 als Sohn des Direktors der Zeche Katharina-Elisabeth, und einer Hautärztin in Dortmund geboren. Kippenberger hatte zwei ältere und zwei jüngere Schwestern.

Im Jahr 1956 zog die Familie nach Essen. Im Schwarzwald erhielt Kippenberger eine „streng evangelische“ Schulausbildung. Schon als Kind zeigte er besondere künstlerische Begabung. Nachdem ihm sein Zeichenlehrer nur eine Zwei gegeben hatte, boykottierte er dessen Unterricht. Die Benotung schien dem Jungen unangemessen.

Die Tanzlehrerin Anne Blömke korrigierte seine Haltung – „Herr-Kippenberger-nicht-so-mit-dem-Hintern-wackeln“ – im Jahr 1967 und weckte in Martin Kippenberger den Wunsch, der drittbeste Tänzer Europas zu werden.

Ausbildung

Im Jahr 1968 brach Martin Kippenberger die Schule ab, nachdem er die siebte Schulstufe (Untertertia) drei Mal wiederholt hatte. Er begann eine Lehre als Dekorateur beim Bekleidungshaus Boecker. Allerdings wurde ein Jahr später das Arbeitsverhältnis wegen Drogenkonsums aufgelöst.

Kippenberger reiste nach Skandinavien und hielt sich danach zur Therapie auf einem Bauernhof bei Hamburg auf, den Kippenberger als geheilt verließ (1970 ). Nachdem er 1971 nach Hamburg gezogen war, lernte er dort Ina Barfuss, Joachim Krüger und Thomas Wachweger kennen.

Zwischen 1972 und 1976 studierte Martin Kippenberger an der Hochschule für Bildende Kunst in Hamburg in den Klassen von bei Claus Böhmler, Rudolf Hausner und Franz Erhard Walther. Kippenberger verließt die Hochschule ohne einen Abschluss gemacht zu haben.

Werke

Im Jahr 1976 wollte Martin Kippenberger Schauspieler werden - mit Wahlheimat Florenz. Es entstand „Uno di voi, un tedesco in Firenze“, erste schwarz-weiße Tafelbilder im Format 50 x 60 cm, nach Postkarten und eigenen Fotografien. Nach etwa 70 Arbeiten brach Kippenberger ab. Eigentlich wollte er, dass die gestapelten Bilder eine Höhe von 189 cm erreichten. Es fehlten 10 Zentimeter zur Vollendung.

Ein Jahr später kehrte Kippenberger nach Hamburg zurück, wo er eine erste Einzelausstellung in der Zimmergalerie Petersen hatte. In diesem Jahr lernte er Werner Büttner, Albert Oehlen und Markus Oehlen kennen.

Nach dem Umzug nach Berlin 1978 gründete Kippenberger gemeinsam mit Gisela Capitain Kippenberger „Kippenbergers Büro“. Geschäftsführer der Veranstaltungshalle S.O.36, wo er Filmfestivals und Konzerte organisierte: Lydia Lunch, Wire, Adam and the Ants, Schlagzeuger von Iggy Pop etc. Gründung der Punk-Band „Die Grugas“ mit ihrer ersten Single „Luxus“ (gemeinsam mit Christine Hahn und Eric Mitchell). In seinem Büro präsentierte er Ausstellungen. Im S.O.36 versuchte Kippenberger Punk, New Wave und Kunst miteinander zu verbinden.

Martin Kippenberger zeigte die „1. Außerordentliche Veranstaltung in Bild und Klang zum Thema der Zeit: Elend“ (1979) mit Werner Büttner, Achim Duchow, Walter Dahn, Georg Herold (→ Georg Herold im Kunstmuseum Bonn), Ina Barfuss, Michael Deissler, Uwe Gabriel, Joachim Krüger, Albert und Markus Oehlen und Martin Kippenberger. Er lernte Michel Würthle, den Besitzer der Paris Bar in Berlin kennen. Seine Arbeiten hingen im Restaurant. Reise nach Amerika. „Knechte des Tourismus“ (mit Achim Schächtele) im Café Einstein in Berlin. Der Plakatmaler Hans Siebert malte für Kippenberger die 12-teilige Werkgruppe „Lieber Maler, male mir“. Kippenberger erwarb erste Arbeiten von Ina Barfuss und Thomas Wachweger für seine eigene Sammlung. Er lernte Max Hetzler kennen, der später sein Galerist wurde. Trat als Schauspieler in drei Filmen auf: „Gibby West Germany“ (Christel Kaufmann), „Bildnis einer Trinkerin“ (Ulrike Oettinger), „Liebe Sehnsucht Abenteuer“ (Gisela Stelli). Abbruch der Filmkarriere. Kippenberger bewunderte „Under the Vulcano“ von Albert Finney und „The Killing of a Chinese Bookie“ von Ben Gazzara.

Im Jahr 1980 zog Martin Kippenberger nach Paris, um Schriftsteller zu werden. Er arbeitete an seinem ersten Roman. Exzerpte daraus wurden in der Veranstaltungsreihe „Durch die Pubertät zum Erfolg“ (1981) umgesetzt. Reise nach Siena. Erste farbige Bildserien, die in der Galerie Hetzler präsentiert wurden „Ein Erfolgsgeheimnis des Herrn A. Onassis“.

Die Gemeinschaftsarbeiten mit Albert Oehlen – „Capri bei Nacht“ sowie „Orgonkiste bei Nacht“ –  entstanden 1982. Lernte Günther Förg und dessen Arbeit kennen und schätzen.

Nach seinem Umzug nach Köln (1983), nahm Kippenberger ein Atelier am Friesenplatz. Er traf Martin Prinzhorn in Wien und lebte mit Oehlen ein halbes Jahr auf dessen Anwesen Thomasburg in Editz bei Wien. Der Galerist Peter Pakesch machte Kippenberger mit Franz West bekannt. Kippenberger schuf „Fiakerrennen“ und kehrte nach Köln zurück, wo er „Casa Magnetica“ schuf.

Teilnahme an der Gruppenausstellung „Wahrheit ist Arbeit“ (1984) im Museum Folkwang in Essen, gemeinsam mit Werner Büttner und Albert Oehlen. Aufenthalt mit Michael Krebber in Santa Cruz auf Teneriffa. Es entstanden erste Entwürfe zu Skulpturen, die sogenannte „Peter“-Serie. Kippenberger trat der Lord Jim Loge bei, deren oberstes Statut „Keiner hilft keinem“ ist (Gründer: Jörg Schlick und Wolfgang Bauer). „I.N.P.-Bilder (Ist-nicht-Peinlich-Bilder).

Während eines Kuraufenthalts in Knokke in Belgien entstand „Wie es wirklich war; am Beispiel Knokke“ (1985) gemeinsam mit einem Ghostwriter. In der Ausstellung „Helmut Newton für Arme“ stellte er erste Fotoarbeiten in der CCD Galerie, Düsseldorf aus. Skulpturen: „Familie Hunger“ und „Ertragsgebirge“. Lernte Christian Bernard, den Direktor der Villa Arson in Nizza, kennen.

Martin Kippenberger unternahm 1986 eine Reise nach Brasilien, wo er eine stillgelegte Tankstelle kaufte und in „Tankstelle Martin Bormann“ umbenannte. Erste umfassende Museumsausstellung im Hessischen Landesmuseum, Darmstadt, unter dem Titel „Miete Strom Gas“ (Katalogtexte von Bazon Brock, Diedrich Diederichsen). „Anti Apartheid Drinking Congress“ anlässlich der Commonwealth-Spiele in Edinburgh ist die einzige politische Aktion im Werk Martin Kippenbergers. Lebte im Hotel Chelsea in Köln und übernahm dessen künstlerische Ausgestaltung. Kippenberger publizierte „Café Central, Skizze zum Entwurf einer Romanfigur“.

Kippenbergers erste Ausstellung in der Villa Arson, Nizza, wurde gemeinsam mit Andrea Büttner, Albert und Markus Oehlen organisiert (1987). „Peter – Die russische Stellung“ war der Titel einer Ausstellung in der Galerie Max Hetzler, Köln, die in Wien, Graz, New York weitere Stationen hatte. Kippenberger kuratierte die Gruppenausstellung „Broken Neon“ im Forum Stadtpark, Graz (mit Joseph Beuys, Georg Jiri Dokoupil, Fischli & Weiss, Franz West und Heimo Zobernig).

Gemeinsam mit Albert Oehlen zog Martin Kippenberger 1988 nach Spanien, wo sie zuerst in Sevilla und dann in Madrid lebten. Dort beschäftigte er sich hauptsächlich mit Malerei und schuf das Bild „Selbstporträts mit Unterhose“. „Laterne an Betrunkene“ und „Höhenerdisco“ wurden im „Aperto“ der „Biennale von Venedig“ gezeigt.

Ein Jahr später (1989) wurde Kippenbergers Tochter Helena Augusta Eleonore geboren. Vorbereitungen einer Ausstellungstrilogie „Köln/Los Angeles/New York 1990–91 Martin Kippenberger kuratierte die Ausstellung „Europbummel I-III“ in Köln und Graz. Umzug nach Los Angeles.

Im Jahr 1990 schuf Martin Kippenberger erste mit Latex überzogene Bilder. Er machte die Bekanntschaft mit Mike Kelley, John Cadwell, Ira Wool und Cady Noland und begann zeitgenössische amerikanische Kunst zu sammeln. Kaufte 35% des italienischen Restaurants Capri in Venice, Los Angeles. Umzug nach Köln und Antritt einer Gastprofessur an der Städelschule in Frankfurt. Mit der Schnitzarbeit „Fred the Frog am Künstlerkreuz“ löste er während einer Ausstellung in der Galerie Jänner in Wien einen Skandal aus.

Die Umgestaltung der künstlerischen Ausstattung der Paris Bar in Berlin mit Arbeiten von Louise Lawler, Laurie Simmons, Barbara Ess und Zoe Leonard (1991). „Tiefes Kehlchen“ in einem U-Bahn-Tunnel anlässlich der Wiener Festwochen. Ausstellungen im Kölnischen Kunstverein und dem San Francisco Museum of Modern Art.

Im Jahr 1992 unterrichtete Kippenberger in Kassel an der Gesamthochschule und hielt Gastvorlesungen in Yale, Nizza und Amsterdam (bis 1995). Martin Kippenberger lebte und arbeitete im Schwarzwald fern von der Kunstszene. Er zog sich von Freunden zurück. Im „Kunstverein Kippenberger“ im Fridericianum, Kassel (bis 1995), organisierte er Einzelausstellungen von Albert Oehlen, Ulrich Strothjohann, Cosima von Bonin, Michael Krebber, Johannes Wohnseifer und die Gruppenausstellung „Frauenkunst – Männerkunst“ organisierte. „Candidature à une retrospective“ im Centre Pompidou, Paris. U-Bahn-Stationen im Konzept. Gründung des MOMAS (Museum of Modern Art Syros).

Erste Aluminiumskulpturen „Krieg böse“ und „Weihnachtsmann als Frosch getarnt an Spiegelei mit Laterne (Insel) als Palme getarnt“ (1994). „Kunst ist Schrebergärtnerei“, darunter der „Don’t Wake Daddy“-Zyklus. „The Happy End of Franz Kafka’s ‚Amerika‘“. „Erotik hinter Architektur in Tokyo“ (1995). Nach seinem Umzug ins Burgenland plante er eine Ausstellung im Matisse-Atelier in Nizza mit Spiderman-Atelier. „Beuy’s Best“ (CD Release), „Hotel-Hotel“ (Buch).

Im Jahr 1996 heiratete Martin Kippenberger Elfie Semotan. „The Raft of Medusa“, „J. Picasso“, CD- Produktionen. Martin Kippenberger wurde der Käthe-Kollwitz-Preis verliehen. Lernte Helmut Lang kennen.

Die Retrospektive „Martin Kippenberger. Respektive 1997–1976“ (1997) im MAMCO in Genf und „Der Eiermann und sein Ausleger“ im Städtischen Museum Abteiberg in Mönchengladbach.

Tod

Martin Kippenberger verstarb am 7. März 1997 im Alter von 44 Jahren in Wien.

Alle Beiträge zu Martin Kippenberger

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