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Félix González-Torres: Untitled (Lovers – Paris) Romantische Lichterketten im Theseustempel, Wien

Felix González-Torres, Untitled (Lovers - Paris), Detail, 1993, Installationsansicht Theseustempel 2018, Foto: Alexandra Matzner, ARTinWORDS.

Felix González-Torres, Untitled (Lovers - Paris), Detail, 1993, Installationsansicht Theseustempel 2018, Foto: Alexandra Matzner, ARTinWORDS.

Zwei Lichterketten, vom höchsten Punkt der Tonnenwölbung abgehängt, illuminieren auf poetische Art und Weise den klassizistischen Theseustempel. Jasper Sharp wählte für das 2018-Projekt den früh verstorbenen, 1957 auf Kuba geborenen Objekt- und Konzeptkünstler Félix González-Torres (1957–1996) – und von diesem eine der selten verliehenen Arbeiten mit Lichterketten.

Zwei Mal 42 Glühbirnen, in unregelmäßigen Abständen zu zwei Lichterketten verknüpft, hängen von der tonnengewölbten, klassizistischen Decke des Theseustempels. Ihrer beachtlichen Länge zum Trotz winden sie sich am Boden zu kleinen Lichtanhäufungen. Parallel wie die umlaufende Peristasis, der Säulenkranz, des neo-griechischen Tempels, hat er sie anordnen wollen, erzählt Sharp. Denn: Der Künstler hatte den Kuratoren in der Aufstellung bzw. Aufhängung seiner Lichterketten größtmögliche Freiheiten zugestanden.

Das als Unikat konzipierte Werk konnte vom Gladstone Museum in Potomac in der Nähe von Washington D. C. geliehen werden (Ausstellungskopie). Aus der Gruppe von 24 Arbeiten mit Lichterketten wählte Jasper Sharp eine von drei doppelläufigen. Die zweifache Lichterkette verbindet der Kurator mit der Skulpturengruppe Antonio Canovas (1757–1822), für die der Theseustempel zwischen 1819 und 1823 von Pietro Nobile (1774–1854) gebaut wurde. Nahezu siebzig Jahre triumphierte der griechische Held Theseus über den Kentaur (1804–1819) im Volksgarten, bevor die Gruppe 1890 im Stiegenhaus des Kunsthistorischen Museums aufgestellt wurde. Während Canovas „Theseus und der Kentaure“ ein Symbol von Heroismus, Gewalt und Dominanz ist, strahlt Félix Gonzáles-Torres Vergänglichkeit und Sanftmut aus. Die Glühbirnen, so das Konzept des einflussreichen Künstlers, sollen nach ihrem Verglühen ausgetauscht werden – ein Zeichen von Vitalität und Regeneration. Gleichzeitig schwingen in dieser Arbeit Assoziationen an Menschen, weiße Blutkörperchen u.v.m. mit. Vergänglichkeit und Lebensbejahung in so einfachen Haushaltsmaterialien zu entdecken, macht die Bedeutung von Félix González-Torres aus. Im Theseustempel stellt das „Untitled (Lovers – Paris)“ (1993) eindrucksvoll unter Beweis.

Kuratiert von Jasper Sharp.

Bisherige Ausstellungen im Theseustempel

Félix González-Torres: Untitled (Lovers – Paris): Bilder

  • Felix González-Torres, Untitled (Lovers - Paris), 1993, Installationsansicht Theseustempel 2018, Foto: Alexandra Matzner, ARTinWORDS.
  • Felix González-Torres, Untitled (Lovers - Paris), Detail, 1993, Installationsansicht Theseustempel 2018, Foto: Alexandra Matzner, ARTinWORDS.
  • Felix González-Torres, Untitled (Lovers - Paris), 1993, Installationsansicht Theseustempel 2018, Foto: Alexandra Matzner, ARTinWORDS.

Weitere Beiträge zur modernen Kunst im Theseustempel

25. April 2017
Kathleen Ryan, Bacchante, Installation Theseustempel 2017, Foto: Alexandra Matzner, ARTinWORDS.

Kathleen Ryan: Bacchante Theseustempel 2017

Die amerikanische Bildhauerin Kathleen Ryan (* 1984) legt ihre Bacchantin mitten in den Theseustempel. Für ihre erste Museumsaustellung – der Theseustempel wird vom Kunsthistorischen Museum bespielt und von Jasper Sharp kuratiert – lässt sie die Gefährtin des Gottes Bacchus (Dionysos) als Weintraube sensualistisch über einige Kaminrohre gleiten.
11. November 2016
Edmund de Waal, 2014 © Edmund de Waal, Foto: Alexandra Matzner.

Edmund de Waal. Lichtzwang Weiße Porzellangefäße in weißem Raum

Was bedeutete es wohl für Edmund de Waal für eine Ausstellung nach Wien eingeladen zu werden? Beim Pressegespräch fand er dafür keine Worte, sie waren für ihn, der seine Familiengeschichte in Romanform aufgearbeitet hatte, nicht fassbar. Stattdessen schuf er im Theseustempel einen weißen Raum, meditative Grundstimmung und ein musikalisches Werk aus unzähligen, kleinen, aber individuell geformten Porzellanbechern in zwei Vitrinen. Das Regal erinnern nicht von ungefähr an eine aufgeschlagene Doppelseite einer Publikation.
19. April 2016
Ron Mueck, Man in a Boat, Detail von vorne (2000-2002), Ausstellungsansicht Theseustempel, Wien 2016, Installationsfoto: Alexandra Matzner.

Ron Mueck „Man in a Boat“ im Theseustempel Ein Mann im Boot als Metapher für Leben und Tod

Ron Mueck ist weltberühmt für hyperrealistische Skulpturen, in denen er Ängste, ja "Archetypen" (Anthony d'Offay) ausdrückt. Leicht unterlebensgroß sitzt ab nun ein nackter Mann in riesigem Boot im Theseustempel. Was mag er wohl sehen?
30. April 2015
Susan Philipsz, War Damaged Musical Instruments (Pair), Lautsprecher, 2015, Zweikanalklanginstallation, Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin, der Tanya Bonakdar Gallery, New York, und der Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin © Foto: KHM-Museumsverband.

Susan Philipsz War Damaged Musical Instruments (Pair)

Für die diesjährige Installation im Theseustempel beauftragte Jasper Sharp die britische Sound- und Installationskünstlerin Susan Philipsz. Die 1965 im schottischen Glasgow geborene Bildhauerin war jüngst auf der Manifesta 10 in St. Petersburg (2014) und der documenta 13 (2013) zu hören. Im Gespräch erklärt sie, wias sie aüf die Idee für das Wiener Stück brachte, und welche Schwierigkeiten bei der Umsetzung aufgetreten sind.
16. April 2013
Besucher vor Richard Wright, No title, temporäre Wandzeichnung im Theseustempel, Wien, 2013, Foto: Alexandra Matzner (fotografiert am 16.4.2013, 10-11 Uhr)

Richard Wright Silberne Pyramide im Theseustempel

Richard Wright verwandelt das Innere des Theseustempels mittels einer silbernen Zeichnung an der Wand. Jasper Sharp, Kurator für zeitgenössische Kunst am KHM, lud den Turner Preisträger (2009) aus Schottland ein, eine temporäre Arbeit für den klassizistischen Bau im Volksgarten zu entwerfen. Mit einem subtilen Eingriff greift dieser nun die strenge Symmetrie des Gebäudes auf, spielt mit dem klassizistischen, vegetabilen Dekor der Decke und setzt der ondulierenden Linie eine messerscharf geformte Pyramide entgegen.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.