Der Prado besitzt die größte und laut Selbstdefinition „beste“ Sammlung von Werken des Hieronymus Bosch, darunter das Triptychon „Der Garten der Lüste“, den „Heuwagen“ und die „Anbetung der Könige“. Für die einzigartige Sonderausstellung gelang Kuratorin Pilar Silva zusätzlich das „Triptychon des hl. Antonius“ aus dem Museo Nacional de Arte Antigua in Lissabon, die „Kreuztragung Christi“ aus dem Nationalfond, die „Dornenkrönung“ aus der National Gallery in London und die Zeichnung „Der Baummensch“ aus der Albertina in Wien zusammenzubringen.
Spanien / Madrid: Prado
31.5. – 11.9.2016
verlängert bis 25.9.2016
Mehr als 50 Werke, 21 Gemälde – darunter alle acht spanischen Bosch-Werke – und acht Zeichnungen von Bosch, ergeben in Summe mehr als 75 % des erhaltenen Œuvres des niederländischen Künstlers. Da es sich als äußerst schwierig erweist, eine verlässliche Chronologie für Boschs Werke zu etablieren, ist die Ausstellung in sechs Themenbereichen organisiert. Alle Altäre werden freistehend präsentiert, so dass auch die Rück- oder besser ehemaligen Außenseiten gut betrachtet werden können. Druckgrafiken, Miniaturen und Gemälde von Alart du Hameel, Reliefs von Adrien van Wesel und das Manuskript „Comentario de la pintura“ von Felipe de Guevara beleuchten den Kontext (Bedeutung der Malerei im 16. Jahrhundert, Auftraggeber Engelbert II. von Nassau), in dem Bosch gearbeitet.
Die Leistungen des um 1450 in `s-Hertogenbosch in eine Künstlerfamilie hineingeborenen Jheronimus van Aken, der als „Jheronimus Bosch“ signierte und nachweislich 1516 in seiner Geburtsstadt verstarb, liegen auf der Hand: Seine technischen Neuerungen, vor allem seine unverwechselbare Oberflächenbehandlung, sowie die Inhalte seiner oft kaum entschlüsselbaren Bilder sind legendär (→ Hieronymus Bosch. Leben und Bilder). Das Porträt Boschs ist durch einen Stich von Cornelis Cort überliefert, das allerdings erst 1572 und somit 36 Jahre nach dem Ableben des Künstlers publiziert wurde.1 Ein Bild eines Anonymus zeigt den Hauptplatz des spätmittelalterlichen `s-Hertogenbosch und das Haus des Renaissance-Künstlers (um 1530), wo er zwischen 1462 und 1516 lebte. Zu Lebzeiten des Malers war `s-Hertogenbosch eine wohlhabende Handelsstadt im Rhein-Maas-Delta. Die Fenster von Boschs Haus zeigten ihm Bilder des religiösen und sozialen Lebens. Der Erfolg als Künstler brachte Bosch sozialen Aufstieg: Von 1487 bis 1488 war er ein vereidigtes Mitglied der Bruderschaft Unserer Frau (Marienbruderschaft), wo er in Kontakt mit der Elite der Stadt trat bzw. selbst Teil davon wurde, wie seine Hochzeit mit der Tochter eines wohlhabenden Patriziers, Aleid van Meervenne, im Juni 1481 belegt. Einige seiner Brüder beauftragten ihn auch mit Kunstwerken, wie Peter van Os. Im Jahr 1504 besuchte Philipp der Schöne die Stadt und beauftragte Hieronymus Bosch mit einem Weltgerichtsaltar (→ Hieronymus Bosch: Weltgerichtstriptychon).
Im Zentrum des ersten Kapitels steht das „Ecce homo Triptychon“ aus Boston, das Hieronymus Bosch und seine Werkstatt für Peter van Os malten. Ergänzt wird die Präsentation des wohl frühesten Bosch-Werks durch Arbeiten von Zeitgenossen wie dem Utrechter Bildhauer Adriaen van Wesel (um 1417–1489/90) und drei Druckgrafiken vom Architekten und Grafiker Alart du Hameel (um 1450–um 1506/07). Das Fehlen einer lokalen Tradition und einer regulierenden Malergilde ermutigten Hieronymus Bosch, einen einzigartigen Stil zu entwickeln. Ausgangspunkt seiner Entwicklung ab 1474 waren Werke von Jan van Eyck (z. B. „Genter Altar“, 1430er Jahre), von denen er sich jedoch schon bald technisch wie ikonografisch emanzipierte.
Drei Versionen der „Anbetung Christi“ hängen im Prado nebeneinander – die aus der eigenen Sammlung wird durch die Anbetungen aus New York und Philadelphia ergänzt. Eine Zeichnung eines Nachfolgers von Bosch, die „Hochzeit in Kanaa“ aus dem Louvre und eine Druckgrafik von Alart du Hameel ergänzen die Kindheitsgeschichte und Lehrtätigkeit Christi.
Hieronymus Bosch und seine Auftraggeber wollten mit dem Thema der Anbetung der Überzeugung der devotio moderna folgen. Die Nachfolge Christi anzutreten durch Imitation stand im Zentrum dieser Schriftauslegung. Die heidnischen heiligen drei König beten das Christuskind an, während es von den Juden selbst zurückgewiesen wurde (Matt 2,11). Die reichen Könige (oder auch Magier) gingen dafür einen weiten Weg und erlangten durch die Anbetung des armen Gottessohnes Erlösung.
In den verschiedenen Varianten der „Anbetung Christi (Epiphanie)“ bliebt Hieronymus Bosch relativ nahe an der ikonografischen Tradition. So ähnelt die Art, wie die Madonna das Kind präsentiert an Tafeln von Jan van Eyck. Dennoch formulierte Bosch die Anbetungen in seinem eigenen Stil neu, indem er den Blick in die Tiefe der Landschaften erweiterte und symbolische Elemente in den Hintergründen und den Gebäuden einführte. Die „Anbetung“ des Prado zeigt beispielsweise die Figur des Antichrist im Eingang zum Stall (Mitteltafel). Technische Untersuchungen konnten belegen, dass die New Yorker „Anbetung“ ein authentisches Werk Boschs aus seiner Frühzeit ist. Er nutzte zur Vorbereitung einen Pinsel, zahlreiche Veränderungen zwischen der Unterzeichnung und der ausgeführten Malerei (Draperie der Könige etc.) verweisen auf einen kreativen Prozess während der Fertigstellung. Stilistisch lässt es sich mit dem „Ecce homo“ aus dem Städel vergleichen, das um 1480 bis 1490 datiert wird, auch für diese nahezu gleich große Komposition nutzte Bosch die Tunnel-Perspektive.
Das Triptychon der „Versuchung des hl. Antonius“ (um 1500–1505) aus Lissabon, die jüngst Bosch persönlich zugeschriebene „Versuchung des hl. Antonius“2 (um 1505–1510) aus Kansas City, eine Studie aus dem Louvre und die beiden Versionen der „Versuchung des hl. Antonius“ aus dem Prado – eine ein Original von Bosch und die andere eine Werkstatt-Kopie – sind der nucleus dieses Kapitels. Ergänzt werden diese Arbeiten durch das „Triptychon der hl. Wilgefortis“ aus Venedig, das „Hiob-Triptychon“ (um 1510–1515) eines Nachfolger aus dem Museum in Brügge und die Tafeln mit dem hl. Johannes dem Täufer aus dem Museo Lázaro Galdiano in Madrid, dem hl. Johannes Evangelista aus Berlin, dem „Hl. Hieronymus im Gebet“ aus Gent, dem hl. Christopherus aus Rotterdam und einer Zeichnung aus der Albertina mit „Bettlern und Krüppeln“ eines Nachfolgers Boschs.
Heiligenverehrung war zu Lebzeiten Boschs ein wichtiger Bestandteil der christlichen Glaubenspraktik. Dass sich in seinem Werk daher auch viele Darstellungen von Heiligen finden, verwundert daher nicht. Sie wurden sowohl als Beschützer wie als Einzelfiguren in Auftrag gegeben. Zu den in den Niederlanden verehrten Titular- und Volksheiligen zählt Wilgefortis, die als bärtige Jungfrau der Ehe mit einem Heiden entkam und von ihrem Vater dafür ans Kreuz geschlagen wurde. Die am häufigsten nachgefragten Heiligen waren jedoch der hl. Christopherus, der vor dem plötzlichen Tod schützen sollte. Im Werk von Hieronymus Bosch finden sich aber auch viele Eremiten-Heilige, die am Rande der Gesellschaft oder einsam in der Wüste lebten.
Die Heiligen Hieronymus und Antonius Abbas, letzterer der Namenspatron von Jheronimus Bosch und dessen Vater, waren Beispiele der Glaubensfestigkeit. Der Künstler zeigt sie als Modelle für Selbstbeherrschung (vor allem in Anbetracht von fleischlichen Sünden), Geduld und Beständigkeit auch angesichts teuflischer Verführungen. Im Zentrum der Mitteltafel wird nicht nur der Heilige bedrängt, sondern in der Kapelle steht Christus selbst, der auf einen Kruzifixus zeigt. Dem Teuflischen stehen Hoffnung und Ziel entgegen. Die Gestaltungen des Hintergrundes der „Versuchung des hl. Antonius“ in Lissabon bezieht sich nicht wirklich auf die Lebensgeschichte des Heiligen. Hieronymus Bosch ließ sich hierbei von seiner Fantasie leiten, wie vor allem die Darstellungen der Dämonen lebhaft bezeugen. Sie werden den Renaissance-Künstler bis heute berühmt machen und ihm schon wenige Jahre nach seinem Tod als „Teufelsmaler“ in die Geschichte eingehen lassen. „Die Versuchung des hl. Antonius“ ist das am intensivsten erforschte Werk Boschs und das im 16. Jahrhundert am häufigsten kopierte.
„Der Heuwagen“ ist eines der populärsten Werke von Hieronymus Bosch und, wie die jüngsten naturwissenschaftlichen Untersuchungen belegten, eine späte Arbeit, die zwischen 1512 und 1515 entstanden ist. In seiner Nähe hat die Kuratorin Pilar Silva weitere Triptychen aufgestellt, in denen Paradies und Hölle – wenn auch in anderer Form – dargestellt werden. Traditionellerweise zeigen solche dreiteiligen Altäre auf der Mitteltafel das Jüngste Gericht. So zu sehen im gleichnamigen Werk aus Brügge. Hieronymus Bosch schuf mit dem „Heuwagen“-Triptychon eine völlig neuartige Zusammenstellung: im Zentrum das titelgebende Gefährt, flankiert vom „Sündenfall“, bestehend aus dem Engelssturz und dem Sündenfall, links und „Hölle“ rechts, während sich die beiden Außenseiten zu einer Darstellung eines „Landstreichers“ vereinen. Letzterer ist ein Wanderer auf der Erde sicher ohne Ziel, aber vielleicht auch ohne Erlösung?
Die ganze Innenseite des Triptychons ist der Sünde gewidmet: Männer und Frauen aller sozialen Klassen geben sich im Zentrum des „Heuwagens“ irdischen Gelüsten und materiellen Gütern hin. Hinter dem Heuwagen reiten der Papst, ein König und weitere Repräsentanten. Dämonen führen sie in Richtung Hölle, die von Teufeln noch errichtet wird. Der Heuwagen funktioniert in der Bilderzählung also wie ein Spiegel, in dem sich die Betrachter_innen selbst erkennen sollten (konnten). Um der ewigen Bestrafung in der Hölle zu entgehen, sollten sie das Böse vermeiden (mehr als gute Taten sammeln). Das Werk wird daher als exemplum contrarium, als Gegenbeispiel, gewertet. Zwei in der Nähe ausgestellte Zeichnungen beziehen sich auf die Komposition und sind Einzelstudien von grotesken und fantasievollen Wesen.
Vier Tafeln im Dogenpalast zeigen die theologisch korrekte Umsetzung von Hölle und Paradies: Höllensturz, Höllenpfuhl, Aufstieg zum himmlischen Paradies und das Irdische Paradies. Sie gehörten zu einem ursprünglich wohl größeren Ensemble, das sich spätestens seit 1521 im Besitz des Kardinals Grimani befand und thematisch nur schwer zu ergänzen ist. Die Verdammten stürzen einen Schacht hinunter und landen in einer kargen Höllenlandschaft mit See und Felsen. Das Irdische Paradies wirkt wie ein Zwischenreich und Wartesaal für das himmlische Paradies. Dieses ist als helles Licht am Ende eines Tunnels dargestellt. Das Werk ist nicht nur in das gesamte Œuvre Boschs schwer einzuordnen, zeigt es doch den Künstler als religiösen Menschen und seine Kunst bar jeder Phantastik.
Das wohl berühmteste und größte erhaltene Werk des Künstlers ist zweifellos „Der Garten der Lüste“. Das Triptychon wurde von Engelbert II. von Nassau in Auftrag gegeben, der auch das „Stundenbuch des Engelbert von Nassau“ (Bodleian Library, Oxford) beim Wiener Meister der Maria von Burgund sowie die „Vision des Ritters Tondal“ (Getty Museum, Los Angeles) bei Simon Marmion bestellte.3 Bereits ein Jahr nach dem Tod des Künstlers (1517) befand sich das Werk im Brüsseler Stadtpalais des Grafen von Nassau, wo es nicht als Altarbild, sondern als Kunstwerk in der Sammlung verwahrt wurde. Seit 1593 ist es im Escorial inventarisiert.
Der „Garten der Lüste“ – der ursprüngliche Titel des Werks ist nicht bekannt – verbindet eine erotische Szenerie mit biblischer Perspektive. Die farblosen Außenseiten zeigen im geschlossenen Zustand die Erschaffung der Welt, eigentlich die Welt am dritten Tag, als sie nur von Pflanzen belebt war. In der obersten, linken Bildecke hockt der mit einer Tiara bekrönte Gottvater. Innen: Die linke Tafel ist Gott und dem Urelternpaar Adam und Eva allein vorbehalten. Der Schöpfergott, der als jugendlicher Christus dessen Opfertod bereits vorwegnimmt, führt Eva dem im Gras sitzenden Adam zu. Die Welt ist als paradiesische Weltlandschaft mit hohem Horizont ausgebildet. Tiere und Pflanzen verweisen auf Harmonie, Fruchtbarkeit und ewiges Leben (Drachenbaum hinter Adam). Der rosa „Brunnen, der alles Land bewässert“ im Zentrum der Komposition wirkt verspielt und fantasievoll, wenn nicht in seinem Zentrum eine Eule, der vieldeutige Nachvogel, sein Nest gebaut hätte. Die exotischen Tiere und Mischwesen werden in der Literatur als „Möglichkeitsformen der Schöpfung“ gedeutet.4
Die Horizontlinie setzt sich in die Mitteltafel fort, deren Fülle kaum zu überblicken ist und daher eindeutig überfordern muss. Hier schildert Hieronymus Bosch eine Gegenwelt, ein irdisches Paradies, einen irdischen Garten der Lüste, in dem Sexualität frei ausgelebt wird. Doch nicht nur die unmöglichen Proportionsverhältnisse und fantasievollen Details verwundern die Betrachter_innen. Bosch imaginiert das Paradies, als ob es den Sündenfall nie gegeben hätte. So entsteht die Vision einer harmonischen Existenz des Menschen in der Natur. Erdbeeren, Kirschen, Fruchtkapseln stehen für die Fruchtbarkeit ohne Sünde und Tod und Schmerzen bei der Geburt.
Die rechte Tafel ist einer nächtlichen Höllendarstellung gewidmet, die genauso aus dem Vollen schöpft wie das zentrale Bildfeld. Mit Hilfe der um 1500 bereits unzeitgemäßen Perspektive bietet Hieronymus Bosch eine Vielzahl von Figuren und Episoden Platz. Der Horizont wird von brennenden und explodierenden Ruinen gebildet. Anstelle unberührter Natur wie im Paradies ist nun die pervertierte Zivilisation offenbar die Bühne des Spektakels: ein vogelköpfiges Ungeheuer rechts frisst Menschen und scheidet sie wieder aus. Hier könnte sich Hieronymus Bosch auf Tundal“ beziehen. Musikinstrumente werden missbraucht, um einen höllischen Lärm zu veranstalten, an dem die Menschen genauso leiden wie an der eisigen Kälte. Die beiden riesigen Ohren, die ein Messer halten, sind Symbole für Denunziantentum und Leidenswerkzeug. Der zentrale Baum-Mensch findet sich auch in der Albertina-Zeichnung wieder, dort allerdings in einer idyllischen Landschaft positioniert. Die perfekt ausgeführte Meisterzeichnung darf daher als autonome Nachschöpfung (?) angesprochen werden und ist nicht als Entwurfsblatt anzusehen. Damit zeigt sich Hieronymus Bosch als einer der ersten Künstler nördlich der Alpen, der Zeichnungen als neues Medium und Objekt des Kunstmarkts schuf. Ob sich in dem leicht lächelnden Gesicht wirklich ein Selbstbildnis des Künstlers verbirgt, konnte bislang noch nicht eindeutig bewiesen werden.
Die Prado-Ausstellung zeigt den Altar gemeinsam mit Infrarot-Reflektografien und Röntgenbildern. Diese Bilder offenbaren die Veränderungen, die Bosch während des Arbeitsprozesses machte. Hierzu gehört auch die Zeichnung „Baum-Mann“ aus der Albertina. Röntgenbilder zeigen Details des Bildträgers und der Malschichten, die nicht sichtbar sind. Bosch veränderte und kleine Korrekturen während der Phase des Malens. Beispielsweise plante er anfangs in die untere linke Ecke der Mitteltafel eine Frucht zu platzieren (vermutlich einen Granatapfel), den er nicht ausführte. Weitere Planänderungen betreffen die Landschaft und die diagonale Plane im Mittelgrund der Mitteltafel oder einige größere Objekte und fantastische Monstren aus der Darstellung der Hölle. An den Vorzeichnungen überrascht die Sicherheit der Umrisslinien, und wie der Künstler sich auf einige Details besonders konzentrierte. Zu den am meisten überarbeiteten Figuren des Gemäldes gehört die Frau mit den beiden Kirschen am Kopf.
Die Infrarot-Reflektografien belegt, dass die Unterzeichnung freihändig mit dem Pinsel über einem weißen Grund aufgetragen wurde. Die Striche sind für Bosch charakteristisch, wofür beispielsweise die Gesichter stehen, deren Augen und Nasen aus nur jeweils drei Strichen gebildet sind. Die Unterzeichnung des irdischen Paradieses wurde ausschlaggebend verändert: Adam, Eva und ein bärtiger Gottvater waren anfangs in der Mitte der Szene vorgesehen, sie wurden in der Folge weiter nach unten versetzt und mehr als Christusfigur gegeben. Christus blickt nicht mehr auf das Urelternpaar, sondern wendet sich direkt aus dem Bild heraus.
Der Prado besitzt mit dem „Tisch der Sieben Todsünden“ und dem unvollständigen „Triptychon des Lebenswegs“ zwei der wichtigen Werke, in denen Hieronymus Bosch über das Leben nachdachte. Das Triptychon wurde mit dem „Hausierer“ aus Rotterdam, dem „Tod und Geizhals“ aus Washington, dem „Narrenschiff“ aus dem Louvre und der „Allegorie der Unmäßigkeit“ aus New Haven ergänzt. Erneut steuerte die Albertina mit „Groteske mit einem Mann in einem Korb“ eine originale Zeichnung bei.
„Das Narrenschiff“ aus dem Louvre könnte Teil eines Triptychons gewesen sein, das in der Literatur mit dem „Landstreicher“ (Rotterdam) auf den Außenseiten sowie dem „Vielfraß“ (Yale), dem „Tod eines Geizhalses“ (Washington) in Verbindung gebracht wird. Das zentrale Bild ist jedoch spurlos verschollen. Alle Gemälde wurden auf Holz des gleichen Baumes ausgeführt. Wenn die Narren auch an das Faschingstreiben einer Spottgilde erinnern, so dürfte Bosch sie doch stärker wie Schauspieler eingesetzt haben, um den Schein zu entlarven.5
Auch dieses Kapitel ist mit „Ecce Homo“ (um 1485–1495) aus Frankfurt, „Die Dornenkrönung“ (um 1510) aus der National Gallery in London, zwei Versionen der „Kreuztragung“ (um 1500) aus dem Escorial und dem Kunsthistorischen Museum, Wien (um 1505/10–1516), dem „Passions-Triptychon“ aus Valencia von einem Nachfolger und drei Zeichnungen – „Die Grablegung“ (British Museum), „Zwei Orientalen in einer Landschaft“ (Berlin) und „Zwei Männer“ (Privatsammlung, New York) gut bestückt.
Häufig tauchen Passionsszenen auf den Außenseiten von Altären auf und sind in Grisaille (Malerei in Grau-Weiß-Schwarz) gehalten. So zu finden auf den Tafeln der „Anbetung der Heiligen drei Könige“, dem „Evangelisten Johannes auf Patmos“ und der „Versuchung des hl. Antonius“. In späteren Arbeiten reduzierte Bosch die Anzahl der Figuren und ließ Christus direkt aus den Bildern heraussehen, so in der „Dornenkrönung“ aus London. Im Sinne eines asketischen Lebens voller Gebet, sollte der Anblick des Gottessohnes in den Gläubigen Mitleid hervorrufen.
Dem Interesse von Philipp II. ist es zu verdanken, dass Spanien über eine solch bedeutende Bosch-Sammlung verfügt. Der Prado erbte gemeinsam mit dem Patrimonio Nacional die königliche Sammlung und damit sechs Werke: „Den Garten der Lüste“, „Die Anbetung der Könige“ und den „Heuwagen“. Der Escorial überließ noch die „Kreuztragung“ und die Fundación Lázaro Galdiano die „Kreuztragung Christi“. Doch nicht nur die Gegenüberstellungen der originalen Werke ist für Spezialisten wie allgemeines Publikum einzigartig, auch die vorangegangenen restauratorischen Maßnahmen sowie technische Untersuchungen (Röntgen und Infrarot-Reflektografie geleitet von Pilas Silva) haben dem Projekt einen wichtigen Status verliehen. Die Ergebnisse werden im Ausstellungskatalog vorgestellt, der Beiträge von Eric de Bruyn, Paul Vandenbroeck, Larry Silver, Reindert Falkenburg und Fernando Checa. Der Künstler Álvaro Perdices und der Filmemacher Andrés Sanz haben den audiovisuellen Raum „Unendlicher Garten“ erarbeitet, der ab 4. Juli 2016 die Ausstellung noch multimedial ergänzt.
1450 Hieronymus Bosch wurde als Jheronimus van Aken in der Vughterstraat im niederländischen ’s Hertogenbosch (Bois-le-Duc, Nordbrabant, heute: Holland) im Haus seines Großvaters und Malers Jan geboren. Es wohnten Jheronimus’ Vater und seine Onkel in dem Haus, das sie gemeinsam als Familienatelier nutzten. Jheronimus, der damals auch Jeroen oder Joen genannt wurde, hatte zwei Brüder: Jan und Goessen, und zwei Schwestern: Herbertke und Kathrien. Vermutlich ging Hieronymus auf die Lateinschule.
1462 Als er zwölf Jahre alt war, kauften seine Eltern ein Haus am Markt (Nummer 29, jetzt unter dem Namen „Kleine Winst“). Dort erhielten Hieronymus, Jan und Goessen ihre Ausbildung zum Maler.
1480 oder 1481 heiratete Hieronymus Aleid, eine Tochter aus der wohlhabenden und kultivierten Familie Van de Meervenne. Sie zogen in Aleids Haus an der gehobenen Nordseite des Marktes (Nummer 61, in dem sich jetzt das Geschäft „Invito“ befindet), gegenüber dem Malatelier der Familie Van Aken. Die Bekanntheit von Hieronymus als Maler wächst im Laufe der Jahre ununterbrochen, sowohl inner- als auch außerhalb der Stadt.
1488 wurde er ein „geschworenes Mitglied“ der religiösen Bruderschaft „Unserer Lieben Frau“. Die Mitgliedschaft von Hieronymus in dieser elitären Gemeinschaft bestätigt seinen vornehmen Status. Für ihre Zusammenkünfte besaß die Bruderschaft „Unsere Liebe Frau“ das Haus „Schwanenbrüderhaus“ und eine eigene Kapelle (heute: die Sakramentskapelle) in der St. Johannes-Kathedrale. Für den neuen Altaraufsatz in dieser Kapelle bemalte Hieronymus die beiden Flügel mit den Heiligen Johannes der Täufer und dem Evangelisten Johannes, die beide als Patrone der Kirche verehrt werden. Spätestens in diesem Jahr begann Hieronymus, seine Gemälde mit seinem Künstlernamen zu signieren: „Hieronymus Bosch“, nach der Stadt ’s-Hertogenbosch, in der er geboren wurde, arbeitete und auch begraben wurde. Hieronymus kam zu Wohlstand, aber außergewöhnlich reich wurde er nicht.
1504 Philipp der Schöne, Herzog von Burgund, bestellte bei Hieronymus Bosch ein Gemälde vom Jüngsten Gericht.
Am 9. August 1516 wurde Hieronymus im Anschluss an eine Totenmesse, die in der St. Johannes-Kathedrale stattfand, beerdigt. Den Quellen zufolge war seine Witwe seine Erbin, Kinder wurden nicht erwähnt. Die Todesursache ist unbekannt. Die skurrilen Wesen auf den Gemälden von Hieronymus Bosch ließen ihn zum berühmtesten spätmittelalterlichen Maler der Niederlande werden.
1520 Albrecht Dürer muss den „Garten der Lüste“ auf seiner niederländischen Reise gesehen haben, erwähnt das Werk jedoch nicht. Vielleicht handelt es sich hierbei um ein bewusstes Verschweigen, da Bosch keine klassischen Proportionen und Themen verwendete.
1521 Ein Chronist erwähnt drei Bilder Boschs im Besitz des venezianischen Kardinals Grimani.
Nach 1523 Der portugiesische Diplomat Damiano de Goes verkaufte drei religiöse Werke Boschs auf dem Kunstmarkt. Der Niederländer wurde bereits gefälscht.
Um 1560 Der spanische Humanist Felipe de Guevara schrieb in seinen „Kommentaren zur Malerei“, dass Boschs Monstren viel nachgeahmt und gefälscht wurden.
2007 Erste Sitzungen zur Vorbereitung des Bosch Research and Conservation Project (BRCP) und der Bosch-Ausstellung 2016.
2016 Der größte Teil von Hieroymus Boschs Gesamtwerks kehrt zurück nach ’s-Hertogenbosch. Der Prado organisiert ebenfalls eine Ausstellung zum 500. Todestag.
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