Herbert Brandl

Wer war Herbert Brandl?

Herbert Brandl (Graz 17.1.1959–27.7.2025 Wien) war ein österreichischer Maler und Grafiker des ausgehenden 20- und beginnenden 21. Jahrhunderts (→ Zeitgenössische Kunst), dessen Werk zwischen expressiver Abstraktion und Figuration changiert. Dabei bezog sich der Maler immer auf die Natur. 1992 nahm Brandl an der documenta IX in Kassel teil und 2007 vertrat er Österreich auf der Biennale in Venedig. 2004 wurde Brandl an die Kunstakademie Düsseldorf berufen, wo er bis 2019 eine Professur innehatte.

Ausbildung

Ende der 1970er Jahre begann Herbert Brandl zu malen. Zwischen 1978 und 1983 studierte Herbert Brandl an der Hochschule für angewandte Kunst, Wien. Die Klassen von Herbert Tasquil und Peter Weibel (ab 1982) waren besonders prägend. Die erste Galerienausstellung organisierte Peter Pakesch 1982, die erste museale Einzelausstellung Herbert Brandls fand 1984 in der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz, statt.

Zu seinen künstlerischen Vorbildern während der 1980er Jahre äußerte sich der Wiener Maler:

„Franz Anton Maulbertsch war einer der wenigen großen österreichischen Barockmaler. Danach war es mehr oder weniger mit der österreichischen Malerei zu Ende. Doch er spielte für mich keine große Rolle, wichtig dagegen waren die frühen, spätimpressionistischen Arbeiten von Francis Picabia. Da gibt es Bilder, die an die Malerei von Gerstl erinnern. Wobei ich sagen muss, dass ich das Werk von Gerstl nicht gut kenne, da es in Österreich kaum zu sehen war. Erst Anfang der 1980er Jahre gab es eine größere Gerstl Ausstellung, begleitet von einer kleinen Publikation. Besonders fasziniert haben mich Gerstls Bilder von Gärten und Bäumen sowie sein Bild von der Familie Schönberg. Das hatte er bereits um die Jahrhundertwende im Stil von De Kooning gemalt.“1 (Herbert Brandl)

Sich am Frühwerk von Francis Picabia (→ Francis Picabia: Unser Kopf ist rund) und den Landschaften von Richard Gerstl abzuarbeiten, und letztere mit Bildern von Willem de Kooning zu vergleichen, zeigt, dass Brandl auf die Erfahrungen von Spätimpressionismus, Pointillismus, der gestischen Figuration und Abstraktion der Nachrkiegszeigt aufbaute (→ Postimpressionismus | Pointillismus | Divisionismus | Abstrakter Expressionismus | Informel).

Werke

Vom Neoexpressionismus zur Abstraktion

Herbert Brandls Frühwerk setzt Anfang der 1980er Jahre ein und steht dem Neoexpressionismus nahe (→ Neue Wilde | Junge Wilde). Als Vertreter der „Neuen Malerei“ wurde Brandl schnell international bekannt. Die frühen Arbeiten überzeugen durch eruptive Farbgebung, gestischen Strich. Bildmotive fand Herbert Brandl seitdem in der Natur. Diese setzt er in großformatigen Gemälden, Aquarellen und Monotypien um, wobei er zwischen Abstraktion und gegenständlicher Malerei changiert.

Charakteristisch für die Bilder Herbert Brandls ist, dass er Farbmassen mit energischen, breiten Pinselstrichen in raschem Tempo auf die Leinwand setzte. Damit wurde der malerische Prozess deutlich sichtbar. Dieser erfolgte spontan wie ein Experiment und war ein höchst anstrengender Vorgang. Als Expressionist wollte Brandl dennoch nicht gesehen werden:

„Völliger Blödsinn. […] Das stimmt überhaupt nicht, ich bin kein Expressionist, der seinen Gefühlen freien Lauf lässt. Ich selbst bin ja nur ein Betrachter meiner Bilder, allerdings mit dem Recht einzugreifen. Ich wollte mich immer nur mit dem auseinandersetzen, was ich sehe, mit meiner Optik. Mich haben die mineralogischen Details viel mehr interessiert. Was ich mit meinen Bildern vermittle, konnte ich aber nie genau sagen. Ich konnte mich nur an ihnen hinaufhanteln wie auf einer Felswand.“2 (Herbert Brandl, 2002)

In den 1980ern trug Herbert Brandl die Farben in pastosen Schichten auf die Leinwand auf. Seit Beginn der 1990er Jahren setzte er sie flüssiger ein. Die Farbschichten wurden dünner, und manchmal sogar lasierend. Meist arbeitete Brandl jedoch gestisch. Ziel des Malers wäre, „einen absichtslosen Zustand zu erreichen“, erklärte er.

Die Farbe, die Farbtöne, aber auch die Farbe als Medium in ihrer unterschiedlichen Stofflichkeit und Anwendung waren für Herbert Brandl von großer Bedeutung:

„Ich arbeite sehr oft nur mit den physikalischen Gegebenheiten der Farbe: dass sie herunterrinnt oder -tropft, dass sie Batzen macht und man sie wegspachtelt. Dieses ganze Repertoire spiele ich durch und versuche, einen absichtslosen Zustand zu erreichen.“ (Herbert Brandl)

 

Aquarell

„Ich entwickle Farbe aus der Farbe heraus und nicht aus der Form. An sich handelt es sich bei meiner Malerei um Farbflecken oder Farbwolken, aus denen sich eine Hauptfarbe entwickelt, die alles überflutet. Nur am Rande werden dann noch die anderen Farben sichtbar.“ (Herbert Brandl)

Zwischen Serien von Gemälden entstansen immer wieder Aquarelle. Anfangs ist das Naturmotiv noch besser erkennbar als in den späteren Arbeiten. Zunehmend löste Herbert Brandl die Farbe von der beschreibenden Funktion und sprach ihr größere Autonomie zu. Wie auch in der Ölmalerei beschränkte sich Brandl nicht auf eine Stilrichtung, sondern wechselt zwischen abstrakter und gegenständlicher Malerei. Im Aquarell spielt der Moment des Zufalls eine deutlich größere Rolle als im Ölgemälde.

 

Berge

Seit 2000 arbeitete Herbert Brandl an einer Serie von Bergbildern, die ihn in Österreich und darüber hinaus berühmt machten. Dabei bezeichnete sich der Künstler selbst als „Bergseher“ und nicht als „Bergsteiger“. Er malte die Bergbilder nach Hochglanz-Magazinen oder Bergsteiger-Zeitschriften, nach Erfahrungen und Spaziergängen, die er zu einem Bild konzentrierte. Der Berg, sein Name oder seine Geschichte waren dabei uninteressant. Stattdessen suchte der Maler das Wesenhafte der Form des Berges. Die Fotografien, die Herbert Brandl als Inspirationsquelle nahm, feierten den Berg bzw. die Bergwelt schon an sich, beschwörten die Ewigkeit der Steinmassive und zeigten dessen Erhabenheit. Viele Arbeiten sind von monumentaler Größe wie auch ihre Motive. Dazu nutzte Brandl immer die Untersicht, wodurch ein fast „abwehrender“ Charakter der Gebirgsmassive entstand.

Auszeichnungen

  • 2025: Großer Österreichischer Staatspreis (posthum)
  • 2024: Ehrenzeichen des Landes Steiermark für Wissenschaft, Forschung und Kunst
  • 1997: Preis für Bildende Kunst der Stadt Wien

Tod

Herbert Brandl starb am 27. Juli 2025 in Wien. Der Künstler wurde nur66 Jahre alt, litt er doch schon seit Jahren an Krebs.

Literatur zu Herbert Brandl

  • Herbert Brandl, hg. v. Ingried Bruger, Florian Steininger (Ausst.-Kat. Bank Austria Kunstforum, Wien, 26.1.–15.4.2012), Wien 2012.
  • Herbert Brandl, Berge und Landschaften. Monotypien 2009/2010 (Ausst.-Kat. Albertina, Wien, 22.10.2010–9.1.2011), Wien 2009.
  • Herbert Brandl (Ausst.-Kat. Neue Galerie im Künstlerhaus Graz, 1.3.–26.3.2002), Ostfildern 2002.

Beiträge zu Herbert Brandl

Herbert Brandl, Ohne Titel, 2001, Öl auf Leinwand, 200 x 300 cm (Privatsammlung Wien, © Herbert Brandl, Courtesy Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder, Wien, Foto: Markus Wörgötter)

Wien | Belvedere 21: Herbert Brandl


Mit seinen großformatigen Bilderwelten zählt Herbert Brandl zu den erfolgreichsten österreichischen Malern der Gegenwart. Das Sujet Landschaft nimmt von Anfang an einen dominierenden Stellenwert in seinem Werk ein, das zwischen malerischer Abstraktion und Gegenständlichkeit changiert. Das Belvedere 21 präsentiert ab Ende Jänner 2020 Brandls Œuvre mit dem Schwerpunkt auf Arbeiten der vergangenen beiden Jahrzehnte bis hin zu Werken, die der Künstler eigens für die Ausstellung schafft.
  1. Hans Ulrich Obrist im Gespräch mit Herbert Brandl, in: Herbert Brandl, hg. v. Peter Weibel und Günther Holler-Schuster (Ausst.-Kat. Neue Galerie Graz, Graz, 15.6.–25.8.2002), Ostfildern-Ruit 2002, S. 11–16, hier S. 14f.
  2. Zit. n. Wolfgang Kos im Gespräch mit Herbert Brandl, in: Herbert Brandl (Ausst.-Kat. Neue Galerie Graz 2002), Graz 2002, S. 254 ff.