Giorgio Morandi
Wer war Giorgio Morandi?
Giorgio Morandi (Bologna 20.7.1890–18.6.1964 Bologna) war ein italienischer Maler und Grafiker der Moderne (→ Klassische Moderne). Morandi erlangte vor allem für seine Stillleben weltweite Anerkennung.
Kindheit und Ausbildung
Giorgio Morandi wurde am 20. Juli 1890 in Bologna geboren. Er entstammte einer kleinbürgerlichen Familie in Bologna und war das älteste von fünf Kindern eines Kaufmanns. Ab 1906 arbeitete er als Mitarbeiter im väterlichen Büro. 1902 starb sein Bruder Giuseppe und 1909 auch sein Vater Andrea.
Das väterliche Erbe ermöglichte Giorgio Morandi von 1908 bis 1913 ein Studium an der Accademia di belle arti seiner Heimatstadt Bologna. Morandi las alles über moderne Kunst, vor allem die französische. Am meisten interessierte ihn Paul Cézanne, da Morandi der Ansicht war, dass die Grundlage der Malerei das Zeichnen und die Unterordnung unter den Gegenstand sei. Weiters beeinflussten ihn auch Henri Rousseau bis zu Pablo Picasso. Besonders Interesse hatte Giorgio Morandi zudem an kunsttheoretischen Artikeln von Ardengo Soffici, die in der Zeitschrift „La Voce“ erschienen.1
Werke
Ab 1913 verbrachte Morandi die Sommermonate häufig im Dorf Grizzana (heute Grizzana Morandi), wo er später auch mehrheitlich lebte. 1914 präsentierte er erstmals eigene Arbeiten in einer Gruppenausstellung. Vom Militär- und Kriegsdienst wurde er nach zweijähriger Verpflichtung 1917 krankheitsbedingt befreit.
In den Jahren 1918/19 befasste sich Giorgio Morandi mit dem Futurismus und der Pittura metafisica. Zur gleichen Zeit begegnete er erstmals Carlo Carrà, der ihn zeitlebens als Mensch und Künstler sehr schätzte.
Unverheiratet, lebte er zusammen mit seinen Schwestern bis zu seinem Tod in der Via Fondazza (Bologna). Sein Wohnzimmer diente ihm als Atelier. Dort entwickelte er aus Zusammenstellungen von Gefäßen Stillleben von einer seit Chardin nicht mehr gesehenen Intensität. Die Konzentration auf dieses Thema brachte ihm den Spitznamen „Flaschenmaler“ ein. Seine Sommer verbrachte er seit seiner Erkrankung an Lungenkrebs – er war starker Raucher – im nahe gelegenen Grizzana, wo er hauptsächlich Landschaften malte, in denen er – wie in seinen Stillleben – äußerste, dem Kubismus verpflichtete Reduktion anstrebte.
Ins Ausland reiste er nur selten, so zur Ausstellung seiner Werke in Winterthur im Jahr 1956. Er unternahm eine Reise nach Lugano zur Sammlung Thyssen und besuchte die Cézanne-Ausstellung 1956 im Kunsthaus Zürich. Sein Lebensstil wurde von vielen als mönchisch empfunden und sein Malstil entsprechend als asketisch. Dabei erreichen viele seiner Bilder mit minimalem Aufwand starke Sinnlichkeit.
Lehre
Von 1914 bis 1930 arbeitete Giorgio Morandi mit Unterbrechungen als Zeichenlehrer an Volkshochschulen in Bologna.
Dank seiner Kunst als Radierer und auf Grund seines wachsenden künstlerischen Ansehens wurde er 1930 als Professor auf den Lehrstuhl für Radierung an der „Accademia di belle arti“ in Bologna berufen.
Bedeutung
Mit Chardin und Cézanne gehört Giorgio Morandi zu den bedeutendsten Stilllebenmaler:innen. Dabei experimentierte er bis zum Schluss mit Flächigkeit und Räumlichkeit z. B. bei der malerischen Berücksichtigung von Schatten. Es wird viel davon gesprochen, dass er sich mit „Dingen“, mit „Gegenständen“ befasst und ihnen Würde und Geheimnis gegeben habe. Aber er malte nicht irgendwelche Dinge, sondern im heideggerschen Sinne Zeuge, also von Menschen für den täglichen Gebrauch verfertigte Geräte wie Schalen, Gefäße, Flaschen, Kannen, Becher, Vasen, in deren Proportionen sich einmal die Eignung für die menschliche Hand widerspiegelt, zum anderen die Bezogenheit auf menschliche Bedürfnisse, z. B. Trinken oder Blumen in der Wohnung haben. Kennzeichnend ist, dass Morandis Versuche mit Stillleben von natürlichen Dingen, z. B. Muscheln, marginal blieben.
„Es kommt vor, dass Morandis Stillleben in Konzeption und Ausführung melancholisch und romantisch, zärtlich und nachgiebig erscheinen; bisweilen kraftvoll, sind sie in der Mehrzahl zurückhaltend in der Farbe und im Helldunkel. Und was sich dann verändert, ist der wechselseitige, geradezu ‚zwischenmenschliche‘ Bezug der Objekte.“ (Vitale Bloch, 1954)
Preise und Auszeichnungen
- 1948: 1. Preis für Malerei bei der Biennale von Venedig
- 1957: Großer Preis für Malerei bei der 4. Biennale von São Paulo
- 1962: Rubenspreis der Stadt Siegen
Tod
Giorgio Morandi starb am 18. Juni 1964 in Bologna an Lungenkrebs.
Museo Morandi in Bologna
Das am 4. Oktober 1993 eröffnete Museum an der Piazza Maggiore 6 verfügt über eine Sammlung von 250 Werken Morandis. Sie werden in 15 Ausstellungsräumen im zweiten Stock des Palazzo d'Accursio gezeigt. Das Museum ist eine Außenstelle der Galleria d'Arte Moderna di Bologna, der das Archivio e Centro Studi Giorgio Morandi angeschlossen ist, dieses bewahrt die über 400-bändige Bibliothek Morandis.2
118 Werke stammen aus einer Schenkung von Morandis Schwester Maria Teresa Morandi von 1991. Ausgestellt werden auch Antiken aus der Sammlung des Künstlers.